BVwG W249 2014822-1

BVwGW249 2014822-120.10.2017

B-VG Art.133 Abs4
KOG §36
ORF-G §1a Z6
ORF-G §17 Abs1 Z2
ORF-G §18
ORF-G §36 Abs1 Z3
ORF-G §38b Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W249.2014822.1.00

 

Spruch:

W249 2014822-1/14E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ingrid ZEHETNER als Vorsitzende und die Richter Dr. Christian EISNER und Mag. Walter TOLAR als Beisitzer über die Beschwerde des ÖSTERREICHISCHEN RUNDFUNKS (ORF) gegen den Bescheid der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom 21.10.2014, XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.07.2017 zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 38b Abs. 1 ORF-G als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde in Spruchpunkt 1. fest, dass die beschwerdeführende Partei im Zuge der am 22.05.2013 während der von ca. 20:16 Uhr bis ca. 23:34 Uhr im Fernsehprogramm ORF eins ausgestrahlten Sendung XXXX

 

"a. durch die Ausstrahlung von insgesamt XXXX Sponsorhinweisen zu Gunsten der Tageszeitung XXXX im Rahmen der Übertragung des Fußballspiels XXXX in der Zeit von ca. 20:30:08 bis ca. 22:19:26 Uhr, durch die gemäß dem Bescheid des Bundeskommunikationssenats vom 11.09.2013, XXXX, jeweils § 17 Abs. 1 Z 2 Satz 2 ORF-G verletzt wurde, einen wirtschaftlichen Vorteil in der Höhe von EUR XXXX erlangt hat; sowie

 

b. durch die am Ende des Sendungsteils XXXX mit der Live-Übertragung der Meisterfeier aus der XXXXArena von ca. 22:54:32 bis ca. 22:54:38 Uhr im Abspann erfolgte Ausstrahlung von Sponsorhinweisen zu Gunsten von XXXX und XXXX, durch die gemäß dem Bescheid der KommAustria vom 02.08.2013, XXXX, jeweils § 17 Abs. 1 Z 2 Satz 2 ORF-G verletzt wurde, einen wirtschaftlichen Vorteil in der Höhe von EUR XXXX bzw. EUR XXXX, in Summe daher EUR XXXX, erlangt hat.

 

Dieser jeweilige festgesetzte wirtschaftliche Vorteil wird gemäß § 38b Abs. 1 letzter Satz ORF-G für abgeschöpft erklärt."

 

Mit Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides wurde ausgesprochen:

 

"Dem ORF wird aufgetragen, die Abschöpfungsbeträge gemäß Spruchpunkt 1. a. und 1.b. binnen zwei Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides auf das Konto der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, XXXX, Verwendungszweck: XXXX, zu überweisen."

 

Begründend führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt 1.b. (XXXX und XXXX) insbesondere aus, dass die beschwerdeführende Partei das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils bestreite. Nach Auffassung der belangten Behörde biete § 38b ORF-G keinerlei Anhaltspunkt dahingehend, dass die Frage nach hypothetischen rechtskonformen Handlungsweisen zu stellen wäre. Maßgeblich sei vielmehr, ob die konkret anhand ihrer wesentlichen Tatbestandselemente beschriebene rechtswidrige Handlung einen wirtschaftlichen Vorteil bewirkt habe. Die Frage, ob die Sponsorhinweise daher an einer anderen Stelle rechtskonform hätten ausgestrahlt werden können, stelle sich vor dem Hintergrund, dass damit das wesentliche Tatbestandsmerkmal der festgestellten Verletzung ausgeblendet würde, ebenso wenig wie die Frage, ob beispielsweise verbotene Unterbrecherwerbung oder zeitlich die Werbezeitgrenzen überschreitende Werbespots an anderer Stelle im Programm rechtskonform ausgestrahlt hätten werden können. Tatsächlich sei daher für den vorliegenden Fall festzustellen, dass eine gesetzeskonforme Durchführung der Maßnahme im Vergleich zum festgestellten Verstoß gar nicht möglich gewesen wäre, da der beschwerdeführenden Partei Sponsorhinweise während der Sendung eben aufgrund des § 17 Abs. 1 Z 2 Satz 2 ORF-G verboten seien. Anderes könnte vielleicht für den Fall der Unterlassung der Kennzeichnung von Werbung angenommen werden, wo sich aus der Rechtsverletzung nicht zwingend ein wirtschaftlicher Vorteil im Vergleich zum rechtskonformen Zustand ergeben müsse.

 

Aufgrund des festgestellten Sachverhalts sei unstrittig, dass die beschwerdeführende Partei und die betroffenen Werbekunden (bzw. die von ihnen beauftragten Agenturen) eine Vereinbarung über ein sogenanntes "Sponsoring De Luxe" abgeschlossen hätten. Es handle sich hierbei um eine Sonderform des Sponsorings, bei der im Rahmen einer werblich gestalteten (sohin absatzfördernden) An- oder Absage (üblicherweise im Umfeld eines Werbeblocks) eine Patronanz hinsichtlich der betreffenden Sendung erfolge. Die Rechtsprechung habe diese Form des Sponsorings grundsätzlich als mit dem Gesetz vereinbar anerkannt und auch die Zulässigkeit der Ausstrahlung im Rahmen von Werbeunterbrechungen bestätigt, allerdings auch das Erfordernis einer Kennzeichnung der gesamten Sendung am Beginn oder an ihrem Ende iSd § 17 Abs. 1 Z 2 ORF G durch einen (weiteren) Sponsorhinweis betont. Dass diese Offenlegung des Sponsoringverhältnisses sich auch mit dem Interesse des sponsernden Unternehmens decke, durch Nennung seines Namens oder seiner Marken einen "Imagewerbeeffekt" zu erzielen, erschließe sich bereits aus der Definition der kommerziellen Kommunikation in § 1a Z 6 ORF-G, die den "Sponsorhinweis" ausdrücklich als Teil der kommerziellen Kommunikation nenne.

