BVwG W122 2001789-1

BVwGW122 2001789-115.9.2015

B-VG Art.133 Abs4
GehG §113 Abs10
GehG §12
GehG §8 Abs1
Gleichbehandlungs-RL Beschäftigung Beruf Art.2
Gleichbehandlungs-RL Beschäftigung Beruf Art.6
VwGVG §28 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
GehG §113 Abs10
GehG §12
GehG §8 Abs1
Gleichbehandlungs-RL Beschäftigung Beruf Art.2
Gleichbehandlungs-RL Beschäftigung Beruf Art.6
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W122.2001789.1.00

 

Spruch:

W122 2001789-1/5E

Im Namen der Republik!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER über die Beschwerde des XXXX, vertreten durch Mag. Matthias PRÜCKLER, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Florianigasse 16/8, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 14.01.2013, Zl. P 6/165.082/2/2012, betreffend besoldungsrechtliche Stellung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG Folge gegeben und der angefochtene Bescheid in seinem Anfechtungsumfang dahingehend abgeändert, dass gemäß §§ 8, 12 und 113 Abs. 10 GehG 1956 idF BGBl. I Nr. 82/2010, in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 und 2, Art. 6 Abs. 1, Art. 9 und 16 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000, dem Beschwerdeführer ab 27.08.2009 ein Gehalt der Verwendungsgruppe E2a, Funktionsgruppe 4, Gehaltsstufe 15, mit nächster Vorrückung am 01.07.2010 gebührt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

I.1.

Mit Antrag vom 27.08.2012 beantragte der Beschwerdeführer nach rechtskräftiger Korrektur seines Vorrückungsstichtages die besoldungsrechtliche Nachverrechnung der letzten drei nicht der Verjährung unterliegenden Jahre. Er befände sich aufgrund der Änderung seines Vorrückungsstichtages seit drei Jahren in einer nicht zur Auszahlung gebrachten höheren Gehaltsstufe. Mit Eventualanträgen ersuchte der Beschwerdeführer um bescheidmäßige Absprache und um einen Feststellungsbescheid über das Bestehen des Anspruches.

Daraufhin teilte die Dienstbehörde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 08.10.2012 mit, dass eine besoldungsrechtliche Verbesserung nicht eintreten würde, da gemäß § 8 Abs. 1 Gehaltsgesetz 1956 die erste Vorrückung von der Gehaltsstufe 1 in die Gehaltsstufe 2 erst nach fünf Jahren eintreten würde.

Der Beschwerdeführer habe die Möglichkeit binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.

Mit Stellungnahme vom 24.10.2012 verwies der Beschwerdeführer auf das Urteil Hütter des EuGH, wonach die Nichtanrechnung der Berufserfahrung vor Vollendung des 18. Lebensjahres mit der nach Vollendung des 18. Lebensjahres eine Ungleichbehandlung von Personen aus Gründen des Alters darstelle. Weiters verwies der Beschwerdeführer auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 04.09.2012, 2012/12/0007, wonach das vom EuGH festgestellte Unrecht durch BGBl. I Nr. 82/2010 fortgeschrieben werden würde. Dies sei auch im gegenständlichen Fall gegeben.

I.2.

Mit Bescheid vom 14.01.2013 wies die Dienstbehörde den oben angeführten Antrag auf besoldungsrechtliche Nachverrechnung der letzten drei nicht der Verjährung unterliegenden Jahre nach rechtskräftiger Korrektur des Vorrückungsstichtages gemäß § 7a iVm § 8 Gehaltsgesetz 1956 ab.

In der Begründung führte sie nach Wiedergabe des Verfahrensganges im Wesentlichen dazu aus, dass § 7a Gehaltsgesetz 1956 normiere, dass die EU-Richtlinie 2000/78/EG umgesetzt wäre und § 8 Gehaltsgesetz 1956 anzuwenden sei. Die unmittelbare Anwendung des Sekundärrechts der Europäischen Union sei in gegenständlichem Fall ausgeschlossen.

I.3.

Gegen diesen Bescheid betreffend Abweisung der Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit mit der Begründung, dass die Behörde ihrer Entscheidung die unionsrechtswidrigen Bestimmungen der §§ 8 iVm 113 Abs. 10 GehG idF BGBl. I Nr. 82/2010 zugrunde gelegt habe. Dazu habe der VwGH in seiner Entscheidung vom 04.09.2012, 2012/12/0007, festgestellt, dass das Unionsrecht Vorrang habe und § 8 GehG idF BGBl. I Nr. 82/2010 vom Unionsrecht verdrängt werde. Eine Rechtfertigung der gegenständlichen Ungleichbehandlung wäre nicht erkennbar.

Die Behörden hätten daher die Pflicht, das Unionsrecht von Amts wegen zu beachten und die Erweiterung in § 8 Abs. 1 GehG nicht anzuwenden. Die Behörde hätte sich nicht mit allfälligen Rechtfertigungsgründen der Ungleichbehandlung im Sinn des Art. 6 der RL auseinandergesetzt. Das Diskriminierungsverbot sei inhaltlich unbedingt und hinreichend bestimmt. Es sei daher unmittelbar wirksam. Zur Verdrängungswirkung des Unionsrechts zitiert der Beschwerdeführer das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17.04.2008, 2008/15/0064. Die Behörde wäre gehalten gewesen, für die volle Wirksamkeit des Unionsrechts Sorge zu tragen, indem sie im erforderlichen Ausmaß jede ihm entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts - im konkreten Fall die Bestimmung des § 8 Abs. 1 Gehaltsgesetz 1956 in der Fassung BGBl. I Nr. 82/2010 - unangewendet lässt (EuGH, 07.02.1991, c-184/89 , Nimz, Rn 19).

Unter Berücksichtigung der Neufestsetzung seines Vorrückungsstichtages auf 01.06.1980 komme es zu einer Änderung seiner besoldungsrechtlichen Stellung.

Er beantragte daher, den angefochtenen Bescheid im Sinne einer antragsstattgebenden Entscheidung zu beheben und die besoldungsrechtliche Nachverrechnung für die letzten drei Jahre ab Antragstellung zu veranlassen.

I.4.

Mit Bescheid der Bundesministerin für Inneres als damals zuständige Berufungsbehörde vom 23.05.2013 wurde das Berufungsverfahren gemäß § 8a DVG ausgesetzt, da wegen derselben zu entscheidenden Rechtsfrage ein Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof zu 2013/12/0043 anhängig sei.

I.5.

Die Rechtssache ist am 21.02.2014 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt und protokolliert worden.

Nach der zu 2013/12/0043 und 2013/12/0076 erfolgten Aussetzung hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 18.02.2015, 2014/12/0004 (Rs Schmitzer) entschieden. Diese Entscheidung ist am 25.02.2015 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat daher nunmehr das Beschwerdeverfahren fortzusetzen und über die Beschwerde zu entscheiden.

I.6.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 24.08.2015 stellte der Beschwerdeführer klar, dass er auch die Feststellung der besoldungsrechtlichen Stellung beantragte. Der Beschwerdeführer hätte seit der Feststellung des Vorrückungsstichtages keine Zeiten, die für die Vorrückung nicht anrechenbar wären. Der Beschwerdeführer ergänzte, dass das System in Deutschland, das der EuGH (Specht) für unionsrechtskonform hielt, eine echte Überleitung in das neue System und einen Vorrückungsstopp für die Nichtdiskriminierten vorsieht.

Die belangte Behörde enthielt sich einer Teilnahme an der mündlichen Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer ist am 01.05.1984 in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis eingetreten und ist der Landespolizeidirektion Wien zur Dienstleistung zugewiesen.

Mit rechtskräftigem Bescheid vom 08.05.2012 wurde sein Vorrückungsstichtag mit 01.06.1980 neu festgesetzt. Der Beschwerdeführer hat seit der Anrechnung der Vordienstzeiten keine nicht anrechenbaren Zeiten.

Der Antrag auf Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung und allfällige Nachzahlung von Bezügen wurde mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 14.01.2013 abgewiesen.

Die Sachverhaltsfeststellungen konnten unmittelbar auf Grund der Aktenlage und der Angaben des Beschwerdeführers getroffen werden.

Die Funktionsgruppe des Beschwerdeführers war zu keinem Zeitpunkt strittig.

2. Rechtliche Beurteilung und Beweiswürdigung:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Das hier anzuwendende Gehaltsgesetz 1956 - GehG, BGBl. Nr. 54/1956, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 32/2015, sieht keine Senatszuständigkeit vor. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg.cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

Zur Rechtslage

Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Amtsblatt der Europäischen Union, C 83/38 9, 30.3.2010 lautet:

"Diskriminierungen insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung sind verboten."

Art. 1, Art. 2 Art. 6, Art 9 und Art. 16 der nach ihrem Art. 20 am 2. Dezember 2000 in Kraft getretenen Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (im Folgenden: RL) lauten (auszugsweise):

"Artikel 1

Zweck

Zweck dieser Richtlinie ist die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten.

Artikel 2

Der Begriff 'Diskriminierung'

(1) Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet 'Gleichbehandlungsgrundsatz', dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe geben darf.

(2) Im Sinne des Absatzes 1

a) liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn

eine Person wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde;

...

Artikel 6

Gerechtfertigte Ungleichbehandlung wegen des Alters

(1) Ungeachtet des Artikels 2 Absatz 2 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt sind, und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

Derartige Ungleichbehandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

a) Die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlassung und Entlohnung, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Arbeitnehmern und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen;

b) die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile;

...

Artikel 9

Rechtsschutz

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Personen, die sich durch die Nichtanwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in ihren Rechten für verletzt halten, ihre Ansprüche aus dieser Richtlinie auf dem Gerichts- und/oder Verwaltungsweg sowie, wenn die Mitgliedstaaten es für angezeigt halten, in Schlichtungsverfahren geltend machen können, selbst wenn das Verhältnis, während dessen die Diskriminierung vorgekommen sein soll, bereits beendet ist.

(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Verbände, Organisationen oder andere juristische Personen, die gemäß den in ihrem einzelstaatlichen Recht festgelegten Kriterien ein rechtmäßiges Interesse daran haben, für die Einhaltung der Bestimmungen dieser Richtlinie zu sorgen, sich entweder im Namen der beschwerten Person oder zu deren Unterstützung und mit deren Einwilligung an den in dieser Richtlinie zur Durchsetzung der Ansprüche vorgesehenen Gerichts- und/oder Verwaltungsverfahren beteiligen können.

(3) Die Absätze 1 und 2 lassen einzelstaatliche Regelungen über Fristen für die Rechtsverfolgung betreffend den Gleichbehandlungsgrundsatz unberührt. ...

Artikel 16

Einhaltung

Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass

a) die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die dem Gleichbehandlungsgrundsatz zuwiderlaufen, aufgehoben werden;

b) die mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu vereinbarenden Bestimmungen in Arbeits- und Tarifverträgen, Betriebsordnungen und Statuten der freien Berufe und der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen für nichtig erklärt werden oder erklärt werden können oder geändert werden."

Nach Art. 18 Abs. 1 der RL hatte Österreich diese bis spätestens 2. Dezember 2003 umzusetzen.

Mit dem am 30. August 2010 herausgegebenen Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 82/2010, sollten die bundesgesetzlichen Regelungen über die einstufungswirksame Anrechnung von Vordienstzeiten an die Gleichbehandlungsrichtlinie, konkretisiert durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 18. Juni 2009, C-88/08 , Hütter, angepasst werden.

Dies geschah insbesondere durch die Novellierung der §§ 8 und 12 GehG.

§ 8 Abs. 1 und 2 GehG idF BGBl. I Nr. 82/2010 lautete:

"Vorrückung

§ 8. (1) Für die Vorrückung ist der Vorrückungsstichtag maßgebend. Soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, beträgt der für die Vorrückung in die zweite in jeder Verwendungsgruppe in Betracht kommende Gehaltsstufe erforderliche Zeitraum fünf Jahre, ansonsten zwei Jahre.

(2) Die Vorrückung findet an dem auf die Vollendung des zwei- oder fünfjährigen Zeitraumes folgenden 1. Jänner oder 1. Juli statt (Vorrückungstermin), sofern sie nicht an diesem Tage aufgeschoben oder gehemmt ist. Die zwei- oder fünfjährige Frist gilt auch dann als am Vorrückungstermin vollstreckt, wenn sie vor dem Ablauf des dem Vorrückungstermin folgenden 31. März beziehungsweise 30. September endet.

..."

Mit dem am 11. Februar 2015 kundgemachten Bundesgesetz BGBl. I Nr. 32/2015 hat der Gesetzgeber eine Reform des Besoldungsrechts des Bundes normiert, mit der die Vordienstzeiten-Anrechnung von Grund auf neu geregelt wird. Nach der Übergangsbestimmung des § 175 Abs. 79 Z 2 und 3 GehG idF dieses Bundesgesetzes sind die dort genannten bisherigen Bestimmungen hinsichtlich des Vorrückungsstichtages in "laufenden" und "künftigen" Verfahren nicht mehr anzuwenden. Die Überleitung bestehender Dienstverhältnisse regelt § 169c leg.cit. idF dieses Bundesgesetzes.

Wenn das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 32/2015 mit § 175 Abs. 79 Z 3 Gehaltsgesetz 1956 die Anwendbarkeit von §§ 8 und 12 Gehaltsgesetz 1956 "in allen früheren Fassungen in laufenden und künftigen Verfahren" unterbindet, § 169c Abs. 2 Gehaltsgesetz 1956 deren Anwendung zur Ermittlung des Überleitungsbetrages jedoch voraussetzt, ist die Inkrafttretensbestimmung einschränkend dahingehend auszulegen, dass ihr keine Anwendbarkeit für in der Vergangenheit liegende Sachverhalte zukommt.

Zudem wäre bei einer in die Vergangenheit wirkenden Auslegung des § 175 Abs. 79 Z 3 Gehaltsgesetz 1956 eine Beseitigung der Altersdiskriminierung aus diesen Zeiträumen nicht durchführbar. Der EuGH forderte in der Entscheidung Schmitzer eine Anfechtungsmöglichkeit zur Beseitigung der Diskriminierung. Eine rechtliche Überprüfung der Diskriminierung wäre durch eine gänzliche Nichtanwendung der alten Anrechnungs- und Vorrückungsbestimmungen nicht möglich. Die alten Anrechnungs- und Vorrückungsbestimmungen sind nicht nur für die Ermittlung des Überleitungsbetrages und die zukünftigen Vorrückungstermine grundlegend, sondern auch für die Ermittlung der besoldungsrechtlichen Stellung in der Vergangenheit.

Vor Eingehen in die weiteren Überlegungen ist zunächst die Frage zu beantworten, ob sämtliche durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 32/2015 getroffenen Neuregelungen bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides durch das Bundesverwaltungsgericht anzuwenden sind.

Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid offenkundig unter Anwendung der Bestimmung des § 8 GehG idF BGBl. I Nr. 82/2010 davon aus, dass ausgehend vom neuen Vorrückungsstichtag 01.06.1980 und dem sich daraus ergebenden Vorrückungstermin 01.07. die erste Vorrückung des Beschwerdeführers in die Gehaltsstufe 2 nach fünf Jahren, nämlich am 01.07.1985, alle weiteren Vorrückungen nach jeweils zwei Jahren, zu erfolgen haben.

Der Beschwerdeführer begründete seine Berufung (nunmehr Beschwerde) mit der Unionsrechtswidrigkeit der Bestimmungen der §§ 8 iVm § 113 GehG idF BGBl. I Nr. 82/2010 und beruft sich auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 04.09.2012, 2012/12/0007, in der der Verwaltungsgerichtshof festgestellt habe, dass das Unionsrecht Vorrang habe, § 8 GehG idF BGBl. I Nr. 82/2010 - und zwar dessen Verlängerung der Verweildauer in der ersten Gehaltsstufe - daher vom Unionsrecht verdrängt werde.

Zu prüfen ist daher, ob der Beschwerdeführer durch die Abweisung seines Antrags auf Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung in seinen Rechten verletzt wurde.

Mit § 8 Abs. 1 GehG idF BGBl. I Nr. 82/2010 und 32/2015 hat der Gesetzgeber die durch den EuGH im Urteil Hütter festgestellte Altersdiskriminierung zu Lasten jener "Altbeamter", die über (nunmehr) anrechenbare - vor dem 18. Lebensjahr erworbene - Zeiten verfügen, ungeachtet der ihnen offen stehenden Möglichkeit eine Neufestsetzung ihres Vorrückungsstichtages gemäß § 113 Abs. 10 GehG zu beantragen, fortgeschrieben.

Mit Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 11.11.2014 in der Rechtssache C-530/13 , Schmitzer, wurde über das Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichts-hofes vom 16.09.2013, EU 2013/0005 (2013/12/0076) betreffend die Vereinbarkeit des durch die Novelle BGBl. I Nr. 82/2010 geschaffenen Regelungssystems mit dem Unionsrecht, wie folgt zu Recht erkannt:

"1. Art. 2 Abs. 1 und 2 Buchst. a und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, wonach zur Beendigung einer Diskriminierung wegen des Alters Schulzeiten und Zeiten der Berufserfahrung, die vor Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegt wurden, berücksichtigt werden, aber für die von dieser Diskriminierung betroffenen Beamten zugleich eine Verlängerung des für die Vorrückung von der jeweils ersten in die jeweils zweite Gehaltsstufe jeder Verwendungs- bzw. Entlohnungsgruppe erforderlichen Zeitraums um drei Jahre eingeführt wird.

2. Die Art. 9 und 16 der Richtlinie 2000/78 sind dahin auszulegen, dass ein Beamter, der durch die Art der Festsetzung seines Vorrückungsstichtags eine Diskriminierung wegen des Alters erlitten hat, die Möglichkeit haben muss, unter Berufung auf Art. 2 der Richtlinie 2000/78 die diskriminierenden Wirkungen der Verlängerung der Vorrückungszeiträume anzufechten, auch wenn dieser Stichtag auf seinen Antrag hin neu festgesetzt wurde."

Zum Anwendungsvorrang

"Nach ständiger Rechtsprechung können Bestimmungen einer Richtlinie, die inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, gegenüber einem Mitgliedstaat geltend gemacht werden, der die Richtlinie innerhalb der festgesetzten Frist nicht oder nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat. In diesem Fall muss das nationale Gericht den Bestimmungen der Richtlinie den Vorrang vor den entgegenstehenden nationalen Rechtsvorschriften einräumen." (EuGH 20.09.1988, Rs. 190/87, Moormann mit Bezug auf EuGH 05.04.1979, Rs. 148/78 Ratti).

"Nach dem von der Rsp des EuGH entwickelten, der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts in den Mitgliedstaaten dienenden Prinzip des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts hat jedes innerstaatliche Organ, das über eine Rs abzusprechen oder die Rechtmäßigkeit behördlichen Vorgehens zu beurteilen hat, den Anwendungsvorrang des Unionsrechts im Rahmen seiner Zuständigkeit zu beachten und ggf die Anwendung der innerstaatlichen Vorschrift zu unterlassen (EuGH 09.03.1978, Rs C-106/77 , Simmenthal II, Slg 1978, Rz 21)" VfGH 07.06. 2013, B 19/2013

"Es obliegt dem nationalen Gericht, die volle Wirksamkeit des allgemeinen Verbotes der Diskriminierung wegen des Alters zu gewährleisten, indem es jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts unangewendet lässt, auch wenn die Frist für die Umsetzung der Richtlinie noch nicht abgelaufen ist." (EuGH 22.11.2005, Rs C-144/04 , Mangold)

"Es obliegt dem nationalen Gericht, in einem Rechtsstreit zwischen Privaten die Beachtung des Verbots der Diskriminierung wegen des Alters in seiner Konkretisierung durch die Richtlinie 2000/78 sicherzustellen, indem es erforderlichenfalls entgegenstehende Vorschriften des innerstaatlichen Rechts unangewendet lässt, unabhängig davon, ob es von seiner Befugnis Gebrauch macht, in den Fällen des Art. 267 Abs. 2 AEUV den Gerichtshof der Europäischen Union im Wege der Vorabentscheidung um Auslegung dieses Verbots zu ersuchen." (EuGH, 19.01.2010, C-555/07 , Kücükdeveci)

Das "in Art. 21 Abs. 1 der Charta niedergelegte Verbot der Diskriminierung wegen des Alters, um das es in jener Rechtssache [Anmerkung: Urteil Kücükdeveci] ging, [verleiht] schon für sich allein dem Einzelnen ein subjektives Recht [...], das er als solches geltend machen kann." (EuGH 15.01.2014, Rs C-176/12 , Association de médiation sociale, Rz 47)

Bis ein diskriminierungsfreies System geschaffen ist, sind dieselben Vorteile zu gewähren, wie für Zeiten nach dem 18. Geburtstag:

"Die Herstellung der Gleichbehandlung bedeutet ... solange kein

System zur Beseitigung der Diskriminierung wegen des Alters in einer mit der Richtlinie 2000/78 in Einklang stehenden Art und Weise eingeführt worden ist, dass den Bediensteten, die ihre Berufserfahrung, sei es auch nur teilweise, vor der Vollendung des 18. Lebensjahrs erworben haben, hinsichtlich der Berücksichtigung der vor der Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegten Vordienstzeiten, aber auch hinsichtlich der Vorrückung in der Gehaltstabelle dieselben Vorteile zu gewähren sind, wie sie den Bediensteten, die nach der Vollendung des 18. Lebensjahrs eine gleichartige Berufserfahrung in vergleichbarem zeitlichem Umfang erworben haben, zuteil geworden sind." (EuGH 28.01.2015, Starjakob, C-417/13 )

Werden dem Beschwerdeführer nun zwar die Zeiten, die er vor dem 18. Geburtstag erworben hat, angerechnet, er aber deshalb drei Jahre länger in der ersten Gehaltsstufe zu verweilen hätte, wird weiterhin gegen die gebotene Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf verstoßen.

Die Rechtfertigung einer Diskriminierung wird durch das nationale Gericht geprüft:

"Nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 besteht die Möglichkeit, eine Ausnahme von diesem Grundsatz vorzusehen, jedoch nur für Maßnahmen, die durch rechtmäßige sozialpolitische Ziele wie solche aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung gerechtfertigt sind. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren fragliche Regelung einem solchen rechtmäßigen Ziel entspricht und ob der nationale Gesetz- oder Verordnungsgeber angesichts des Wertungsspielraums, über den die Mitgliedstaaten im Bereich der Sozialpolitik verfügen, davon ausgehen durfte, dass die gewählten Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich waren." (EuGH, Rechtssache C-388/07 , 05.03.2009, Age Concern)

Die Behörde brachte keine Rechtfertigungsgründe vor, die Diskriminierung aufrecht zu erhalten.

Die Rechtfertigungsgründe aus dem Urteil des EuGH, Rs C-501/12 , 19.06.2014, Specht, welche bei der Fortschreibung der Diskriminierung bis dato beispielgebend gewesen sein dürften, lassen sich nicht auf die österreichische Rechtslage übertragen:

Nach der Rechtslage in Deutschland

Wenngleich dem EuGH in einem Urteil zur deutschen Rechtslage folgend (EuGH, Rs C-501/12 , 19.06.2014, Specht) eine Fortschreibung einer Diskriminierung aufgrund des Alters zur Herstellung eines diskriminierungsfreien Systems unter bestimmten Voraussetzungen gerechtfertigt sein kann, ist auf deren Bedingungen, die im österreichischen System nicht verwirklicht sind, hinzuweisen:

Nach der Rechtslage in Österreich

Zum Aufwand hielt der EuGH fest, dass "Haushaltserwägungen zwar den sozialpolitischen Entscheidungen eines Mitgliedstaats zugrunde liegen und die Art oder das Ausmaß der von ihm zu treffenden sozialen Schutzmaßnahmen beeinflussen, für sich allein aber kein legitimes Ziel im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 darstellen (Urteil Fuchs und Köhler, C-159/10 und C-160/10 , EU:C:2011:508, Rn. 73 und 74)" (EuGH, 11.11.2014, C-530/13 , Schmitzer).

Wenngleich die Wahrung des Besitzstandes als anerkanntes Ziel auch in der österreichischen Rechtslage anzuerkennen ist (EuGH, Specht), steht dieses jedoch im Unterschied zu Deutschland hier nicht in Relation zu den möglichen anderen Möglichkeiten zur Herstellung eines diskriminierungsfreien Zustandes. Aufgrund der Besonderheiten des österreichischen Systems vermag auch das Urteil der zweiten Kammer des Gerichtshofs vom 09.09.2015, C-20/13 , Unland, keine auf die österreichische Rechtslage übertragbare Rechtfertigung für die Fortschreibung der Diskriminierung zu liefern.

Die aus dem Urteil Specht ableitbare unionsrechtskonforme Perpetuierung einer Diskriminierung ist nicht auf das österreichische System der gehaltsgesetzlichen Einstufung übertragbar.

Weitere Rechtfertigungsgründe für die Diskriminierung aufgrund des Alters können nicht erblickt werden und sind in den bereits ergangenen EuGH-Urteilen Hütter, Schmitzer und Starjakob nicht hervorgekommen.

Ein diskriminierungsfreies oder bloß gerechtfertigt diskriminierendes System wurde für die vor dem 12.02.2015 eingetretenen Bediensteten nicht geschaffen.

Der Vergleich mit der bevorzugten Gruppe erfordert daher weiterhin die Gewährung derselben Vorteile wie für diese (EuGH in Starjakob).

Die betreffenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen waren bereits mehrfach Gegenstand einer Auslegung durch den EuGH und sind nach Ansicht des erkennenden Gerichts eindeutig (acte éclairé, EuGH, C-283/81 , 06.10.1982, CILFIT).

Zur Rückwirkung von Gesetzen führte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15.11.2007, 2004/12/0164, in Verbindung mit dem Erkenntnis vom 06.06.1991, 91/09/0077, aus:

"Gemäß § 5 ABGB wirken Gesetze nicht zurück; sie haben daher auf vorhergegangene Handlungen und auf vorher erworbene Rechte keinen Einfluss. Im Sinne dieser Vorschrift sind grundsätzlich nur die nach dem Inkrafttreten eines Gesetzes verwirklichten Sachverhalte nach dem neuen Gesetz zu beurteilen; vorher verwirklichte Sachverhalte unterliegen grundsätzlich weiterhin dem vorher geltenden Gesetz. [...] Für Dauersachverhalte gelten grundsätzlich die Rechtsfolgen des neuen Gesetzes erst ab seinem Inkrafttreten. Das hier normierte Prinzip der Nichtrückwirkung hat seinen Grund in der Forderung, die als die ‚Verlässlichkeit des Gesetzes' bezeichnet worden ist. Es soll niemand in seinem Vertrauen auf die Rechtsordnung getäuscht werden. Das Prinzip des Rechtsstaates, das nicht nur als formales Strukturelement aufzufassen ist, fordert um der rechtsunterworfenen Menschen und um ihres Zusammenlebens willen, dass die Eingriffe für den Staatsbürger messbar und in gewissem Umfang voraussehbar und berechenbar sein sollen. Das Rechtsstaatsprinzip soll dem gesetzesunterworfenen Staatsbürger Rechtssicherheit ua auch über den zeitlichen Geltungsbereich gesetzlicher Vorschriften geben; er soll darauf vertrauen können, dass die vom einfachen Gesetzgeber erlassene Norm grundsätzlich und jedenfalls nur für die Zukunft wirkt, wenn an sein Verhalten bestimmte Rechtsfolgen geknüpft werden."

Die Verlässlichkeit des Gesetzes zeigte sich beispielsweise in § 113 Abs. 16 Gehaltsgesetz 1956, BGBl. I 8/2015, der am 13.01.2015 kundgemacht und am 12.02.2015 aufgehoben wurde (Hemmung der Verjährung für Ansprüche aus der Berücksichtigung von Zeiten vor Vollendung des 18. Lebensjahres). Während dieses Gesetz noch von besoldungsrechtlichen Ansprüchen aus der Berücksichtigung von Zeiten vor dem 18. Lebensjahr sprach, implizieren die Inkrafttretensbestimmungen der darauf folgenden Novelle BGBl. I 32/2015, einen knappen Monat später, genau das Gegenteil.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat jede Behörde im Allgemeinen das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden. Eine andere Betrachtungsweise ist dann geboten, wenn etwa der Gesetzgeber in einer Übergangsbestimmung zum Ausdruck bringt, dass "auf anhängige Verfahren noch das bisher geltende Gesetz anzuwenden ist".

Weiters wird eine andere Betrachtungsweise auch dann Platz zu greifen haben, wenn darüber abzusprechen ist, was an einem bestimmten Stichtag oder in einem konkreten Zeitraum rechtens war (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 04.05.1977, 898/75, VwSlg. 9315 A/1977). Wenn die Auslegung der Verwaltungsvorschriften [und des Unionsrechts] ergibt, dass eine vor der Erlassung des Bescheides bestandene Rechtslage von Bedeutung ist, kommt es nicht auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides [und des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes] an (Verwaltungsgerichtshof, 28.11.1983, Slg. Nr. 11237/A). Dieser Rechtsprechung liegt die Rechtsauffassung zugrunde, dass die Frage, welches Recht von der Behörde anzuwenden ist, eine Auslegungsfrage jener Bestimmungen ist, die den zeitlichen Anwendungsbereich zum Gegenstand haben. Eine solche Regelung kann explizit, z.B. in einer Übergangsbestimmung, erfolgen. Sie kann sich aber auch aus dem Regelungsgegenstand der Norm, um deren Anwendung es geht, implizit ergeben, etwa wenn auf einen bestimmten Zeitpunkt oder einen bestimmten Zeitraum abgestellt wird. Ergibt sich hieraus keine Lösung (im Sinne der Anwendung einer im Entscheidungszeitpunkt der Behörde nicht mehr in Geltung stehenden Rechtsnorm bzw. nicht mehr geltenden Rechtslage), gilt die Zweifelsregel, dass das im Entscheidungszeitpunkt in Geltung stehende Recht anzuwenden ist (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 07.03.2000, 99/05/0223, mwN, sowie aus jüngerer Zeit VwGH 14.07.2011, 2009/10/0177; 27.11.2012, 2011/10/0115).

Diese Rechtsprechung ist vor dem Hintergrund, dass die Verwaltungsgerichte gemäß § 28 VwGVG grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, auf die Verwaltungsgerichte übertragbar.

Da auch im Beschwerdefall darüber abzusprechen ist, was zu einem bestimmten Stichtag rechtens ist bzw. war, nämlich die Feststellung seiner besoldungsrechtlichen Stellung zum 27.08.2009 und daraus folgend die dem Beschwerdeführer von diesem Zeitpunkt an gebührenden Bezüge, ist zufolge der zuvor dargelegten Rechtsprechung die zu diesem Stichtag geltende Rechtslage anzuwenden.

Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass (auch) die unionsrechtlich gebotene Anfechtungsmöglichkeit die Übergangsbestimmung des § 175 Abs. 79 Z 2 und 3 Gehaltsgesetz 1956 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 32/2015, mit welcher der Gesetzgeber die Anfechtungsmöglichkeit offenbar unionsrechtswidrig auszuschließen beabsichtigte, verdrängt. Das Altrecht wirkt jedoch über den Überleitungsbetrag (§ 169c Abs. 2 Gehaltsgesetz 1956) weiter.

Durch die Abweisung des Antrags des Beschwerdeführers auf Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung brachte die belangte Behörde zum Ausdruck, dass die Neufestsetzung seines Vorrückungsstichtages keine Änderung seiner besoldungsrechtlichen Stellung bewirkt hat. Damit hat sie die Vorrückungsregel des § 8 Abs. 1 zweiter Satz Gehaltsgesetz 1956 idF BGBl. I Nr. 82/2010 zur Anwendung gebracht.

Wie der Gerichtshof der Europäischen Union in Z 2 des Tenors seines Urteiles vom 11.11.2014 in der Rechtssache C-530/13 , Schmitzer, ausführte, muss ein Beamter die Möglichkeit haben, unter Berufung auf Art. 2 RL die diskriminierenden Wirkungen der Verlängerung der Vorrückungszeiträume anzufechten, auch wenn er zuvor eine Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages nach Neurecht durch diesbezügliche Antragstellung erwirkt hat. Eine gänzliche Nichtanwendung der Bestimmungen zur Vorrückung und zu den anrechenbaren Zeiten, wie es § 175 Abs. 79 Z 3 idF BGBl. I Nr. 32/2015 normiert, widerspricht diesem Grundsatz.

Nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 18.02.2015, 2014/12/0004 (Rechtssache Schmitzer) besteht diese unionsrechtlich gebotene Anfechtungsmöglichkeit innerstaatlich in einem Verfahren zur Feststellung der dem Beamten am 1. Jänner 2004 zugekommenen besoldungsrechtlichen Stellung, ist letztere doch für die dem Beamten von diesem Zeitpunkt an zeitraumbezogen gebührenden Bezüge, also für das "Arbeitsentgelt", in Ansehung dessen das Gleichbehandlungsgebot nach dem Alter besteht, maßgeblich. Der Beschwerdeführer kann sich daher wirksam auf das unmittelbar anwendbare Diskriminierungsverbot gemäß Art. 2 RL berufen (vgl. Rz 48 des zitierten Urteils).

Dies bedeutet, dass die Art. 2, 6, 9 und 16 der RL 2000/78 Vorrang vor der innerstaatlichen Bestimmung des § 8 Abs. 1 Gehaltsgesetz 1956 idF BGBl. I Nr. 82/2010 genießen, soweit sich diese Bestimmung in diskriminierender Weise auswirkt. Belastendes nationales Recht, das in einer konkreten Konstellation im Widerspruch zu unmittelbar anwendbarem Unionsrecht steht, wird für diese Konstellation verdrängt. Die Verdrängungswirkung des Unionsrechts hat zur Folge, dass die nationale gesetzliche Regelung in jener Gestalt anwendbar bleibt, in der sie nicht mehr im Widerspruch zum Unionsrecht steht. Die Verdrängung erreicht dabei bloß jenes Ausmaß, das gerade noch hinreicht, um einen unionsrechtskonformen Zustand herbeizuführen (VwGH 17.04.2008, 2008/15/0064).

Unter diesem Gesichtspunkt bewirkt der Vorrang des Unionsrechts, dass § 8 Abs. 1 zweiter Satz Gehaltsgesetz 1956 idF BGBl. I Nr. 82/2010 vom Unionsrecht insoweit verdrängt wird, als er eine Diskriminierung des optierenden Beschwerdeführers gegenüber dem nicht optierenden "Vergleichsbeamten" bewirkt, also (bloß) insoweit als er für den Beschwerdeführer als Optanten (nunmehr rückwirkend) eine Vorrückungsdauer für das Erreichen der zweiten Gehaltsstufe vorsieht, welche zwei Jahre übersteigt. Hiedurch wird den Vorgaben des Unionsrechts zur Gänze entsprochen und bleibt die Anordnung des nationalen Gesetzgebers nicht in größerem Ausmaß als erforderlich unbeachtet (vgl. hiezu schon VwGH 04.09.2012, 2012/12/0007 und 18.02.2015, 2014/12/0004).

Für den Beschwerdefall bedeutet dies, dass der Beschwerdeführer in die Gehaltsstufe 2 diskriminierungsfrei bereits nach 2 Jahren vorgerückt ist.

Im Beschwerdefall stehen folgende Daten fest:

Der Vorrückungsstichtag ist der 01.06.1980, Vorrückungstermin jeweils der 01. Juli.

Mit 01.07.1980 erfolgte daher - in Übereinstimmung mit der behördlichen Begründung - der Beginn der Gehaltsstufe 1, die Vorrückung in die Gehaltsstufe 2 aber bereits mit 01.07.1982.

Bei weiteren Vorrückungen nach jeweils 2 Jahren ergibt sich

zum 01.07.2008 die Gehaltsstufe 15,

zum 01.07.2010: Gehaltsstufe 16,

zum 01.07.2012: Gehaltsstufe 17 und

zum 01.07.2014: Gehaltsstufe 18.

Gemäß §§ 8, 12 Gehaltsgesetz 1956 und Art. 2, 6, 9 und 16 der RL 2000/78 gebührt dem Beschwerdeführer eine entsprechend um drei Jahre verbesserte besoldungsrechtliche Stellung.

Daraus folgend werden dem Beschwerdeführer unter Berücksichtigung der Verjährungsfrist die entsprechenden Bezugsdifferenzen von der belangten Behörde nachzuzahlen sein.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil der Lösung der Rechtsfrage, ob im Beschwerdefall die durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 32/2015 getroffenen Neuregelungen, insbesondere angesichts der Übergangsbestimmungen des § 175 Abs. 79 Z 2 und 3 dieses Bundesgesetzes zum Tragen kommen - das Bundesverwaltungsgericht hat aus den oben näher ausgeführten Überlegungen diese Rechtsfrage verneint - grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Rechtsfrage fehlt bis dato. So hat auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 18.02.2015, 2014/12/0004, eine über die Rechtssache hinaus reichende Auslegung dieser Bestimmung offen gelassen.

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