BVwG G301 2188633-1

BVwGG301 2188633-12.7.2018

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:G301.2188633.1.00

 

Spruch:

G301 2188633-1/7E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. René BRUCKNER über die Beschwerde der minderjährigen XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Vereinigte Staaten von Amerika, gesetzlich vertreten durch den Vater XXXX, dieser vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Michael-Thomas REICHENVATER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.01.2018, Zl. XXXX, betreffend Rückkehrentscheidung, zu Recht:

 

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion Kärnten, dem bevollmächtigten Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) zugestellt am 05.02.2018, wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG [2005] nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG [2005] iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die USA zulässig ist (Spruchpunkt III.) sowie gemäß § 55 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen gewährt (Spruchpunkt IV.).

 

Mit dem am 02.03.2018 beim BFA, Regionaldirektion Kärnten, eingebrachten und mit 01.03.2018 datierten Schriftsatz erhob die BF durch ihren bevollmächtigten Rechtsvertreter Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid. Darin wurde nach Darlegung der Gründe für die behauptete Rechtswidrigkeit des Bescheides beantragt, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen, den angefochtenen Bescheid in seiner Gesamtheit aufzuheben, in der Sache selbst zu entscheiden und von einer Rückkehrentscheidung Abstand zu nehmen und festzustellen, dass eine Abschiebung der BF in die USA unzulässig sei und der BF einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidungsfindung an das BFA zurückzuverweisen.

 

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 09.03.2018 vom BFA vorgelegt.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Die BF ist minderjährig und Staatsangehörige der Vereinigten Staaten von Amerika (USA).

 

Die BF ist die leibliche Tochter von XXXX, geboren am XXXX, und XXXX, geboren am XXXX. Die Eltern sind ebenso US-amerikanische Staatsangehörige. Dem Vater kommt derzeit die alleinige Obsorge- und Vertretungsberechtigung für die BF zu. Die BF lebte bis zuletzt bei ihrem Vater und dessen Ehefrau XXXX, geboren am XXXX.

 

Die minderjährige BF reiste zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt gemeinsam mit ihrem Vater, ihrer Stiefmutter und ihren beiden Halbgeschwistern väterlicherseits in das österreichische Bundesgebiet ein.

 

Gegen den Vater der BF, ihre Stiefmutter und beiden Halbgeschwister wurde von der belangten Behörde ebenfalls jeweils eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die dagegen erhobenen Beschwerden sind ebenfalls beim BVwG anhängig.

 

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF mittlerweile aus Österreich oder dem Schengen-Raum ausgereist ist.

 

Die BF verfügt abgesehen von dem mit ihr gemeinsam eingereisten Familienmitgliedern (Vater, Stiefmutter, Halbgeschwister) über keine familiären oder sonstigen nennenswerten privaten Bindungen in Österreich. Auch Anhaltspunkte für die Annahme einer Integration in Österreich in sprachlicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind nicht hervorgekommen.

 

Die BF stellte, durch ihren gesetzlichen Vertreter, am 08.09.2017 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Aufenthaltsbewilligung - Familiengemeinschaft" nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG). Über diesen Antrag wurde noch nicht entschieden.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Der Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG. In der Beschwerde wird den entscheidungswesentlichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht substanziiert entgegengetreten und auch sonst kein dem festgestellten Sachverhalt entgegenstehendes oder darüber hinaus gehendes Vorbringen in konkreter und substantiierter Weise erstattet.

 

Die auf Grund der vorliegenden Akten getroffenen Feststellungen werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

 

Die Feststellungen zur oben genannten leiblichen Mutter der BF und zur Obsorge- und Vertretungsberechtigung ihres Vaters (sog. "sole physical custody and decision making authority") ergeben sich aus der im Verwaltungsakt zum Vater (hg. GZ: G301 2188402-1) einliegenden Geburtsurkunde der BF (AS 113) und Obsorgeverfügung ("Parenting Order") des "Family Court" von Greenbrier County, West Virginia, vom 15.11.2016 (AS 135) sowie aus der Stellungnahme des Rechtsvertreters vom 23.03.2018 (OZ 4) zur Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 12.03.2018 (OZ 2), wonach es - wie vom BVwG aufgezeigt - richtig sei, dass dem Vater der BF die Obsorge für die minderjährige BF zukomme. In der gegenständlichen und vom rechtsfreundlichen Vertreter verfassten Beschwerde war fälschlicherweise noch die oben genannte Stiefmutter als "Kindesmutter" und als "gesetzliche Vertreterin" der BF bezeichnet worden.

 

Der Umstand, dass nicht festgestellt werden konnte, dass die BF - wie behauptet - tatsächlich das Bundesgebiet verlassen hätte, beruht darauf, dass keinerlei Nachweis über eine erfolgte Ausreise vorgelegt wurde.

 

Die Feststellungen zum Fehlen familiärer und privater Bindungen - mit Ausnahme ihrer ebenfalls im Bundesgebiet aufhältigen Familienangehörigen - sowie zum Nichtvorliegen einer umfassenden Integration in Österreich beruhen auf den diesbezüglichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid, die in der Beschwerde nicht bestritten wurden.

