BVwG L518 1435954-2

BVwGL518 1435954-227.2.2015

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §55
AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:L518.1435954.2.00

 

Spruch:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus Steininger als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, StA. Armenien, vertreten durch RAe Dr. Martin Dellasega, Dr. Max Kapferer, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol, vom 15.12.2014, Zl. 13-830231501/2221593 (13 02.315-BAI), zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gem. §§ 55, 57 AsylG 2005, BGBl. I 100/2005

idgF, § 10 AsylG iVm § 9 BFA-VG BGBl I Nr. 87/2012 idgF, 46, 52 Abs. 2 und 9, 55 FPG BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus Steininger als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, StA. Armenien, vertreten durch RAe Dr. Martin Dellasega, Dr. Max Kapferer, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol, vom 15.12.2014, Zl. 13-830231610/2221607 (13 02.316-BAI), zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gem. §§ 55, 57 AsylG 2005, BGBl. I 100/2005

idgF, § 10 AsylG iVm § 9 BFA-VG BGBl I Nr. 87/2012 idgF, 46, 52 Abs. 2 und 9, 55 FPG BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus Steininger als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, StA. Armenien, vertreten durch die gesetzliche Vertreterin XXXX, diese vertreten durch RAe Dr. Martin Dellasega, Dr. Max Kapferer, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol, vom 15.12.2014, Zl. 13-830232008/1621178 (13 02.320-BAI), zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gem. §§ 55, 57 AsylG 2005, BGBl. I 100/2005

idgF, § 10 AsylG iVm § 9 BFA-VG BGBl I Nr. 87/2012 idgF, 46, 52 Abs. 2 und 9, 55 FPG BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

4.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus Steininger als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, StA. Armenien, vertreten durch die gesetzliche Vertreterin XXXX, diese vertreten durch RAe Dr. Martin Dellasega, Dr. Max Kapferer, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol, vom 15.12.2014, Zl. 13-830232302/1621143 (13 02.323-BAI), zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gem. §§ 55, 57 AsylG 2005, BGBl. I 100/2005

idgF, § 10 AsylG iVm § 9 BFA-VG BGBl I Nr. 87/2012 idgF, 46, 52 Abs. 2 und 9, 55 FPG BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

I. Verfahrenshergang

I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als "bP1" bis "bP4" bzw. Beschwerdeführer "BF" bezeichnet), sind Staatsangehörige Armeniens. Die bP1 und bP2 leben in Lebensgemeinschaft und sind die Eltern der bP3 und bP4.

Die bP brachten nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 22.02.2013 bei der belangten Behörde (BAA, nunmehr BFA) Antäge auf internationalen Schutz ein.

I.2. Mit Bescheiden vom 03.06.2013 wies das Bundesasylamt, Außenstelle Innsbruck, die Anträge der bP auf internationalen Schutz vom 22.02.2013 in Spruchpunkt I bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten nunmehr gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 und in Spruchpunkt II bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab. Mit Spruchpunkt III wies das Bundesasylamt die bP gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat Armenien aus.

I.3. Mit Schriftsatz vom 13.06.2013 wurde gegen diese Bescheide Beschwerde erhoben. Die Rechtssache wurde vorerst der Gerichtsabteilung E10 des Asylgerichtshofes zugeteilt. Mit Errichtung des Bundesverwaltungsgerichtes erfolgte die Zuteilung der Rechtssache zur Gerichtsabteilung L518.

I.4. Nach Durchführung von Erhebungen wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 17.07.2014 die Beschwerden gemäß §§ 3, 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 BGBl I 2005/100 idF BGBl I 144/2013 als unbegründet ab.

Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 idgF wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

In den Entscheidungen wurde festgestellt, dass die bP in ihrem Herkunftsstaat keiner Verfolgungsgefahr iSd GFK unterliegen. Ebenso wurde festgestellt, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen in Bezug auf den Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würden oder für die bP als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würden. Letztlich wurde auch festgestellt, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen keinen unzulässigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben der bP in Österreich darstellen. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG wurde das Verfahren daher zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

I.5. Die belangte Behörde führte ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durch. Die bP1 und bP2 wurden am 28.11.2014 niederschriftlich einvernommen. Im Zuge der Einvernahmen legten die bP ergänzende Dokumente vor.

I.6. Mit im Spruch genannten Bescheiden wurde jeweils den bP ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 und § 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, nicht erteilt.

Gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. 1 Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF und § 52 Abs. 2 Ziffer 2 FPG wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig ist.

Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgehalten.

Von den bP wurden im Verfahren folgende Dokumente vorgelegt:

bP1:

Befund des Bezirkskrankenhaus XXXX in Tirol, vom 21.03.2013

Laborbefund vom 17.05.2013

Ambulanter Arztbrief der Universitätsklinik Innsbruck, vom 23.05.2013

Urkunde, Teilnahme am Sozialprojekt am XXXX, von 14.-18.06.2013

Ärztlicher Kurzbericht vom 11.10.2013

Laborbefund vom 17.05.2013

Erste Hilfe am Kind Teilnahmebestätigung, vom 21.06.2013

Grundversorgung Deutschkurs, besucht von 16.04.2013 bis Mai 2014

Urkunde, Teilnahme am Team XXXX von 08. - 09.06.2014

Grundversorgung Deutsch, besucht von 16.10.203 bis 02.07.2014

Bestätigung der Gemeinde XXXX über gemeinnützige Tätigkeiten von September 2013 bis Juni 2014

Schreiben von XXXX vom 02.07.2014

Schreiben der Heimleitung des Flüchtlingsheims XXXX vom 03.07.2014

Schreiben von Fr. Mag. Dr. XXXX vom 03.07.2014

Schreiben von Fr. XXXX vom 11.07.2014

Schreiben vom Deutschlehrer Hr. XXXX vom 11.07.2014

Bestätigung der Raiffeisenbank XXXX vom 26.09.2014

Schreiben vom Mag. XXXX vom 20.10.2014

Bestätigung der Gemeinde XXXX über gemeinnützige Tätigkeiten von Juli 2014 bis November 2014

Schreiben der Tischlerei XXXX

Schreiben von der Familie XXXX

bP2:

Grundversorgung Deutschkurs, besucht von 16.04.2013 bis Mai 2014

Diplom A2 Grundstufe Deutsch 2 vom 24.02.2014

Grundversorgung Deutsch, besucht von 16.10.2013 bis 02.07.2014

Schreiben von XXXX vom 02.07.2014

Schreiben der Heimleitung des Flüchtlingsheims XXXX vom 03.07.2014

Schreiben von Fr. Mag. Dr. XXXX vom 03.07.2014

Schreiben von Fr. XXXX vom 05.07.2014

Schreiben von Fr. XXXX vom 11.07.2014

Schreiben vom Deutschlehrer Hr. XXXX vom 11.07.2014

Schreiben vom Mag. XXXX vom 20.10.2014

Schreiben von der Familie XXXX

bP3:

Urkunde des Jugendrotkreuz Tirol, ausgestellt im Juni 2013

Urkunde des Jugendrotkreuz Tirol, ausgestellt im Juni 2014

Schulbestätigung, ausgestellt am 03.07.2014

Urkunde, Schirennen vom 28.03.2013

Deutschkursbestätigung, ausgestellt am 08.08.2014

Schulbesuchsbestätigung, ausgestellt am 04.07.2014

Schreiben des Hr. Dipl.-Päd.XXXXvom 10.07.2014

Leistungsbeschreibung der NMS XXXX, ausgestellt am 04.07.2014

bP4:

Bestätigung einer Reittherapie von 21.06.2013 bis 12.08.2013

Bestätigung einer Mal- und Gestaltungstherapie von Oktober 2013 bis Juni 2014

Kurzarztbrief der Universitätsklinik Innsbruck vom 29.10.2013

Neuropsychodiagnostischer Befund der Universitätsklinik Innsbruck vom 10.12.2013

Ergotherapeutischer Kurzbericht der Universitätsklinik Innsbruck vom März 2014

Bescheid des Bezirksschulrat XXXX vom 07.07.2014

Jahreszeignis der XXXX für das Schuljahr 2013/14

Schulbesuchsbestätigung des XXXX, ausgestellt am 04.07.2014

Deutschkursbestätigung, ausgestellt am 08.08.2014

Urkunde des Jugendrotkreuz Tirol, ausgestellt im Juni 2013

Urkunde, Schirennen vom 28.03.2013

Urkunde des Jugendrotkreuz Tirol, ausgestellt im Juni 2014

Befund vom 04.04.2014 des Hr. Dr. XXXX

Befund vom 03.04.2014 der XXXX

Laborbefund vom 28.03.2014

Befund vom 01.04.2014 des MB-LAB Mikrobiologischen Labors

Abschlussbefund der Universitätsklinik Innsbruck vom 12.03.2014

Abschlussbefund der Universitätsklinik Innsbruck vom 03.04.2014

Neuropsychodiagnostischer Befund vom 26.06.2014

Begründend legte die Behörde erster Instanz zu bP1 verkürzt im Wesentlichen folgendes dar:

"...

Es liegt jedoch ein iS von Art. 8 EMRK schützenswertes Familienleben in Österreich im Hinblick auf Ihre Frau und Ihre minderjährigen Kinder vor, die Mitglieder Ihrer Kernfamilie - Ihrer Lebensgefährtin und Ihre zwei minderjährigen Kinder - sind jedoch im selben Umfang wie Sie selbst von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen, weshalb diesbezüglich die Rückkehrentscheidung keinen Eingriff in Ihr Familienleben darstellt.

....

Laut Ihren Angaben reisten Sie im Februar 2013 in das Bundesgebiet Österreich ein. Ihre Einreise erfolgte illegal und somit rechtswidrig. Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet ist alleine aufgrund der Betreibung eines Asylverfahrens und somit lediglich für die Dauer Ihres Asylverfahrens legalisiert.

....

Sie halten sich seit Februar 2013 in Österreich auf. Ihre Einreise in das Bundesgebiet war rechtswidrig. Sie verfügten über keinen gültigen Einreise- bzw. Aufenthaltstitel für Österreich bzw. für den Schengen-Raum. Darüber hinaus verfügten Sie auch über keinen weiteren über das Asylverfahren hinausgehenden Aufenthaltsstatus.

Sie leben nach wie vor von der Grundversorgung uns sind selbst mittellos. Sie gehen gemeinnützigen Tätigkeiten nach und haben Deutschkurse besucht.

Ihr Aufenthalt war lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisiert. Hätten Sie diesen unbegründeten Asylantrag nicht gestellt, wären Sie rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig bzw. ist davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre.

Sie begründen Ihr Privat- und Familienleben zu einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisiert wurde. Auch war Ihr Aufenthalt ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt.

Ihnen musste bereits durch die erste negative Entscheidung im Juli 2013 durch das Bundesasylamt bewusst gewesen sein, dass Ihr Aufenthalt ungewiss ist.

Sie sind - in Bezug auf Ihr Lebensalter - erst einen relativ kurzen Zeitraum in Österreich aufhältig, haben hier keine qualifizierten Anknüpfungspunkte und waren im Asylverfahren nicht in der Lage Ihren Antrag ohne die Beziehung eines Dolmetschers zu begründen. Sie haben zwar zwei Deutschkurse besucht, jedoch sind Ihre Deutschkenntnisse sehr spärlich und Sie könnten sich nicht einmal auf dem einfachsten Niveau unterhalten. Dies wurde auch in der letzten Einvernahme am 28.11.2014 bestätigt, wo Sie während der gesamten Einvernahme auf die Dolmetscherin angewiesen waren. Zusätzlich brachten Sie diverse Empfehlungsschreiben, Bestätigungen von gemeinnützigen Tätigkeiten sowie Teilnahmebestätigungen an diversen Veranstaltungen in Vorlage.

In Ihrem Falle ergaben sich keine Anhaltspunkte für die Annahme besonderer sozialer oder wirtschaftlicher Beziehungen in Österreich und wurden solche von Ihnen auch nicht behauptet.

Eine legale Arbeit, nennenswerte soziale Beziehungen oder eine etwa im Bundesgebiet absolvierte Berufsausbildung oder andere anhaltende Merkmale der Integration wurden nicht vorgetragen und sind aufgrund der kulturellen Unterschiede, der vorliegenden Sprachbarriere und des nur kurzen Aufenthaltes in Österreich in der Regel auch nicht nachhaltig realisierbar.

Sie sind weder in einer Organisation noch in einem Verein Mitglied. Sie sind seit Ihrer Einreise nach Österreich keiner legalen Beschäftigung nachgegangen und sind nicht anhaltend karitativ tätig.

Die Familie lebt nach wie vor von der Grundversorgung. Somit kann für Sie nicht von einer Selbsterhaltungsfähigkeit ausgegangen werden. Der Unterhalt in Österreich ist daher auf Dauer nicht gesichert.

Aus dem gesamten Akteninhalt geht nicht hervor, dass Sie selbsterhaltungsfähig sind.

In diesem Zusammenhang sei auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die - hier bei weitem nicht vorhandenen - Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt. (Erk. d. VwGH vom 06.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).

In Bezug auf den von Ihnen besuchten Deutschkursen und Ihrer gemeinnützigen Tätigkeiten ist auszuführen, dass dieser Umstand allein ohne Hinzutreten weiterer integrationsverstärkender Momente nicht geeignet ist, ein schützenswertes Privatleben zu bilden, welches Ihre Ausweisung in einem unzulässigen Licht erscheinen lassen würde. Bei den von Ihnen besuchten Deutschkursen und gemeinnützigen Tätigkeiten handelt es sich vorwiegend um eine im Rahmen der Grundversorgung angebotene Maßnahme der Alltagsbewältigung und -strukturierung, ohne dass dadurch jedoch bereits ein derartiger Grad an Integration geschaffen würde, der Ihre Rückkehrentscheidung in einem unzulässigen Licht erscheinen lassen würde.

Aber auch eine anderweitige Aufenthaltsverfestigung, die die Annahme einer Prävalenz der ho. Bindungen gegenüber jenen zum Herkunftsstaat rechtfertigen würden, wird durch den kurzen Aufenthalt hier in Österreich kontraindiziert. Es deutet somit nichts darauf hin, dass es Ihnen im Falle der Rückkehr in Ihren Heimatstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.

Von einer überlangen Verfahrensdauer oder Entwurzelung vom Heimatland kann im vorliegenden Fall ebenfalls nicht gesprochen werden. Ihre Familie hat sich in Österreich kaum integriert, was aufgrund des kurzen Aufenthaltes auch nicht zu erwarten war.

Letztlich ist auch festzuhalten, dass Sie nicht gezwungen sind, nach einer Ausreise die bestehenden Bindungen zur Gänze abzubrechen. So stünde es Ihnen auch frei, diese durch briefliche, telefonische, elektronische Kontakte oder durch gegenseitige Besuche aufrecht zu erhalten. (vgl. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN).

Es ist daher davon auszugehen, dass aufgrund der kurzen Aufenthaltsdauer in Österreich und mangels Vorliegen sonstiger Anknüpfungspunkte ein schützenswertes Privatleben somit nicht entstanden ist.

Das Bundesamt ist der Ansicht, dass Sie diese Art des Privatlebens wie Sie es zum Entscheidungszeitpunkt führen, auch in Ihrem Herkunftsland führen können, es ist nicht erkennbar welche Gründe eigentlich dafür sprechen würden, dass Sie Ihr Privatleben ausschließlich nur in Österreich nicht aber in Armenien führen könnten.

Es kann auch nicht erkannt werden, dass Sie sich bei einer Rückkehr in das Herkunftsland emotional und praktisch betrachtet nicht mehr zurechtfinden würden. Sie sind in Armenien aufgewachsen und kennen die dortigen kulturellen Gegebenheiten, Sie sprechen die Landessprache auf Muttersprachenniveau, Sie könnten sich daher wieder gut in die armenische Gesellschaftsstruktur eingliedern, noch dazu wo Sie mit Ihrer Kernfamilie - Ihrer Lebensgefährtin und Ihren 2 Kindern - dorthin zurückkehren.

Dass Sie strafrechtlich unbescholten sind stellt laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar. (VwGH 21.01.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.

Sie reisten schlepperunterstützt und unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Gebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge rechtswidrig in das österreichische Bundesgebiet ein. Zusätzlich wirkten Sie aufgrund der Verletzung der Mitwirkungspflicht der Ihnen obliegenden Verpflichtung der Wahrheitsfindung im Verfahren nicht mit.

....

Ihre Abschiebung in Folge der Abweisung dieser Anträge wird auch durch eine behauptete Verzögerung der Behörden bei der Entscheidung über diese Anträge nicht unverhältnismäßig.

Letztlich ist festzustellen, dass eine Gegenüberstellung der von Ihnen im Herkunftsstaat vorzufindenden Verhältnissen mit jenen in Österreich im Rahmen einer Interessensabwägung zu keinem Überwiegen der privaten Interessen am Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an einem Verlassen des Bundesgebietes führt.

....

Die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme der Verhängung seitens der erkennenden Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.

Aufgrund dieser Gesamtabwägung der Interessen und unter Beachtung aller bekannten Umstände ergibt sich, dass Ihre Rückkehrentscheidung gerechtfertigt ist. Bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen können keine Hinweise gefunden werden, welche den Schluss zuließen, dass durch Ihre Rückkehrentscheidung auf unzulässige Weise im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK in Ihr Recht auf Schutz des Familien- und Privatlebens eingegriffen würde.

Der Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK ist gem. § 55 Abs. 1 AsylG von Amts wegen oder auf begründeten Antrag zu erteilen, wenn dies gem. § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iS des Art. 8 EMRK geboten ist.

