LVwG Niederösterreich LVwG-AV-1770/001-2021

LVwG NiederösterreichLVwG-AV-1770/001-20214.10.2022

EpidemieG 1950 §27a

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.AV.1770.001.2021

 

 

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin Mag. Lindner über die Beschwerde des A, vertreten durch die Rechtsanwälte B GesbR, ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 13. Juli 2021, ***, betreffend Widerruf der Bestellung als geeignete Person zur Unterstützung bei Maßnahmen gemäß dem Epidemiegesetz 1950 (Unterstützungspersonal) nach Beschwerdevorentscheidung vom 24. September 2021, ***, auf Grund des Vorlageantrages vom 11. Oktober 2021, zu Recht:

 

1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.

 

2. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz

§ 27a Epidemiegesetz 1950 – EpiG

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG)

Entscheidungsgründe:

 

Mit Bescheid der Landeshauptfrau von NÖ vom 2. Juni 2021, ***, wurde Herr A gemäß § 27a Epidemiegesetz 1950 bis auf Widerruf als geeignete Person zur Unterstützung bei Maßnahmen gemäß dem Epidemiegesetz 1950 (Unterstützungspersonal) für das gesamte Landesgebiet bestellt.

Es wurde darauf hingewiesen, dass die Vergütung durch privatrechtlichen Vertrag geregelt wird.

 

Mit Wirkung vom 1. Juli 2021 wurde zwischen dem Bundesland Niederösterreich, vertreten durch das Amt der NÖ Landesregierung, Abteilung Personalangelegenheiten A und Herrn A als Unterstützungspersonal der Vertrag über Bezüge gemäß § 27a Epidemiegesetz 1950 abgeschlossen.

Der Vertragsinhalt lautet wie folgt:

 

„1) Herr A wurde mit Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 2. Juni 2021, *** als geeignete Person (Unterstützungspersonal) gemäß § 27a EpiG, BGBl. Nr. 186/1950 in der geltenden Fassung, bestellt. Tätigkeitsbeginn ist der 1.7.2021. Die Pflicht zur Leistung der Tätigkeiten als Unterstützungspersonal ergibt sich aus diesem Bescheid.

2) Die Bestimmungen des NÖ Landes-Bedienstetengesetz (NÖ LBG) sind auf diesen Vertrag nicht anwendbar, soweit nachstehend nicht ausdrücklich anderes bestimmt wird.

 

3) Für diese Tätigkeit als Unterstützungspersonal besteht Anspruch auf einen Monatsbezug in Höhe von EUR 5.800,00 (All in; Impfzentrum medizinisches Personal) für ein Tätigkeitsausmaß von 40 Wochenstunden. Mit diesem Monatsbezug sind sämtliche qualitativen und quantitativen Mehrleistungen abgegolten.

 

4) Die Bestimmungen der §§ 11, 25-38, 39 Abs. 1 und 2, 40-44, 46-51a, 62, 68, 79-81, 93 des NÖ LBG finden Anwendung.

 

5) Die Versicherung erfolgt auf Grund der geltenden sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen bei der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB).

 

6) Der Anspruch auf Bezüge endet, sobald die Bestellung zum Unterstützungspersonal endet oder aufgehoben wird.“

 

Mit Bescheid der Landeshauptfrau von NÖ vom 13. Juli 2021, ***, wurde die Bestellung von Herrn A mit Ablauf des 10. Juli 2021 als geeignete Person zur Unterstützung bei Maßnahmen gemäß dem Epidemiegesetz 1950 (Unterstützungspersonal) für das gesamte NÖ Landesgebiet widerrufen. Begründend wurde ausgeführt, dass ein Widerruf der Bestellung zum Unterstützungspersonal jederzeit möglich sei. Mit dem Widerruf sei dem Antrag seiner Dienststelle vollinhaltlich entsprochen worden.

