DSGVO Art5
DSGVO Art6 Abs1 litf
GewO 1994 §152
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W256.2223741.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Caroline Kimm als Vorsitzende, den fachkundigen Laienrichterinnen Dr. Claudia Rosenmayr-Klemenz und Mag. Adriana Mandl als Beisitzerinnen über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch Mag. Georg Luckmann, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde vom 29. Juli 2019, GZ: DSB-D124-458/0007-DSB/2019 zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
In seiner an die Datenschutzbehörde gerichteten Beschwerde vom 21. April 2019 behauptete der Beschwerdeführer eine Verletzung in seinem Recht auf Löschung gemäß Art 17 DSGVO durch den XXXX (mitbeteiligte Partei). Er habe im Februar 2019 einen Privatkonkurs beantragt. Am 18. Februar 2019 habe er ein – der Beschwerde beiliegendes – Löschungsbegehren mittels E-Mail an die mitbeteiligte Partei gerichtet. Daraufhin teilte die mitbeteiligte Partei dem Beschwerdeführer mit, dass eine Löschung seiner Daten über den Privatkonkurs nicht möglich sei. Der Beschwerdeführer halte diese Antwort für nicht richtig.
Über Aufforderung der belangten Behörde teilte die mitbeteiligte Partei in ihrer Stellungnahme vom 12. Juni 2019 der belangten Behörde mit, dass über den Beschwerdeführer zwar keine konkreten Insolvenzdaten verarbeitet werden würden, jedoch ein Hinweis auf ein Insolvenzverfahren. Dies geschehe auf Grundlage des Art 6 Abs 1 lit f DSGVO rechtmäßig. Die Verarbeitung dieser Daten zur Beurteilung der Bonität sei für den Verantwortlichen erforderlich und diene auch der Wahrung berechtigter Interessen, weil andernfalls das Gewerbe nach § 152 GewO nicht ungehindert ausgeübt werden könne. Andererseits habe auch die einen Kredit vergebende Wirtschaft als „Dritter“ ein vitales berechtigtes Interesse die Bonität von Kreditwerbern prüfen zu könne, und bestehe zumindest für Finanzinstitute die gesetzliche Verpflichtung dazu. Diese hätten insofern ein berechtigtes Interesse daran, einen Hinweis auf die Insolvenzsituation des Betroffenen zu erhalten. Jedenfalls überwiege das Interesse des Auskunftswerbers nach einer Bonitätsauskunft bei Weitem das Interesse des Beschwerdeführers an einer Löschung des Insolvenzhinweises, nicht zuletzt auch deshalb, weil diese Information aus der Ediktdatei für jedermann, auch jene, die gar kein rechtliches Interesse für sich in Anspruch nehmen können, erhältlich sei. Letztlich sei anzumerken, dass der Beschwerdeführer auch keine sonstigen oder gar besonderen Umstände dargetan habe, die im Zuge der Prüfung seines Löschungsbegehrens berücksichtigt werden hätten können.
Dazu führte der Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs in seiner Stellungnahme vom 8. Juli 2019 aus, es sei richtig, dass zur Zahl XXXX des Bezirksgerichtes XXXX ein Schuldenregulierungsverfahren gegen ihn abgeführt und dieses nach Annahme des Zahlungsplanes mit Beschluss vom 1. Juli 2019 aufgehoben worden sei. Dabei seien unbedingte Forderungen in Gesamthöhe von EUR 1.510.051,12 sowie eine bedingte Forderung in Höhe von EUR 200.000,00 festgestellt worden. Für die Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes und insbesondere die Frage, inwieweit eine Speicherung des Hinweises auf ein Insolvenzverfahren zulässig sei, sei jedoch die Tatsache, dass sämtliche im vom Beschwerdeführer abgeführten Schuldenregulierungsverfahren beteiligten Gläubiger Forderungen aufgrund seinerzeit abgegebener persönlicher Haftungen des Beschwerdeführers für die insolvent gewesene und mittlerweile gelöschte XXXX angemeldet worden seien. Der Beschwerdeführer hingegen habe zu keinem Zeitpunkt persönlich Kreditverbindlichkeiten in Anspruch genommen, welche er nicht zurückgeführt habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers wegen Verletzung im Recht auf Löschung abgewiesen.
Die belangte Behörde führte aus, in der Insolvenzdatei der Justiz sei öffentlich vermerkt, dass über den Beschwerdeführer am 5. Februar 2019 ein Schuldenregulierungsverfahren eröffnet worden sei, welches nach rechtskräftiger Bestätigung eines Zahlungsplanes mit Beschluss vom 1. Juli 2019 aufgehoben worden sei. In der von der mitbeteiligten Partei betriebenen Datenbank XXXX finde sich zum Beschwerdeführer der Hinweis, dass der mitbeteiligten Partei Informationen über ein Insolvenzverfahren des Beschwerdeführers vorliegen würden. Die Verarbeitung bonitätsrelevanter Daten durch eine Kreditauskunftei iSd § 152 Gewerbeordnung finde Deckung in eben dieser Bestimmung und die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung dieser Daten folglich nicht von der vorherigen Einwilligung eines Betroffenen abhänge. Auch sei davon auszugehen, dass durch die gesetzliche Verankerung dieser Tätigkeit der Gesetzgeber von der grundsätzlichen Zulässigkeit dieser gewerblichen Tätigkeit ausgehe, sodass es zur Verarbeitung dieser Daten eine rechtliche Befugnis geben könne. Da die Ausübung dieser gewerblichen Tätigkeit ohne Sammlung, Aufbewahrung und Weitergabe von entsprechenden Daten nicht sinnvoll vorstellbar sei, müsse auch angenommen werden, dass der Gesetzgeber in bestimmten Fallkategorien ein die Betroffeneninteressen überwiegendes berechtigtes Interesse dieser Gewerbetreibenden an einer Verwendung von Daten über „Kreditverhältnisse“ als gegeben erachtet habe. Mangels Spezialregeln für Kreditauskunfteien seien die allgemeinen Grundsätze der DSGVO anzuwenden, wonach u.a. personenbezogenen Daten nur für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben werden dürften (Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO). Da zudem die Informationen betreffend das Schuldenregulierungsverfahren des Beschwerdeführers in der Insolvenzdatei für jedermann öffentlich einsehbar seien und der Zusatz in der Datenbank auch keinen Mehrwert zur Person des Beschwerdeführers darstelle, seien für die belangte Behörde keine Gründe erkennbar, die die mitbeteiligte Partei zur Löschung der verfahrensgegenständlichen Daten verpflichten würden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Die belangte Behörde habe völlig außer Acht gelassen, dass die Bonität des Beschwerdeführers aufgrund der im Insolvenzverfahren gegebenen Umstände in keiner Weise eingeschränkt sei, sei doch nicht der Beschwerdeführer, sondern vielmehr die GmbH ihren Zahlungspflichten nicht nachgekommen. Dass von Seiten der Gläubiger vom Beschwerdeführer Haftungserklärungen abgerungen worden seien, welche mehr als existenzgefährdend gewesen seien, sei für dessen eigene Bonität unbeachtlich. Davon abgesehen, sei eine Verarbeitung durch die mitbeteiligte Partei aber auch ansonsten nicht erforderlich. Allein der Umstand, dass die Daten des Insolvenzverfahrens in der Ediktsdatei für jedermann öffentlich zugänglich seien, könne keine Berechtigung der mitbeteiligten Partei zur Veröffentlichung begründen. Es liege auch kein Interesse eines weiteren Gläubigerschutzes vor, da jeder die Möglichkeit habe, in die Ediktsdatei Einsicht zu nehmen.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem Verfahrensakt dem Bundesverwaltungsgericht vor und erstattete eine Gegenschrift.
In der Stellungnahme vom 20. Mai 2021 wiederholte die mitbeteiligte Partei im Wesentlichen ihr Vorbringen, wonach eine Verarbeitung von Insolvenzdaten zur Beurteilung der Bonität erforderlich sei und auch der Wahrung berechtigter Interessen diene, weil andernfalls das Gewerbe nach § 152 GewO nicht ungehindert ausgeübt werden könne.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die mitbeteiligte Partei betreibt eine Wirtschaftsauskunftei, in deren Rahmen sie Bonitätsauskünfte erteilt.
Der Beschwerdeführer stellte am 18. Februar 2019 ein Löschungsbegehren hinsichtlich seines Insolvenzverfahrens an die mitbeteiligte Partei, welches mit einem Antwortschreiben der mitbeteiligten Partei vom 20. März 2019 abgelehnt wurde.
Bei der mitbeteiligten Partei sind folgende verfahrensrelevante Daten über das Insolvenzverfahren des Beschwerdeführers gespeichert und zwar ist in der XXXX der mitbeteiligten Partei vermerkt:
„Kreditdaten:
Es liegen uns keine Einträge vor.
Darüber hinaus liegen uns Informationen über ein Insolvenzverfahren vor“.
Das Insolvenzverfahren des Beschwerdeführers wurde am 5. Februar 2019 gerichtlich eröffnet und nach Bestätigung eines Zahlungsplanes im Juli 2019 mittels Beschluss aufgehoben.
2. Beweiswürdigung:
Diese (im Übrigen unbestrittenen) Feststellungen ergeben sich aus den im Verfahren erstatteten Eingaben und den darin vorgelegten Schreiben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Der Beschwerdeführer sieht sich durch die Entscheidung der belangten Behörde beschwert, weil der in der XXXX der mitbeteiligten Partei enthaltene Hinweis auf ein ihn betreffendes Insolvenzverfahren rechtswidrig sei.
Damit ist der Beschwerdeführer jedoch nicht im Recht:
Personenbezogene Daten sind über Antrag des Betroffenen u.a. dann zu löschen, wenn sie für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig sind, sie unrechtmäßig verarbeitet wurden oder die betroffene Person Widerspruch gemäß Artikel 21 Abs. 1 DSGVO gegen ihre Verarbeitung erhoben hat (Art. 17 Abs. 1 lit. a, c 1. Fall und d DSGVO). Einem Löschungsbegehren stünde daher eine Datenverwendung entgegen, die notwendig und rechtmäßig ist und gegen die kein wirksamer Widerspruch erhoben worden ist.
Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist zulässig, wenn sie - unter Einhaltung der in Art. 5 DSGVO genannten Verarbeitungsgrundsätze - auf Grund einer der in Art. 6 DSGVO genannten Erlaubnistatbestände erfolgt.
zur Einhaltung der Verarbeitungsgrundsätze nach Art 5 DSGVO:
Gemäß den Verarbeitungsgrundsätzen nach Art 5 DSGVO müssen personenbezogene Daten - soweit verfahrensrelevant - für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben werden ("Zweckbindung"), dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein ("Datenminimierung"), sachlich richtig und erforderlichenfalls auf dem neuesten Stand sein ("Richtigkeit") und in einer Form gespeichert werden, die die Identifizierung der betroffenen Personen nur so lange ermöglicht, wie es für die Zwecke, für die sie verarbeitet werden, erforderlich ist ("Speicherbegrenzung").
Die mitbeteiligte Partei betreibt das Gewerbe der Kreditauskunftei gemäß § 152 GewO.
Zu den Aufgaben der Gewerbetreibenden iSd § 152 GewO gehört die Erteilung von Auskünften über die Kreditwürdigkeit von Unternehmen und Privatpersonen an Dritte. Kreditgebern sollen dadurch aussagefähige Informationen über vorhandene oder auch potenzielle Kreditnehmer, und zwar insbesondere über die Art und Weise ihrer bisherigen Schuldenbegleichung, zur Verfügung stehen (Riesz in Ennöckl/Raschauer/Wessely, GewO § 152 Rz 2). Dadurch soll es Kreditgebern ermöglicht werden, die Wahrscheinlichkeit, mit der der Kreditgeber am Ende wegen seiner Forderung befriedigt wird, und allenfalls die Prognose, mit wie vielen Schwierigkeiten das verbunden ist, zu bestimmen (Wendehorst, Was ist Bonität? Zum Begriff der "Kreditwürdigkeit" in § 7 VKrG, in Blaschek/Habersberger (Hrsg), Eines Kredites würdig? (2011) 22). Eine Neigung zu vertragswidrigem Verhalten - etwa mangelnde finanzielle Selbstkontrolle oder habituelles Hinauszögern von Zahlungen bis zum Exekutionsdruck - lässt sich vor allem aus dem Finanzgebaren in der Vergangenheit heraus prognostizieren. Relevant ist dabei vergangenes vertragswidriges Verhalten, das sich in schlichtem Zahlungsverzug, aber auch in gerichtlichen Verfahren bis hin zu Exekutionshandlungen oder gar in einer Insolvenzeröffnung manifestiert haben mag (aaO 23; vgl. auch Heinrich, Bonitätsprüfung im Verbraucherkreditrecht (Wien 2014) 89 f).
Die mitbeteiligte Partei verarbeitet im Zuge des Betriebs des Gewerbes der Kreditauskunftei unter anderem den Hinweis auf ein Insolvenzverfahren des Beschwerdeführers, um diese Informationen Gläubigern bereitzustellen, damit diese das Risiko etwaiger Zahlungsausfälle bestimmen können.
Dabei handelt es sich um einen festgelegten, eindeutigen und durch die Rechtsordnung anerkannten (§ 152 GewO) Zweck. Insolvenzdaten sind auch grundsätzlich erforderlich und geeignet, um eine Prognose über das zukünftige Zahlungsverhalten des Beschwerdeführers abgeben zu können (siehe dazu auch EuGH 23.11.2006, Rs C-238/05 Rz 47, wonach Systeme zum Informationsaustausch zwischen Finanzinstituten bezüglich der Zahlungsfähigkeit von Kunden die Vorhersehbarkeit der Rückzahlungswahrscheinlichkeit verbessern, weshalb sie grundsätzlich geeignet sind, die Ausfallquote von Kreditnehmern zu verringern und dadurch den Wirkungsgrad des Kreditangebots zu erhöhen). Dass das in Rede stehende Insolvenzverfahren – wie vom Beschwerdeführer im Verfahren mehrfach moniert – (lediglich) auf eine persönliche Haftung des Beschwerdeführers für ein Unternehmen und nicht auf ihn selbst zurückzuführen sei, ändert nichts daran, dass es auch in diesem Fall zu einem Zahlungsausfall und in weiterer Folge zu einem gegen den Beschwerdeführer geführten gerichtlichen Insolvenzverfahren gekommen ist.
Als Richtlinie, wie lange Bonitätsdaten zur Beurteilung der Bonität eines (potentiellen) Schuldners geeignet sind, können Beobachtungs- oder Löschungsfristen in rechtlichen Bestimmungen herangezogen werden, die dem Gläubigerschutz dienen oder die Erfordernisse an eine geeignete Bonitätsbeurteilung näher festlegen. In diesem Zusammenhang ist auf die inzwischen vorliegende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (W258 2216873-1/7E vom 30.10.2019, W211 2225136-1/5E vom 28.07.2020, W274 2232028-1/3E vom 21.10.2020, W214 2228164-1 vom 21.04.2021) zu verweisen, wonach als Richtschnur die Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012 ("Kapitaladäquanzverordnung"), herangezogen werden können. In diesen Bestimmungen werden Kreditinstitute u.a. verpflichtet, ihre Kunden zu bewerten und diverse Risiken ihrer Forderungen abzuschätzen. Für Kredit- bzw. Retailforderungen gegenüber natürlichen Personen haben Kreditinstitute, die ihre risikogewichteten Positionsbeträge anhand eines auf internen Beurteilungen basierenden Ansatzes berechnen dürfen (Art. 143 Abs. 1 leg cit), gemäß Art. 151 Abs. 6 iVm 180 Abs. 2 lit. a und e leg cit die Ausfallswahrscheinlichkeit der Forderung (Probability of Default - PD) u.a. anhand der langfristigen Durchschnitte der jährlichen Ausfallsquote zu schätzen; dabei ist ein historischer Beobachtungszeitraum für zumindest eine Datenquelle, die auch extern sein kann, von mindestens fünf Jahren zugrunde zu legen. Auch die durchzuführende Schätzung der Verlustquote bei einem Ausfall (Loss Given Default - LGD), hat sich gemäß Art. 151 Abs. 7 iVm 181 Abs. 2 lit. c leg cit grundsätzlich auf einen mindestens fünfjährigen Zeitraum zu beziehen.
Der (EU-)Verordnungsgeber geht daher davon aus, dass für die Beurteilung der Bonität eines (potentiellen) Schuldners bzw. des Risikos einer Forderung, Daten über etwaige Zahlungsausfälle über einen Zeitraum von zumindest fünf Jahren relevant sind.
Wenn Kreditinstitute als potentielle Geschäftspartner der mitbeteiligten Partei z.T. rechtlich verpflichtet sind, ihre Forderungen anhand der Ausfallquoten zumindest der letzten fünf Jahre zu bewerten, und soll - wie hier - die Bonitätsdatenbank der mitbeteiligten Partei auch dazu dienen, Kreditinstituten Daten zu liefern, die sie für ihre z.T. verpflichtende Bewertung benötigen, kann es nicht als Verstoß gegen das Prinzip der Datenminimierung oder der Speicherbegrenzung erkannt werden, wenn die mitbeteiligte Partei einen Hinweis auf ein gegen den Beschwerdeführer geführtes Insolvenzverfahren verarbeitet, welches erst im Februar 2019 gerichtlich eingeleitet und somit ungeachtet eines zwischenzeitig erfolgten allfälligen Abschlusses jedenfalls weniger als 5 Jahre zurückliegt.
zum Erlaubnistatbestand nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO:
Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist u.a. gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO zulässig, wenn sie zur Wahrung berechtigter Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen. Es ist eine einzelfallbezogene Interessensabwägung durchzuführen, bei der die berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten für die Verarbeitung den Interessen oder Grundrechten und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, gegenüberzustellen sind (zur vergleichbaren Vorgängerbestimmung des Art. 7 lit. f Datenschutzrichtlinie 95/46/EG vgl EuGH 04.05.2017, C-13/16 , Rigas satiksme, Rz 31). Dabei sind einerseits die Interessen des Verantwortlichen und von Dritten (mögliche Geschäftspartner der mitbeteiligten Partei) sowie andererseits die Interessen, Rechte und Erwartungen der betroffenen Person zu berücksichtigen (ErwG 47 DSGVO).
Die mitbeteiligte Partei und ihre Kunden haben, sobald Verträge ein kreditorisches Risiko enthalten, ein nachvollziehbares Interesse des kreditierenden Vertragspartners, dieses Risiko abzuschätzen. Die Verarbeitung von Daten über Insolvenzen erfolgt zum Schutz potenzieller Vertragspartner der betroffenen Person, die Dritte iSv Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO sind (vgl auch Schantz in Simitis, Hornung, Spiecker, Datenschutzrecht, Art. 6 Abs. 1 Rz 133 f, 137). Damit dient sie auch dazu, Kreditinstitute dabei zu unterstützen, die Vorschriften der Kapitaladäquanzverordnung, die hinsichtlich der Schätzung der Risikoparameter einen Beobachtungszeitraum von zumindest fünf Jahren vorsehen, zu erfüllen.
Dagegen haben betroffene Personen ein Interesse daran, auf Grund der Verarbeitung nicht von Nachteilen im Wirtschaftsleben betroffen zu sein.
In einer Zusammenschau ergibt sich, dass auf Grund des Interesses der Vertragspartner der mitbeteiligten Partei Kreditrisiken abzuschätzen hierfür die Beobachtung der historischen Insolvenzen des potentiellen Schuldners wesentlich ist. Auch ist die Verarbeitung von Informationen über ein Insolvenzverfahren, welches jedenfalls weniger als 5 Jahre zurückliegt durch die mitbeteiligte Partei vor dem Hintergrund erforderlich, dass es der EU-Verordnungsgesetzgeber für notwendig erachtet, das Risiko von Forderungen anhand eines zumindest fünfjährigen Beobachtungszeitraums vergangener Zahlungsausfälle abzuschätzen. Die Interessen betroffener Personen, wie des Beschwerdeführers, an der Geheimhaltung der Daten seines Insolvenzverfahrens, um Nachteile im Wirtschaftsleben zu vermeiden, überwiegen jedenfalls dann nicht, wenn das Insolvenzverfahren – wie hier – weniger als 5 Jahre zurückliegt. Aus diesen Gründen war und ist die Speicherung der Daten berechtigt.
Aufgrund des oben Ausgeführten ergibt sich, dass die Speicherung der Daten über das Insolvenzverfahren des Beschwerdeführers in der Datenbank der mitbeteiligten Partei berechtigt ist.
Das Löschbegehren des Beschwerdeführers geht daher diesbezüglich ins Leere, weshalb die belangte Behörde die (Datenschutz-)Beschwerde des Beschwerdeführers im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat.
Es war daher spruchgemäß durch Senat zu entscheiden.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist – das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Im gegenständlichen Fall wurde kein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt und konnte das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung auch darauf gestützt werden, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt war. Die Heranziehung weiterer Beweismittel waren zur Klärung des Sachverhaltes nicht notwendig.
Das Bundesverwaltungsgericht hat vorliegend ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 20.6.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz 34 ff). Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12).
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war daher nicht erforderlich.
zur Zulässigkeit einer Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist zulässig, weil Rechtsfragen zu lösen waren, denen grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommen. Zwar handelt es sich bei der Frage, wie lange Daten unter Beachtung der Verarbeitungsrundsätze des Art. 5 DSGVO und unter Vornahme einer Interessensabwägung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO verwendet werden dürfen, um eine grundsätzlich nicht reversible Einzelfallentscheidung. Es fehlt aber an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage, welchen Grundsätzen eine solche Interessensabwägung genügen muss; insbesondere, ob und unter welchen Voraussetzungen die Vorschriften der Kapitaladäquanzverordnung als Richtschnur für die Bestimmung der zulässigen Speicherdauer von Bonitätsdaten herangezogen werden können.
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