Dies ist wie oben ausgeführt bei Ihnen nicht der Fall. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 55 AsylG kam daher nicht in Betracht.

Über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. §§ 55 und 57 AsylG hat das Bundesamt gem. § 58 Abs. 3 AsylG im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist gem. § 57 AsylG von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen, wenn der Aufenthalt im Bundesgebiet gem. § 46a Abs. 1 Z 1 od. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde wegen eines Verbrechens rechtskräftig verurteilt. Eine Erteilung ist weiters vorgesehen zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von mit diesen im Zusammenhang stehenden zivilrechtlichen Ansprüchen, insbesondere an Zeugen oder Opfern von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel. Die Aufenthaltsberechtigung wird auch an Opfer von Gewalt erteilt, sofern eine einstweilige Verfügung nach § 382b oder 382e EO erlassen wurde oder hätte werden können und die Erteilung zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Hinsichtlich des Vorliegens der letzteren beiden Voraussetzungen hat das Bundesamt vor Erteilung der Aufenthaltsberechtigung eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen.

Weitere Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 60 AsylG sind das Nichtvorliegen einer aufrechten Rückkehrentscheidung gem. § 52 iVm § 53 Abs. 2 oder oder 3 FPG bzw. einer aufrechten Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz, sowie, dass den Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nicht öffentlichen Interessen widerstreitet, also ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung vorliegt oder der Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet.

Da Sie die o.a. Erteilungsvoraussetzungen gem. § 57 AsylG nicht erfüllen, war Ihnen auch keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz zu erteilen.

Da Ihnen ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt wird, ist gem. § 10 Abs. 1 AsylG diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden.

....

Gegen Sie wird mit diesem Bescheid eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist gem. § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für Sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Im vorangehenden Verfahren wurde ausführlich geprüft und schließlich auch durch das BVwG festgestellt, dass Ihnen eine solche Gefahr nicht droht.

Gem. § 50 Abs. 2 FPG wäre eine Abschiebung auch dann unzulässig, wenn dem Fremden die Flüchtlingseigenschaft zukommen sollte. Auch dies wurde bezüglich Ihrer Person verneint.

§ 50 Abs. 3 FPG schließlich normiert die Unzulässigkeit der Abschiebung für den Fall, dass der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegenstehe. Eine solche Empfehlung existiert für Ihr Heimatland nicht.

Es ist somit auszusprechen, dass im Falle der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung sowie bei Vorliegen der in § 46 Abs. 1 Z 1 - 4 FPG genannten Voraussetzungen Ihre Abschiebung nach Armenien zulässig ist.

Gem. § 55 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gem. § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht laut § 55 Abs. 1a FPG nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gem. § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung aufgrund eines Verfahrens gem. § 18 BFA-VG durchführbar wird.

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 2 Wochen ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wird, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Sie befinden sich seit Februar 2013 in Österreich und wohnen in einer von der Grundversorgung finanzierten Unterkunft. Sie gehen keiner geregelten Arbeit nach und gegen Ihre Familienangehörigen wurde ebenfalls eine Rückkehrentscheidung erlassen.

In Ihrem Fall konnten somit solche Gründe nicht festgestellt werden. Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

...."

Im Hinblick auf die bP2, bP3 und bP4 wurde sinngemäß in gleicher Weise argumentiert.

Zu bP3 wurde ergänzend vorgebracht:

"....

Abgesehen vom Besuch der Neuen Mittelschule (NMS) sind keine weiteren Anknüpfungspunkte in Österreich ersichtlich. Aufgrund Ihres Alters liegt zudem der Mittelpunkt der Interessen noch in der Familie und Sie befinden sich zudem in einem anpassungsfähigen Alter. Schließlich sprechen Sie mit Ihren Eltern in den Sprachen Kurmandschi und Russisch.

Dass Sie in Österreich die Schule besuchen, fällt zwar bei der Abwägung ins Gewicht, kann aber einen Verbleib Ihrer Familie in Österreich nicht rechtfertigen, weil auch zu berücksichtigen ist, dass Sie in einem anpassungsfähigen Alter sind (vgl. hiezu die Entscheidung des EGMR vom 26. Jänner 1999, Beschwerde Nr. 43.279/98, Sarumi) und in Begleitung Ihrer Eltern und Geschwistern in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren, wodurch Ihnen die Eingliederung in den Herkunftsstaat erleichtert wird. (VwGH 2006/01/0216 bis 0219 v 17.12.2007)

Sie besuchen zwar die NMS, und sprechen laut Ihrer gesetzlichen Vertreterin schon sehr gut Deutsch und haben sicherlich auch Freunde gefunden. Abgesehen vom Besuch der NMS und der im Rahmen der Schule und der Grundversorgung besuchten Veranstaltungen sind keine Anknüpfungspunkte in Österreich ersichtlich.

...."

Zu bP4 wurde entsprechend argumentiert.

Zur Entscheidungsfindung wurde von der belangten Behörde auf den gesamten Akteninhalt, insbes. das kürzlich ergangene aktuelle Erkenntnis des BVwG vom 17.07.2014 und die aktuellen Feststellungen zum Herkunftsland verwiesen.

I.7. Gegen diese Bescheide wurde mit Schriftsatz vom 29.12.2014 innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Es wurde Mangelhaftigkeit des Verfahrens und inhaltliche Rechtwidrigkeit geltend gemacht.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Erstbeschwerdeführer vor dem Bundesasylamt angegeben habe, dass er am 03.11.1976 auf dem Staatsgebiet des jetzigen Armenien geboren worden sei. Wäre er danach gefragt worden, ob er jemals ein Dokument erhalten hätte, hätte er dies verneinen müssen. Seine Geburt sei nirgendwo registriert worden. Im Jahre 1988 im Alter von 12 Jahren habe er gemeinsam mit seiner Mutter das Gebiet des jetzigen Armeniens verlassen müssen. Sein bereits verstorbener Vater sei armenischer Kurde gewesen, seine Mutter sei Kurdin aus dem Gebiet des jetzigen Aserbaidschan. Sie gehörten der Glaubensrichtung der Yeziden an. Bis zu seiner Ausreise aus Russland am 17.02.2013 habe er illegal in Russland in XXXX und XXXX gelebt. Da seine Geburt in Armenien nie registriert worden sei, komme ihm nach Art. 10 Abs. 3 des armenischen Staatsbürgerschaftsgesetzes auch keine armenische Staatsbürgerschaft zu. Da er sich stets illegal und ohne Registrierung auf dem russischen Territorium aufgehalten habe, keinen Zugang zum Arbeitsmarkt gehabt habe und kaum die russische Sprache beherrsche, komme ihm auch keine russische Staatsbürgerschaft zu.

Die Zweitbeschwerdeführerin habe angegeben, dass sie auf dem Gebiet des jetzigen Aserbaidschan geboren worden sei. Ihre Eltern seien ethnische Armenier gewesen. In ihrem sechsten Lebensjahr habe sie 1988 nach Russland auswandern müssen. Sie habe nie in Armenien gelebt. Sie habe illegal in Russland gelebt und habe daher auch keine Schule besuchen können. Sie habe privaten Unterricht erhalten. Sie habe mit ihrer Mutter Armenisch gesprochen, woher ihre armenischen Sprachkenntnisse stammen. Da sie nie in Armenien gelebt habe, komme ihr nach Art. 10 Abs. 3 des armenischen Staatsbürgerschaftsgesetzes keine armenische Staatsbürgerschaft zu. Da sie sich stets illegal und ohne Registrierung auf dem russischen Territorium aufgehalten habe, keinen Zugang zum Arbeitsmarkt hatte und kaum die russische Sprache beherrsche, komme ihr auch keine russische Staatsbürgerschaft zu.

Die Dritt- und Viertbeschwerdeführer seien beide in Russland geboren. Auch ihre Geburt sei nicht registriert worden, zumal sich die Eltern illegal in Russland aufgehalten hätten. Auch sie hätten weder eine armenische noch eine russische Staatsbürgerschaft.

Aufgrund dieser Feststellungen hätte die Erstbehörde von einer Staatenlosigkeit der Beschwerdeführer und nicht von einem Herkunftsstaat Armenien ausgehen müssen. Daher sei die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Armenien rechtswidrig.

Die Beschwerdeführer seien zwar illegal nach Österreich eingereist, hätten sich jedoch seit Anfang 2013 bis zum Juli 2014 legal in Österreich aufgehalten.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin würden sich seit dem Jahre 2000 kennen. Mangels Papiere hätten sie nur traditionell, aber nicht standesamtlich heiraten können. Ein gemeinsames Privat- und Familienleben sei ihnen daher nur in Österreich möglich. Eine Einreise nach Russland sei ihnen jedenfalls unmöglich. Müssten sie in ihre Geburtsländer zurückkehren, würde der Erstbeschwerdeführer nach Armenien und die Zweitbeschwerdeführerin nach Aserbaidschan zurückkehren müssen. Aufgrund der Spannungen zwischen diesen beiden Ländern und der fehlenden offiziellen Angehörigeneigenschaft wäre ihnen ein gemeinsames Familienleben in einem dieser Länder unmöglich. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme greife daher in das Familienleben der BF ein, da sie im Falle ihrer Durchsetzung getrennt werden würden.

Die BF hätten sich seit Anfang des Jahres 2013 sehr um eine Integration in Österreich bemüht. Trotz einer fehlenden Schulbildung hätten sie Deutschkurse besucht. Die Zweitbeschwerdeführerin habe die Deutschprüfung A2 bereits bestanden, der Erstbeschwerdeführer besuche noch einen Deutschkurs. Sie stünden in Kontakt mit Nachbarn des von ihnen bewohnten Flüchtlingsheimes und werde auf die namentlich angeführten Unterstützungsschreiben verwiesen.

Der Erstbeschwerdeführer habe an mehreren Deutschkursen teilgenommen. Er habe von 9/13 bis 6/14 und von 7/14 bis 11/14 für die Gemeinde XXXX gemeinnützige Tätigkeiten erbracht. Für die Raiba XXXX habe er unentgeltliche Arbeiten im Zuge eines Kinderfestes geleistet. Im Jahre 2013 und 2014 habe er auch im Alpenpark XXXX Tätigkeiten durchgeführt. Am 18.09.2014 habe er an einem Museumsprojekt in Innsbruck teilgenommen. Dem Erstbeschwerdeführer sei eine Anstellung als Hilfsarbeiter bei einer Tischlerei in Aussicht gestellt worden.

Die Zweitbeschwerdeführerin habe an mehreren Deutschkursen teilgenommen und habe auch die Deutschprüfung A2 abgelegt. Namentlich angeführte Personen hätten Empfehlungsschreiben ausgestellt. Die Zweitbeschwerdeführerin habe von einer Familie, Betreiber eines Hotels, eine Einstellungszusage erhalten.

Die Drittbeschwerdeführerin besuche derzeit die 1. Klasse der NMS in XXXX. Sie sei in der Klasse sehr gut integriert und könne dem Unterricht sprachlich problemlos folgen, zumal sie auch im Sommer einen Intensivsprachkurs besucht und an einem Lernhilfe-Projekt des Tiroler Jugendrotkreuzes teilgenommen habe. Die Eltern würden sich auch gegenüber der Schule um ein entsprechendes Fortkommen ihrer Tochter kümmern. Auch habe sie mittlerweile das Skifahren erlernt.

Der Viertbeschwerdeführer habe Verhaltensauffälligkeiten gezeigt und sei an dem XXXX der Univ.- Klinik für XXXX bereits im Dezember 2013 befundet worden. Aufgrund der Entwicklungsschwächen und der psychosozialen Belastungen der Familie (laufendes Asylverfahren) wären jedoch dringend ambulante Betreuungs- und Fördermaßnahmen indiziert. Er erhalte mittlerweile Therapien und besuche wie seine Schwester einen Intensivsprachkurs sowie den Förderunterricht beim Jugendrotkreuz. Aufgrund des Bescheides des Bezirksschulrates XXXX vom 07.07.2014 besuche der Viertbeschwerdeführer das XXXX, wo er sich sehr gut entwickelt habe. Gerade der Viertbeschwerdeführer, der erstmals in seinem Leben eine Art Normalität erfahren durfte, würde durch die verfügte Rückkehrentscheidung massiv in seinem Privatleben beeinträchtigt werden. Auch er habe mittlerweile das Skifahren erlernt.

Daraus ergebe sich, dass die gesamte Familie bereits in sehr großem Ausmaß in Österreich integriert sei.

Zum Geburtsland Armenien bzw. Aserbaidschan oder Russland bestehe kein Kontakt mehr. In keinem dieser Länder seien die Beschwerdeführer integriert. Nicht in Armenien bzw. Aserbaidschan, zumal sie diese Länder bereits im Kindesalter verlassen hätten. In Russland hätten sie stets illegal gelebt ohne Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung. Eine legale Einreise auch nur in eines dieser Länder sei ihnen nicht möglich.

Die BF seien strafrechtlich unbescholten.

Verstöße gegen die öffentliche Ordnung seien ihnen subjektiv nicht vorzuwerfen, da sie zum Schutz nach Österreich eingereist seien. Gegen sie sei auch kein Verwaltungsstrafverfahren geführt worden.

Zum Zeitpunkt der Begründung des gemeinsamen Privat- und Familienlebens im Jahre 2000 sei nicht absehbar gewesen, dass dieses auf einer so unsicheren Basis beruhen würde, dass die Familie letztlich getrennt werden würde.

Hätte die Behörde ein entsprechendes Ermittlungsverfahren durchgeführt und hätte sie die obigen Feststellungen getroffen, wäre sie zu dem für die Beschwerdeführer günstigen Ergebnis gelangt, dass ihnen ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt werde. Die Rückkehrentscheidung wäre ebenso wie die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Armenien entfallen.

Es werde beantragt, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen sowie der Beschwerde Folge zu geben und die angefochtenen Bescheide dahingehend abzuändern, dass den Beschwerdeführern Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt werden und gegen sie keine Rückkehrentscheidung erlassen werde, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an die Erstbehörde zurückzuverweisen.

In der Beilage finden sich - die bereits im Zuge des Verfahrens vorgelegten - Dokumente hinsichtlich der bP1 - bP4 jeweils in Kopie.

I.8. Mit Schreiben vom 30.12.2014 erfolgte die Beschwerdevorlage. Sie langte am 12.01.2015 beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurde der Gerichtsabteilung L518 zugeteilt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Bei den beschwerdeführenden Parteien handelt es sich um Armenier, sie sprechen Armenisch, Russisch und Kurmandschi und sind Sonnenanbeter. Die bP sind gesund, die bP1 und bP2 arbeitsfähig; es ist daher im Herkunftsland von einer (wie vor der Ausreise) - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherten Existenzgrundlage auszugehen. Die bP3 und bP4 befinden sich im schulpflichtigen Alter.

Folgt man den Angaben des BF1 dann müsste er in Armenien Geschwister - die im Jahr 1988 dort zurückgeblieben seien - haben, ein Kontakt zu diesen wurde verneint.

Die Identität der bP steht mangels Vorlage geeigneter Dokumente nicht fest. Die bP haben über die im gegenständlichen Erkenntnis genannten Mitglieder der Kernfamilie hinausgehend keine relevanten familiären und privaten Anknüpfungspunkte in Österreich.

Die bP leiden an keinen lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Beeinträchtigungen ihres Gesundheitszustandes. Sie stehen nicht in ärztlicher oder medikamentöser Behandlung.

Die bP haben Deutschkurse besucht. Die bP 2 hat die Prüfung der Stufe A2 bereits absolviert. Die Kenntnisse der bP der deutschen Sprache sind aber spärlich, sie konnten sich nicht einmal auf dem einfachsten Niveau unterhalten, wie in der Einvernahme vom 28.11.2014 festgestellt wurde.

Die bP3 besucht die erste Klasse der NMS und kann sprachlich dem Unterricht problemlos folgen. Sie besuchte im Sommer einen Intensivsprachkurs und nahm an einem Lernhilfe-Projekt des Tiroler Jugendrotkreuzes teil.

Die bP4 besucht das XXXX. Er besuchte ebenso einen Intensivsprachkurs und den Förderunterricht beim Jugendrotkreuz. Aufgrund der Entwicklungsschwächen und der psychosozialen Belastungen der Familie erhält die bP4 Therapien.

Die bP sind strafrechtlich unbescholten.

Die bP verfügen in Österreich über keine eigenen, den Lebensunterhalt deckenden Mittel. Sie leben von der Grundversorgung. Die Selbsterhaltungsfähigkeit ist nicht gegeben.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass eine Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 46 FPG unzulässig wäre. In Bezug auf die individuelle Lage der bP im Falle einer Rückkehr nach Armenien konnte keine im Hinblick auf den Zeitpunkt, an dem letztmalig über den Antrag auf internationalen Schutz inhaltlich entschieden wurde, maßgeblich geänderte Situation festgestellt werden.

Rückkehrhindernisse kamen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht hervor.