 

Die Feststellung, dass für die BF am 08.09.2017 ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gestellt wurde, ergibt sich aus dem Zentralen Fremdenregister und den Angaben in der Beschwerde.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

3.1. Zur Rückkehrentscheidung und zur Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat:

 

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid eine Rückkehrentscheidung erlassen und diese auf § 52 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, gestützt, sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Herkunftsstaat festgestellt.

 

Gemäß § 52 Abs. 1 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (Z 1) oder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde (Z 2).

 

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG idF des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2017 (FrÄG 2017), BGBl. I Nr. 145/2017, ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

 

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG). Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (§ 9 Abs. 2 BFA-VG).

 

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG halten sich Fremde unter anderem rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthalts oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.

 

Gemäß Art. 20 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) können sich sichtvermerkfreie Drittausländer im Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab dem Datum der ersten Einreise an und soweit sie die nunmehr im Schengener Grenzkodex vorgesehenen Einreisevoraussetzungen erfüllen.

 

Für einen geplanten Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen, wobei der Zeitraum von 180 Tagen, der jedem Tag des Aufenthalts vorangeht, berücksichtigt wird, gelten für einen Drittstaatsangehörigen die in Art. 6 Abs. 1 Schengener Grenzkodex, VO (EU) 2016/399 , genannten Einreisevoraussetzungen. So muss der Drittstaatsangehörige im Besitz eines gültigen Reisedokuments und, sofern dies in der sog. Visumpflicht-Verordnung VO (EG) Nr. 539/2001 vorgesehen ist, im Besitz eines gültigen Visums sein. Er muss weiters den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben; er darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaates darstellen und insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.

 

Gemäß Art. 11 Abs. 1 Schengener Grenzkodex werden die Reisedokumente von Drittstaatsangehörigen bei der Einreise und bei der Ausreise systematisch abgestempelt. Ist das Reisedokument eines Drittstaatsangehörigen nicht mit dem Einreisestempel versehen, so können gemäß Art. 12 Abs. 1 Schengener Grenzkodex die zuständigen nationalen Behörden annehmen, dass der Inhaber des Reisedokuments die in dem betreffenden Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen hinsichtlich der Aufenthaltsdauer nicht oder nicht mehr erfüllt. Gemäß Art. 12 Abs. 2 Schengener Grenzkodex kann diese Annahme vom Drittstaatsangehörigen durch jedweden glaubhaften Nachweis widerlegt werden, insbesondere durch Belege wie Beförderungsnachweise oder Nachweise über seine Anwesenheit außerhalb des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten, aus denen hervorgeht, dass er die Voraussetzungen hinsichtlich der Dauer eines kurzfristigen Aufenthalts eingehalten hat.

 

Die Anwendung dieser Rechtslage auf den hier maßgeblichen Sachverhalt ergibt Folgendes:

 

Die BF ist Staatsangehörige der Vereinigten Staaten von Amerika (USA) und als solche Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Ein Inhaber eines gültigen biometrischen US-amerikanischen Reisepasses nach Maßgabe des Anhanges II zu Art. 1 Abs. 2 Visumpflicht-Verordnung ist für einen Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Schengener Vertragsstaaten, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, von der Visumpflicht befreit.

 

Die BF reiste gemeinsam mit ihrem Vater, ihrer Stiefmutter und den beiden minderjährigen Halbgeschwistern spätestens am 10.01.2017 ins Bundesgebiet und damit in den Schengen-Raum ein. Die BF war somit höchstens 90 Tage ab dem Tag der Einreise ohne weitere Voraussetzungen zum Aufenthalt in Österreich berechtigt. Dieser Zeitraum des erlaubten visumfreien Aufenthalts endete demnach am 09.04.2017. Der Aufenthalt der BF in Österreich erweist sich somit jedenfalls seit dem 10.04.2017 als unrechtmäßig, zumal die BF danach auch über keine Berechtigung zu einem weiteren Aufenthalt in Österreich verfügt hat. Zum Zeitpunkt der Erlassung der gegenständlichen Rückkehrentscheidung im angefochtenen Bescheid war die Dauer des erlaubten visumfreien Aufenthalts somit schon längere Zeit abgelaufen.

 

Über den am 08.09.2017 gestellten Antrag der BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), welcher gemäß § 21 Abs. 6 NAG jedoch kein Bleiberecht begründet und auch der Erlassung und Durchführung von Maßnahmen nach dem FPG nicht entgegensteht, wurde noch nicht entschieden. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass die BF einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bzw. einer Aufenthaltsberechtigung nach den §§ 55 bis 57 AsylG 2005 gestellt hätte.

 

Es ist somit der von der belangten Behörde vertretenen Ansicht beizutreten, dass sich die BF zum Zeitpunkt der Erlassung der Rückkehrentscheidung nicht rechtmäßig in Österreich aufgehalten hat. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Rückkehrentscheidung daher zutreffend auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt.

 

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus dem Blickwinkel des § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 EMRK zulässig ist, ist eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit dem Interesse des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich vorzunehmen.

 

Auch wenn das persönliche Interesse am Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zunimmt, so ist die bloße Aufenthaltsdauer freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Zl. Ra 2015/19/0247).

 

In der Beschwerde wurde die Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass der Vater der BF einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung für Künstler" bzw. für seine Ehefrau und die Kinder einen Antrag auf "Aufenthaltsbewilligung - Familiengemeinschaft" eingebracht habe, die Verfahren noch anhängig seien, die Familie davon ausgegangen sei sich legal im Bundesgebiet aufzuhalten, der Unterhalt der Familie (durch eine geregelte Beschäftigung des Vaters der BF) gesichert sei, die Eltern der BF gerichtlich unbescholten seien und der Vater der BF im Falle eines Aufenthaltstitels einer geregelten Beschäftigung nachgehen könne.

 

Wie sich aus den bisherigen Angaben des gesetzlichen Vertreters der BF im Verfahren vor der belangten Behörde und aus der Beschwerde ergibt, verfügt die BF in Österreich - abgesehen von der aus ihr und ihren ebenfalls nicht rechtmäßig im Bundesgebiet verweilenden Eltern und Geschwistern bestehenden Familiengemeinschaft - über keine berücksichtigungswürdigen familiären Anknüpfungspunkte.

 

Da die BF, ihr Vater, ihre Stiefmutter sowie ihre Halbgeschwister gleichermaßen von einer Rückkehrentscheidung betroffen sind, zumal gegen sämtliche Familienmitglieder eine Rückkehrentscheidung erlassen worden ist, liegt insoweit kein Eingriff in das schützenswerte Familienleben vor (VwGH 19.12.2012, Zl. 2012/22/0221 mwN).

 

Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration der BF in sprachlicher und sozialer Hinsicht sind schon im Hinblick auf das junge Alter der BF nicht erkennbar. Selbst unter der Annahme einer schneller von Statten gehenden Verwurzelung von minderjährigen Kindern im Aufnahmestaat kann angesichts der erst kurz zugebrachten Zeit im Bundegebiet und ihrem Alter nicht gesagt werden, dass die BF eine tiefgreifende Verwurzelung in Österreich bei gleichzeitigem Abbruch der Beziehungen zum Herkunftsstaat erfahren hat. Vielmehr attestiert der EGMR Kindern, selbst im Falle ihrer Geburt im Aufnahmestaat, eine hinreichende Anpassungsfähigkeit in Bezug auf deren Rückkehr in den Herkunftsstaat (vgl. EGMR 26.01.1999, Zl. 43279/98, Sarumi). Soweit Kinder von einer Ausweisung betroffen sind, sind ihre besten Interessen und ihr Wohlergehen, die Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Ausweisungsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen. Dabei kommt den Fragen, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaats sprechen, und insbesondere, ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter befinden, maßgebliche Bedeutung zu (VwGH 21.04.2011, Zl. 2011/01/0132). In der Rechtsprechung wird für Kinder im Alter von sieben bis elf Jahren eine grundsätzliche Anpassungsfähigkeit angenommen. Die BF lebt in Österreich in einem gemeinsamen Haushalt mit ihrem Vater, ihrer Stiefmutter und ihren minderjährigen Halbgeschwistern. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF eine Kindergrippe, einen Kindergarten oder ähnliche Einrichtungen besucht. Aufgrund des junge Alters der BF erscheint eine Wiedereingliederung in ihrem Herkunftsstaat jedenfalls zumutbar.

 

Im Lichte dieser nach § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotenen Abwägung hat sich somit insgesamt nicht ergeben, dass vorhandene familiäre oder nachhaltige private Bindungen der BF in Österreich das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts überwiegen würden. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet das persönliche Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, welche im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig erscheinen ließen.

 

Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffene amtswegige Feststellung keine konkreten Umstände dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung in den Herkunftsstaat unzulässig wäre (vgl. VwGH 16.12.2015, Zl. Ra 2015/21/0119).

 

Auch Umstände, dass allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, liegen unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes nicht vor.

 

Da ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht zu erteilen war, alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorliegen und sich auch die Abschiebung in den Herkunftsstaat als zulässig erweist, war gemäß § 57 AsylG 2005 und § 52 Abs. 1 Z 1 und Abs. 9 FPG die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

 

3.2. Zur Beschwerde hinsichtlich der Frist zur freiwilligen Ausreise:

 

Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid in Spruchpunkt IV. gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise aus dem Bundesgebiet zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

 

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt diese Frist 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. Bei Überwiegen solcher besonderen Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 3 FPG einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

 

Besondere Umstände, welche einen längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage zu Ausreise erforderlich gemacht hätten, wurden von der BF bzw. von ihrem gesetzlichen Vertreter im Verlauf des gesamten Verfahrens weder vorgebracht noch nachgewiesen und sind auch sonst nicht hervorgekommen.

 

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides war daher ebenfalls als unbegründet abzuweisen.

 

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

 

Im gegenständlichen Fall wurde der Sachverhalt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substanziierter Weise behauptet (siehe VwGH 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9).

 

Es konnte daher - trotz des in der Beschwerde gestellten Antrages - gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

 

3.4. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

 

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist teilweise zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

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