BVwG W156 2016287-2

BVwGW156 2016287-223.3.2015

ASVG §113 Abs1 Z1
ASVG §113 Abs2
ASVG §35
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
ASVG §113 Abs1 Z1
ASVG §113 Abs2
ASVG §35
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W156.2016287.2.00

 

Spruch:

W156 2016287-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra Krebitz als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, vertreten durch Dr. Eduard Pointinger, Rechtsanwalt in 4540 Bad Hall, Hauptplatz 18, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 26.01.2015, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unbegründet

zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 23.10.2014, XXXX, hat die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse, im Folgenden als belangte Behörde bezeichnet, Herrn XXXX in seiner Funktion als Bevollmächtigter der BF gemäß § 35 Abs. 3 ASVG einen Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG in Höhe von € 2.300,00 zur Entrichtung vorgeschrieben.

2. Mit Eingabe vom 07.11.2014 erhob XXXX fristgerecht dagegen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 25.11.2014 wurde die Beschwerde des XXXX als unbegründet zurückgewiesen.

4. Dagegen beantragte die XXXX, im Folgenden als BF bezeichnet, mit Schreiben vom 10.12.2014 die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

5. Mit Schreiben vom 13.01.2015 wurde der Vorlageantrag der gemäß § 15 Abs. 3 VwGVg zuständigen belangten Behörde zur Entscheidung zurückgemittelt.

6. Mit Bescheid vom 26.01.2015 wurde der Vorlageantrag der BF gemäß § 15 Abs. 3 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

Begründend wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der angewandten gesetzlichen Bestimmungen im Wesentlichen vorgebracht, dass XXXX als Bevollmächtigter gemäß § 35 Abs. 3 ASVG Partei des gegenständlichen Verfahrens sei, dem auch die Legitimation zur Erhebung des Vorlageantrages zugekommen wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof führe in seinem Erkenntnis vom 30.01.1996, GZ 94/11/0145, aus, dass, wenn die Behörde aufgrund des objektiven Erklärungswertes einer Eingabe keinen Zweifel habe, dass diese einer nicht Parteistellung genießenden Person zuzurechnen sei, habe die Behörde weder weitere Ermittlungsschritte iSd § 37 AVG noch ein Verbesserungsverfahren nach § 13 Abs. 3 AVG durchzuführen.

Weiter werde im obzitierten Erkenntnis ausgeführt, dass, wenn sich der Einschreiter in seinem Schreiben weder auf einen erteilten Auftrag zur Erhebung einer Berufung berufe, noch erkläre, namens des Einschreiters tätig zu werden, und das Vorliegen einer Vollmacht nicht einmal behauptet werde, sich das Schreiben dem Inhalt nach als Verwendung für die Interessen eines Dritten darstelle. Bei diesem Sachverhalt liege eine dem Beschwerdeführer zuzurechnende Berufung nicht vor.

Es sei unzweifelhaft, dass der Vorlageantrag von der BF eingebracht worden sei.

Die BF, rechtsfreundlich vertreten, berufe sich in ihrer Eingabe weder auf einen erteilten Auftrag zur Einbringung des Vorlageantrages, noch werde sie im Namen des XXXX für diesen tätig und behaupte auch nicht das Vorliegen einer Vollmacht.

Da im gegenständlichen Fall der Vorlageantrag kein dem XXXX als Partei des Verfahrens zurechenbarer Vorlageantrag vorliege, sei dieser mangels Parteistellung der BF als unzulässig zurückzuweisen.

7. Gegen diesen Bescheid erhob die BF fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und führte im Wesentlichen aus, dass sie sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem subjektiven Recht auf gesetzmäßige Entscheidung über den tatsächlichen Verantwortlichen/Haftenden verletzt fühle. Es werde der Bescheid seinem gesamten Inhalt nach angefochten.

Eine Bevollmächtigung gemäß § 35 Abs. 3 ASVG des XXXX habe es nie gegeben. Es würde zu weit gehen, wenn ein steuerlicher Vertreter aufgrund seiner Berufung auf die allgemeine Bevollmächtigung auch im Rahmen einer speziell notwendigen und zu gestaltenden Bevollmächtigung nach § 35 Abs. 3 ASVG wie ein Dienstgeber haften würde. Nur diese spezielle Bevollmächtigung wurde eine Haftung auslösen, was hier jedoch nicht gegeben sei.

Die Behörde hätte weitere Fakten zum Sachverhalt sammeln müssen, insbesondere wie sie zur Ansicht gelange, dass eine allgemeine Bevollmächtigung in eine schriftlich dem Versicherungsträger bekanntzugebende Bevollmächtigung iSd § 35 Abs. 3 ASVG umgewandelt werde.

Selbst im Bescheid vom 23.10.2014 werde auf diese Bevollmächtigung nicht hingewiesen. XXXX habe in seiner Eigenschaft als steuerlicher Vertreter die Beschwerde vom 07.11.2014 eingebracht und habe auch auf seine Berufsausübung als Bevollmächtigter der BF hingewiesen.

In der Beschwerdevorentscheidung werde zwar im Spruch auf § 35 Abs. 3 ASVG Bezug genommen, aber weder in der Begründung, im Sachverhalt, in der Beweiswürdigung noch in der rechtlichen Beurteilung werde dazu Stellung genommen. Erstmals im angefochtenen Bescheid werde auf die haftungsauslösende Bevollmächtigung Bezug genommen.

Weiter wird ausgeführt, dass die BF im Vorlageantrag ein Vorbringen zum Sachverhalt erstattet habe und daher als andere Partei zu hören sei.

8. Mit Schreiben vom 10.03.2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verfahrensakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor und bracht nach Wiedergabe des Verfahrensganges im Wesentlichen ergänzend vor, dass die Bevollmächtigung der BF an XXXX bereits seit dem 07.03.2006 bei der belangten Behörde gespeichert sei, die Vollmacht aber aufgrund der Aufbewahrungsfrist für Datenbankunterlagen (Dienstgeber) von 5 Jahren nicht mehr ausgehoben und vorgelegt werde können.

Fest stehe, dass erstmals in der gegenständlichen Beschwerde vom 25.02.2015 vorgebracht worden sei, dass es eine derartig spezielle Bevollmächtigung der BF an den XXXX nicht vorläge.

Weiter sei seitens der belangten Behörde auch davon ausgegangen worden, dass ein zur Vertretung befugter beruflicher Parteienvertreter darüber Bescheid wisse, dass lediglich eine Bevollmächtigung gemäß § 35 Abs. 3 ASVG dazu führe, dass ein Beitragszuschlag gemäß

§ 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG nicht dem Dienstgeber sondern dem Bevollmächtigten vorgeschrieben werde.

In der angeführten Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde sei nicht auf die Bevollmächtigung gemäß § 35 Abs. 3 ASVG eingegangen worden, da lediglich die Dienstnehmereigenschaft der drei betretenen Personen in Frage gestellt worden sei. Da die in Rede stehende Bevollmächtigung sowohl im Spruch als auch in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung angeführt worden sei, hätte von XXXX bereits im Vorlageantrag vom 10.12.2014 darauf eingegangen werden können. Dies hätte er jedoch unterlassen und sei auch im Vorlageantrag lediglich auf die Dienstnehmereigenschaft der drei betretenen Personen eingegangen worden.

9. Mit 12.03.2015 wurde das Verfahren der zuständigen Gerichtsabteilung zur Erledigung zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid vom 23.10.2014, XXXX, hat die belangte Behörde XXXX in seiner Funktion als Bevollmächtigter der BF einen Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG in Höhe von € 2.300,00 zur Entrichtung vorgeschrieben.

Mit Eingabe vom 07.11.2014 erhob XXXX als Bevollmächtigter der BF fristgerecht dagegen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 25.11.2014 wurde die Beschwerde des XXXX als unbegründet zurückgewiesen.

Dagegen beantragte die nunmehrige BF mit Schreiben vom 10.12.2014 die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Mit Bescheid vom 26.01.2015 wurde der Vorlageantrag der BF gemäß § 15 Abs. 3 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aufgrund des Akteninhaltes, des Vorgängeraktes W156 2016287-1/2014, des angefochtenen Bescheides, der Beschwerde und der Stellungnahme der belangten Behörde und ist unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1 Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.

Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3), und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.

Gemäß Art. 132. Abs. 1 Z1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Zu A) Zur Abweisung der Beschwerde

3.2 Strittig ist im gegenständlichen Verfahren, ob der BF eine Legitimation zur Antragsstellung der Vorlage der Beschwerde im Verfahren des XXXX zukommt.

Antragslegitimiert ist gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG die Partei des Verfahrens, sohin XXXX, und allenfalls andere Parteien.

Das VwGVG definiert die Parteien des Beschwerdeverfahrens nicht, lediglich die belangte Behörde wird in § 18 VwGVG dezidiert als Partei des Verfahrens genannt.

Parteien des Verfahrens vor den Verwaltungsgerichten sind grundsätzlich die Parteien des vorangegangenen verwaltungsbehördlichen Verfahrens.

In Verfahren über Bescheidbeschwerden kommt dem legitimierten Beschwerdeführer Parteistellung zu, wobei sich die Beschwerdelegitimation aus der Bestimmung des Art 132 Abs. 1 Z 1 B-VG ergibt, wonach gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben kann, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Die BF bringt vor, in ihrem subjektiven Recht auf gesetzmäßige Entscheidung über den tatsächlich Haftenden verletzt zu sein.

Tatsächlich wurde der ursprüngliche Bescheid betreffend Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG gegenüber XXXX erlassen und ist dieser somit jedenfalls Partei dieses Verfahrens. Wenn dieser nunmehr zur Haftung herangezogen wurde, ohne dass eine materiellrechtliche Grundlage bestanden hätte, wäre dieser in seinem subjektiven Recht auf eine gesetzmäßige Entscheidung verletzt worden und hätte als Partei des Verfahrens somit seine Rechte geltend machen können.

Aus der Tatsache, dass XXXX gegenüber ein Bescheid erlassen wurde, ohne das er dem Kreis der in § 111 genannten Personen angehört, da eine Bevollmächtigung gemäß § 35 Abs. 3 ASVG möglicherweise nicht vorlag, kann allerdings kein subjektives Recht auf Erlassung eines Bescheides betreffend Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG gegenüber der BF abgeleitet werden.

In seinem jüngsten Erkenntnis vom 22.01.2015, Zl. Ra 2014/06/000, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass die Frage, welchen Personen Parteistellung in einem bestimmten Verwaltungsverfahren zukommt, regelmäßig der Auslegung der von der Behörde in diesem Verfahren anzuwendenden Vorschriften des materiellen Rechts bedarf. Wurde eine Norm nicht ausschließlich im öffentlichen Interesse, sondern zumindest auch im Interesse einer im Besonderen betroffenen und damit von der Allgemeinheit abgrenzbaren Person erlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, dass dieser Person ein die Parteistellung vermittelndes subjektives Recht eingeräumt wird. Das bloß faktische Interesse einer Person an der Einhaltung von Vorschriften des objektiven Rechts vermittelt jedoch keine Parteistellung.

Die Norm des § 113 ASVG ist als ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten und wurde sohin im öffentlichen Interesse erlasse.

Das Vorbringen der BF, in ihrem subjektiven Recht auf gesetzmäßige Entscheidung verletzt worden zu sein, ist nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes als faktisches Interesse an der Einhaltung von Vorschriften zu werten, das im Sinne der obzitierten Judikatur keine Parteistellung begründet.

Wird subjektives Recht als die einem Subjekt durch Rechtsnorm zuerkannte Rechtsmacht, eigenen Interessen zu verfolgen und zu diesem Zweck von anderen ein Tun, Dulden oder Unterlassen zu verlangen definiert, kann dieses Recht nur der Partei im verwaltungsrechtlichen Verfahren, zukommen.

In dem dem gegenständlichen Verfahren zugrunde liegenden Beitragszuschlagsverfahren war XXXX Partei.

Einwendungen betreffend seine Parteistellung, wie eine fehlende Vollmacht gemäß § 35 Abs. 3 ASVG hätte XXXX in seiner Beschwerde bzw. im Vorlageantrag oder im dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegenden Verfahren erheben müssen.

3.3. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

De BF hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde beantragt.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG jedoch nicht für erforderlich. Weder kann dem Grundsatz der materiellen Wahrheit im vorliegenden Fall durch eine mündliche Verhandlung besser und effizienter entsprochen werden, noch erscheint eine mündliche Verhandlung im Lichte des Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC geboten (vgl. mwN Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 5 zu § 24 VwGVG).

Vielmehr ist der Sachverhalt zur Beurteilung aus der Aktenlage geklärt und im gegenständlichen Verfahren lediglich eine Rechtsfrage zu klären.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Weiters ergibt sich aus der in der Begründung angeführten Judikatur (VwGH vom 22.01.2015, Zl. Ra 2014/06/000) dass die gegenständliche Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.

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