 

Nach Auffassung der belangten Behörde stehe es (zumindest in werberechtlicher Hinsicht) nicht in der Disposition der Vertragsparteien, einzelne Teilleistungen eines Vertrags über die Durchführung kommerzieller Kommunikation - mögen diese auch der Erfüllung gesetzlicher Vorschriften dienen - von ihrem Anwendungsbereich auszunehmen, wenn diese in unmittelbarem Zusammenhang zueinander stehen würden. So habe der BKS bereits zum vergleichbaren Fall der Hinweise nach § 52 Abs. 2 Z 3 Arzneimittelgesetz, BGBl. Nr.185/1983 idF BGBl. I Nr. 162/2013, festgestellt, dass diese gesetzlich verpflichtenden Hinweise als Bestandteil der Werbung in die Werbezeit einzurechnen seien (BKS 02.05.2006, GZ 611.009/0004-BKS/2006). Nichts anderes könne für die in Frage stehenden Sponsorhinweise gelten. Zu berücksichtigen sei dabei insbesondere, dass unzweifelhaft auch die in Frage stehenden Hinweise für sich alleine einen Werbewert besäßen und iSd Rechtsprechung des VwGH "üblicherweise gegen Entgelt" ausgestrahlt werden würden (VwGH 21.10.2011, 2009/03/0173; 22.05.2013, 2010/03/0008, 28.02.2014, 2012/03/0019 mwN). Diese Annahme stütze sich insbesondere auf den Umstand, dass das Tarifwerk der beschwerdeführenden Partei auch für ungestaltete Sponsorhinweise ("Sponsoring Standard") entsprechende Entgelte vorsehe. Der Sponsorennennung im Abspann des Sendungsteils sei daher ein wirtschaftlicher Wert zuzurechnen und dieser als wirtschaftlicher Vorteil aus der rechtswidrigen Handlung iSd § 38b ORF G abzuschöpfen.

 

Aus dem Umstand, dass Hauptinhalt der zugrundeliegenden Verträge ein Sponsoringverhältnis in Bezug auf die Sendung XXXX sei, ergebe sich, dass auch sämtliche unmittelbar damit zusammenhängenden Kommunikationsleistungen der beschwerdeführenden Partei in Form der Ausstrahlung der Sponsorhinweise - ob nun werblich gestaltet oder nicht - von diesen Verträgen und dem seitens der Vertragspartner geleisteten Entgelte umfasst sein müssten. Da die vorgelegten Verträge und Rechnungen tatsächlich lediglich das "Sponsoring De Luxe" beinhalteten, nicht aber die - ebenfalls erbrachte - Kommunikationsleistung der Ausstrahlung der ungestalteten Sponsorhinweise gemäß Spruchpunkt 1.b., sei ihr Wert gemäß § 38b Abs. 2 Satz 2 und 3 ORF-G zu schätzen.

 

2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher der Bescheid "insbesondere wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften angefochten" wird und die Anträge gestellt werden, das Bundesverwaltungsgericht möge "a.) eine mündliche Verhandlung durchführen und b.) in der Sache selbst erkennen und den angefochtenen Bescheid vom 21.10.2014 zu XXXX aufheben und das Verfahren einstellen".

 

Zu Spruchpunkt 1.b. des angefochtenen Bescheides wird darin zusammengefasst vorgebracht, dass die beschwerdeführende Partei für die Ausstrahlung der beiden inkriminierten Sponsorhinweise für XXXX und XXXX keine Einnahmen erhalten habe. Es sollte lediglich dem gesetzlichen Kennzeichnungserfordernis Genüge getan werden, dies sei versehentlich an der falschen Stelle geschehen. Die beschwerdeführende Partei habe durch den festgestellten Verstoß keinen wirtschaftlichen Vorteil erlangt, oder die konkret anhand ihrer wesentlichen Tatbestandselemente beschriebene rechtswidrige Handlung habe keinen wirtschaftlichen Vorteil bewirkt. Anzumerken sei, dass auch die rechtskonforme Ausstrahlung der beiden inkriminierten Sponsorhinweise keine Einnahmen gebracht hätte, da das Interesse der beiden Verträge mit den Werbekunden einzig auf die in Werbeunterbrechungen eingesetzten "De Luxe Sponsorings", eine von der werbetreibenden Wirtschaft extra nachgefragte Sonderform des Sponsorings, gerichtet gewesen seien. Demnach sei die Höhe des wirtschaftlichen Vorteils mit Null anzugeben. Unrichtig und unsachlich sei jedenfalls die Anwendung der von der belangten Behörde im Rahmen einer Schätzung entwickelten Vergleichsrechnung, die auf die inkriminierten Sponsorhinweise den Tarif "Sponsoring Standard" übertrage. Ein nach diesem Tarif nachgefragter Sponsorhinweis weise völlig andere Gestaltungsmerkmale auf und sei vom Werbewert mit nicht separat platzierten/zugestellten, in den Abspann nicht bildschirmfüllend eingebundenen, in einfacher ORF-CI-Schrift ohne Logo und verbale Nennung ausgestrahlten Sponsorhinweisen nicht zu vergleichen. Mit diesen Abspannnennungen werde de facto keine von der werbetreibenden Wirtschaft nachgefragte Kommunikationsleistung erbracht. Für die Betrachtung der Höhe des wirtschaftlichen Vorteils seien die vorgelegten Verträge und Rechnungen heranzuziehen, die kein Entgelt und keinen Entgeltanteil für die Abspannnennungen beinhalten würden (und es daher keinen tatsächlich erlangten wirtschaftlichen Vorteil gebe).

