BVwG W154 2012543-1

BVwGW154 2012543-18.1.2018

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W154.2012543.1.00

 

Spruch:

W154 2012543-1/8E IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin über die Beschwerde XXXX , geb. XXXX , StA. Volksrepublik China, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.08.2014, Zl. 791108308/BMI-BFA, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.09.2017 zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 10 Abs. 1 Z 3, 55 und 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG sowie §§ 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang

 

Der Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Volksrepublik China, stellte am 13.09.2009 einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.04.2010, Zl. 09 11.083-BAW,wurde dieser Antrag gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Ziffer 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat abgewiesen (Spruchpunkt II.) und die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Absatz 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

 

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.06.2014, GZ W117 1413524-1/16E, wurde die dagegen erhobene Beschwerde gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.), der Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides aufgehoben und das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 Z 1 erster Satz AsylG 2005 insoweit zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) zurückverwiesen (Spruchpunkt II.).

 

Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes wurde der Beschwerdeführerin gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen, wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG in den Herkunftsstaat zulässig sei. Weiters wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der Beschwerdeführerin gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage. Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, dass die Beschwerdeführerin ihren Aufenthalt durch selbstständige Erwerbstätigkeit finanziere und monatlich etwa € 1000 verdiene. Aus Sicht der Behörde könne mit diesem Einkommen jedoch kein ausreichender Unterhalt gewährleistet sein, weil bereits ihre Mietbelastung monatlich € 560 betrage. Die Beschwerdeführerin sei aufrecht krankenversichert. In Österreich habe sie keine Familienangehörigen und es würden sonst keinerlei familiäre Bindungen zum Bundesgebiet bestehen.

 

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin seit längerem eine Beziehung zu einem österreichischen Staatsbürger habe, mit dem seit Februar 2014 auch eine Lebensgemeinschaft an der aktenkundigen Adresse bestehe. Eine spätere Heirat sei beabsichtigt, allerdings aufgrund fehlender Dokumente schwierig. Sie sei selbstständig erwerbstätig, bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft krankenversichert und habe monatliche Einnahmen von ca. € 1000, von denen sie ihren Lebensunterhalt bestreite. Für die Miet- und Betriebskosten würde der Lebensgefährte aufkommen. Zudem besuche die Beschwerdeführerin einen Deutschkurs. Beigelegt wurden ein Bestätigungsschreiben des Lebensgefährten der Beschwerdeführerin; die Kopie von von diesem ausgefüllten Zahlscheinen an die Hausverwaltung; eine Versicherungsbestätigung und ein Kontoauszug der Sozialversicherung vom 26.07.2014; die erste Seite der Einkommensteuererklärung der Beschwerdeführerin aus dem Jahr 2013; der Mietvertrag des Lebensgefährten der Beschwerdeführerin samt dem Zusatz, dass diese mit Datum 22.08.2014 in den bestehenden Mietvertrag eintrete; ein ZMR-Auszug sowie eine Deutschkursteilnahmebestätigung A1.

 

Am 27.09.2017 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an der das Bundesamt als weitere Partei des Verfahrens nicht teilnahm und der eine Dolmetscherin für die Sprache Chinesisch beigezogen wurde.

 

Dabei brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, seit vielen Jahren in Österreich zu arbeiten. Seit 2013 habe sie eine Steuernummer. Dazu legte sie eine Kopie einer Einzahlung zur Sozialversicherung vom 13.06.2017 vor. Weiters vorgelegt wurden ein ÖSD-Diplom Deutsch A1 sowie die Anmeldebestätigung zu einem Deutschkurs A2 bei einem Chinazentrum.

 

Die Beschwerdeführerin erklärte, sie habe die A2 Prüfung ablegen wollen, könne aber nicht richtig lesen, weil der Arzt festgestellt habe, dass sie an Grauem Star leide und operiert werden müsste. Sie legte Unterlagen hinsichtlich der ärztlichen Betreuung beim Augenarzt sowie die Kopie eines Ton Audiogramms vor. Weiters bestätigte sie, dass sie trotz der Hörbeeinträchtigung auf der linken Seite die Dolmetscherin gut verstehe. Das verordnete Hörgerät habe sie jedoch noch nicht besorgt.

 

Zurzeit arbeite die Beschwerdeführerin in einem Massagesalon und wohne in einem Zimmer, das dem dort für die Reinigung zuständigen Mann gehöre. Dafür zahle sie keine Miete, aber koche als Gegenleistung für ihn. Sie kenne nur den Vornamen des Vermieters, an seinen Familiennamen könne sie sich nicht erinnern. Die frühere Wohnung sei ihrem Lebenspartner zu teuer gewesen.

 

Letzteren würde sie seit fünf Jahren kennen, sie sei aber vor kurzem aus der Lebensgemeinschaft in die vorhin erwähnte Unterkunft umgezogen. Ihr Lebensgefährte habe gewollt, dass sie bei ihm wohne, jedoch lebe er 90 Autominuten von ihrer Arbeitsstelle entfernt. Sie habe seine Adresse aufgeschrieben, diese aber nicht mit und könne sie nicht auswendig nennen. Die beiden würden jedoch Kontakt haben und sich lieben. Sie habe ihm nicht gesagt, wo sie wohne. Er rufe sie oft an, um sich mit ihr zu treffen, was sie jedoch ablehne. Ihr Freund habe verlangt, dass sie auf ihre Arbeit verzichte. Als sie sich kennengelernt hätten, sei er noch verheiratet gewesen und habe sich während ihrer Lebensgemeinschaft scheiden lassen. Danach habe es viele Probleme gegeben, die auch zu ihrer Trennung geführt hätten. In absehbarer Zeit wolle sie jedoch wieder mit ihm in einer gemeinsamen Wohnung leben.

 

Zudem habe die Beschwerdeführerin mehrere österreichische Freunde und koche manchmal in einer buddhistischen Gemeinschaft. Österreicher habe sie dort jedoch keine gesehen und sei auch in keinem österreichischen Verein Mitglied. Deutschkurs besuche sie gegenwärtig keinen, wolle aber für B1 lernen. Ab und zu gehe sie in die Sauna, wo sie mit anderen Besuchern plaudere, habe einigen davon das Schwimmen beigebracht und bei anderen Rückenmassagen durchgeführt. Sie gehe tanzen und treffe sich dort auch mit Leuten, mit denen sie Deutsch spreche.

 

Am 10.10.2017 wurde der Versicherungsdatenauszug der Beschwerdeführerin vom 04.10.2017 nachgereicht.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Volksrepublik China. Sie befindet sich seit September 2009 im Bundesgebiet.

 

Sie konnte ein ÖSD Diplom Deutsch A1 vorlegen, ist selbstständig krankenversichert und hat laut Versicherungsdatenauszug seit 2014 ein eigenes Einkommen. Im Jahr 2016 verdiente sie insgesamt €

13.261,80, somit ca. € 1100 monatlich.

 

Die Beschwerdeführerin hat mehrere österreichische Freunde. Sie ist in einem buddhistischen Verein aktiv.

 

Die Beschwerdeführerin hat keine familiären Beziehungen im Bundesgebiet. Von ihrem österreichischen Lebensgefährten lebt sie mittlerweile wieder getrennt und hält nur mehr telefonischen Kontakt zu ihm.

 

Die Beschwerdeführerin leidet an keiner schweren oder lebensbedrohlichen Krankheit.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die oben genannten Feststellungen und der Verfahrensgang resultieren aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden (unbestrittenen) Verfahrensakt der Beschwerdeführerin.

 

Die Feststellungen zur Person und Herkunft der Beschwerdeführerin sowie zu ihren familiären Beziehungen und ihrer Integration in Österreich stützen sich vor allem auf die vorgelegten – unter Punkt I detailliert angeführten – Dokumente sowie ihre diesbezüglich plausiblen und schlüssigen Aussagen im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

 

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin ergeben sich ebenfalls aus ihren Aussagen im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie aus den vorgelegten medizinischen Befunden.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit, da im Asylgesetz 2005 nichts anderes vorgesehen ist, Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

 

Zu Spruchteil A)

 

Gemäß § 10. Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

 

Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden (Abs. 2 leg. cit.).

 

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

Die Beschwerdeführerin befindet sich seit 2009 im Bundesgebiet und ihr Aufenthalt ist nicht geduldet. Sie ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch nicht Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

 

§ 52 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

 

"(1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

 

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

 

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

 

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

 

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

 

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

 

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

 

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

 

"

 

Die Beschwerdeführerin ist als Staatsangehörige der Volksrepublik China keine begünstigte Drittstaatsangehörige und es kommt ihr kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung ihres Antrages auf internationalen Schutz ihr Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

 

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

 

Die Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung - nunmehr Rückkehrentscheidung - ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

 

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. VfGH 29.9.2007, B 1150/07; 12.6.2007, B 2126/06; VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479; 26.1.2006, 2002/20/0423).

 

Das durch eine soziale Integration erworbene Interesse an einem Verbleib in Österreich ist in seinem Gewicht gemindert, wenn der Fremde keine genügende Veranlassung gehabt hat, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt auszugehen. In diesem Sinn darf die Behörde nach bei der Interessenabwägung darauf Bedacht nehmen, ob das Privat- und Familienleben der Fremden in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren. Allerdings hat diese Bestimmung schon vor dem Hintergrund der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht zur Konsequenz, dass der während des unsicheren Aufenthalts erlangten Integration überhaupt kein Gewicht beizumessen ist und ein solcherart begründetes privates und familiäres Interesse nie zur Erteilung eines Aufenthaltstitels führen könnte (vgl. E 17. April 2013, 2013/22/0088)" (VwGH 10.12.2013, Zl. 2013/22/0242).

 

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

 

Für den Aspekt des Privatlebens spielt auch die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung grundsätzlich keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852ff.). Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass einem inländischen Aufenthalt von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung hinsichtlich der durchzuführenden Interessenabwägung zukommt (vgl. dazu VwGH 30.07.2015, Zl. 2014/22/0055; VwGH 23.06.2015, Zl. 2015/22/0026; VwGH 10.11.2010, Zl. 2008/22/0777, VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479). Andererseits kann aber auch nicht gesagt werden, dass eine in drei Jahren erlangte Integration keine außergewöhnliche, die Erteilung eines Aufenthaltstitels rechtfertigende Konstellation begründen kann. Die Annahme eines "Automatismus", wonach ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bei Vorliegen einer Aufenthaltsdauer von nur drei Jahren "jedenfalls" abzuweisen wäre, ist verfehlt (vgl. dazu insbesondere VwGH 30.07.2015, Zl. 014/22/0055, VwGH B 28.01.2016, Zl. Ra 2015/21/0191-6, VfGH 06.06.2014, Zl. U45/2014).

 

Die Umstände, dass ein Fremder perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, stellen keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale dar (Hinweis E 26. November 2009, 2008/18/0720). Auch die strafgerichtliche Unbescholtenheit (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 6 FrPolG 2005) vermag die persönlichen Interessen des Fremden nicht entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, Zl. 2010/18/0029). Vom Verwaltungsgerichtshof wurde im Ergebnis auch nicht beanstandet, dass in Sprachkenntnissen und einer Einstellungszusage keine solche maßgebliche Änderung des Sachverhalts gesehen wurde, die eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 MRK erfordert hätte (vgl. VwGH 19.11.2014, Zl. 2012/22/0056; VwGH 19.11.2014, Zl. 2013/22/0017, VwGH 12.10.2015, Zl. Ra 2015/22/0074).

 

Nach der bisherigen Rechtsprechung ist auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0126).

 

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn 1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und 2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG) erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird. Nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.

 

Für den konkreten Fall bedeutet dies:

 

Die Beschwerdeführerin befindet sich seit acht Jahren im österreichischen Bundesgebiet und die Dauer ihres Asylverfahrens ist ihr nicht vorzuwerfen. Sie ist zum Aufenthalt in Österreich nur auf Grund eines Antrages auf internationalen Schutz, der sich letztlich als nicht begründet erwiesen hat, berechtigt. Anhaltspunkte dafür, dass ihr ein nicht auf asylrechtliche Bestimmungen gestütztes Aufenthaltsrecht zukäme, sind nicht ersichtlich.

 

Laut Versicherungsdatenauszug bezieht die Beschwerdeführerin seit 2014 ein eigenes legales Einkommen von ca. € 1100 monatlich. Auch ist sie selbstständig krankenversichert.

 

Die Deutschkenntnisse der Beschwerdeführerin liegen jedoch trotz der langen Aufenthaltsdauer nur auf dem Niveau A1. Auch wenn man ihr zugutehält, dass sie nunmehr an Hör- und Sehproblemen leidet, sind diese doch nicht dergestalt, dass sie die Beschwerdeführerin vom Erwerb eines höheren Sprachniveaus in den letzten acht Jahren ernstlich abhalten hätten können.

 

Die Beschwerdeführerin hat in Österreich keinerlei familiäre Bindungen, von ihrem ehemaligen Lebensgefährten lebt sie mittlerweile getrennt.

 

Die Beschwerdeführerin hat zwar einige österreichische Freunde und ist in einem buddhistischen Verein aktiv, jedoch ist ihr Privatleben zu einem Zeitpunkt entstanden, in dem sie sich ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst gewesen sein musste.

 

Berücksichtigt man in der speziellen Konstellation alle genannten Aspekte, so überwiegen im Rahmen einer Gesamtbetrachtung im konkreten Einzelfall letztlich die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung zu Gunsten eines geordneten Fremdenwesen die privaten Interessen der Beschwerdeführerin am Verbleib im österreichischen Bundesgebiet, weshalb eine Rückkehrentscheidung/Ausweisung keinen unverhältnismäßigen Eingriff in ihr durch Art. 8 EMRK geschütztes Recht darstellen würde.

 

Zu Spruchpunkt B)

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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