Zu Armenien werden - in Übereinstimmung mit dem BFA - folgende Feststellungen getroffen:

"Länderinformationsblatt

der Staatendokumentation

Armenien

Stand 2014

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 11.08.2014, Berg(Nagorny)-Karabach (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Nach Gefechten im Konfliktgebiet Berg-Karabach haben sich die verfeindeten Südkaukasus-Republiken Aserbaidschan und Armenien gegenseitig die Schuld an einer Zuspitzung der Lage gegeben. Die Präsidenten Ilham Aliyev aus Aserbaidschan und Sersh Sarksjan aus Armenien warfen sich bei einem Treffen mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin in Sotschi vor, UN-Resolutionen zur Krise nicht einzuhalten. Putin forderte seine Amtskollegen mit Nachdruck zu einer friedlichen Lösung auf. Nach Scharmützeln an der Berg-Karabach-Demarkationslinie mit zahlreichen Toten hatte Armenien vor einem möglichen neuen Krieg mit Aserbaidschan gewarnt. Die Führung in Eriwan fordert Baku auf, den 1994 vereinbarten Waffenstillstand einzuhalten. Die nicht anerkannte Republik Berg-Karabach gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan, ist aber seit einem Krieg Anfang der 1990er-Jahre fast ausschließlich von Karabach-Armeniern bewohnt. Schutzmacht Armeniens ist Russland (Standard 10.8.2014).

Seit dem 31.07.14 kam es an der Demarkationslinie zwischen Nagorni Karabach und Aserbaidschan sowie an der regulären armenisch-aserbaidschanischen Staatsgrenze zu den seit Jahren schwersten Gefechten zwischen den Truppen von Armenien und Aserbaidschan. Bis zum 03.08.14 wurden mindestens 15 Soldaten getötet, wovon die meisten aserbaidschanischen Einheiten angehört haben sollen. Auf Vermittlung Russlands sind zwischen den Präsidenten Armeniens, Sersch Sargsjan, und Aserbaidschans, Ilham Alijew, für den 08./09.08.14 Gespräche in Sotschi über die Beilegung des Konfliktes geplant (BAMF 4.8.2014).

Quellen:

derStandard.at (10.8.2014): Putin, Aliyev, Sarksjan: Kein Durchbruch bei Berg-Karabach,

http://derstandard.at/2000004189616/Putin-traf-Aliyev-und-Sarksjan-Kein-Durchbruch-bei-Berg-Karabach , Zugriff 11.8.2014

BAMF (4.8.2014): Briefing Notes; Schwere Gefechte um Nagorni Karabach

Politische Lage

Armenien ist knapp 29.800 km² groß und hat fast 3 Millionen Einwohner. Davon sind 97,9% Armenier, 1,3% Jesiden, 0,5% Russen und 0,3% andere (CIA 7.1.2014). Armenien ist seit September 1991 eine unabhängige Präsidialrepublik. Das Einkammer-Parlament (Nationalversammlung) hat 131 Mitglieder und wird alle fünf Jahre gewählt. Die Parlamentswahlen am 6.05.2012 ergaben folgende Stimmenverteilung: Republikanische Partei 44,1%, Partei „Blühendes Armenien" 30,0%, Armenian National Congress 7,1%, Rechtsstaatspartei 5,5%, Armenisch-Revolutionäre Föderation (Daschnaken) 5,7%, Partei "Erbe" 5,8%. Dank der zusätzlich errungenen Direktmandate verfügt die Republikanische Partei über die absolute Mehrheit der Parlamentssitze (69 von 131 Sitzen), bildet aber gleichwohl eine Koalition mit der Rechtsstaatspartei. Der bisherige Koalitionspartner "Blühendes Armenien" ist in die Opposition gegangen. Ministerpräsident bleibt der parteilose ehemalige Vorsitzende der Zentralbank, Tigran Sargsyan (AA 10.2013a).

2009 hatte Ankara unter Schweizer Vermittlung und Patronanz der US-Regierung zwei Protokolle zur Normalisierung der Beziehungen mit der früheren Sowjetrepublik unterschrieben. Eine Anerkennung des Völkermords an den Armeniern machte Yerewan gar nicht erst zur Bedingung; der armenischen Regierung ging es in erster Linie um die Öffnung der Grenzen und die wirtschaftliche Entwicklung. Der türkische Staatspräsident kam gar zu einem Fußballspiel in die armenische Hauptstadt. Am Ende aber beugte sich Ankara dem Druck des Öl- und Gaslieferanten Aserbaidschan und verlangte von Armenien Zugeständnisse bei den Karabach-Verhandlungen. Die "Zürich-Protokolle" sind deshalb nicht ins türkische Parlament zur Ratifizierung gekommen (Standard 11.12.2013).

Bei den Parlamentswahlen am 6. Mai 2012 wurde die Republikanische Partei von Präsident Serge Sarkisjan stärkste Kraft. Zwar blieben die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Versammlungsfreiheit und Freizügigkeit rund um die Wahlen weitgehend uneingeschränkt, doch berichteten Wahlbeobachter, es habe massive Stimmenkäufe gegeben und auf Wähler sei Druck ausgeübt worden (AI 23.5.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (10.2013a): Reise & Sicherheit, Armenien; http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Armenien/Innenpolitik_node.html , Zugriff 14.1.2014

AI - Amnesty International (23.5.2013): Amnesty International Report 2013 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Armenia; http://www.ecoi.net/local_link/247902/374002_de.html , Zugriff 15.1.2014

CIA - Central Intelligence Agency (7.1.2014): The World Factbook, Armenia;

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/am.html , Zugriff 14.1.2014

derStandard.at (11.12.2013): Ankara drückt "Reset"-Taste für Armenienpolitik;

http://derstandard.at/1385170713334/Ankara-drueckt-Reset-Taste-fuer-Armenienpolitik , Zugriff 15.1.2014

Sicherheitslage

Kernproblem für die armenische Außenpolitik bleibt der Konflikt um Nagorny-Karabach und die in diesem Zusammenhang geschlossenen Grenzen zu Aserbaidschan und zur Türkei. Seit dem Krieg um das überwiegend von Armeniern bewohnte Gebiet Bergkarabach (1992-94) halten armenische Verbände mehr als 15% des aserbaidschanischen Staatsgebiets (Bergkarabach und sieben umliegende Provinzen) besetzt. An der Waffenstillstandslinie kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen (AA 10.2013b).

Der Territorialkonflikt um Nagorny-Karabach zwischen Armenien und Aserbeidschan bleibt sehr volatil und ist immer wieder durch Perioden von höherer bzw. niedrigerer Intensität gekennzeichnet. Eine Lösung zeichnet sich derzeit nicht ab, trotz gegenteiliger Beteuerungen seitens der Konfliktparteien. Immer wieder kommt es zu Scharmützeln und bewaffneten Auseinandersetzungen an den Grenzen der beiden Staaten auch abseits von Nagorny-Karabach. Begriffe wie "Blitzkrieg", "Präventivschlag" oder "totaler Krieg" werden dabei von beiden Seiten bemüht. Regelmäßig kommt es zu militärischen Übungen beider Länder, begleitet von entsprechender Kriegsrhetorik. Solche Aktionen dienen oft auch der Ablenkung von innenpolitischen Problemen, der Waffenstillstand bleibt so weiterhin sehr fragil, mit der Möglichkeit eines jederzeitigen Ausbruchs. Beide Seiten misstrauen den Friedensbemühungen der internationalen Gemeinschaft, insbesondere der diesen Konflikt zu lösen angetretenen "Minsk-Gruppe" der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSCE), der führend die USA, Russland und Frankreich angehören (ICG 26.9.2013).

Die Beziehungen zur Türkei sind aufgrund des von Armenien erhobenen Vorwurfs des "Völkermords" an 1,5 Mill. Armeniern im Osmanischen Reich (1915/16) schwerbelastet. Im Oktober 2009 unterzeichneten die Türkei und Armenien zwei Protokolle über die Aufnahme und Entwicklung diplomatischer Beziehungen. Die Türkei knüpfte die Ratifizierung der Protokolle allerdings nachträglich an Fortschritte bei der Lösung des Bergkarabach-Konflikts, was von Armenien strikt abgelehnt wird. Zudem belastet der türkisch-armenische Streit um die Bewertung der Ereignisse von 1915/16 den Verständigungsprozess. In der Folge suspendierte auch Armenien die Ratifizierung der Protokolle, seither ruht die offizielle Annäherung zwischen den beiden Staaten. Seit einigen Jahren gibt es allerdings eine offene Debatte und verstärkte Annäherungsbemühungen auf Ebene der beiden Zivilgesellschaften.

Wegen der regionalen Isolation Armeniens ist das Nachbarland Iran wichtiger Handelspartner und Energielieferant und stellt neben Georgien die zweite offene Grenze dar. (AA 10.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (10.2013b): Reisen & Sicherheit;

http://www.auswaertiges-amt.de/sid_602844C2569B478F606E04F12C3931FC/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Armenien/Aussenpolitik_node.html ;

Zugriff 15.1.2014

ICG - International Crisis Group (26.9.2013): Update Briefing N°71, Armenia and Azerbaijan: A Season of Risks, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1380192899_b071-armenia-and-azerbaijan-a-season-of-risks.pdf , Zugriff 17.1.2014

Regionale Problemzone Nagorny-Karabach

Trotz der seit 1994 laufenden Vermittlungsbemühungen der Ko-Vorsitzstaaten der sog. Minsk-Gruppe der OSCE (USA, Russland, Frankreich, et al.) und zahlreichen, vom russischen Präsidenten persönlich vermittelten Treffen der Präsidenten bzw. Außenminister Armeniens und Aserbaidschans ist eine Lösung des Konflikts um Bergkarabach weiterhin nicht in Sicht. Die Konfliktparteien berufen sich auf unterschiedliche völkerrechtliche Prinzipien: einerseits das Recht eines Volkes auf Selbstbestimmung, das die ethnischen Armenier für sich reklamieren; andererseits das Prinzip der territorialen Integrität, das von Aserbaidschan geltend gemacht wird (AA 10.2013b).

Armenien und Aserbaidschan wollen den Konflikt um die Region Nagorny-Karabach friedlich lösen. Das ist das Ergebnis eines Treffens der Präsidenten beider Länder im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSCE) am 19.11.2013 in Wien. Sarksjan und Aliyev waren sich einig, auf Verhandlungen für eine friedliche Beilegung des Konflikts hinzuarbeiten. In den nächsten Monaten soll ein weiteres Präsidententreffen stattfinden. In der Zwischenzeit sollen die Außenminister mit der Minsk-Gruppe der OSZE eine Intensivierung des Friedensprozesses herbeiführen. Bis Jahresende soll eine Mission der Gruppe in die Region starten (Standard 19.11.2013).

Am 3. September 2013 erklärte der armenische Präsident die Absicht seines Landes der sog. Zollunion beitreten zu wollen. Die Zollunion wurde 2010 gegründet und stellt eine Plattform für wirtschaftliche Integration zwischen Weißrussland, Kasachstan und Russland dar. Ein weiterer möglicher Beitrittskandidat zu dieser Zollunion ist auch Aserbaidschan, wodurch sich in Zukunft eventuell neue Möglichkeiten einer Lösung des Nagorny-Karabachkonflikts ergeben könnten (ETH/ISDN 28.11.2013). Als Folge dieser überraschenden Wende der armenischen Regierung wurde das mit der EU bereits fertig ausverhandelte Assoziations- und Freihandelsabkommen aufgegeben (euobserver 18.10.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (10.2013b): Reise & Sicherheit, Armenien;

http://www.auswaertiges-amt.de/sid_602844C2569B478F606E04F12C3931FC/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Armenien/Aussenpolitik_node.html ;

Zugriff 15.1.2014

derStandard.at (19.11.2013): Armenien und Aserbaidschan wollen Karabach-Konflikt friedlich lösen;

http://derstandard.at/1381373876406/Armenien-und-Aserbaidschan-wollen-Karabach-Konflikt-friedlich-loesen , Zugriff 15.1.2014

- ETH/ISDN Zürich (28.11.2013): Mediation Perspectives: Armenia and the Customs Union - Window of Opportunity for Nagorno-Karabakh? http://isnblog.ethz.ch/conflict/mediation-perspectives-armenia-and-the-customs-union-window-of-opportunity-for-nagorno-karabakh , Zugriff 15.1.2014

euobserver.com (18.10.2013): Armenia's choice and the Eastern Partnership;

http://blogs.euobserver.com/popescu/2013/10/21/armenias-choice-and-the-eastern-partnership/ , Zugriff 15.1.2014

Rechtsschutz/Justizwesen

Im Jahr 2008 wurde das Gerichtssystem neu organisiert. Neben den spezialisierten Gerichten (Zivilrechts-, Strafrechts- und Verwaltungsgerichtshöfe) gehören auch die Gerichtshöfe der allgemeinen Rechtsprechung zur ersten Instanz. Berufungsgerichte sind der Appellationsgerichtshof für Zivilrechtssachen und jener für Strafrechtssachen. Die höchste Instanz ist der Kassationshof - ausgenommen für Verfassungsrecht, hier ist der Verfassungsgerichtshof zuständig (BAA-Analyse 31.5.2010, vgl. auch: AA 25.1.2013). Der Kreis der Antragsberechtigten vor dem Verfassungsgericht wurde im Rahmen der 2005 durchgeführten Verfassungsänderungen stark erweitert. Dies hat zur Folge, dass dort jeder Bürger in Fällen, die höchstinstanzlich entschieden wurden, antragsberechtigt ist (Art. 101 Punkt 6 der Verfassung) (AA 25.1.2013).

Die Justiz ist zwar offiziell unabhängig, Gerichte unterliegen aber weiterhin politischem Druck der Exekutive, sowie der Erwartung, dass Richter einen Angeklagten in fast allen Fällen für schuldig befinden. Dies schränkt das Recht auf einen fairen Prozess teilweise ein. UNHCR berichtete 2011, dass der Kampf der Regierung gegen die Korruption auch negative Auswirkungen auf die Unabhängigkeit der Richter habe, da diese aus Angst, als korrupt eingestuft zu werden, strengere Strafen verhängten. Ein Justizrat ist für die Ernennung und Entlassung von Richtern zuständig. Dieser kann Richter wegen des Delikts eines Justizirrtums auch dann anklagen, wenn gegen das Ersturteil kein Einspruch erhoben wurde. Verfahren erfüllten üblicherweise die meisten Standards für Fairness, jedoch waren sie der Sache nach oft unfair, da viele Richter sich veranlasst sehen, gemeinsam mit den Staatsanwälten Verurteilungen zu erwirken.

Angeklagte, Strafverteidiger und die geschädigte Partei haben das Recht, gegen ein Gerichtsurteil in Berufung zu gehen. Es gibt keine Geschworenengerichtsbarkeit, ein Einzelrichter entscheidet in allen Gerichtsverfahren, außer bei Verbrechen, die mit lebenslanger Haftstrafe bedroht sind. Angeklagte haben das Recht, eine Rechtsberatung zu beanspruchen, der Staat ist verpflichtet, auf Antrag einen Verteidiger zur Verfügung zu stellen. Außerhalb Yerewans wurde diese Verpflichtung aufgrund des Mangels an Verteidigern oft nicht eingehalten (USDOS 19.4.2013).

Die Justizblieb blieb weiterhin unter starkem Einfluss der Exekutive. Mitte 2012 führte die Regierung eine große Exekutiv- und Strafjustizreform durch, die besonders auf Effizienz, Unparteilichkeit und Transparenz abgezielt ist. Die Reformen beinhalteten dabei Änderungen zum Strafrecht, die Einführung eines Bewährungssystems, die klarere Aufteilung von Zuständigkeiten, die Reduzierung der Dauer von Gerichtsverfahren und einem gesicherten Zugang zu Verteidigern und Rechtshilfe. Als Indikator für diese Reformen soll das öffentliche Vertrauen in die Justiz ab nun zweimal im Jahr erhoben werden. Bis zum Dezember 2012 wurden folgende Komponenten der Reform umgesetzt: ein neues Ausbildungs- und Ernennungssystem für Richter, ein neues Strafgesetzbuch, Untersuchungen über langsame Verfahren und Ergänzungen zum Verwaltungsverfahrensgesetz (FH 18.6.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

FH - Freedom House (18.6.2013): Nations in Transit 2013 - Armenia, http://www.ecoi.net/file_upload/3256_1371628253_nit13-armenia-3rdproof.pdf , Zugriff 17.1.2014

US DOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/245168/355092_en.html , Zugriff 17.1.2014

Sicherheitsbehörden

Die Polizei ist, ebenso wie der Nationale Sicherheitsdienst (NSD), direkt der Regierung unterstellt. Allein der Präsident hat die Befugnis, die Leiter beider Behörden zu ernennen. Die Aufgaben beider Organe sind voneinander abgegrenzt: so ist für die Wahrung der nationalen Sicherheit sowie für Nachrichtendienst und Grenzschutz der Nationale Sicherheitsdienst zuständig, dessen Beamte auch Verhaftungen durchführen dürfen. Hin und wieder treten aber Kompetenzstreitigkeiten auf, z.B. wenn ein vom NSD verhafteter Verdächtiger ebenfalls von der Polizei gesucht wird.

Der Polizeichef füllt in Personalunion die Funktion des Innenministers aus. Ein Innenministerium gibt es nicht mehr. Das Fehlen der politischen Instanz wird damit begründet, dass damit eine "Politisierung" der Sicherheitsorgane verhindert werden soll.

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Angehörige der Sicherheitsbehörden in Einzelfällen ihre Machtposition in privaten Streitigkeiten ausnutzen (AA 25.1.2013).

Der Polizei und dem NSD mangelt es an Ausbildung, Ressourcen und an Strukturen zur Vorbeugung von Misshandlungsfällen. Straffreiheit bleibt weiterhin ein Problem und es gibt keinen unabhängigen Mechanismus für Untersuchungen von Übergriffen durch die Polizei. Bürger können die Polizei vor Gericht in eingeschränktem Ausmaß anklagen. Korruption bei der Polizei bleibt weiterhin ein Problem, es wurden jedoch Maßnahmen gegen einige Polizeibeamte gesetzt. Zum Beispiel wurde der ehemalige Chef der Generaldirektion für strafrechtliche Untersuchungen wegen Machtmissbrauch zu vier Jahren Haft verurteilt. Der ehemalige Chef der Verkehrspolizei wurde aufgrund von Machtmissbrauch, schwerem Diebstahl und Veruntreuung zu sechs Jahren Haft verurteilt (US DOS 19.4.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

US DOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/245168/355092_en.html , Zugriff 17.1.2014

Folter und unmenschliche Behandlung

Die Verfassung verbietet die Anwendung von Folter. Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass systematisch Folter praktiziert wird. Menschenrechtsorganisationen berichten aber immer wieder glaubwürdig von Fällen, in denen es bei Verhaftungen oder Verhören zu Folterungen gekommen sein soll. (AA 25.1.2013) Die meisten Fälle von Misshandlungen kamen in den Polizeistationen vor, die nicht unter öffentlicher Beobachtung standen, und nicht in Gefängnissen oder Hafteinrichtungen der Polizei, die solcher Beobachtung unterliegen (US DOS 19.4.2013).

Folteropfer können den Rechtsweg nutzen, einschließlich der Möglichkeit, sich an den Verfassungsgerichtshof bzw. den EGMR zu wenden. Abgesehen davon gibt es allerdings keinen Mechanismus, Folterverdachtsfälle gegenüber Beamten zu untersuchen, da beispielsweise Dienstaufsichtsbeschwerden nicht vorgesehen sind. Betroffene beschweren sich nur selten, weil sie Repressalien befürchten (AA 25.1.2013).

Die armenische Gesetzgebung bezüglich der Kriminalisierung von Folter stellt insofern ein Problem dar, als sie nicht konform mit der Definition von Folter, festgelegt in der UN-Konvention gegen Folter, geht. Die armenischen Gesetze kennen diesbezüglich nur Bestimmungen, die auf Folterhandlungen ausschließlich begangen von Individuen im privaten Bereich reflektieren. Entsprechend wurde bisher kein öffentlich Bediensteter in Armenien wegen Folter angeklagt oder verurteilt (EC 20.3.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

EC - European Commission (20.3.2013): Implementation of the European Neighbourhood Policy in Armenia Progress in 2012 and recommendations for action,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1364315499_2013-progress-report-armenia-en.pdf , Zugriff 17.1.2014

US DOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/245168/355092_en.html , Zugriff 17.1.2014

Korruption

Korruption bis in die höchsten Instanzen ist weiterhin ein sehr verbreitetes Problem. So sind beispielsweise bei öffentlichen Ausschreibungen sogenannte "Kickback"-Zahlungen an die ausschreibenden Behörden üblich, um Aufträge zu erhalten. Präsident Sargsyan hat die eigene Regierung im September 2012 öffentlich für ihre Tatenlosigkeit gegenüber der Korruption scharf kritisiert, was ihm jedoch als Wahlkampftaktik ausgelegt wurde (AA 25.1.2013).

Die 2011 und 2012 eingeführten Antikorruptionsmaßnahmen haben zwar zu Verbesserungen geführt, ein Durchbruch war aber 2012 nicht ersichtlich. Die Korruption sinkt langsam, doch unterminieren Korruptionsanschuldigungen bei staatlichen Institutionen das öffentliche Vertrauen in den Staat. Die 2012 angenommenen Gesetze reduzieren das Risiko von Korruption, es mangelt jedoch an der Umsetzung. Der Bericht der Staatengruppe gegen Korruption (Council of Europe Group of States against Corruption - GRECO) vom Dezember 2012 fiel in Bezug auf Einführung von Empfehlungen positiv aus, da Armenien 16 von 19 Empfehlungen der Staatengruppe zufriedenstellend eingeführt hat. Positiv hervorzuheben ist die Einführung einer "e-payment" Homepage, um die Kosten der Serviceleistungen zu reduzieren und den Umgang mit Bargeld von öffentlich Bediensteten zu minimieren (FH 18.6.2013, vgl. auch: EC 20.3.2013).

Auf dem Korruptionswahrnehmungsindex 2013 verbesserte sich Armenien von Platz 105 im Jahre 2012 auf Platz 94 von insgesamt 175 untersuchten Staaten (TI 2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

EC - European Commission (20.3.2013): Implementation of the European Neighbourhood Policy in Armenia Progress in 2012 and recommendations for action,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1364315499_2013-progress-report-armenia-en.pdf , Zugriff 17.1.2014

FH - Freedom House (18.6.2013): Nations in Transit 2013 - Armenia, http://www.ecoi.net/file_upload/3256_1371628253_nit13-armenia-3rdproof.pdf , Zugriff 17.1.2014

TI - Transparency International (2013): Corruption Perceptions Index 2013, http://cpi.transparency.org/cpi2013/results/ , Zugriff 27.1.2014

Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen und Nichtregierungsorganisationen (wie Helsinki Committee, Yerevan Press Club, Transparency International) sind registriert. Es gibt keine Berichte darüber, dass die Registrierung einer Menschenrechts- oder einer politischen Organisation abgelehnt wurde. Die Menschenrechtsorganisationen haben Zugang zu Medien, Behörden und Vertretern internationaler Organisationen.

Die Arbeit der NGOs, die sich mit Themen wie Medien, Versammlungs- und Meinungsfreiheit oder Korruption beschäftigen, wird seitens der Exekutive nicht unterstützt. Gelegentlich werden Fälle bekannt, in denen NGOs behindert werden. So wird immer wieder berichtet, dass Menschenrechtsorganisationen der Zugang zu verwertbaren Informationen und Zahlen seitens der Behörden und Regierung erschwert wird (AA 25.1.2013, vgl. auch US DOS 19.4.2013).

Die Hilfeleistungen aller NGOs werden durch unterschiedlichste Projekte, aber auch direkte humanitäre Hilfe erbracht. Als Beispiele hierfür seien die Verteilung von Kleidung, Schuhen, Nahrungsmitteln, etc. angeführt. Weiter sind Fortbildungsmaßnahmen zu nennen, wie zum Beispiel Fremdsprachen- oder Computerkurse. Um die Nachhaltigkeit der Hilfe zu sichern gibt es auch spezielle Existenzaufbauprogramme, die den Menschen Möglichkeiten zur Einkommensgenerierung bieten und somit die Selbstständigkeit und das Selbstbewusstsein der Betroffenen wieder heben (siehe Kapitel 22 Grundversorgung/Wirtschaft) (BAA-Analysen 26.8.2010).

In Armenien gibt es eine Vielzahl von nationalen und internationalen Menschenrechtsorganisationen, deren Tätigkeit offiziell keinen Einschränkungen durch staatliche Organe unterliegt. Nationale und ethnische Minderheiten sind integriert und im Rat der Nationalen Minderheiten organisiert (AA 10.2013a).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

AA - Auswärtiges Amt (10.2013a). Reise & Sicherheit, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Armenien/Innenpolitik_node.html , Zugriff 16.1.2014

BAA-Analysen der Staatendokumentation (26.8.2010): Frauen in Armenien - Versorgungsmöglichkeiten nach Rückkehr

US DOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/245168/355092_en.html , Zugriff 17.1.2014

Ombudsmann

Jedes Individuum, ungeachtet seiner ethnischen Herkunft, Geschlecht, Staatsbürgerschaft, Wohnort, Rasse, Alter, politischer oder anderer Zugehörigkeit und Tätigkeiten, kann eine Beschwerde einbringen. Der Ombudsmann kann ohne Einschränkungen jegliche öffentliche Einrichtung oder Organisation besuchen (z.B. militärische Einheiten, Justizvollzugsanstalten, Untersuchungshafteinrichtungen und Strafanstalten) und er kann notwendigen Unterlagen, Dokumente und Erklärungen von jeglicher (staatlicher oder lokal verwalteter) Einrichtung, die mit einem Fall in Zusammenhang stehen, verlangen.

Der Ombudsmann kann auch selbstständig tätig werden, wenn ihm Informationen über massive Verletzungen der Grund- und/oder Menschenrechte vorliegen, Themen von herausragender sozialer Wichtigkeit, oder auch Verletzungen von Rechten von Personen, die nicht selbst tätig werden können (BAA-Analysen 31.5.2010).

Neben der Zentrale in Yerewan gibt es sechs weitere regionale Büros in den Regionen Schirak, Gyumri, Gegharqunik, Vayots Dzor, Syunik, Tavush und Lori. Ebenso ist eine Hotline verfügbar (HRD o.D.).

Quellen:

BAA-Analysen der Staatendokumentation (31.5.2010): Justizsystem in Armenien

HRD - Human Rights Defender of the Republic of Armenia (o.D.):

offizielle Homepage, http://ombuds.am/en/guards/browse , Zugriff 17.1.2014

Wehrdienst

Männer armenischer Staatsangehörigkeit unterliegen vom 18. bis zum 27. Lebensjahr der allgemeinen Wehrpflicht (24 Monate) (AA 25.1.2013, vgl. auch CIA 7.1.2014). Die Einberufung von Wehrdienstleistenden wird jeweils im Frühjahr und im Herbst auf der Basis eines Dekrets des Präsidenten nebst Regierungserlass durchgeführt. Es besteht die Möglichkeit der Rückstellung aus sozialen Gründen (z.B. Hochschulstudium, pflegebedürftige Eltern, zwei Kinder oder mehr), die in Armenien beantragt werden muss. Die Einberufung zu jährlichen Reserveübungen ist möglich. Männliche Armenier ab 16 Jahren sind zur Wehrregistrierung verpflichtet. Sofern sie sich im Ausland aufhalten und sich nicht vor dem Erreichen des 16. Lebensjahres aus Armenien abgemeldet haben, müssen sie zur Musterung nach Armenien zurückkehren; andernfalls darf ihnen kein Reisepass ausgestellt werden. Nach der Musterung kann die Rückkehr ins Ausland erfolgen. Ab dem 18. Lebensjahr muss entweder der Wehrdienst abgeleistet werden oder eine Rückstellung erfolgen (AA 25.1.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

CIA - Central Intelligence Agency (7.1.2014): The World Factbook, Armenia,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/am.html , Zugriff 20.1.2014

Wehrersatzdienst

Armenien hätte mit Jänner 2004 die Möglichkeit der Ableistung einer zivilen Alternative zur verpflichtenden Wehrdienstleistung einführen sollen. Neun Jahre später wurde nun dieser mit Ratifizierung der Menschenrechtskonvention eingegangenen Verpflichtung durch Änderungen der Gesetze des Wehrersatzdienstes und des Gesetzes über die Implementierung des Strafgesetzbuches Rechnung getragen und sind mit 8.6.2013 in Kraft getreten. Es gibt nun zwei Arten von Ersatzdienst, einen 30 monatigen militärischen Ersatzdienst, jedoch ohne jegliche Ausbildung an der Waffe und einen 36 monatigen alternativen Arbeitsdienst, der nicht in Verbindung mit den Streitkräften steht. Dieser alternative Arbeitsdienst steht allen jungen wehrpflichtigen Männern, die aus Gewissensgründen keinen Militärdienst leisten wollen offen, egal ob sie religiös sind oder nicht (Forum 18 6.6.2013).

Armeniens' Zeugen Jehovas begrüßten die Freilassung aller 71 wegen Wehrdienstverweigerung inhaftierten Personen und deren gleichzeitige Anerkennung ihrer Ansuchen zum Wehrersatzdienst. Zum ersten Mal seit 1993 sind nun keine Zeugen Jehovas wegen Wehrdienstverweigerung in Haft (Forum 18 28.11.2013).

Quellen:

Forum 18 (6.6.2013): Armenia: New legal amendments to end conscientious objector jailings?

http://www.ecoi.net/local_link/251278/375612_de.html , Zugriff 17.1.2014

Forum 18 (28.11.2013): Armenia: Jailed conscientious objectors freed - but alternative service applications missing?

http://www.ecoi.net/local_link/264185/390714_de.html , Zugriff 17.1.2014

Wehrdienstverweigerung / Desertion

Wehrpflichtige, die sich zunächst ihrer Wehrpflicht entzogen haben, müssen trotz vorhandener Strafvorschriften grundsätzlich nicht mit einer Bestrafung rechnen, wenn sie sich nach Rückkehr bei der zuständigen Einberufungsbehörde melden. Auch bereits eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen Wehrdienstentzugs werden in solchen Fällen eingestellt. Zudem gibt es Amnestien, zuletzt 2001. Männer über 27 Jahre, die sich der Wehrpflicht entzogen haben, können gegen Zahlung einer Geldbuße die Einstellung der strafrechtlichen Verfolgung erreichen (AA 25.1.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

Forum 18 (28.11.2013): Armenia: Jailed conscientious objectors freed - but alternative service applications missing?

http://www.ecoi.net/local_link/264185/390714_de.html , Zugriff 17.1.2014

Allgemeine Menschenrechtslage

Auf der Grundlage von Empfehlungen des Europarats erarbeitete die armenische Regierung einige Gesetzesänderungen, um einen besseren Schutz der Menschenrechte zu gewährleisten. So wurden das Versammlungsrecht reformiert und Änderungen des Strafgesetzbuches verabschiedet. Das Versammlungsgesetz, das Medien- und das Wahlgesetz wurden neu formuliert, um den von der Venedig-Kommission (Europäische Kommission für Demokratie durch Recht) sowie Experten des Europarates und der OSZE ausgesprochenen Empfehlungen nachzukommen. Durch weitere Reformen im Justizsektor soll die Unabhängigkeit der Judikative gestärkt werden (AA 10.2013a).

Die Verfassung enthält einen ausführlichen Grundrechtsteil modernen Zuschnitts (Art. 8; 14-43), der auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte einschließt. Durch die 2005 erfolgten Verfassungsänderungen wurden die Grundrechte weiter gestärkt. Eine wichtige Neuerung war Art. 3 Abs. 1, der bestimmt, dass der Mensch, seine Würde, die Grundrechte und Freiheiten die höchsten Werte sind. Allerdings bestehen erhebliche Einschränkungsmöglichkeiten (Art. 44 bis 46), insbesondere durch den Präsidenten, dem die Verfassung weitgehende Vollmachten (Notverordnungsrecht nach Art. 55 Abs. 14) einräumt. Armenien ist an zahlreiche internationale Übereinkommen auf dem Gebiet der Menschenrechte gebunden (AA 25.1.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

AA - Auswärtiges Amt (10.2013a). Reise & Sicherheit, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Armenien/Innenpolitik_node.html , Zugriff 16.1.2014

Meinungs- und Pressefreiheit

Das Recht auf freie Meinungsäußerung war 2012 weitgehend uneingeschränkt. Doch mussten Personen, deren Äußerungen als unpatriotisch oder anti-nationalistisch wahrgenommen wurden, mit feindseligen und teilweise gewalttätigen Reaktionen der Öffentlichkeit rechnen. In einigen Fällen schien es, als würden Polizei und lokale Behörden diese Angriffe insgeheim unterstützen. Zudem versäumten sie es, die Vorfälle gründlich zu untersuchen und die Taten öffentlich und entschieden zu verurteilen (AI 23.5.2013).

Art. 27 der Verfassung schützt die Freiheit der Meinung, Information, Medien und anderer Informationsmittel. Es gibt offiziell keine Zensur; viele Journalistinnen und Journalisten neigen aber zur Selbstzensur. Üble Nachrede und Verleumdung werden nach einer Gesetzesänderung nicht mehr strafrechtlich verfolgt. Damit wurde eine langjährige Forderung der internationalen Gemeinschaft umgesetzt. Betroffenen steht stattdessen der zivilrechtliche Klageweg offen. Die Zahl der zivilrechtlichen Klagen gegen Medien und Journalisten hat in der Folge stark zugenommen, und es ergingen eine Reihe unverhältnismäßig hoher Geldstrafen.

Im November 2011 erklärte das durch den Ombudsmann angerufene Verfassungsgericht das Gesetz für verfassungskonform, wies gleichzeitig aber die unteren Instanzen an, künftig mit Verleumdungsklagen sorgsamer umzugehen und drakonische Strafen gegen Medien grundsätzlich zu vermeiden. Zudem betonte das Gericht, dass Medien nicht für eine kritische Beurteilung von Fakten und bewertende Einschätzungen haftbar gemacht werden könnten.

Die körperliche Unversehrtheit der Journalisten und die freie Ausübung ihres Berufes sind nicht immer gewährleistet, auch gibt es immer wieder Berichte von Presse, NGOs und des Ombudsmannes über staatliche Schikanen gegen Journalisten. Dabei handelt es sich z.B. um tätliche Angriffe gegenüber Journalisten bzw. deren Arbeitsbehinderung vor Ort (AA 25.1.2013, vgl. auch: HRW 31.1.2014).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

AI - Amnesty International (23.5.2013): Amnesty International Report 2013 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/247902/374002_de.html , Zugriff 16.1.2014

HRW - Human Rights Watch (21.1.2014): World Report 2014 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/267721/395085_de.html , Zugriff 27.1.2014

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit / Opposition

Hinsichtlich des Rechts auf Versammlungsfreiheit gab es eine Reihe von Verbesserungen. Das Verbot öffentlicher Versammlungen auf dem Freiheitsplatz von Yerewan wurde aufgehoben. Der Platz war nach den Zusammenstößen im März 2008 für Demonstrationen gesperrt worden. Die Venedig-Kommission des Europarats bewertete das neue Gesetz zur Versammlungsfreiheit und befand, es entspreche weitgehend den internationalen Standards. Einige Bedenken blieben jedoch bestehen. So beanstandete die Kommission das pauschale Verbot aller Versammlungen in der Nähe des Amtssitzes des Präsidenten, des Parlaments und der Gerichte. Darüber hinaus monierte die Kommission, dass die Paragraphen, mit denen Versammlungen verboten wurden, die einen gewaltsamen Umsturz der verfassungsmäßigen Ordnung anstrebten oder zu rassistischem, ethnischem und religiösem Hass oder zu Gewalt aufriefen, zu weit gefasst seien (AI 24.5.2012).

Die Verfassung und Gesetze gewähren Versammlungsfreiheit und die Regierung respektierte im Allgemeinen dieses Recht. Dennoch gab es Berichte über die Behinderung von Versammlungen oppositioneller Bewegungen und die Bevorzugung von Proregierungsorganisationen durch lokale Behörden im Vorfeld der Parlamentswahlen 2012. Auch kam es zu Zwangsverpflichtungen von Beamten und Studenten sich an politischen Proregierungskundgebungen zu beteiligen.

Das Recht auf Bildung von Vereinen und anderen Zusammenschlüssen wird mit Ausnahme für Militär- und Polizeipersonal grundsätzlich gewährt (US DOS 19.4.2013).

Quellen:

AI - Amnesty International (24.5.2012): Amnesty International Report 2012 - The State of the World's Human Rights, http://www.ecoi.net/local_link/217384/325009_en.html , Zugriff 16.1.2014

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/245168/355092_en.html , Zugriff 16.1.2014

Opposition

Die meisten politischen Parteien werden durch hohe Regierungsbeamte oder andere mächtige Persönlichkeiten beherrscht und sind nicht demokratisch aufgebaut. Zudem agieren die bekannteren Parteipolitiker gleichzeitig als Geschäftsleute. Die Parteien leiden an internen Unstimmigkeiten oder Teilungen und haben oft kein klares inhaltliches Profil, weswegen sie für weite Teile der Bevölkerung uninteressant sind. Die Opposition besteht aus dem Bündnis Armenian National Congress, Daschnakzutiun (Armenische Revolutionäre Föderation, ARF) und der Erbe-Partei. Die Partei Bargavach Hayastan ("Blühendes Armenien") ging in die "konstruktive" Opposition. Es gibt immer wieder belastbare Berichte in der Presse und von NGOs über Behinderungen und Ungleichbehandlungen der Oppositionsparteien durch die Behörden, z.B. bei Demonstrationen oder Wahlen. Im Vorfeld und während des Präsidentschaftswahlkampfes war regelmäßig zu beobachten, dass ihr Zugang zu den Medien, ebenso wie die Ausübung der Versammlungsfreiheit, stärker eingeschränkt war. Demonstrationen der Opposition werden wieder regelmäßig genehmigt (AA 25.1.2013, vgl. auch: US DOS 19.4.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

US DOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/245168/355092_en.html , Zugriff 16.1.2014

Haftbedingungen

Die Haftbedingungen entsprechen nicht westeuropäischen Standards; insbesondere bestehen Probleme mit den hygienischen Bedingungen, mit der Überbelegung der Gefängnisse um durchschnittlich 20% (offizielle Angaben: 8%) und der ärztlichen Versorgung der Gefangenen. Menschenrechtsorganisationen haben Zutritt zu den Gefängnissen. Die armenische Regierung versucht, das Problem mit dem Neubau einer Strafvollzugsanstalt in der Region Armawir zu beheben, die bis zu

1.500 Gefangene aufnehmen können soll (AA 25.1.2013).

Laut offizieller Statistik kamen 2012 28 Personen in Gefängnissen um, im Vergleich zu 32 im Jahr 2011. Menschenrechtsorganisationen führten dies vor allem auf schlechte bauliche Zustände, Überbelegung, Vernachlässigung bei der Versorgung von Inhaftierten und auf Selbstmorde zurück (US DOS 19.4.2013).

Armenien unternahm einiges, um die Haftbedingungen zu verbessern, vor allem in den Bereichen Renovierung und Neubau von Haftanstalten. Die Probleme in Bezug auf Überbelegung, zu wenig Personal, unzureichende Essensrationen und Gesundheitsversorgung bleiben jedoch bestehen (EC 20.3.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

EC - European Commission (20.3.2013): Implementation of the European Neighbourhood Policy in Armenia Progress in 2012 and recommendations for action,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1364315499_2013-progress-report-armenia-en.pdf , Zugriff 17.1.2014

US DOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/245168/355092_en.html , Zugriff 17.1.2014

Todesstrafe

Armenien hat im September 2003 das 6. Protokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention ratifiziert. Die Todesstrafe ist damit abgeschafft; dies ist in Art. 15 der Verfassung verankert (AA 25.1.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

Religionsfreiheit

Die Religionsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert (Art. 26) und darf nur durch Gesetz und nur soweit eingeschränkt werden, wie dies für den Schutz der staatlichen und öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral notwendig ist (Art. 26, 44 der Verfassung) (AA 25.1.2013).

Die Religionsfreiheit wird im Allgemeinen respektiert, wenngleich die dominierende Armenisch-Apostolische Kirche bestimmte Privilegien genießt. Beispielsweise darf sie in Krankenhäusern, Waisenhäusern, Internaten, Militäreinheiten und Gefängnissen permanente Vertreter haben. Andere Gruppen dürfen dies nur auf Antrag. Angehörige religiöser Minderheiten sehen sich manchmal mit gesellschaftlichen Schikanen konfrontiert (FH 1.2013, vgl. auch: US DOS 20.5.2013).

Das Gesetz verbietet so genanntes nicht näher definiertes "soul hunting", was Proselytismus und erzwungene Konversion beschreibt. Diese Bestimmung betrifft alle Gruppen, auch die Armenisch-Apostolische Kirche (US DOS 20.5.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

FH - Freedom House (1.2013): Freedom in the World 2013 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/243032/366397_de.html , Zugriff 20.1.2014

US DOS - U.S. Department of State (20.5.2013): International Religious Freedom Report 2012 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/247580/371166_de.html , Zugriff 20.1.2014

Religiöse Gruppen

Ungefähr 90% der Bevölkerung gehören der Armenisch-Apostolischen Kirche an. Es gibt kleine Gemeinschaften anderer religiöser Gruppen, unter anderem: Römisch-Katholische, Armenisch-Unierte (Mechitaristen), Orthodoxe Christen, Armenisch-Evangelikale Christen, Molokanen, Pfingstkirchler, Siebenten-Tags-Adventisten, Baptisten, diverse charismatische Christen, Zeugen Jehovas, Mormonen, Jesiden, Juden und Muslime. Jesiden leben vor allem in landwirtschaftlichen Gebieten rund um den Berg Aragats, nordwestlich von Jerewan. Armenische Katholiken leben vorwiegend im Norden, die meisten Juden, Mormonen und orthodoxen Christen leben in Jerewan, ebenso wie kleine Gemeinden von Muslimen (US DOS 20.5.2013).

Die Armenische-Apostolische Kirche hat quasi den Status einer Staatskirche und nimmt eine faktisch privilegierte Stellung ein. In der Verfassung verankert, ist sie zwar formell anderen kirchlichen Organisationen gleichgestellt, allerdings genießt der Katholikos, das Oberhaupt der Kirche, besonderes Gehör bei Regierung und Bevölkerung. Religiöse Organisationen mit mindestens 200 Anhängern können sich amtlich registrieren lassen und dürfen dann Zeitungen und Zeitschriften mit einer Auflage von mehr als 1.000 Exemplaren veröffentlichen, regierungseigene Gelände (z.B. den "Platz der Republik" in Jerewan) mieten, Fernseh- oder Radioprogramme senden und als Organisation Besucher aus dem Ausland einladen (AA 25.1.2013, vgl. auch: US DOS 20.5.2013).

Muslime leben vor allem in Jerewan. Sie können ihren Glauben frei ausüben (AA 25.1.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

US DOS - U.S. Department of State (20.5.2013): International Religious Freedom Report 2012 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/247580/371166_de.html ; Zugriff 20.1.2014

Jesiden

Die Verfassung garantiert nationalen Minderheiten das Recht, ihre kulturellen Traditionen und ihre Sprache zu bewahren, in der sie studieren und veröffentlichen dürfen. Zugleich verpflichtet ein Gesetz alle Kinder zu einer Schulausbildung in armenischer Sprache. So wird an einigen armenischen Schulen in jesidischen Gegenden (derzeit in 23 Dörfern) auch Unterricht in Jesidisch erteilt. Die hierfür seit 2005 vorhandenen Lehrbücher beziehen sich auf die jesidische Sprache und Literatur, stehen allerdings nur für die Jahrgangsstufen 1-6 zur Verfügung (AA 25.1.2013, vgl. auch FH 1.2013).

Angehörige der jesidischen Minderheit berichten zwar immer wieder über Diskriminierungen, aber weder Jesiden noch andere Minderheiten sind Ziel systematischer und zielgerichteter staatlicher Repressionen (AA 25.1.2013, vgl. auch: BAA-Analysen 26.8.2009).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

BAA-Analysen der Staatendokumentation (26.8.2009): Jesiden in Armenien

FH - Freedom House (1.2013): Freedom in the World 2013 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/243032/366397_de.html ,; Zugriff

20.1.201

Zeugen Jehovas

Das Gesetz verbietet zwar Bekehrungen durch religiöse Minderheiten; missionarisch aktive Glaubensgemeinschaften wie die Zeugen Jehovas oder die Mormonen sind jedoch tätig und werden nicht staatlich behindert. Dies wird von offiziellen Vertretern der Zeugen Jehovas bestätigt; im Zusammenhang mit geplanten Veranstaltungen ihrer Glaubensgemeinschaft gibt es jedoch Berichte, wonach die Mietverträge gelegentlich kurzfristig gekündigt werden (AA 25.1.2013, vgl. auch Kapitel 10.2).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

Forum 18 (28.11.2013): Armenia: Jailed conscientious objectors freed - but alternative service applications missing?

http://www.ecoi.net/local_link/264185/390714_de.html , Zugriff 17.1.2014

Ethnische Minderheiten

Von den etwa 3. Mill. Einwohnern sind etwa 97,9% Armenier, 1,3% Jesiden, 0,5% Russen und 0,3% andere (CIA 7.1.2014). Die Verfassung verbietet Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Rasse, Behinderung, Sprache oder sozialem Status, jedoch setzte die Regierung dies nicht immer effektiv durch (US DOS 19.4.2013).

Im neuesten Fortschrittsbericht der Europäischen Kommission werden die nationalen Minderheiten nur mehr im Zuge eines Projektes mit diversen kulturellen Gruppen zur Gleichbehandlung von nationalen Minderheiten erwähnt (EC 20.3.2013).

Quellen:

CIA - Central Intelligence Agency (7.1.2014): The World Factbook, Armenia;

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/am.html , Zugriff 20.1.2014

EC - European Commission (20.3.2013): Implementation of the European Neighbourhood Policy in Armenia Progress in 2012 and recommendations for action,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1364315499_2013-progress-report-armenia-en.pdf , Zugriff 17.1.2014

US DOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Reports on Human Rights Practices 2012 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/245168/368615_de.html ; Zugriff 20.1.2014

Interethnische Ehen

Heute leben nur wenige aserbaidschanische Volkszugehörige in Armenien, meist Ehepartner von Armeniern, Abkömmlinge gemischter Ehen oder alte Menschen. Alle besitzen die armenische Staatsangehörigkeit; die Mehrzahl hat auch armenische Familiennamen angenommen. Glaubhafte Berichte über staatliche Repressionen liegen nicht vor. Es gibt keine aktuellen Daten, wie viele Personen dieser Gruppe zuzurechnen sind, in den 1990er Jahren ging man von einigen Hundert aus. In den letzten zehn Jahren gab es weder Berichte von staatlichen Behörden noch von Nichtregierungsorganisationen über Verfolgung oder tätliche Übergriffe gegenüber Aseris in Armenien (AA 25.1.2013, vgl. auch: BAA-Analyse 6.4.2012).

Schon im Jahr 2007 wurde im Bericht des Bundesasylamtes zur Fact Finding Mission geschildert, dass keine Problemstellungen für aserisch-stämmige Personen bekannt geworden sind und dieses Thema schon damals an Aktualität verloren hatte. Aufgrund der Quellenlage ist es sehr unwahrscheinlich, dass aserisch-stämmige Personen, z.B. Kinder aus interethnischen Ehen systematische Diskriminierung erleiden müssten (BAA-Analyse 6.4.2012, vgl. auch: BAA-FFM 11.2007).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

BAA-Analysen der Staatendokumentation (6.4.2012): Situation von gemischtethnischen Paaren in Armenien - Aktualisierung

BAA-FFM (11.2007): Bericht zur Fact Finding Mission Armenien, Georgien, Aserbaidschan

Bewegungsfreiheit

Aufgrund des zentralistischen Staatsaufbaus der geringen territorialen Ausdehnung gibt es kaum Ausweichmöglichkeiten gegenüber zentralen Behörden. Bei Problemen mit lokalen Behörden oder mit Dritten kann jedoch ein Umzug Abhilfe schaffen (AA 25.1.2013). Das Gesetz sieht die Bewegungsfreiheit im Land, Auslandsreisen, Emigration und Repatriierung vor, es gab jedoch Einschränkungen vor allem im Zusammenhang mit Reisen zu oppositionellen Kundgebungen in der Hauptstadt. Um das Land vorübergehend oder dauerhaft zu verlassen, müssen sich Bürger eine Ausreisebewilligung besorgen. Ausreisebewilligungen für vorübergehende Reisen werden üblicherweise innerhalb eines Tages ausgestellt zum Preis von 1.000 Dram (ca. 2,46 USD) pro Gültigkeitsjahr (US DOS 19.4.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

US DOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Reports on Human Rights Practices 2012 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/245168/368615_de.html ; Zugriff 22.1.2014

Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge

Während des Nagorny-Karabach Konfliktes wurden ca. 65.000 Haushalte aus der Grenzregion evakuiert. Die meisten dieser Personen konnten in ihre Häuser zurückkehren, oder ließen sich woanders nieder. Die Behörden arbeiteten mit dem Büro von UNHCR und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Flüchtlingen, Rückkehrern, Asylwerbern, Staatenlosen und anderen betroffenen Personen Schutz und Hilfe bereitzustellen. Während eines Aufenthaltes im September 2010 in Armenien stellte der UN-Vertreter für Menschenrechte von IDPs einen Mangel an adäquaten Unterkünften und eingeschränkte wirtschaftliche Möglichkeiten fest (US DOS 19.4.2013).

Die Regierung der Republik Armenien verabschiedete am 14. Dezember 2000 ein Programm

zur Schaffung von Wohnraum für Flüchtlinge aus Aserbaidschan aus den Jahren 1998-2002,

das derzeit implementiert wird (IOM 8.2013).

Quellen:

IOM - International Organization for Migration (8.2013):

Länderinformationsblatt Armenien

US DOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Reports on Human Rights Practices 2012 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/245168/368615_de.html ; Zugriff 22.1.2014

Grundversorgung/Wirtschaft

In Armenien ist ein breites Warenangebot in- und ausländischer Herkunft vorhanden. Auch umfangreiche ausländische Hilfsprogramme tragen zur Verbesserung der Lebenssituation bei. Die Gas- und Stromversorgung ist grundsätzlich gewährleistet. Ein beachtlicher Teil der Bevölkerung ist nach wie vor finanziell nicht in der Lage, seine Versorgung mit den zum Leben notwendigen Gütern ohne Unterstützung durch humanitäre Organisationen sicherzustellen. Angaben des nationalen Statistikamtes für das Jahr 2012 zufolge leben 35 % der Armenier unterhalb der Armutsgrenze (2009: 34,1 %). Ein Großteil der Bevölkerung wird finanziell und durch Warensendungen von Verwandten im Ausland unterstützt. Die wirtschaftliche Lage führt nach wie vor dazu, dass der Migrationsdruck anhält. 2010 sollen nach Angaben der armenischen Migrationsbehörde 29.900 Armenier das Land verlassen haben, darunter auch viele Hochqualifizierte (AA 25.1.2013).

Die kriegerischen Auseinandersetzungen von 1988 bis 1994 mit Aserbaidschan und die andauernde Isolation durch geschlossene Grenzen zu Aserbaidschan und der Türkei belasten die armenische Wirtschaft bis heute. Nachdem die armenische Wirtschaftsleistung 2004 wieder den Stand von 1990 erreicht hatte, traf die internationale Finanzkrise Armenien hart. 2011 war eine Erholung mit einem Wirtschaftswachstum von 4,6% zu beobachten, die sich 2012 mit einem Wachstum von 7,2% fortgesetzt hat. Nach Angaben der Zentralbank hat das Volumen der Geldtransfers der armenischen Diaspora 2012 wieder zugenommen und betrug mehr als 1,5 Mrd. USD. Die Arbeitslosenquote lag 2012 offiziell unverändert bei 7%. Die tatsächliche Arbeitslosigkeit ist jedoch erheblich höher. Sehr viele Menschen sind im informellen Sektor tätig, Einkommen werden oft nicht versteuert (AA 10.2013c).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

AA - Auswärtiges Amt (10.2013c): Reise & Sicherheit, Armenien, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Armenien/Wirtschaft_node.html , Zugriff 22.1.2014

Sozialbeihilfen

Das soziale Sicherungssystem Armeniens wird derzeit durch den Staatshaushalt (Familien-und andere Beihilfen, Pensionen für Militärbedienstete, soziale Unterstützungsprogramme sowie seit 2003 auch Sozialrenten) sowie durch die staatliche Sozialversicherung (Staatsrenten, Arbeitslosenunterstützung und Beihilfen bei vorübergehender Berufsunfähigkeit oder Schwangerschaft) finanziert. Eine Reihe von Sozialprogrammen wird wesentlich durch Spenden unterstützt. Dies gilt insbesondere für öffentliche Arbeiten und Sozialversicherungsprogramme (IOM 8.2013).

Familienbeihilfen

Als bedürftig registrierte Familien können Familiensozialhilfe erhalten, sofern die errechnete Bedürftigkeit einen von der Regierung der Republik Armenien im Jahr 2005 festgelegten (und noch immer gültigen) Schwellenwert von 34,00 Punkten überschreitet.

Einmalige Beihilfen

Können Familien gewährt werden, deren Bedürftigkeitspunktzahl unter dem Mindestschwellenwert von 34,00 (jedoch über 0) liegt. Die Entscheidung über die Bedürftigkeit einer Familie obliegt dem Sozialrat. Des Weiteren wird Familien verstorbener Soldaten eine Beihilfe in Höhe der Familiensozialhilfe gewährt. Die Anerkennung des Anspruchs der einmaligen Beihilfe wird alle drei Monate von dem Amt geprüft. Die Summe beträgt 6.000 AMD (entsprechend dem Leistungsgrundbetrag).

Kindergeld

Kindergeld wird Personen gewährt, die Kinder unter 2 Jahren versorgen. Die monatlichen Leistungen für Personen, die Kinder unter 2 Jahren versorgen, belaufen sich auf etwa 3.000 Dram.

Mutterschaftsgeld

Derzeit bestehen in Armenien drei Arten von Beihilfen in Verbindung mit Kindsgeburten. Einerseits die einmalige Mutterschaftsbeihilfe von 35.000 Dram. Darüber hinaus gibt es eine monatliche Zahlung von ca. 10.000 Dram im Monat an Personen, die ein Kind (bis zum 2. Lebensjahr) versorgen und sich in einem teilweise bezahlten Mutterschaftsurlaub befinden.. Außerdem die Schwangerschafts- und Entbindungsbeihilfe, die berufstätigen Müttern für einen Zeitraum von jeweils 70 Tagen vor und nach dem Entbindungstermin gezahlt wird. Die Höhe dieser Beihilfe entspricht dem Durchschnittsgehalt der betreffenden Person in den letzten drei Monaten vor Beginn des Mutterschaftsurlaubs (zuletzt: 55.000 Dram) (IOM 8.2013).

Senioren und Behinderte

Die sozialen Unterstützungsprogramme für Senioren und behinderte Mitbürger basieren auf den Anforderungen des Gesetzes über die soziale Absicherung behinderter Personen in Armenien. Hierzu zählen die Vorbeugung von Behinderungen, die medizinische und soziale Rehabilitation und Prothesen sowie insbesondere prothetische und orthopädische Unterstützung behinderter Personen, die Bereitstellung von Rehabilitationsmitteln und soziale Dienste für Senioren und behinderte Bürger.

Bereits personalisierte Pensionäre können einen Preisnachlass von den öffentlichen Versorgungseinrichtungen (einschließlich Preisnachlässe für Gas und Strom) fordern. Alleinstehende Pensionäre über 70 Jahre und alleinstehende behinderte Erwachsene können Pflegeleistungen beim "In-house Social Service Center for lonely old and disabled persons" (South-Western B-1 Quarter, Tel. 74-04-02) beantragen.

Alleinstehende Frauen

Alleinstehende Frauen können eine Familienbeihilfe erhalten, wenn sie die entsprechende Punktzahl erreichen. Derzeit gewährt die armenische Regierung dieser Bevölkerungsgruppe keine Sozialleistungen (IOM 8.2013).

Renten

Personen, die 63 Jahre (bei Frauen beginnt der Grundrentenanspruch mit 59) und älter sind und mindestens 5 Jahre gearbeitet haben, erhalten Anspruch auf eine Altersrente. Darüber hinaus besteht für Frauen eine Alterstabelle, nach der sich das Alter bis zur Anspruchsberechtigung pro Jahr um 6 Monate erhöht, bis das 63. Lebensjahr erreicht wurde. Personen im Alter von 55 Jahre, die 25 Jahre gearbeitet und hiervon 15 Jahre besonders schwere Arbeit geleistet haben, können eine Vorzugsrente beanspruchen. Die armenische Regierung hat eine Liste der betreffenden Positionen und Tätigkeiten veröffentlicht. Bis zum Erreichen des Rentenalters besteht eine Alterstabelle. Personen, die mindestens 35 Jahre gearbeitet haben und aufgrund einer Initiative des Arbeitgebers gekündigt wurden (mit Ausnahme bei Austritten aufgrund von Verstößen gegen Arbeitsvorschriften) und innerhalb von 30 Tagen nach dem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis bei dem zuständigen Arbeitsamt einen Antrag gestellt haben, erfüllen die Voraussetzungen um eine Rente zu erhalten. Im Fall einer Berufsunfähigkeitsrente für die Altersgruppe ab 30 Jahre muss die betreffende Person mindestens 5 Arbeitsjahre vorweisen können (IOM 8.2013).

Arbeitslosenunterstützung

Als arbeitssuchend gelten alle Personen ab 16 Jahren, die sich ungeachtet ihrer Beschäftigung bei den staatlichen Arbeitsämtern arbeitssuchend melden. Der Status des Arbeitssuchenden wird allen arbeitslosen Jobsuchern zuerkannt, die das arbeitsfähige Alter erreicht haben und keine gesetzlichen Leistungen beziehen, sofern sie mindestens 1 Jahr gearbeitet haben und sich bei dem Arbeitsamt anmelden.

Gemäß den von der armenischen Regierung vorgegebenen Verfahren kann Arbeitslosen, deren Zahlungsanspruchsfrist abgelaufen ist, sowie Arbeitssuchenden, die nicht als arbeitslos gelten und daher gemäß diesem Gesetz keinen Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung haben, finanzielle Hilfe gewährt werden. Die armenische Regierung bestimmt den Grundbetrag der Arbeitslosenunterstützung (IOM 8.2013).

Quellen:

IOM - International Organization for Migration (8.2013):

Länderinformationsblatt Armenien

Medizinische Versorgung

Die medizinische Grundversorgung ist flächendeckend gewährleistet. Das Gesetz über die kostenlose medizinische Behandlung regelt den Umfang der kostenlosen ambulanten oder stationären Behandlung bei bestimmten Krankheiten und Medikamenten sowie zusätzlich für bestimmte sozial bedürftige Gruppen (z.B. Kinder, Flüchtlinge, Invaliden). Es hängt allerdings von der Durchsetzungsfähigkeit und Eigeninitiative der Patienten ab, ob es gelingt, ihr Recht auf kostenlose Behandlung durchzusetzen. Nichtsdestotrotz ist die Qualität der medizinischen Dienstleistung weiterhin häufig von "freiwilligen Zuzahlungen" bzw. "Zuwendungen" an den behandelnden Arzt abhängig, auch bei Abschluss einer privaten Krankenversicherung. In letzter Zeit erschienen in der Presse Artikel mit Informationen über die kostenlose Behandlung; immer mehr Patienten bestehen erfolgreich auf diesem Recht. Die Behandlung in der Poliklinik des jeweiligen Wohnbezirks ist grundsätzlich kostenlos. Problematisch ist die Verfügbarkeit von Medikamenten:

Nicht immer sind alle Präparate vorhanden, obwohl viele Medikamente in Armenien in guter Qualität hergestellt und billig verkauft werden (AA 25.1.2013).

Die primäre medizinische Versorgung wird in der Regel entweder durch regionale Polikliniken oder ländliche Behandlungszentren/Feldsher-Stationen erbracht. Das Verhältnis der Ärzte zur Einwohnerzahl beträgt ein Arzt pro 1 200 bis 2 000 Einwohner und ein Kinderarzt für 700 bis 800 Kinder. Die sekundäre medizinische Versorgung wird von 37 regionalen Krankenhäusern und einigen der größeren Polikliniken mit speziellen ambulanten Diensten übernommen, während die tertiäre medizinische Versorgung größtenteils den staatlichen Krankenhäusern und einzelnen Spezialeinrichtungen in Yerewan vorbehalten ist. Darüber hinaus finden sich in der Hauptstadt sechs Kinder-und Mutterschaftskrankenhäuser. Die meisten Krankenhäuser sind staatlich. Derzeit bestehen vier private Krankenhäuser und ein teilweise privates Hospital. Des Weiteren gibt es ein privates Diagnosezentrum in Yerewan, das zu 80% im privaten Sektor aktiv ist. Ein fundamentales Problem der primären medizinischen Versorgung betrifft die Zugänglichkeit, die für einen großen Teil der Bevölkerung extrem schwierig geworden ist. Dieser Teil der Bevölkerung ist nicht in der Lage, die Gesundheitsdienste aus eigener Tasche zu bezahlen. Es wird geschätzt, dass 25% der gesamten jährlichen Kosten des Gesundheitswesens vom Staat, 15% von humanitären Hilfsorganisationen und 60% von den Patienten getragen werden (IOM 8.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

IOM - International Organization for Migration (8.2013):

Länderinformationsblatt Armenien

Behandlungsmöglichkeiten von bestimmten Krankheiten

Insulinabgabe und Dialysebehandlung erfolgen im Prinzip kostenlos:

Die Anzahl der kostenlosen Behandlungsplätze ist zwar beschränkt, aber gegen Zahlung ist eine Behandlung jederzeit möglich. Die Dialysebehandlung kostet ca. USD 50 pro Sitzung. Selbst Inhaber kostenloser Behandlungsplätze müssen aber noch in geringem Umfang zuzahlen. Derzeit ist die Dialysebehandlung in fünf Krankenhäusern in Yerewan möglich, auch in den Städten Vanadzor und Gyumri sind die Krankenhäuser entsprechend ausgestattet.

Die größeren Krankenhäuser sowie einige Krankenhäuser in den Regionen verfügen über psychiatrische Abteilungen und Fachpersonal. Die technischen Untersuchungsmöglichkeiten haben sich durch neue Geräte verbessert. Die Behandlung von posttraumatischem Belastungssyndrom (PTBS) und Depressionen ist auf gutem Standard gewährleistet und erfolgt kostenlos (AA 25.1.2013).

Die öffentlichen Sozialpflegedienste in Armenien sind sehr begrenzt. Der private Sektor ist an der Erbringung dieser Leistungen nicht beteiligt. Es gibt nur ein einziges Krankenhaus für geistig und körperlich behinderte Menschen und keine Pflegeheime für Patienten, die eine dauerhafte, langfristige Betreuung benötigen. Es gibt keine Vorkehrungen für eine langfristige Aufnahme von Patienten mit chronischen Erkrankungen und keine Tagespflegeeinrichtungen für Patientengruppen mit speziellen Bedürfnissen und ebenfalls kein Sozialarbeiternetzwerk. Es gibt 7 regionale psychiatrische Kliniken, die lediglich eine langfristige Aufnahme von Patienten mit chronischen Erkrankungen bei nur geringer medizinischer Versorgung bieten.

Medizinisch-soziale Einrichtungen des Ministeriums für Arbeit und Soziales:

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

IOM - International Organization for Migration (8.2013):

Länderinformationsblatt Armenien

Behandlung nach Rückkehr

Rückkehrer werden nach Ankunft in die Gesellschaft integriert. Sie haben Zugang zu allen Berufsgruppen, auch im Staatsdienst, und überdurchschnittlich gute Chancen, Arbeit zu finden. Fälle, in denen Rückkehrer festgenommen oder misshandelt wurden, sind nicht bekannt. Es gibt keine Berichte darüber, dass Personen, die im Ausland politisch aktiv waren, nach ihrer Rückkehr nach Armenien Repressionen erfahren haben (AA 25.1.2013).

Aufgrund fehlender finanzieller Mittel gibt es zurzeit kein staatliches Programm zur Vorbereitung auf die Unterbringung von Heimkehrern in Armenien. Eine vorübergehende Unterkunft (maximal 2 Monate) kann den Flüchtlingen, die einen Antrag auf Asyl gestellt haben, von der Migrationsbehörde der Republik Armenien zur Verfügung gestellt werden. Jeder Fall wird jedoch ausführlich geprüft und die endgültige Entscheidung über die Bereitstellung der Unterkunft erfolgt nach dem Kollegialprinzip (IOM 08.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

IOM - International Organization for Migration (8.2013):

Länderinformationsblatt Armenien"

Diese Feststellungen können nach wie vor als aktuell angesehen werden. In der kurzen seit der zuletzt ergangenen Entscheidung des BFA vom 15.12.2014 vergangenen Zeit taten keine nennenswerten Änderungen zu Ungunsten der bP ein.

2. Beweiswürdigung:

II.2.1. Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den gegenständlichen Verfahrensakt des BFA, den Akt des Asylgerichtshofes, das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister, durch die Einholung einer aktuellen Strafregisterauskunft und durch eine aktuelle ZMR-Anfrage die bP betreffend.

Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

II.2.2. Die Feststellungen zur Person der bP ergeben sich aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie den Dokumenten im Akt. Mangels Vorlage geeigneter Dokumente steht die Identität nicht abschließend fest.

II.2.3. Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen und Lebensumständen der bP in Österreich sowie im Herkunftsstaat stützen sich auf die Feststellungen der belangten Behörde im bekämpften Bescheid, die Ausführungen der bP im Rahmen der persönlichen Einvernahmen und des ergänzenden Ermittlungsverfahrens sowie das Vorbringen in der Beschwerde.

II.2.4. Die Feststellung, dass in Bezug auf die Lage im Herkunftsstaat der bP seit der abschließenden Entscheidung der belangten Behörde vom 15.12.2014 keine Änderung eintrat, ergibt sich einerseits aus dem Umstand, dass die bP diesbezüglich im gegenständlichen Verfahren kein substantiiertes Vorbringen erstattet hat. Die Feststellungen zur Lage in Armenien sind nach wie vor als aktuell anzusehen; den Ausführungen wurde von den bP im Rahmen der Beschwerdeschrift nicht substantiiert entgegengetreten.

II.2.5. Soweit in der Beschwerde ausgeführt wird, der BF1 sei in Armenien nie registriert worden, ihm seien nie Dokumente ausgestellt worden, er habe von 1988 bis 17.02.2013 illegal in Russland gelebt, ihm komme weder die armenische noch die russische Staatsbürgerschaft zu, auch der BF2 komme weder die armenische noch die russische Staatsbürgerschaft zu, es sei von einer Staatenlosigkeit der bP (auch der Kinder) auszugehen, im Falle der Umsetzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme würden die bP getrennt (bP1 nach Armenien; bP2 nach Aserbaidschan) werden und greife das in ihr Familienleben ein, so stellt sich das als Prolongierung ihrer Behauptungen aus dem Asylverfahren dar, die mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.07.2014 als unglaubwürdig festgestellt wurden. Dieses Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes blieb unangefochten und ist daher von der dort festgestellten Staatsangehörigkeit auszugehen. Neue Aspekte bzw. Beweismittel wurden zudem nicht vorgebracht.

Wiederholend wird auf das in der damaligen Beweiswürdigung zitierte Sprachgutachten hingewiesen, dem zufolge mangels entsprechender Sprachkenntnis (der BF1 spricht sowohl phonologisch als auch morphologisch nur sehr mangelhaft russisch und beherrscht die Sprache nicht auf einem Niveau, das man von jemandem, der sich fünfundzwanzig Jahre in Russland aufgehalten hat, erwarten kann; der BF1 spricht dagegen fließend armenisch - vgl. AS 645 zu bP1) und mangels grober Unkenntnis der geographischen Gegebenheiten es als unglaubwürdig anzusehen ist, dass der BF1 von 1988 bis Anfang 2013 in der Russischen Föderation gelebt hat. Vor den Angaben der bP1 (sein Vater sei Armenier gewesen, habe in Armenien in Jerewan gelebt und sei dort gemeldet gewesen, dieser sei im Jahre 1985 verstorben; der BF1 habe ebenfalls bis 1988 in Armenien gelebt) ist es unglaubwürdig, dass der BF1 über keine Dokumente verfügt. Für den Fall des Verlustes von Dokumenten ist es - vor diesem Hintergrund - jedenfalls ihm zuzurechnen, keine Anstrengungen zu Erlangung solcher Dokumente unternommen zu haben.

Ebenso ist auf die Beweiswürdigung im Hinblick auf die bP2 im zuletzt ergangenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.07.20014 zu verweisen, demnach ein behaupteter Geburtsort der bP2 in Aserbaidschan unglaubwürdig ist.

Ergänzend ist in diesem Zusammenhang auf die widersprüchlichen Angaben der bP1 und der bP2 zur Begründung des Familienlebens zu verweisen. Demnach hatte die Heirat gemäß der Darstellung der bP1 im Jahr 2000 traditionell auf dem Markt stattgefunden (AS 75 zu bP1), gemäß Schilderung der bP2 aber traditionell vor einem Scheich in der Wohnung des Gatten im Jahr 2002 (AS 99 zu bP2), was die Unglaubwürdigkeit ihrer Angaben weiter verstärkt.

Unglaubwürdig - weil unplausibel - ist auch die Behauptung, die Kinder würden (obwohl in einem Krankenhaus geboren) über keine Dokumente verfügen.

Unrichtig ist die Behauptung in der Beschwerde, dass die bP2 kaum die russische Sprache beherrscht. Die bP2 beherrscht Kurmandschi auf grundlegendem Niveau und die russische Sprache auf Muttersprachenniveau (vgl. AS 651, 653 zu bP1).

Soweit die Beschwerde von einer Begründung des Familienlebens im Jahr 2000 ausgeht, so ist dieses Datum hier irrelevant. Maßgeblich zur Beurteilung ist das Datum der Begründung eines solchen (im vorliegenden Fall: des Privatlebens) in Österreich, dieses kann nicht vor der Einreise (22.02.2013) liegen.

Der Beschwerde war daher insoweit nicht zu folgen.

3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Zu A)

II.3.2. Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung

II.3.2.1. Gesetzliche Grundlagen zur Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung:

§ 10 AsylG 2005, Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme:

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer

Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.

§ 55 AsylG 2005, Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK:

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von

Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

§ 57 AsylG 2005, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz:

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von

Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können.

§ 58 AsylG 2005, Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln:

§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels

gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Das Bundesamt hat einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. § 73 AVG gilt.

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.

(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.

(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige

sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,

bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder

gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist

soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn

ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und

die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben.

§ 9 BFA-VG, Schutz des Privat- und Familienlebens:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

der Grad der Integration,

die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn

ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.

§ 52 FPG, Rückkehrentscheidung:

"§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels, Einreisetitels oder der erlaubten visumfreien Einreise entgegengestanden wäre,

ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.

Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

§ 55 FPG, Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich

eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

(5) Die Einräumung einer Frist gemäß Abs. 1 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht.

§ 46 FPG, Abschiebung

§ 46. (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

(2) Verfügt der Fremde über kein Reisedokument und kann die Abschiebung nicht ohne ein solches durchgeführt werden, hat das Bundesamt bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde ein Ersatzreisedokument für die Abschiebung einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen auszustellen. § 97 Abs. 1 gilt.

(2a) Das Bundesamt ist berechtigt, Personen, für die das Bundesamt ein Ersatzreisedokument bei der zuständigen ausländischen Behörde für die Abschiebung einzuholen hat, vorzuladen. § 19 Abs. 2 bis 4 AVG gilt.

(3) Das Bundesamt hat alle zur Durchführung der Abschiebung erforderlichen Veranlassungen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles (insbesondere Abs. 2 und 4) ehestmöglich zu treffen, insbesondere hat es sich vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Fremden zu vergewissern, dass dieser einem Mitglied seiner Familie, einem offiziellen Vormund oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung im Zielstaat übergeben werden kann. Amtshandlungen betreffend Fremde, deren faktischer Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, sind prioritär zu führen.

(4) Liegen bei Angehörigen (§ 72 StGB) die Voraussetzungen für die Abschiebung gleichzeitig vor, so hat das Bundesamt bei der Erteilung des Auftrages zur Abschiebung Maßnahmen anzuordnen, die im Rahmen der Durchführung sicherstellen, dass die Auswirkung auf das Familienleben dieser Fremden so gering wie möglich bleibt.

(5) Die Abschiebung ist im Reisedokument des Fremden ersichtlich zu machen, sofern dadurch die Abschiebung nicht unzulässig oder unmöglich gemacht wird. Diese Eintragung ist auf Antrag des Betroffenen zu streichen, sofern deren Rechtswidrigkeit durch das Bundesverwaltungsgericht festgestellt worden ist.

(6) Abschiebungen sind systematisch zu überwachen. Nähere Bestimmungen über die Durchführung der Überwachung hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen.

II.3.2.2. Die Einreise der bP im Februar 2013 in das Gebiet der europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich ist nicht rechtmäßig erfolgt, zumal die bP - wie bereits im Vorverfahren rechtskräftig festgestellt - ohne Reisedokument und schlepperunterstützt ins Bundesgebiet einreisten.

Folglich vermochten diese bP ihren weiteren Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages temporär legalisieren. Nach negativer Entscheidung durch das Bundesasylamt am 03.06.2013 wurde nach Beschwerdeerhebung der Antrag der bP auf internationalen Schutz schließlich mit Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.07.2014 gemäß §§ 3, 8 AsylG 2005 rechtskräftig abgewiesen. Der Aufenthalt der bP im Bundesgebiet stützte sich für die Dauer dieses Verfahrens alleine auf das Asylgesetz und war in weiterer Folge nach Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz durch die nicht erfolgte Ausreise unrechtmäßig. Ein sonstiger Aufenthaltstitel der drittstaatsangehörigen Fremden ist nicht ersichtlich und wurde auch kein auf andere Bundesgesetze gestütztes Aufenthaltsrecht behauptet. Die bP fallen damit nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

II.3.2.3. Es liegen keine Umstände vor, dass den bP allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts Substantiiertes dargetan.

II.3.2.4. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG idgF iVm § 10 Abs. 1 Z 3 und Abs. 2 AsylG 2005 war die belangte Behörde daher für eine Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zuständig. Die belangte Behörde war sohin angehalten, in Anwendung des § 52 Abs. 2 Z 2 FPG gegen die bP eine Rückkehrentscheidung zu erlassen.

II.3.2.5. Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

Vom Begriff des 'Familienlebens' in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern zB auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des 'Familienlebens' in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. dazu EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215; EKMR 19.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.2.1979, 7912/77, EuGRZ 1981, 118; EKMR 14.3.1980, 8986/80, EuGRZ 1982, 311; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK- Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayr, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1, ebenso VwGH vom 26.1.2006, 2002/20/0423, vgl. auch VwGH vom 8.6.2006, Zl. 2003/01/0600-14, oder VwGH vom 26.1.2006, Zl.2002/20/0235-9, wo der VwGH im letztgenannten Erkenntnis feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

Sowohl eheliche als auch uneheliche Kinder aus einer Familienbeziehung, die unter Art 8 EMRK fallen, werden von ihrer Geburt an ipso iure Teil der Familie (Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74; VfSlg 16.777/2003; ferner Gül gg Schweiz, ÖJZ 1996, 593; 5. 2 2004, 60457/00, Kosmopoulou gg Griechenland; 18. 1. 2007, 73819/01, Estrikh gg Litauen). Umgekehrt werden Kinder erst vom Moment ihrer Geburt an rechtlich Teil der Familie. Zu noch ungeborenen Kindern liegt somit bis dahin (noch) kein schützenswertes Familienleben iSd Art 8 EMRK vor (vgl. zB VfGH 24.02.2003, B 1670/01; EGMR 19.02.1996, GÜL vs Switzerland).

Der Begriff des Familienlebens ist darüber hinaus nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, X ua). Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention.

Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR in Cruz Varas).

II.3.2.6. Die bP1 - bP4 leben in Österreich im gemeinsamen Haushalt. Andere Angehörige der bP leben nicht in Österreich.

Die bP möchten offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und halten sich bereits seit der Einreise im Februar 2013 im Bundesgebiet auf. Sie reisten mit Hilfe eines Schleppers rechtswidrig in das Bundesgebiet ein. Die bP1 und bP2 besuchten Deutschkurse und hat die bP2 bereits eine Deutschprüfung A2 abgelegt. Sie sind strafrechtlich unbescholten und verfügen über einen Freundeskreis. Die bP3 und bP4 besuchen in Österreich die Schule.

Die bP1 erbrachte für die Gemeinde gemeinnützige Tätigkeiten und leistete unentgeltliche Arbeiten im Zuge von Projekten. Er verfügt über eine Zusage einer Tischlerei - dort könne man sich vorstellen, ihn anzustellen, falls er die dafür notwendigen Voraussetzungen erfüllt. Die bP2 verfügt über eine Anstellungszusage in einem Hotelbetrieb.

Die Rückkehrentscheidung stellt somit einen Eingriff in das Recht auf das Privat- und/oder Familienleben dar.

II.3.2.7. Gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Zweifellos handelt es sich sowohl beim BFA als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und/oder Familienlebens des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 (2) EMRK, in verhältnismäßiger Weise verfolgt.

Bereits vor Inkrafttreten der Vorgängerbestimmung des § 9 Abs. 2 BFA-VG in der Form des AsylG 2005 idF BGBl 29/2009 entwickelten die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts in den Erk. d. VfGH vom 29.9.2007, Zahl B 1150/07-9 und Erk. d. VwGH vom 17.12.2007, Zahl 2006/01/0216 bis 219-6 unter ausdrücklichen Bezug auf die Judikatur des EGMR nachstehende Richtlinien (in den Medien der vielgenannte "Kriterienkatalog") im Rahmen der Interessensabwägung gem. Art. 8 Abs. EMRK, welche zu berücksichtigen sind:

Ebenso bereits vor Inkrafttreten des durch BGBl I 38/2011 in § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG eingefügten lit. i, welcher der nunmehrigen Bestimmung des § 9 Abs. 2 Z 9 BFA-VG entspricht, warf der VfGH in seinem Erk. B 950-954/10-08, S. 19 die Frage auf, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthalts bewusst waren. Der Verfassungsgerichtshof stellt dazu fest, dass das Gewicht der Integration nicht allein deshalb als gemindert erachtet werden darf, weil ein stets unsicherer Aufenthalt des Betroffenen zugrunde liege, so dass eine Verletzung des Art. 8 EMRK durch die Ausweisung (nunmehr Rückkehrentscheidung) ausgeschlossen sei. Vielmehr müsse die handelnde Behörde sich dessen bewusst sein, dass es in der Verantwortung des Staates liegt, Voraussetzungen zu schaffen, um Verfahren effizient führen zu können und damit einhergehend prüfen, ob keine schuldhafte Verzögerungen eingetreten sind, die in der Sphäre des Betroffenen liegen (ähnlich VfGH 10.03.2011, B1565/10).

Ein mögliches Organisationsverschulden durch die handelnden Behörden soll daher als zusätzliche Tatsache bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK berücksichtigt werden, andererseits stellte der VfGH in seinem Erkenntnis v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 unmissverständlich fest, dass die zeitliche Komponente dann in den Hintergrund tritt, wenn sich die Verweil- bzw. Verfahrensdauer aus dem Verhalten der beschwerdeführenden Partei ergibt (vgl. hierzu auch Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

II.3.2.8. Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der oben genannten Determinanten im Lichte der soeben zitierten Judikatur Folgendes:

Die bP sind seit ihrer im Februar 2013 erfolgten Einreise in Österreich aufhältig. Die bP reisten rechtwidrig in das Gebiet der Europäischen Union und letzten Endes in das Bundesgebiet ein und konnten ihren Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisieren. Hätten sie diesen unbegründeten Asylantrag nicht gestellt, wären sie rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig bzw. wäre davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und sie sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würden.

Nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens im Juli 2014 ignorierten die bP ihre ihnen gesetzlich obliegende Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes.

Die bP verfügen über die bereits beschriebenen familiären bzw. privaten Anknüpfungspunkte.

Die bP begründeten ihr Privat- bzw. Familienleben zu einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisiert wurde. Auch war der Aufenthalt der bP zum Zeitpunkt der Begründung der Anknüpfungspunkte im Rahmen des Privat- und Familienlebens ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt. Darüber hinaus mussten die Beschwerdeführer - insbesondere angesichts der von ihnen gewählten Form der Einreise - der Verfahrensausgang voraussehbar sein.

Letztlich ist auch festzuhalten, dass die bP nicht gezwungen sind, nach einer Ausreise die bestehenden Bindungen zur Gänze abbrechen zu müssen. So stünde es ihnen frei, diese durch briefliche, telefonische, elektronische Kontakte - etwa Skype - oder durch Besuche aufrecht zu erhalten (vgl. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN). So steht es etwa den BF frei, den Kontakt solcherart zu in Österreich aufhältigen Bekannten bzw. Freunden aufrecht zu erhalten. Ebenso stünde es ihnen frei, nach ihrer Ausreise - wie jeder andere Fremde auch - sich um eine legale Einreise und einen legalen Aufenthalt zu bemühen.

Eine Aufenthaltsbeendigung trifft einerseits alle Mitglieder der Kernfamilie gleichermaßen, insofern kann deren Familienleben nicht beeinträchtigt sein. Im zurückliegenden Asylverfahren (vgl. Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.07.2014) wurde festgestellt, dass die von den bP vorgebrachten Fluchtgründe unglaubwürdig sind und sie unrichtige Angaben getätigt haben; dies legt die eigentliche - im Grunde legitime - Intention der BF (Armenien zu verlassen, um hier in Österreich ein angenehmeres Leben zu führen) offen. Dadurch wird aber andererseits die Schutzwürdigkeit des hier - während des Asylverfahrens (auf wahrheitswidrige Aussagen gegründet) - entstandenen Privat- bzw. Familienlebens in erheblichem Umfang beeinträchtigt. Die Unglaubwürdigkeit der von den bP behaupteten fluchtbegründenden Umstände wurde mit dem angeführten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.07.2014 festgestellt.

Das ho. Gericht verkennt zwar nicht, dass sich die Kinder das Verhalten der Eltern im Rahmen der Interessensabwägung gemäß Art. 8 EMRK nicht im vollen Umfang subjektiv verwerfen lassen müssen, doch ist dieses Verhalten dennoch nicht unbeachtlich. Hier sei etwa auf eine Zusammenschau der Erkenntnisse des VfGH vom 12.6.2010 U 614/10 (Beschwerdeführerin wurde 1992 geboren, war zum Zeitpunkt der Einreise nach Österreich minderjährig, hatte zumindest am Anfang ihres Aufenthaltes in Österreich keinen Einfluss auf das bzw. die Asylverfahren, entzog sich aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Alter der mündigen Minderjährigkeit und prolongierte ihren Aufenthalt durch die Stellung verschiedener Anträge), U613/10 (Beschwerdeführerin wurde 1962 geboren, war während des gesamten Verfahrens handlungsfähig und prolongierte ihren Aufenthalt durch die Stellung verschiedener Anträge) und den Beschluss des selben Tages U615/10 ua (minderjährige Asylwerber während des gesamten Asylverfahrens, welche auf den Verlauf des Verfahrens bzw. der Verfahren keinen Einfluss hatten) verwiesen. In diesen Verfahren stellte der VfGH in Bezug auf die 1962 geborene Beschwerdeführerin im vollen Umfang und in Bezug auf die 1992 geborene Beschwerdeführerin (Tochter der 1962 geborenen Beschwerdeführerin) in einem gewissen eingeschränkten Umfang fest, dass sich diese das Verhalten, welches zum langen Aufenthalt in Österreich führten, zurechnen lassen müssen und es daher nicht zu ihren Gunsten im Rahmen der Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK geltend machen kann. Obwohl die minderjährigen Beschwerdeführer auf das Verhalten ihrer 1962 geborenen Mutter und 1992 geborenen Schwester keinerlei Einfluss hatten und ihnen deren Verhalten, insbesondere jenes der Mutter nicht subjektiv vorgeworfen werden konnte, wurde die Behandlung derer Beschwerden dennoch mit Beschluss U615/10 ua. abgewiesen. Im Lichte der Erk. des VfGH B 950-954/10-08, S. 19, bzw.

v. 10.03.2011, B1565/10, wo die Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführer in Österreich aufgrund den Beschwerdeführern nicht zurechenbarer Dauer der Asylverfahren als wesentliches Argument für eine Interessensabwägung zu Gunsten der Beschwerdeführer herangezogen wurde, ist ableitbar, dass in den in Beschluss U615/10 genannten Fällen trotz fehlender subjektiver Vorwerfbarkeit des Verhaltens der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Verfahrensdauer aufgrund deren Minderjährigkeit und des Verhaltens der Mutter gerade dieses Verhalten der Mutter im Rahmen der Interessensabwägung in Bezug auf die minderjährigen Kinder dennoch eine Rolle spielte, sie sich dieses zwar nicht vorwerfen aber in einem gewissen Umfang zurechnen lassen mussten, da ansonsten davon auszugehen gewesen wäre, dass ein mit den in den Erk. des VfGH B 950-954/10-08, S. 19, bzw. v. 10.03.2011, B1565/10 beschriebener Fällen vergleichbarer Fall vorliegen würde und zu einer vergleichbaren Entscheidung geführt hätte.

Auch ist zu bedenken, dass es aus dem fremdenpolizeilichen Blickwinkel nicht primär auf die subjektive Vorwerfbarkeit, sondern auf die objektive Zurechenbarkeit des beschriebenen Verhaltens ankommt.

Die beschwerdeführenden Parteien sind - in Bezug auf ihr Lebensalter - erst einen relativ kurzen Zeitraum in Österreich aufhältig haben hier keine qualifizierten Anknüpfungspunkte und waren im Asylverfahren nicht in der Lage, ihren Antrag ohne die Beiziehung eines Dolmetschers zu begründen, wenngleich im Verfahren hervorkam, dass sie gewisse Anstrengungen unternommen haben, die deutsche Sprache zu erlernen, diese aber noch nicht so weit beherrschen, dass eine problemlose Verständigung im Alltag möglich ist. Für die bP spricht, dass sie entsprechende Deutsch-Kurse besuchten und zum Teil (die bP2) auch erfolgreich abschlossen.

Ebenso geht aus dem Akteninhalt nicht hervor, dass die bP selbsterhaltungsfähig wären bzw. ernsthafte Bemühungen zur Herstellung der Selbsterhaltungsfähigkeit unternommen hätten. Zwar dokumentierten die bP1 und bP2 ihre Arbeitswilligkeit und auch Arbeitsfähigkeit im Beschwerdeschreiben und durch die Leistung unentgeltlicher Arbeiten bzw. von gemeinnützigen Arbeiten für die Gemeinde, jedoch vermochten die bP keinerlei bescheidmäßig befürwortende oder absagende Entscheidung des AMS in Vorlage zu bringen, weshalb dieses Vorbringen insoweit zu relativieren war. Eine ev. Verhinderung der beruflichen Reintegration im Heimatland der BF ist aus der Aktenlage weder ersichtlich noch wurde eine solche im Verfahren oder in der Beschwerdeschrift behauptet.

Zum Schulbesuch von bP3 und bP4 ist festzuhalten, dass dies die Erfüllung einer durchsetzbaren gesetzlichen Verpflichtung darstellt, welcher im Rahmen der Interessensabwägung nur sehr untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH v. 26.9.2007 2006/21/0288 mwN).

Zur vorgebrachten Existenz von Einstellungszusagen wird ebenfalls auf die ständige höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach einer solchen nur ein untergeordneter Wert zukommt (vgl. Erk. des VwGH 21.1.2010, 2009/18/0523; 29.6.2010, 2010/18/0195; 17.12.2010, 2010/18/0385; 22.02.2011, 2010/18/0323).

In diesem Zusammenhang sei auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die - hier bei weitem nicht vorhandenen - Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029). Insoweit bescheinigen die Sprachdiplome ihrer deutschsprachigen Kenntnisse sowie der Besuch von unterschiedlichen Deutsch-Kursen die sprachliche Integration der BF, jedoch ist darin keine über das übliche Maß hinausgehende Integration zu erblicken.

Die bP verbrachten den überwiegenden Teil ihres Lebens in Armenien, wurden dort sozialisiert und verfügen über entsprechende Sprachkenntnisse. Mit dem bereits zitierten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.07.2014 wurde das fluchtbegründende Vorbringen der Beschwerdeführer als unglaubwürdig erkannt.

Ebenso ist davon auszugehen, dass in Armenien Bezugspersonen etwa im Sinne eines gewissen Freundes- und/oder Bekanntenkreises der Beschwerdeführer existieren, da nichts darauf hindeutet, dass die bP vor ihrer Ausreise in ihrem Herkunftsstaat in völliger sozialer Isolation gelebt hätten. Es deutet daher nichts darauf hin, dass es den bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.

Zu den minderjährigen bP ist festzustellen, dass schon aufgrund ihres geringeren Alters und der Aufenthaltsdauer in Österreich die Abwägung zwischen den Bindungen zum Herkunftsstaat und den nunmehrigen Bindungen zu Österreich anders zu werten sein wird, als im Hinblick auf die Eltern. Hier wird von geringeren Bindungen zum Herkunftsstaat und stärkeren Bindungen zu Österreich auszugehen sein. In die Überlegungen ist jedoch einzufließen, dass sie über ihr Umfeld bzw. ihre Eltern die Kultur und Sprache Armeniens in gewissem Ausmaß vermittelt bekamen. Auch kann aufgrund der Sprachkenntnisse der Eltern davon ausgegangen werden, dass im Familienverband zumindest noch teilweise zumindest mit den Eltern in der Sprache des Herkunftsstaates kommuniziert wird. Ebenso befinden sich die minderjährigen bP in einem Alter erhöhter Anpassungsfähigkeit (vgl. Dr. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN). Es kann daher angenommen werden, dass es ihnen unter Nutzung ihrer Fähigkeiten gelingt, sich ebenso wie in die österreichische auch in die Gesellschaft ihres Herkunftsstaats vollständig zu integrieren.

Die bP sind strafrechtlich unbescholten.

Die Feststellung, wonach die bP strafrechtlich unbescholten sind, stellt laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.

Die bP reisten schlepperunterstützt und unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Gebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge rechtswidrig in das Bundesgebiet ein.

Soweit die minderjährigen bP keinen Einfluss auf das Verhalten ihrer gesetzlichen Vertretung im Zusammenhang mit der Einreise hatten, wird auf die bereits getroffenen Ausführungen in Bezug auf die Zurechenbarkeit des Verhaltens der gesetzlichen Vertretung auf die Kinder verwiesen.

Den bP musste bei der Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz nur ein vorübergehender ist und ihnen ein weiterer Aufenthalt mangels entsprechenden Aufenthaltstitels verwehrt wird. Ebenso indiziert die ursprünglich rechtswidrige und schlepperunterstützte Einreise den Umstand, dass den bP die Unmöglichkeit der legalen Einreise und dauerhaften Niederlassung bewusst war, da davon auszugehen ist, dass sie in diesem Fall diese weitaus weniger beschwerliche und kostenintensive Art der legalen Einreise und Niederlassung gewählt hätten. Soweit die bP3 und bP4 zum Zeitpunkt der Ausreise noch nicht voll handlungsfähig waren, ist ihnen insoweit das Handeln ihrer gesetzlichen Vertreter zurechenbar.

Ebenso stellt die seinerzeitige rechtswidrige Einreise mit rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens gem. § 120 Abs. 7 FPG nunmehr eine Verwaltungsübertretung dar ("Eine Verwaltungsübertretung nach Abs. 1 oder 1a liegt nicht vor, wenn der Fremde einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und ihm der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Während des Asylverfahrens ist das Verwaltungsstrafverfahren unterbrochen.").

Ein solches Verschulden ist im gegebene Zusammenhang - Stellung des Antrages auf internationalen Schutz am 22.02.2013; Beendigung des Verfahrens nach Beschwerdeerhebung mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.07.2014 - nicht erkennbar.

II.3.2.9. Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).

Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine (damals) Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).

Ebenso wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten des (abgelehnten) Asylsuchenden beeinflusst (vgl. Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, Seite 348).

Es ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer [damals] Ausweisung von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren kann. Ist das nicht der Fall, könnte sich der Fremde bei der Abstandnahme von der [damals] Ausweisung unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen den tatsächlichen (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechts zuwiderlaufen würde.

Gem. Art 8 Abs 2 EMRK ist ein Eingriff in das Grundrecht auf Privatund/oder Familienleben zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Abs 2 leg cit genannten Ziele notwendig ist. Die zitierte Vorschrift nennt als solches Ziel u.a. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, worunter nach der Judikatur des VwGH auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist. Die für den Aufenthalt von Fremden maßgeblichen Vorschriften finden sich - abgesehen von den spezifischen Regelungen des AsylG - seit 1.1.2006 nunmehr im NAG bzw. FPG.

Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Fremdenrechtspaket 2005 klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für den Beschwerdeführer grundsätzlich nicht mehr möglich seinen Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist. Wie aus dem 2. Hauptstück des NAG ersichtlich ist, sind auch Fremde, die Familienangehörige von in Österreich dauernd wohnhaften österreichischen Staatsbürgern sind, davon nicht ausgenommen. Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass den Beschwerdeführern gem. § 21 (2) und

(3) NAG die Legalisierung ihres Aufenthaltes vom Inland aus offen steht, sodass sie mit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Rückkehrentscheidung betreffend des Fremden bedarf.

Ab rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens waren die Beschwerdeführer somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der (damals) Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.

Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.

Der Rechtsprechung des EGMR folgend (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Ausweisung- bzw. Rückkehrentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in einem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

Im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zur Praxis hinsichtlich Rückkehrentscheidungen der Vertragsstaaten dürfte es für den Schutzbereich des Anspruches auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 EMRK hingegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Aufenthalt des Ausländers - im Sinne einer Art "Handreichung des Staates" - zumindest vorübergehend rechtmäßig war (vgl. Ghiban gg. Deutschland, 16.09.2004, 11103/03; Dragan gg. Deutschland, 07.10.2004, Bsw. Nr. 33743/03; SISOJEVA (aaO.)) bzw. inwieweit die Behörden durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Aufenthalt des Betreffenden bislang nicht beendet wurde. Der EGMR hat diese Frage zwar noch nicht abschließend entschieden, jedoch in Fallkonstellationen das Recht auf Privatleben erörtert, in denen ein legaler Aufenthalt der Beschwerdeführer nicht vorlag. Hat er in der Rechtssache GHIBAN (aaO.) zu einem rumänischen Staatsangehörigen, der wegen Staatenlosigkeit nicht abgeschoben werden konnte, die Frage letztlich noch offen gelassen ("Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Aufenthalt des Bf. unter diesen Umständen eine ausreichende Grundlage für die Annahme eines Privatlebens war..."), so nahm er in der bereits mehrfach zitierten Rechtssache Sisojeva (aaO.) einen Eingriff in das Privatleben an, obwohl die Beschwerdeführer in Lettland keinen rechtmäßigen Aufenthalt hatten.

Wenn man - wie die aktuelle Judikaturentwicklung des EGMR auch erkennen lässt - dem Aufenthaltsstatus des Fremden für die Beurteilung des Vorliegens eines Eingriffes in das durch Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben keine Relevanz beimisst, so wird die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts jedenfalls im Rahmen der Schrankenprüfung nach Artikel 8 Absatz 2 EMRK Berücksichtigung zu finden haben.

In seinem Erkenntnis Rodrigues da Silva and Hookkamer v. the Netherlands vom 31. Jänner 2006, Zahl 50435/99 führte der EGMR unter Verweis auf seine Vorjudikatur aus, dass es ua. eine wichtige Überlegung darstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich die betreffenden Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart war, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland vom vornherein unsicher war. Er stellte auch fest, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirkt.

Der GH führte weiters -wiederum auf seine Vorjudikatur verweisendaus, dass Personen, welche die Behörden eines Vertragsstaates ohne die geltenden Rechtsvorschriften zu erfüllen, als fait accompli mit ihrem Aufenthalt konfrontieren, grundsätzlich keinerlei Berechtigung haben, mit der Ausstellung eines Aufenthaltstitels zu rechnen. Im geschilderten Fall wurde letztlich dennoch eine Entscheidung zu Gunsten der Beschwerdeführer getroffen, weil es der Erstbeschwerdeführerin grundsätzlich möglich gewesen wäre, ihren Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren, weil sie mit dem Vater des Zweitbeschwerdeführers, einem Staatsbürger der Niederlande vom Juni 1994 bis Jänner 1997 eine dauerhafte Beziehung führte. Es war daher der Fall Erstbeschwerdeführerin trotz ihres vorwerfbaren sorglosen Umganges mit den niederländischen Einreisebestimmungen von jenen Fällen zu unterscheiden, in denen der EGMR befand, dass die betroffenen Personen zu keinem Zeitpunkt vernünftiger Weise erwarten konnten, ihr Familienleben im Gastland weiterzuführen. Ebenso wurde in diesem Fall der Umstand des besonderen Verhältnisses zwischen dem Kleinkind und der Mutter besonders gewürdigt.

Weiters wird hier auf das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06 verwiesen, wo dieser folgende Kernaussagen traf:

Im gegenständlichen Fall erachtete es der EGMR nicht erforderlich, sich mit der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Frage auseinanderzusetzen, ob durch das Studium der Beschwerdeführerin im UK, ihr Engagement in der Kirche sowie ihre Beziehung unbekannter Dauer zu einem Mann während ihres fast 10-jährigen Aufenthalts ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist.

Dies wird damit begründet, dass im vorliegenden Fall auch das Bestehen eines Privatlebens ohne Bedeutung für die Zulässigkeit der Abschiebung wäre, da einerseits die beabsichtigte Abschiebung im Einklang mit dem Gesetz steht und das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung verfolgt; und andererseits jegliches zwischenzeitlich etablierte Privatleben im Rahmen einer Interessenabwägung gegen das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen könnte, dass ihre Abschiebung als unverhältnismäßiger Eingriff zu werten wäre.

Die zuständige Kammer merkt dazu an, dass es sich hier im Gegensatz zum Fall ÜNER gg. Niederlande (EGMR Urteil vom 05.07.2005, Nr. 46410/99) bei der Beschwerdeführerin um keinen niedergelassenen Zuwanderer handelt, sondern ihr niemals ein Aufenthaltsrecht erteilt wurde und ihr Aufenthalt im UK daher während der gesamten Dauer ihres Asylverfahrens und ihrer humanitären Anträge unsicher war.

Ihre Abschiebung in Folge der Abweisung dieser Anträge wird auch durch eine behauptete Verzögerung der Behörden bei der Entscheidung über diese Anträge nicht unverhältnismäßig.

II.3.2.10. Letztlich ist festzustellen, dass eine Gegenüberstellung der von den bP in ihrem Herkunftsstaat vorzufindenden Verhältnissen mit jenen in Österreich im Rahmen einer Interessensabwägung zu keinem Überwiegen der privaten Interessen der bP am Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an einem Verlassen des Bundesgebietes führen würde.

Abgesehen von Unterstützungsschreiben, die zwar zweifelsfrei aufzeigen, dass sie in Österreich über einen Freundes- und Bekanntenkreis aus der Nachbarschaft verfügen, wurden im Verfahren keine weiteren Unterlagen vorgelegt, die auf eine besonders ausgeprägte und gelungene soziale Eingliederung der bP in die österreichische Gesellschaft hinweisen würden (zum hohen Maßstab einer gelungenen Integration vgl. im Ergebnis auch das Erkenntnis des VwGH 29.06.2010, 2010/18/0195, in welchem ausgeführt wird, dass die Ausweisung einer im Jahr 2003 illegal nach Österreich eingereisten, unbescholtenen Beschwerdeführerin, die zahlreiche Deutschkurse sowie einen EDV-Kurs absolviert und ehrenamtlich in einer sozialen Einrichtung gearbeitet habe, über eine Einstellungszusage und zahlreiche Empfehlungsschreiben verfüge und zudem seit zwei Jahren eine Lebensgemeinschaft mit einem österreichischen Staatsbürger führe, im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt sei).

Die bP sind in Österreich (abgesehen von gemeinnützigen Tätigkeiten durch die bP1, wofür ein Entgelt von € 3,-- pro Stunde geleistet wird) noch keiner Arbeit nachgegangen und keinesfalls selbsterhaltungsfähig. Die bP1 und bP2 verfügen über Einstellungszusagen.

Diesbezüglich ist der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht hat, dass der Ausübung einer Beschäftigung sowie einer etwaigen Einstellungszusage oder Arbeitsplatzzusage eines Asylwerbers, der lediglich über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz und über keine Arbeitserlaubnis verfügt hat, keine wesentliche Bedeutung zukommt (VwGH 22.02.2011, 2010/18/0323 mit Hinweis auf VwGH 15.09.2010, 2007/18/0612 und VwGH 29.06.2010, 2010/18/0195 jeweils mit weiteren Nachweisen).

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie die bP erfolgreich auf das Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen.

Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrag unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip ["no one can profit from his own wrongdoing"], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).

Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige Integration der bP in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Sicht sind nicht erkennbar. Die bP halten sich im Vergleich mit ihrem Lebensalter erst einen kurzen Zeitraum in Österreich auf, sind auf die Grundversorgung angewiesen und eine gesellschaftliche Integration im beachtlichen Ausmaß ist nicht erkennbar, auch wenn sie eigenen Angaben zu Folge einen bestimmten Freundeskreis in Österreich erlangt haben und dies seitens des Gerichtes nicht in Abrede gestellt wird. Für die bP spricht, dass sie Deutschkurse besucht und zT entsprechende Diplome erlangt haben, für die bP1 zudem die Leistung gemeinnütziger Tätigkeiten für die Gemeinde wie auch die Leistung unentgeltlicher Tätigkeiten.

Da die bP den Großteil des Lebens im Herkunftsstaat verbracht haben und sozialisiert wurden ist davon auszugehen, dass auf Grund der privaten Beziehungen im Herkunftsstaat im Vergleich mit dem bisherigen Leben in Österreich die Beziehungen zu Armenien eine Integration in Österreich bei weitem überwiegen. Wie bereits dargelegt steht es den BF frei den Kontakt zu Österreich aufrecht zu erhalten.

Die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme der Verhängung seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts der bP im Bundesgebiet nach Abschluss des gegenständlichen Verfahrens und der Einhaltung der österreichischen aufenthalts- und fremdenrechtlichen Bestimmungen das persönliche Interesse der bP am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen (und auch in der Beschwerde nicht vorgebracht worden), dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

II.3.2.11. Die belangte Behörde ist des Weiteren auch nach Abwägung aller dargelegten persönlichen Umstände der bP zu Recht davon ausgegangen, dass den bP ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen nicht zu erteilen ist. Es liegt im gegenständlichen Fall schon die Voraussetzung des § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG (Aufrechterhaltung eines Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK) nicht vor, weshalb sich eine weitere Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 55 AsylG erübrigte.

II.3.2.12. Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Armenien unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht schlüssig dargelegt.

Im Verfahren über den Antrag der bP auf internationalen Schutz wurde über das von der bP erstattete Vorbringen zu ihren Fluchtgründen insbesondere auch im Hinblick auf Art. 3 EMRK bereits rechtskräftig abgesprochen.

II.3.2.13. Umstände, welche das Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung begründen würden, kamen nicht hervor. Ebenso ergibt sich aus den obigen Ausführungen sowie den unbestrittenen Länderfeststellungen, welchen noch ausreichende Aktualität zukommt, dass keine Umstände vorliegen, welche eine Abschiebung in den Herkunftsstaat Armenien unzulässig erscheinen lassen würden.

II.3.2.14. Die festgelegte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung entspricht § 55 Abs. 2 erster Satz FPG.

Dass besondere Umstände, die die Drittstaatsangehörigen bei der Regelung ihrer persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht. Es wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zu den privaten und familiären Bindungen der bP und der Vorhersehbarkeit der Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes verwiesen. Die eingeräumte Frist erscheint angemessen und wurden diesbezüglich auch keinerlei substantiierte Ausführungen in der Beschwerdeschrift getroffen.

II.3.3. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, war die Beschwerde spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

II.3.4. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, BGBl I Nr. 68/2013 idgF, kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienleben abgeht.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte