BVwG W227 2154769-1

BVwGW227 2154769-14.12.2017

B-VG Art.130 Abs1 Z3
B-VG Art.133 Abs4
Privatschulgesetz §17 Abs2
Privatschulgesetz §21 Abs1
VwGVG §28 Abs7

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W227.2154769.1.00

 

Spruch:

W227 2154769-1/6E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Säumnisbeschwerde des Schulvereins der XXXX vom 1. Februar 2017 gegen die Bundesministerin für Bildung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend den am 3. November 2015 gestellten Subventionsantrag zu Recht:

 

A)

 

Die Bundesministerin für Bildung wird gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG beauftragt, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der im gegenständlichen Erkenntnis festgelegten Rechtsanschauung binnen acht Wochen zu erlassen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

 

1. Der Beschwerdeführer (der Schulverein einer religiösen Bekenntnisgemeinschaft) brachte am 3. November 2015 bei der (damaligen) Bundesministerin für Bildung und Frauen einen Antrag um Subventionierung der von ihm geführten Privatschulen gemäß § 21 Privatschulgesetz (PrivSchG) ein. Begründend führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass sie den Status einer eingetragenen Bekenntnisgemeinschaft hätten, jedoch noch nicht den Status einer anerkannten Kirche. Daher hätten sie keinen Anspruch auf Förderungen ihrer Schulen von Seiten des Kultusamtes. Da aber alle ihrer Schulen Öffentlichkeitsrecht hätten und sie seit vielen Jahren Schüler ohne Ansehen ihrer Religion oder Nationalität unterrichten würden, ihr Dachverband und alle Schulen nicht auf Gewinn ausgerichtet seien und sie daher einen sinnvollen und wertvollen Beitrag zum gesellschaftlichen Leben leisten würden, seien sie als freie Privatschulen einzuordnen.

 

2. Erforderliche Verfahrensschritte wurden in Folge nicht gesetzt.

 

3. Mit Schreiben vom 30. Jänner 2017, beim (nunmehrigen) Bundesministerium für Bildung eingelangt am 1. Februar 2017, brachte der Beschwerdeführer die vorliegende Säumnisbeschwerde ein. Begründend führte er aus, dass bisher zum Subventionsantrag vom 3. November 2015 kein Verfahren eingeleitet worden sei.

 

4. Die Bundesministerin für Bildung machte von § 16 Abs. 1 VwGVG nicht Gebrauch, sondern legte am 12. Mai 2017 die Säumnisbeschwerde dem Bundesverwaltungsgericht samt Verwaltungsakt vor.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Zu Spruchpunkt A)

 

1.1.1. Nach § 8 Abs. 1 VwGVG kann eine Säumnisbeschwerde erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, nicht innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der gesetzlich vorgesehenen Stelle eingelangt ist. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

 

Ein überwiegendes Verschulden der Behörde ist dann anzunehmen, wenn diese die für eine zügige Verfahrensführung notwendigen Schritte unterlässt oder mit diesen grundlos zuwartet (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 8 VwGVG, Anm. 9 mit Verweis auf VwGH 26.01.2012, 2008/07/0036; vgl. auch VwGH 18.12.2014, 2012/07/0087 m.w.N.).

 

1.1.2. Die am 1. Februar 2017 erhobene Säumnisbeschwerde ist zulässig, weil die damalige Bundesministerin für Bildung und Frauen nicht binnen der sechsmonatigen Entscheidungsfrist über den am 3. November 2015 gestellten Subventionsantrag entschieden hat.

 

Sie ist auch begründet, weil die Verzögerung der Entscheidung auf ein überwiegendes Verschulden der Bundesministerin zurückzuführen ist, da die erforderlichen Verfahrensschritte nicht gesetzt wurden.

 

1.2.1. Gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG kann im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG das Verwaltungsgericht sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen.

 

Durch § 28 Abs. 7 VwGVG wird dem Verwaltungsgericht die Wahlmöglichkeit eingeräumt, im Falle einer zulässigen Säumnisbeschwerde die Zuständigkeit in der Angelegenheit unter den näher bestimmten Voraussetzungen wieder auf die Behörde zu übertragen. Eine maßgebliche Voraussetzung für eine solche Entscheidung ist, dass das Verwaltungsgericht darin über einzelne maßgebliche Rechtsfragen der Angelegenheit entscheidet (vgl. VwGH 15.03.2016, Ra 2015/01/0208 m.w.N.).

 

1.2.2. Das Bundesverwaltungsgericht macht von seiner Ermächtigung gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG Gebrauch und trägt der Bundesministerin für Bildung auf, den versäumten Bescheid innerhalb von acht Wochen unter folgender Rechtsanschauung nachzuholen:

 

Gemäß § 17 Abs. 2 PrivSchG sind den gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften für die mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten konfessionellen Privatschulen nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Subventionen zum Personalaufwand zu gewähren.

 

Unter konfessionellen Privatschulen sind nach § 17 Abs. 2 PrivSchG die von den gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften und von ihren Einrichtungen erhaltenen Schulen sowie jene von Vereinen, Stiftungen und Fonds erhaltenen Schulen zu verstehen, die von der zuständigen kirchlichen (religionsgesellschaftlichen) Oberbehörde als konfessionelle Schulen anerkannt werden.

 

Gemäß § 21 Abs. 1 PrivSchG kann der Bund für Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht, die nicht unter § 17 fallen, nach Maßgabe der aufgrund des jeweiligen Bundesfinanzgesetzes zur Verfügung stehenden Mittel Subventionen zum Personalaufwand gewähren, wenn

 

a) die Schule einem Bedarf der Bevölkerung entspricht,

 

b) mit der Führung der Schule nicht die Erzielung eines Gewinnes bezweckt wird,

 

c) für die Aufnahme der Schüler nur die für öffentliche Schulen geltenden Aufnahmsbedingungen maßgebend sind und

 

d) die Schülerzahl in den einzelnen Klassen nicht unter den an öffentlichen Schulen gleicher Art und gleicher örtlicher Lage üblichen Klassenschülerzahlen liegt.

 

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um den Schulverein einer staatlich eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaft und nicht um eine gesetzlich anerkannte Kirche (vgl. § 2 Abs. 1 und Abs. 6 in Verbindung mit § 10 des Bundesgesetzes über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften, BGBl. I Nr. 19/1998 i.d.F. BGBl. I Nr. 75/2013, sowie den am 1. Dezember 2017 unter https://www.bundeskanzleramt.gv.at/religiose-bekenntnisgemeinschaften abgerufenen Registerauszug).

 

Damit stellen die Schulen des Beschwerdeführers keine konfessionellen Privatschulen im Sinne des § 17 Abs. 2 PrivSchG dar. Sie besitzen jedoch das Öffentlichkeitsrecht (vgl. dazu die im Akt einliegenden Bescheide über die Verleihung des Öffentlichkeitsrechts).

 

Es ist daher zu klären, ob eine Subventionierung nach § 21 Abs. 1 PrivSchG in Betracht kommt. Dafür ist zu prüfen, ob die vier Bedingungen der lit. a bis d des § 21 Abs. 1 PrivSchG bei den Schule des Beschwerdeführers erfüllt sind.

 

Erst dann kann über den Subventionsantrag des Beschwerdeführers vom 3. November 2015 abgesprochen werden.

 

2. Zu Spruchpunkt B)

 

2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

2.2. Eine Revision gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil der vorliegende Fall keinerlei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft: Dass das Bundesverwaltungsgericht von seiner Wahlmöglichkeit nach § 28 Abs. 7 VwGVG Gebrauch machen kann, entspricht der oben dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

 

3.3. Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

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