 

Dagegen erhob Herr A, rechtsanwaltlich vertreten, mit Schriftsatz vom 4. August 2021 Beschwerde und beantragte, den Bescheid abzuändern und auszusprechen, dass das Dienstverhältnis mit 31.08.2021 als aufgekündigt gilt bzw. endet, in eventu, den Bescheid aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung an die Verwaltungsbehörde zurückzuverweisen.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Kündigungsfrist für provisorische öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse gemäß § 15 NÖ LBG, die während der ersten sechs Monate des Dienstverhältnisses (der „Probezeit“) gekündigt werden, ein Monat betrage, Kündigungstermin der letzte des Kalendermonats sei. Da die Kündigungsfrist jedenfalls ein Monat betrage und mit Ablauf des Kalendermonats zu enden habe und der Bescheid vom 13.07.2021 von ihm als Kündigungsbescheid im Sinne des § 15 LBG gewertet werde, wäre die Kündigung zum 31.08.2021 auszusprechen gewesen.

Mit Schreiben vom 13.07.2021 sei der Beschwerdeführer vom Amt der NÖ Landesregierung darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass seinem Ansuchen um Beendigung der Tätigkeit als Unterstützungsperson mit Ablauf des 10.07.2021 (also sogar vordatiert) entsprochen worden sei. Ein solches Ansuchen habe der Beschwerdeführer jedoch nie gestellt, sondern sei der Erwartung gewesen, dass sein Dienstverhältnis jedenfalls noch bis einschließlich August als Vollzeitdienstverhältnis, danach allenfalls als Teilzeitdienstverhältnis weiterlaufe.

Das vorliegende Dienstverhältnis basiere auf dem Bestellungsbescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 02.06.2021, der sich auf § 1 Abs. 2 und § 27a EpiG sowie § 57 AVG stütze. Es sei daher durch Hoheitsakt ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich begründet worden. Das NÖ LandesbedienstetenG sei auf die privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse zum Land Niederösterreich anzuwenden. Nach § 27a EpiG begründete Dienstverhältnisse seien vom Geltungsbereich des NÖ LBG nicht ausgenommen (§ 1 Abs. 2 NÖ LBG).

Auf das Dienstverhältnis komme daher das NÖ LBG zur Anwendung, woran auch der am 01.07.2021 abgeschlossene „Vertrag über Bezüge“ nichts zu ändern vermöge.

Dieser regle dem Namen nach lediglich „Bezüge“ und sei nach Erlassung des Bestellungsbescheides vom 02.06.2021, mit dem das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis begründet worden sei und nach Dienstantritt abgeschlossen worden.

§ 27a EpiG sehe eine rechtliche Grundlage für Bezugsverträge mit Unterstützungspersonal nicht vor.

 

Das NÖ LBG sehe ein Abgehen von dessen Bestimmungen durch privatrechtlichen Vertrag bei öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen nicht vor (§ 13 NÖ LBG sei auf privatrechtliche Dienstverhältnisse anzuwenden).

Der Vertrag über Bezüge beruhe auf keiner rechtlichen Grundlage, auf deren Basis das NÖ LBG oder einzelne Bestimmungen desselben ausgeschlossen werden könnten.

 

Das Dienstverhältnis beruhe eben nicht auf Vertrag, sondern auf § 27 EpiG und auf den darauf gründenden Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 02.06.2021 und sei gerade kein vertragliches/privatrechtliches, sondern ein öffentliche rechtliches, mit einem Hoheitsakt (Bescheid) begründetes Dienstverhältnis.

Aus diesem Grund sei auch eine Bestellung „bis auf Widerruf“ fraglich, zumal hierfür keine gesetzliche Grundlage ersichtlich sei, einen Widerruf sehe § 27a EpiG, auf den sich der Bescheid stütze, wie auch das NÖ LBG nicht vor.

 

Auf § 27a EpiG sei das NÖ LBG zur Gänze anzuwenden, daraus folge, dass auch die Kündigungsschutzbestimmungen dieses Gesetzes, vor allem § 15 NÖ LBG zur Anwendung gelangten.

 

Das Dienstverhältnis hätte nach § 15 NÖ LBG am 31.08.2021 enden müssen (Kündigungsfrist von einem Monat, Kündigungstermin zum Ende des Monats).