 

Des Weiteren wird zu den Kosten der Akquirierung von kommerzieller Kommunikation dargetan, dass im Zusammenhang mit der "Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils" in Deutschland nach § 34 GWB (Vorteilsabschöpfung durch die Kartellbehörde) anerkannt sei, dass ein wirtschaftlicher Vorteil insoweit nicht eintrete, als der "Täter" Aufwendungen zur Erzielung von (rechtswidrigen) Einnahmen gehabt habe (vgl Lübbig, in: Münchener Kommentar, Band 2, § 34 Rz 15). Im Umfang der Aufwendungen trete also ein "wirtschaftlicher Vorteil" nicht ein. Die beschwerdeführende Partei erachte es daher als sachgerecht, von den Erlösen jedenfalls jene Kosten für die Vermarktung der Sponsorhinweise abzuziehen, die im Umfang der Vermarktungsprovision der ORF-Enterprise GmbH & Co KG in Höhe von XXXX des Erlöses angegeben worden seien.

 

Außerdem sei aus Verhältnismäßigkeitsgründen eine Abschöpfung auf formelle bzw. grobe Gesetzesverletzungen zu beschränken (arg.: "kann sie einen Betrag in der Höhe des erlangten wirtschaftlichen Vorteils festsetzen"). Anders als vergleichbare Fälle nicht-pönaler Sanktionen, die der "Wiederherstellung" eines wettbewerbskonformen Zustands dienten (vgl. zB §§ 29ff KartellG 2005 bzw. § 34 dt. GWB; § 334 Abs. 7 und 8 BVergG 2006), kenne das ORF-G nämlich ausdrücklich keinerlei Einschränkung, um eine unverhältnismäßige Auswirkung einer Abschöpfung hintanzuhalten: Das ORF-G normiere zwar ausdrücklich keine "Obergrenze" des Abschöpfungsbetrags oder sonstige Kriterien, die bei der Bemessung zu berücksichtigen wären, etwa die Schwere und die Dauer der Rechtsverletzung, den Grad des Verschuldens oder die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der beschwerdeführenden Partei. Zudem sei im Zusammenhang mit der amtswegigen Aufsicht (§ 36 Abs. 1 Z 3 ORF-G) auch keine "Verjährung" einer Abschöpfung festgelegt, was bei anderen schweren Sanktionen regelmäßig der Fall sei. Aber nur unter Berücksichtigung der vorstehenden Kriterien, d.h. insbesondere bei einer Beschränkung der Abschöpfung auf grobe - damit leicht erkennbare und insofern auch sicher vermeidbare - Gesetzesverletzungen, könnten unverhältnismäßige und/oder ruinöse Auswirkungen vermieden werden. Dies sei im Rahmen des Ermessenspielraums der Behörde auch möglich. Im konkreten Fall erscheine die Schwere der Sanktion im Fall einer vollständigen Abschöpfung aufgrund der Neuartigkeit der Rechtsprechung im zugrundeliegenden Rechtsverletzungsverfahren nicht mit der Schwere der Rechtsverletzung zu korrelieren (vgl. zur geringfügigen Änderung der Rechtslage: KommAustria 02.08.2013, XXXX). Auch aus diesem Grund habe die Abschöpfung zu unterbleiben.

 

3. Mit hg. am 01.12.2014 eingelangter Beschwerdevorlage übermittelte die belangte Behörde die verfahrensgegenständlichen Akten dem Bundesverwaltungsgericht und führte aus, dass auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ausdrücklich verzichtet werde.

 

Unter einem übermittelte die belangte Behörde eine Stellungnahme, in welcher sie den Antrag stellte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und dazu insbesondere Folgendes ausführte: Ergebe sich aus der gesetzlichen Verpflichtung des § 17 Abs. 1 Z 2 ORF-G, dass zusätzlich zum im Werbeblock ausgestrahlten "Sponsoring De Luxe" ein weiterer - allenfalls auch "ungestalteter" Sponsorhinweis am Beginn oder am Ende der Sendung auszustrahlen sei - so müsse diesem gesetzlich vorgesehenen Hinweis auch ein Werbewert aus dem Gesamtvertrag zugerechnet werden. Dies ergebe sich zwingend auch aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber den "Sponsorhinweis" ausdrücklich als eine Form der kommerziellen Kommunikation nenne (§ 1a Z 6 ORF-G); kommerzielle Kommunikation sei ihrerseits aber wiederum über die Entgeltlichkeit definiert. Dem Argument der beschwerdeführenden Partei, dass bloße "ungestaltete" Nennungen von Sponsoren in der verfahrensgegenständlichen Form "de facto" keinen Werbewert hätten und auch nicht vermarktet würden, sei schon auf dieser Grundlage nicht zu folgen. Ebenso irrelevant sei, worauf die Werbeabsicht des Kunden gerichtet gewesen sei. Dass es zu einer "hypothetischen" Abschöpfung käme, sei schon insoweit zu verneinen, als der Gesamtbetrag der Abschöpfung mit dem tatsächlich geleisteten Entgelt begrenzt sei. Wäre daher auch der auf das "De Luxe Sponsoring" entfallende Anteil abzuschöpfen, so bliebe es folgerichtig beim insgesamt geleisteten Entgelt. Eine "hypothetische" Abschöpfung könne die belangte Behörde insoweit nicht erkennen. Dass die den Sponsorhinweisen für XXXX und XXXX im Wege der Schätzung zugerechneten Entgeltanteile in einem völlig realistischen Bereich liegen würden, beweise der Umstand, dass für die im selben Abschöpfungsbescheid abgehandelten XXXX kurzen Sponsorhinweise für XXXX während der Sendung insgesamt EUR XXXX geleistet worden seien, sodass auf einen Hinweis des XXXX EUR XXXX entfielen. Dies entspreche fast exakt dem Wert des Hinweises für die XXXX iHv EUR XXXX. Gerade die in der Sendung vorgekommenen Sponsorhinweise für XXXX, die sich weder in Größe noch zeitlicher Dauer wesentlich von jenen im Abspann unterscheiden würden, und das hierfür nachweislich vereinnahmte Entgelt, widerlegten die Behauptung der beschwerdeführenden Partei, "ungestaltete" Nennungen von Unternehmen besäßen keinen Werbewert und würden nicht vermarktet.

 

Hinsichtlich der von der beschwerdeführenden Partei eingewandten Kosten der Akquirierung der kommerziellen Kommunikation durch die ORF Enterprise GmbH & Co KG könne die belangte Behörde nicht erkennen, dass das Gesetz die Berücksichtigung derartiger "Sowieso"-Kosten, die noch dazu konzernintern bei einer XXXX anfielen, vorsehen würde. § 38b ORF-G sei ausweislich der Materialien dem § 111 TKG 2003 nachgebildet und habe - vgl. die Erl zur RV 128 BlgNR XXII. GP - den Schutz der Mitbewerber vor Augen. Mit der Ausstrahlung rechtswidriger Werbemaßnahmen entziehe aber die beschwerdeführende Partei im Ausmaß des vereinnahmten Entgelts dem Werbemarkt und damit den Mitbewerbern Erlösmöglichkeiten in ebendieser Höhe. Der "wirtschaftliche Vorteil" der beschwerdeführenden Partei entspreche daher dem "wirtschaftlichen Nachteil" der Mitbewerber; folglich habe keine Berücksichtigung des von der beschwerdeführenden Partei intern der rechtswidrigen Werbemaßnahme zugerechneten Aufwandes stattzufinden. Im vorliegenden Fall erübrige sich eine Vertiefung dieser Frage aber schon deswegen, weil der "Aufwand" der Werbeakquirierung in concreto nur für das "Sponsoring De Luxe" angefallen und nur hierüber mit den beteiligten Unternehmen ein Vertrag abgeschlossen worden sei.

 

4. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2014 wurde die Stellungnahme der belangten Behörde der beschwerdeführenden Partei sowie deren XXXX zur Kenntnis und allfälligen Stellungnahme übermittelt.

 

5. Die beschwerdeführende Partei erstattete dazu am 19.01.2015 eine Stellungnahme, worin sie insbesondere darauf verwies, dass die Ausführungen der belangten Behörde zum objektiven Werbewert bei der Bemessung des Abschöpfungsbetrages irrelevant seien. Maßgebend sei ein Vergleich der aktuellen Vermögenssituation mit der Vermögenssituation, wie sie - ohne ein bestimmtes Verhalten - bestanden hätte. Im Rahmen der verfahrensgegenständlichen Abschöpfung sei zu ermitteln (vgl. Kogler/Traimer/Truppe, Rundfunkgesetze3, 355), "wie hoch der im Vergleich zum gesetzeskonformen Verhalten durch den Verstoß bewirkte Vorteil ist". Der der beschwerdeführenden Partei zugekommene wirtschaftliche Vorteil für die gegenständlichen Kennzeichnungen sei mit Null zu bemessen.

 

6. Diese Stellungnahme wurde der belangten Behörde mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.12.2015 zur Kenntnis gebracht. Eine weitere Stellungnahme der belangten Behörde langte nicht ein.

 

7. Am 18.07.2017 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Bei dieser wurde insbesondere der Themenkomplex der allfälligen Erlangung eines wirtschaftlichen Vorteils aufgrund der im Abspann ausgestrahlten Sponsorhinweise zu Gunsten von XXXX und XXXX behandelt.

 

Die beschwerdeführende Partei brachte dabei im Wesentlichen vor, dass es sich dabei um keine Rechtsfrage, sondern um eine Sachverhaltsfrage handle, ob für die Nennung am Ende der Sendung ein Entgelt gezahlt worden sei. Es gehe nicht darum, ob dies ein Sponsorhinweis sei oder nicht, sondern darum, dass der ORF für die Kennzeichnung am Sendungsende kein Entgelt lukriert habe. Unbestritten sei, dass es sich um einen Sponsorhinweis handle. (Auch) in einer internen Analyse mit ORF Enterprise sei man zum Schluss gekommen, dass man den Werbekunden die Kennzeichnung am Ende nicht verkaufen könne und sei die Tarifhöhe daher unverändert geblieben.

 

Die belangte Behörde replizierte insbesondere, dass die ORF-internen Überlegungen zum Tarif nichts zur Lösung der Rechtsfrage beitragen könnten; die Vereinbarung zwischen ORF und dem Kunden sei auch laut VwGH-Judikatur nicht maßgeblich, da die rechtliche Bewertung sonst in der Disposition der Vertragsparteien stünde. Im verfahrensgegenständlichen Abspann finde sich ein nichtgestalteter Sponsorhinweis, dafür gebe es eine Tarifbandbreite im Tarifwerk, auf dieser Grundlage seien die Berechnungen der belangten Behörde durchgeführt worden.

 

8. Am 19.07.2017 übermittelte die beschwerdeführende Partei eine ergänzende Stellungnahme, in der ausgeführt wurde, dass beim Produkt "Sponsoring De Luxe" eine Offenlegung in CI-Schrift am Ende der Sendung nur dann erforderlich sei, wenn ein Kunde "Sponsoring De Luxe"-Spots ausschließlich in Werbeunterbrechungen (zwischen einzelnen Sendungsteilen) erworben habe. In allen anderen Fällen, in denen "Sponsoring De Luxe"-Spots (auch) am Anfang oder am Ende der Sendung ausgestrahlt werden, sei eine (zusätzliche) Offenlegung in CI-Schrift am Ende der Sendung nicht erforderlich.

 

9. Seitens der belangten Behörde erfolgte keine Stellungnahme zu der vom Bundesverwaltungsgericht am 20.07.2017 im Rahmen des Parteiengehörs übermittelten Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid (Seiten 3ff) die folgenden Feststellungen getroffen:

 

"1.1. Rechtswidrige Handlungen im Rahmen der am 22.05.2014 von ca. 20:16 bis ca. 23:34 Uhr im Fernsehprogramm ORF eins ausgestrahlten Sendung XXXX

 

Mit Bescheid der KommAustria vom 02.08.2013, XXXX, bzw. des BKS vom 11.09.2013, XXXX, wurde festgestellt, dass

 

1. der ORF am 22.05.2013 während der von ca. 20:16 Uhr bis ca. 23:34 Uhr im Fernsehprogramm ORF eins ausgestrahlten Sendung XXXX im Rahmen der Übertragung des Fußballspiels XXXX zwischen ca. 20:30 und ca. 22:19 Uhr insgesamt XXXX Sponsorhinweise zu Gunsten der Tageszeitung XXXX ausgestrahlt hat;

 

2. der ORF am 22.05.2013 während der von ca. 20:16 Uhr bis ca. 23:34 Uhr im Fernsehprogramm ORF eins ausgestrahlte Sendung XXXX am Ende des Sendungsteils XXXX mit der Live-Übertragung der Meisterfeier aus der XXXXArena von ca. 22:54:32 bis ca. 22:54:38 Uhr im Abspann Sponsorhinweise zu Gunsten von XXXX und XXXX ausgestrahlt hat,

 

wodurch jeweils § 17 Abs. 1 Z 2 Satz 2 ORF G verletzt wurde, wonach Sponsorhinweise während einer Sendung unzulässig sind.

 

Die Feststellungen der Rechtsverletzungen wurden hinsichtlich der unter 1. genannten Verstöße mit Abweisung der dagegen erhobenen Berufung durch den Bescheid des BKS vom 11.09.2013, XXXX, rechtskräftig; die dagegen erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) wurde mit Erkenntnis vom 05.05.2014, Zl. 2013/03/0122, abgewiesen. Hinsichtlich der unter 2. genannten Verstöße ist die Rechtsverletzungsfeststellung der KommAustria mit Ablauf der Rechtsmittelfrist am 20.08.2013 in Rechtskraft erwachsen.

 

1.2. Zugrundeliegende vertragliche Vereinbarungen bzw. tatsächliche Zahlungsflüsse der werbetreibenden Unternehmen

 

Folgende vertraglichen Vereinbarungen stehen in unmittelbarem Zusammenhang zu den rechtswidrigen Ausstrahlungen:

 

1.1.1. Sponsorhinweise für XXXX

 

Seitens des ORF wurde in Bezug auf die [...] Sponsorhinweise für XXXX eine Vereinbarung mit der XXXX abgeschlossen. Der auf den 24.05.2013 datierende Vertrag beinhaltet u.a. folgende wesentlichen Bestimmungen:

 

‚1. Vertragsgegenstand:

 

Gegenstand des vorliegenden Vertrages ist die Kooperation des Vertragspartners mit dem ORF für die o.e. Produktion, insbesondere die Bezahlung eines Pauschalbetrages durch den Vertragspartner an den ORF nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen.

 

[...]

 

3. Leistungen des ORF

 

3.1 Der ORF beabsichtigt nachstehende Leistungen zu erbringen:

 

 

Produkt

Sender

Start

Ende

Art

Fernsehen

ORF eins

22.05.2013

22.05.2013

TV - Product Placement XXXX

     

 

3.2 Zur Erfüllung der gesetzlichen Offenlegungspflicht wird der Vertragspartner mit der Wortfolge <mit freundlicher Unterstützung von> in ORF Cl Schrift im Abspann der o.a. Produktion genannt.

 

4. Leistungen des Vertragspartners

 

4.1 Der Vertragspartner bezahlt dem ORF einen einmaligen Pauschalbetrag in Höhe von

 

EUR XXXX

 

(in Worten Euro XXXX)

 

zzgl. Werbeabgabe, zzgl. USt. in gesetzlicher Höhe

 

[...]'

 

Der ORF hat für die Ausstrahlung der Sponsorhinweise sohin ein Entgelt von EUR XXXX erhalten.

 

1.1.2. Sponsorhinweise für XXXX und XXXX

 

Seitens des ORF wurde in Zusammenhang mit den [...] Sponsorhinweisen für XXXX und XXXX zwei im Wesentlichen gleichartige Verträge mit Werbemittlern (Agenturen) abgeschlossen.

 

Der Vertrag hinsichtlich XXXX (abgeschlossen mit der XXXX) vom 20.11.2012 beinhaltet u.a. folgende wesentlichen Bestimmungen:

 

‚1. Vertragsgegenstand

 

Gegenstand des vorliegenden Vertrages ist die Kooperation des Vertragspartners für den Kunden XXXX mit dem ORF für die o. e. Produktion, insbesondere die Bezahlung eines Pauschalbetrages durch den Vertragspartner an den ORF nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen.

 

2. Produktion

 

2.1 Der ORF beabsichtigt, vom 16.02.2013 bis 26.05.2013 in ORF eins XXXX Produktionen unter dem Titel <XXXX> auszustrahlen

 

[...]

 

3. Leistungen des ORF

 

3.1 Der ORF beabsichtigt nachstehende Leistungen zu erbringen:

 

 

Produkt

Sender

Start

Ende

Art

Anz.

Fernsehen

ORF eins

16.02.2013

26.05.2013

TV Sponsoring De Luxe Opener XXXX

XXXX

      

 

4. Leistungen des Vertragspartners

 

4.1 Der Vertragspartner bezahlt dem ORF einen einmaligen Pauschalbetrag in Höhe von

 

EUR XXXX

 

(in Worten Euro XXXX)

 

zzgl. Werbeabgabe, zzgl. USt. in gesetzlicher Höhe

 

wobei von diesem Betrag, mit Ausnahme einer allfälligen Provision keinerlei Abzüge erfolgen.

 

Der Vertragspartner kann sich vom Geldbetrag lt. 4.1 eine PROVISION in Höhe von XXXX

 

einbehalten.

 

[...]'

 

Der Vertrag hinsichtlich XXXX (abgeschlossen mit der XXXX) vom 09.01.2013 beinhaltet u.a. folgende wesentlichen Bestimmungen:

 

‚1. Vertragsgegenstand

 

Gegenstand des vorliegenden Vertrages ist die Kooperation des Vertragspartners für den Kunden XXXX mit dem ORF für die o. e. Produktion, insbesondere die Bezahlung eines Pauschalbetrages durch den Vertragspartner an den ORF nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen.

 

2. Produktion

 

2.1 Der ORF beabsichtigt, vom 17.02.2013 bis 26.05.2013 in ORF eins XXXX Produktionen unter dem Titel <XXXX> auszustrahlen.

 

[...]

 

3. Leistungen des ORF

 

3.1 Der ORF beabsichtigt nachstehende Leistungen zu erbringen:

 

 

Produkt

Sender

Start

Ende

Art

Anz.

Fernsehen

ORF eins

17.02.2013

26.05.2013

TV Sponsoring De Luxe Opener XXXX

XXXX

      

 

4. Leistungen des Vertragspartners

 

4.1 Der Vertragspartner bezahlt dem ORF einen einmaligen Pauschalbetrag in Höhe von

 

EUR XXXX

 

(in Worten Euro XXXX)

 

zzgl. Werbeabgabe, zzgl. USt. in gesetzlicher Höhe

 

wobei von diesem Betrag, mit Ausnahme einer allfälligen Provision keinerlei Abzüge erfolgen.

 

Der Vertragspartner kann sich vom Geldbetrag lt. 4.1 eine PROVISION in Höhe von XXXX

 

einbehalten.

 

[...]'

 

Es liegen jeweils Ausgangsrechnungen des ORF für die genannten Leistungen an die Vertragspartner vor, die in Summe einen Nettobetrag von EUR XXXX (XXXX) bzw. EUR XXXX (XXXX) ausweisen. Die Summen entsprechen den vertraglich vereinbarten Beträgen abzüglich der Agenturprovision iHv XXXX.

 

Es konnten auf Basis der vorliegenden Unterlagen (Verträge und Rechnungen) keine Feststellungen hinsichtlich eines konkreten Entgelts bzw. Entgeltanteils für die (rechtswidrigen) Sponsorhinweise am 22.05.2014 getroffen werden (vgl. aber hierzu die ein einem solchen Fall vorzunehmende Schätzung [...]).

 

1.3. Tarifwerk des ORF hinsichtlich Sonderwerbeformen

 

[...]"

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die dem angefochtenen Bescheid entnommenen Feststellungen wurden in der Beschwerde in keiner Weise bestritten und können insoweit auch dieser Entscheidung zugrunde gelegt werden.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu Spruchpunkt A)

 

3.1. Das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), StF: BGBl I. Nr. 33/2013, regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes (§ 1 VwGVG).

 

§ 28 VwGVG lautet, soweit vorliegend relevant:

 

"Erkenntnisse

 

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

 

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

 

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

 

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

[...]

 

(5) Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

 

[...]"

 

3.3. § 38b ORF-Gesetz (ORF-G), BGBl. Nr. 379/1984 idF BGBl. I Nr. 50/2010, lautet:

 

"Abschöpfung der Bereicherung

 

§ 38b. (1) Stellt die Regulierungsbehörde fest, dass der Österreichische Rundfunk durch eine gegen die Bestimmungen der §§ 13 bis 17 verstoßende rechtswidrige Handlung einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt hat oder die Einnahmengrenze nach § 18 Abs. 1 überschritten wurde, kann sie einen Betrag in der Höhe des erlangten wirtschaftlichen Vorteils festsetzen und für abgeschöpft erklären.

 

(2) Der Österreichische Rundfunk hat der Regulierungsbehörde auf Anfrage alle Informationen zur Verfügung zu stellen, ihr alle Auskünfte zu erteilen und ihr Einsicht in alle Aufzeichnungen und Bücher zu gewähren, soweit dies erforderlich ist, um den Abschöpfungsbetrag feststellen zu können. Soweit die Regulierungsbehörde den Abschöpfungsbetrag aus Informationen, Auskünften, Aufzeichnungen oder Büchern nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie ihn zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

 

(3) Der abgeschöpfte Betrag fließt dem Bund zu."

 

Die Gesetzesmaterialien zu dieser Bestimmung halten fest (vgl. RV 611 BlgNr, XXIV. GP zu § 38b ORF-G):

 

"Mit den Bestimmungen des § 38b wird dem Gedanken Rechnung getragen, dass der ORF aus Rechtsverletzungen keinen wirtschaftlichen Vorteil lukrieren darf. Die Bestimmung orientiert sich inhaltlich an § 111 TKG 2003. Es handelt sich um keine Strafe."

 

§ 38b Abs. 1 ORF-G bestimmt für die Abschöpfung der Bereicherung drei kumulative Voraussetzungen: Erstens muss eine rechtswidrige Handlung des ORF gegen eine der Bestimmungen der §§ 13 bis 17 ORF-G vorliegen oder die Einnahmengrenze des § 18 Abs. 1 Satz 3 ORF-G überschritten werden. Zweitens muss der ORF durch den Verstoß einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt haben. Drittens ist die Abschöpfung mit der Höhe des wirtschaftlichen Vorteils begrenzt (vgl. Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze³ [2011] 355).

 

3.4. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt 1.b. des angefochtenen Bescheides:

 

Die beschwerdeführende Partei bestreitet, dass sie durch den festgestellten Verstoß einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt habe. Sie habe mit den Kunden XXXX und XXXX jeweils eine Vereinbarung über die Ausstrahlung von werblich gestalteten Sponsorhinweisen (sog. "Sponsoring De Luxe Opener") gegen Bezahlung eines tarifmäßig bestimmten Entgelts geschlossen. Demgegenüber sei mit den (irrtümlich an falscher Stelle) ausgestrahlten inkriminierten Abspannnennungen nicht den Interessen der Kunden, sondern ausschließlich dem durch die Rechtsprechung präzisierten Erfordernis der Kennzeichnung durch einen weiteren Sponsorhinweis am Beginn oder Ende der Sendung Rechnung getragen worden. Belegt werde dies vor allem durch die Tatsache, dass aus den Verträgen und Rechnungen kein konkretes Entgelt bzw. Entgeltanteil für diese weiteren Sponsorhinweise festgestellt werden habe können. Gegenständlich komme es auf einen "Werbewert" - also den Wert für das "beworbene" Unternehmen - überhaupt nicht an. Insofern sei es im Zusammenhang mit der Abschöpfung des § 38b ORF-G - mit der tatsächliche Vermögensverschiebungen rückgängig gemacht werden sollten - nicht sachgerecht, den "objektiven Entgeltbegriff" des Werberechts anzuwenden, und nicht tatsächliche (arg.: "erlangte") sondern bloß hypothetische Vorteile, die tatsächlich nie beim ORF eingetreten seien, (insofern vermeintlich) "rückgängig" zu machen.

 

Dass eine rechtswidrige Handlung des ORF gegen eine der Bestimmungen der §§ 13 - 17 ORF-G vorliegt, wurde im konkreten Fall zu keinem der beiden Spruchpunkte (a. und b.) bestritten. Somit ist die belangte Behörde zutreffend davon ausgegangen, dass die erste der drei kumulativen Voraussetzungen einer Abschöpfung gemäß § 38b Abs. 1 ORF-G erfüllt ist.

 

Zum zweiten Kriterium des § 38b Abs. 1, nämlich der Frage des Vorliegens eines wirtschaftlichen Vorteils, ist festzuhalten, dass es im Rahmen von § 38b Abs. 1 ORF-G ausweislich der zitierten Gesetzesmaterialien darauf ankommt, dass die beschwerdeführende Partei aus Rechtsverletzungen keinen wirtschaftlichen Vorteil lukrieren darf.

 

Tatsächlich hat die beschwerdeführende Partei für die Ausstrahlung der beiden inkriminierten Sponsorhinweise für XXXX und XXXX keine (gesonderten) Einnahmen erhalten. Dies ist im Verfahren unstrittig. Insbesondere ist den Feststellungen des angefochtenen Bescheides zu entnehmen (vgl. II.1.): "Es konnten auf Basis der vorliegenden Unterlagen (Verträge und Rechnungen) keine Feststellungen hinsichtlich eines konkreten Entgelts bzw. Entgeltanteils für die (rechtswidrigen) Sponsorhinweise am 22.05.2014 getroffen werden". Außerdem hält die belangte Behörde auf Seite 10 des angefochtenen Bescheides fest, dass die vorgelegten Verträge und Rechnungen "tatsächlich lediglich" das "Sponsoring De Luxe" beinhalteten, nicht aber die - ebenfalls erbrachte - Kommunikationsleistung der Ausstrahlung der in Rede stehenden Sponsorhinweise.

 

Zur Frage des wirtschaftlichen Vorteils für die beschwerdeführende Partei folgt das Bundesverwaltungsgericht aber der Ansicht der belangten Behörde, dass bei dem gegenständlichen Gesamtvertrag, auch wenn für den Werbekunden nur der Teil des "Sponsoring de Luxe" von Interesse sein mag, auch die ergänzende Offenlegung, die gesetzlich gefordert ist, einen Werbewert hat und ihr daher eine Leistungskomponente zuzuweisen ist.

 

Ebenso sind, wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, weder interne Überlegungen der beschwerdeführenden Partei zum Tarif noch die Vereinbarung zwischen der beschwerdeführenden Partei und ihren Kunden in dieser Frage maßgeblich, da die rechtliche Bewertung ansonsten in der Disposition der Vertragsparteien stünde.

 

Was die Berechnung des erlangten wirtschaftlichen Vorteils und damit das dritte angesprochene Kriterium einer Abschöpfung gemäß § 38b Abs. 1 ORF-G betrifft, folgt das Bundesverwaltungsgericht den Überlegungen der belangten Behörde:

 

Im vorliegenden Fall konnte die belangte Behörde aufgrund der spezifischen Einzelfallkonstellation anhand eines Gleichungssystems mit zwei Variablen in einer Näherungsrechnung einen Wert für die Basisleistung (das Sponsoring De Luxe) sowie einen Wert für die gesetzliche Offenlegung am Ende der Sendung anhand der Tarifbandbreite im Tarifwerk im Verhältnis 1:2,3 errechnen, wie auch ihr fachkundiger Experte XXXX in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ausführlich dargelegt hat (vgl. Verhandlungsprotokoll S. 7). Hier führte ihr fachkundiger Experte aus, dass die Basisleistung (Sponsoring De Luxe) plus die Nennung am Ende Kommunikationsleistungen seien, die beide einen Werbewert besäßen. Daher könne man in einer Näherungsrechnung einen Wert für jeden der beiden Teile herausrechnen. Diese Kommunikationsleistungen seien untrennbar miteinander verbunden, da das eine das andere bedinge (Sponsoring De Luxe bedinge die gesetzliche Nennungsverpflichtung).

 

Die beschwerdeführende Partei gab in der Verhandlung an, dass nicht bestritten werde, dass die Nennung am Ende einen wirtschaftlichen Wert bzw. Werbewert habe. Die Frage sei aber, ob der Wert in der Schätzung korrekt ausgerechnet wurde bzw. ob der beschwerdeführenden Partei für diesen Wert überhaupt etwas zugekommen sei.

 

Hierzu hält das Bundesverwaltungsgericht fest, dass gerade in diesem speziellen Fall, wie oben ausgeführt, eine Näherungsrechnung möglich war. Aus diesen Gründen waren die drei kumulativen Voraussetzungen einer Abschöpfung gemäß § 38b Abs. 1 ORF-G erfüllt.

 

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt 1.b. des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.

 

3.5. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt 1.a. des angefochtenen Bescheides:

 

Die beschwerdeführende Partei bringt hierzu zunächst vor, dass in Deutschland im Zusammenhang mit der Vorteilsabschöpfung durch die Kartellbehörde anerkannt sei, dass ein wirtschaftlicher Vorteil insoweit nicht eintrete, als der "Täter" Aufwendungen zur Erzielung von (rechtswidrigen) Einnahmen gehabt habe. Die beschwerdeführende Partei erachte es daher sachgerecht, von den Erlösen jedenfalls jene Kosten für die Vermarktung der Sponsorhinweise abzuziehen, die im Umfang der Vermarktungsprovision der ORF-Enterprise GmbH & Co KG in Höhe von XXXX des Erlöses angegeben worden seien.

 

Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Für das Bundesverwaltungsgericht bietet § 38b ORF-G keine Anhaltspunkte für eine Berücksichtigung (konzernintern anfallender) Kosten der Akquirierung von kommerzieller Kommunikation. Speziell auch in Anbetracht des in den zitierten Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommenden Zwecks der Regelung kann nicht angenommen werden, dass interne Aufwände der beschwerdeführenden Partei die Höhe des erlangten wirtschaftlichen Vorteils zu beeinflussen vermögen.

 

Die beschwerdeführende Partei verweist weiters auf Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte, welche dazu führten, dass eine Abschöpfung auf formelle bzw. grobe Gesetzesverletzungen zu beschränken sei (arg.: "kann sie einen Betrag in der Höhe des erlangten wirtschaftlichen Vorteils festsetzen"). Das ORF-G normiere zwar ausdrücklich keine "Obergrenze" des Abschöpfungsbetrags oder sonstige Kriterien, die bei der Bemessung zu berücksichtigen wären, etwa die Schwere und die Dauer der Rechtsverletzung, den Grad des Verschuldens oder die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der beschwerdeführenden Partei. Zudem sei im Zusammenhang mit der amtswegigen Aufsicht (§ 36 Abs. 1 Z 3 ORF-G) auch keine "Verjährung" einer Abschöpfung festgelegt, was, soweit ersichtlich, bei anderen schweren Sanktionen regelmäßig der Fall sei. Aber nur unter Berücksichtigung der vorstehenden Kriterien, d.h. insbesondere bei einer Beschränkung der Abschöpfung auf grobe - damit leicht erkennbare und insofern auch sicher vermeidbare - Gesetzesverletzungen, könnten unverhältnismäßige und/oder ruinöse Auswirkungen vermieden werden.

 

Dieser Auslegung vermag aus folgenden Überlegungen nicht beigetreten zu werden: Eine Abschöpfung gemäß § 38b ORF-G stellt keine Strafe dar (dies halten auch die zitierten Gesetzesmaterialien ausdrücklich fest), sondern ist nach der Methodik der Regelung ein Ausgleich für einen infolge einer rechtswidrigen Handlung erlangten wirtschaftlichen Vorteil. Der mangelnde Strafcharakter zeigt sich außerdem darin, dass maximal ein Betrag in der Höhe des (ungerechtfertigter Weise) erlangten wirtschaftlichen Vorteils abgeschöpft werden kann, weswegen ruinöse Auswirkungen nicht zu befürchten sind. Dass eine Abschöpfung auf formelle bzw. grobe Rechtsverletzungen zu beschränken sei, kann dem Wortlaut des § 38b ORF-G in keiner Weise entnommen werden. So ist (abgesehen davon, dass dem ORF-G generell die Begrifflichkeit der "groben" Rechtsverletzung fremd ist) in der Anordnung "durch eine gegen die Bestimmungen der §§ 13 bis 17 verstoßende rechtswidrige Handlung" (Abs. 1 leg.cit.) keine Qualifizierung des Verstoßes zu erblicken.

 

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt 1.a. des angefochtenen Bescheides war aus den genannten Gründen abzuweisen.

 

Zu Spruchpunkt B)

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig. Die vorliegende Entscheidung hängt von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, da es zu § 38b ORF-G bislang an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt und die Rechtslage nicht eindeutig ist.

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