Im angefochtenen Bescheid der Landeshauptfrau von NÖ vom 13.07.2021 sei demgegenüber sogar eine rückwirkende Aufkündigung (ein „Widerruf der Bestellung“) vorgesehen, die aber das NÖ LBG nicht vorsehe.

 

Der Bescheid sei daher gesetzwidrig ergangen, nämlich ohne gesetzliche Grundlage.

 

Mit Beschwerdevorentscheidung der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 24. September 2021, ***, wurde der Beschwerde vom 4. August 2021 gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von NÖ vom 13. Juli 2021, ***, unter Spruchpunkt I. dahingehend Folge gegeben, dass die Bestellung von A mit Ablauf des 13. Juli 2021 widerrufen wurde. Darüber hinaus wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Unter Spruchpunkt II. wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen den Bescheid vom 13. Juli 2021, ***, ausgeschlossen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Widerruf der Bestellung des Beschwerdeführers vom 13. Juli 2021 fälschlich rückwirkend mit 10. Juli 2021 erfolgt sei, welches Versehen nunmehr korrigiert worden sei. Es sei richtig, dass der Beschwerdeführer keinen Antrag auf Beendigung der Tätigkeit gemäß § 27a EpiG gestellt habe, sondern die Beendigung von seiner Dienststelle beantragt worden sei.

Durch den Bestellungsbescheid sei kein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich begründet worden, dies aus folgenden Gründen:

 

1. Da § 27a EpiG im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung vollzogen werde, laute die Fertigung von Bestellungsbescheiden „Für die Landeshauptfrau“, so auch der Bestellungs- und der verfahrensgegenständliche Widerrufsbescheid. Alleine durch den Bestellungsbescheid vom 2. Juni 2021 – gefertigt „Für die Landeshauptfrau“ könne noch kein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich entstanden sein, da der Bescheid aufgrund der Bezeichnung der falschen Behörde wegen Unzuständigkeit rechtswidrig wäre (vgl. VwGH 26.09.2002, 2001/06/0024). Außerdem wäre solch ein Bescheid auch inhaltlich rechtswidrig, da gemäß § 8 Abs. 3 Z. 2 NÖ LBG als Voraussetzung für die Ernennung in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis nur ernannt werden dürfe, wer durch mindestens ein Jahr zu einer Gebietskörperschaft in einem Dienstverhältnis gestanden sei.

Es liege nicht in der Kompetenz der Landeshauptfrau im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse nach dem NÖ LBG zu begründen.

 

2. Die Intention des Gesetzgebers schließe ein Dienstverhältnis aus, indem die Erläuterungen zu § 27a EpiG („Nach dem Vorbild von Epidemieärzten als Instrument der Personalressourcenerweiterung soll es möglich sein, für nicht den Ärzten vorbehaltene Tätigkeiten auf andere geeignete Personen zurückzugreifen, die durch den Landeshauptmann für ihre Tätigkeit bestellt werden. Deren Handeln ist der Bezirksverwaltungsbehörde zuzurechnen.“) auf die Anbindung an die Bestellung von Epidemieärzten gem. § 27 EpiG verwiesen, bei denen ebenfalls ausdrücklich kraft Gesetzes kein Dienstverhältnis begründet und ein privatrechtlicher Vertrag über Bezüge geschlossen werde.

Der Sinn dieser und weiterer vergleichbarer Regelungen sei, dass die Behörden personelle Unterstützung für z.B. die Abwehr von spezifischen Gefahren erhielten, welche mit dem bestehenden Personalbestand nicht ausreichend bewältigbar seien und stelle eine Möglichkeit der flexiblen Krisenbewältigung dar. Wenn durch solche Bestellungen Dienstverhältnisse mit der jeweiligen Gebietskörperschaft entstünden und die dienstrechtlichen Bestimmungen z.B. über Kündigungsschutz und –frist zur Anwendung kämen, werden den Behörden jene Flexibilität und Dispositionsfähigkeit genommen, welche sie in Krisensituationen benötige.

 

Das EpiG spreche einerseits von „Bestellung“ nach § 27 oder § 27a, allerdings auch in § 36 Abs. 1 lit. n von „Beauftragungen nach § 5 Abs. 4 und § 27a“. Durch die Verwendung des Begriffes „Beauftragung“ in § 36 Abs. 1 lit. n EpiG sei durch den Gesetzgeber klar zum Ausdruck gebracht worden, dass die Tätigkeit nach § 27 bzw. 27a EpiG gerade nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses erfolge.

 

Es liege kein Beschäftigungs- bzw. Ausbildungsverhältnis vor, sodass eine Anwendbarkeit des NÖ LBG somit von vorneherein ausgeschlossen sei. Es bedürfe daher keines expliziten gesetzlichen Ausschlusses der Anwendbarkeit des NÖ LBG auf die Tätigkeit gemäß der §§ 27 bzw. 27a EpiG.

 

Das Tätigkeitsverhältnis nach § 27a EpiG sei mit Bescheid „bis auf Widerruf“ begründet worden. Es sei unerheblich, dass das EpiG einen Widerruf der Bestellung nicht vorhersehe, da dies unproblematisch durch einen contrarius actus, also mittels Bescheid geschehen könne (VwGH 29.03.2000, 94/12/0021; 29.03.2012, 2011/12/0029). Ein Widerruf sei daher jederzeit möglich gewesen.

 

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde sei wegen Gefahr im Verzug geboten gewesen. Das öffentliche Interesse der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit sei gefährdet, wenn dem Widerruf der Bestellung als geeignetes unterstützungspersonal aufschiebende Wirkung zukäme, da diesbezüglich das Tätigkeitsverhältnis und die damit verbundenen Rechte und Pflichten aufrecht bestehen blieben. Beschwerdeführerseits werde durch den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung kein Rechtsschutznachteil erlitten, indem die Tätigkeitsstelle (NÖ Impfzentren) nicht mehr existiere.

 

§ 98a Abs. 3 NÖ LBG sehe ex lege keine aufschiebende Wirkung für Bescheide nach dem NÖ LBG vor. Mangels Anwendbarkeit des NÖ LBG komme diese Bestimmung nicht zur Anwendung und sehe das EpiG eine vergleichbare Bestimmung nicht vor, weshalb die aufschiebende Wirkung auszuschließen gewesen sei.

 

Mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2021 wurde beschwerdeführerseits der Antrag auf Vorlage der Beschwerde gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von NÖ vom 13. Juli 2021 an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich gestellt und ausgeführt, dass der Beschwerde nur teilweise Folge gegeben worden sei, nämlich insofern, dass der Wiederruf seiner Bestellung als Unterstützungspersonal mit Ablauf des 13.07.2021 wirksam werde. Dem Beschwerdeantrag, dass das Dienstverhältnis erst mit 31.08.2021 als aufgekündigt gelte bzw. ende, sei nicht stattgegeben worden.

 

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:

 

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz erkennt das Verwaltungsgericht über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist - über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht hat dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

§ 27a Epidemiegesetz 1950 (EpiG) lautet:

„Sofern es bei Maßnahmen nach diesem Bundesgesetz im Rahmen der Bekämpfung der Ausbreitung des Erregers SARS-CoV-2 erforderlich ist, kann der Landeshauptmann, wenn sich die Tätigkeit auf das gesamte Landesgebiet erstrecken können soll, oder der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister, wenn sich die Tätigkeit auf das gesamte Bundesgebiet erstrecken können soll, - soweit es sich nicht um Ärzten vorbehaltene Tätigkeiten handelt – auch andere geeignete Personen zur Unterstützung bei Maßnahmen gemäß diesem Bundesgesetz unter Wahrung der Amtsverschwiegenheit und aller Erfordernisse des Datenschutzes bestellen. Deren Handeln ist der Bezirksverwaltungsbehörde zuzurechnen. Jedenfalls als geeignet gelten Personen, die ihren Beruf bzw. die Tätigkeit des Sanitäters in Einrichtungen gemäß § 23 Sanitätergesetz, BGBl. I Nr. 30/2002, ausüben.“

 

Die beschwerdeführerseits vertretene Auffassung, es sei durch die bescheidmäßige Bestellung des Beschwerdeführers zur geeigneten Person zur Unterstützung bei Maßnahmen gemäß dem Epidemiegesetz 1950 (Unterstützungspersonal) für das gesamte NÖ Landesgebiet (Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 2.Juni 2021, ***) ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis entstanden und seien die Bestimmungen des NÖ LBG und damit die Kündigungsbestimmungen des § 15 NÖ LBG anzuwenden, ist verfehlt.

 

Aus dem klaren Gesetzeswortlaut des § 27a EpiG, der die Rechtsgrundlage für die Bestellung des Beschwerdeführers zum Unterstützungspersonal bildet, geht bereits hervor, dass im Gegenstand kein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis begründet wurde. Die Formulierung „Deren Handeln ist der Bezirksverwaltungsbehörde zuzurechnen.“ bringt eindeutig zum Ausdruck, dass jene „anderen geeigneten Personen“, die zur Unterstützung bei Maßnahmen gemäß dem Epidemiegesetz bestellt werden, eben gerade keine Organe sind, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Behörde stehen.

Die Zurechnung der Handlungen von Personal an die Behörde ist nämlich nur dann erforderlich, wenn dieses Personal eben kein Organ der Behörde ist; für Organe der Behörde, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zu dieser stehen, ist eine derartige Zurechnungsregelung nicht erforderlich.

 

Wie von der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung vom 24. September 2021, ***, zutreffend ausgeführt, verweist auch § 36 Abs. 1 lit. n „Kostenbestreitung aus dem Bundesschatz“ darauf, dass „die Kosten für die Beauftragungen nach § 5 Abs. 4 und § 27a“ aus dem Bundesschatz zu bestreiten sind. Eine „Beauftragung“ schließt eine Tätigkeit im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses per definitionem bereits aus.

 

Wenn beschwerdeführerseits vermeint wird, dass aus dem Umstand, dass die Bestellung mit Bescheid erfolgt sei, zu schließen ist, dass durch Hoheitsakt ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis begründet wurde, so ist dieser Auffassung entgegen zu halten, dass der organisationsrechtliche Akt der Bestellung von der Begründung eines Dienstverhältnisses zu unterscheiden ist (vgl. Bernhard Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Auflage, Rz 102). Aus der bescheidmäßigen Bestellung als Unterstützungspersonal gemäß § 27a EpiG kann demnach nicht zwangsläufig auf die Begründung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses geschlossen werden.

 

Auf die gegenständliche Bestellung des Beschwerdeführers als geeignete Person zur Unterstützung bei Maßnahmen gemäß dem Epidemiegesetz 1950 (Unterstützungspersonal) sind daher die Regelungen des Vertrages, abgeschlossen am 1. Juli 2021, anzuwenden. Demnach sind die Bestimmungen des NÖ Landes-Bedienstetengesetz (NÖ LBG) auf diesen Vertrag (mit Ausnahme der §§ 11, 25-38, 39 Abs. 1 und 2, 40-44, 46-51a, 62, 68, 79-81 und 93) nicht anwendbar, die Kündigungsregelung des § 15 leg. cit. findet daher im Gegenstand keine Anwendung.

 

Der Widerruf der Bestellung des Beschwerdeführers mit Ablauf des 13. Juli 2021 laut Beschwerdevorentscheidung vom 24. September 2021, ***, erweist sich als rechtmäßig, indem die Bestellung mit Bescheid vom 2. Juni 2021, ***, „bis auf Widerruf“ erfolgte.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zur Nichtdurchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung:

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war abzusehen, da eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht hätte erwarten lassen und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S. 389, entgegenstanden. Es handelt sich im vorliegenden Beschwerdeverfahren ausschließlich um Rechtsfragen, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (vgl. VwGH vom 24.6.2014, Zl. 2014/05/0059, 17.4.2012, Zl. 2012/05/0029 bzw. 21.12.2012, Zl. 2012/03/0038).

 

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Gemäß § 25a Abs 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist.

 

Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

 

Eine Rechtsfrage im Sinne des Artikel 133 Abs 4 B-VG, welcher grundsätzliche Bedeutung zukommt, war gegenständlich nicht zu lösen, sodass eine ordentliche Revision nicht zulässig ist.

 

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte