BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §75 Abs20
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W159.1257672.3.00
Spruch:
W159 1257672-3/23E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde desxxxx, StA von Gambia, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.05.2012, Zl. 10 07.400-BAW nach Durchführung einer Verhandlung zu Recht erkannt:
A) In Erledigung von Spruchteil III. der Beschwerde wird
ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung gem. § 75 Abs. 20 AsylG 2005 idgF auf Dauer unzulässig ist.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Gambia und Angehöriger der Volksgruppe Mandinka, gelangte bereits am 10.02.2004 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich und stellte noch am gleichen Tag einen Asylantrag. Er gab von Anfang an an, xxxx zu heißen und am xxxx geboren zu sein. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab er an, dass man seinem Vater, einem Berufsoffiziers beim Militär, vorgeworfen habe, den Präsidenten stürzen zu wollen. Dieser sei deswegen verhaftet und in der Haft getötet worden. Daraufhin hätten sein Bruder und er einen Leserbrief an eine Zeitung geschrieben, worauf sein Bruder verhaftet worden sei und er selbst geflohen sei.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Wien vom 25.01.2005, xxxx wurde unter Spruchteil I. der Asylantrag vom 10.02.2004 gem. § 7 AsylG 1997 abgewiesen, unter Spruchteil II. gem. § 8 Abs. 1 leg. cit. die Zurückweisung und Zurückschiebung oder Abschiebung des Antragstellers nach Gambia für zulässig erklärt und unter Spruchteil III. gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. der Antragsteller aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. Nach Darstellung der oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegeben Einvernahme und Feststellungen zu Gambia wurde beweiswürdigend ausgeführt, dass das Vorbringen widersprüchlich und vage gewesen sei und daher den Fluchtgründen die Glaubwürdigkeit versagt habe werden müssen. Deswegen wurde auch unter Spruchteil I. die Asylgewährung abgelehnt und unter Spruchteil II. festgehalten, dass nicht vom Vorliegen einer Gefahr im Sinne des § 57 FrG ausgegangen werden könne und sich eine derartige Gefährdung im Übrigen auch aus der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat nicht ergebe. Zu Spruchteil III. wurde insbesondere festgehalten, dass kein Familienbezug (Kernfamilie) zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich vorliege und die Ausweisung daher keinen Eingriff in Art. 8 EMRK darstelle und ein Eingriff in das Privatleben in Anbetracht des kurzen Aufenthaltes in Österreich gerechtfertigt sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller, damals wegen seiner Minderjährigkeit vertreten durch den Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie, Berufung. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 20.10.2008, Zahl xxxxwurde die Beschwerde gem. §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 AsylG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides zu lauten habe: "Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wird xxxx aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Gambia ausgewiesen." Der Asylgerichtshof schloss sich der Annahme der Unglaubwürdigkeit der Erstbehörde an und verneinte auch eine Bedrohungssituation in Gambia und führte schließlich aus, dass keine inhaltlichen Gründe, die einer Ausweisung entgegenstehen würde, vorlägen.
Mit Zustellung dieses Erkenntnisses am 24.10.2008 erwuchs das erste Asylverfahren des Beschwerdeführers in Rechtskraft.
Am 17.08.2010 stellte der Beschwerdeführer im Stande der Schubhaft einen zweiten, den nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er damit, dass seine Fluchtgründe nach wie vor dieselben seien, er sich jedoch vorstellen könne, nach Gambia wieder zurückzukehren, wenn der jetzige Präsident die Wahlen im Jahre 2011 verlieren würde. Seine Tante, mit der er von Zeit zu Zeit telefoniere und die in Frankreich lebe, habe ihm immer wieder erzählt, dass die Situation in Gambia für ihn nach wie vor gefährlich sei und er keinesfalls zurückkehren solle.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle Ost vom 26.08.2010, Zahl xxxx wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz vom 17.08.2010 gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und unter Spruchteil II. der Antragsteller gem. § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Gambia ausgewiesen. Diese Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 29.09.2010, Zahl xxxx gem. § 68 Abs. 1 AVG iVm § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 abgewiesen.
Der Beschwerdeführer erhob gegen dieses Erkenntnis, vertreten durch Rechtsanwalt xxxx, Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher dieser mit Beschluss vom xxxx aufschiebende Wirkung zuerkannte.
Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 19.09.2011, xxxx behob der Verfassungsgerichtshof die obige Entscheidung des Asylgerichtshofes. Dies wurde insbesondere damit begründet, dass sowohl dem Erkenntnis des Asylgerichtshofes als auch dem Bescheid des Bundesasylamtes nachvollziehbare aktuelle Länderfeststellungen fehlen würden und der Asylgerichtshof auch allfällige Gründe für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nicht ausreichend geprüft habe.
Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 27.01.2012, Zahl xxxx wurde daher der angefochtene Bescheid (der EAST OST) gem. § 41 Abs. 3 AsylG 2005 in der damals geltenden Fassung im Hinblick auf das ob zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes behoben. Am 22.03.2012 erfolgte eine ergänzende Einvernahme durch das Bundesasylamt, Außenstelle Wien, wobei der Beschwerdeführer sein bisheriges Vorbringen zu seinem zweiten Antrag auf internationalen Schutz wiederholte. Er gab weiters an, dass er seit seiner Einreise nach Österreich im Jahr 2004 nie mehr in seinem Herkunftsstaat gewesen sei, dass er in keiner festen Beziehung lebe, einen Deutschkurs besucht habe und manchmal arbeite (im eingeholten Versicherungsdatenauszug der österreichischen Sozialversicherung war jedoch kein Arbeitsverhältnis verzeichnet). Weiters wurden dem Beschwerdeführer aktuelle Feststellungen zu Gambia vorgehalten.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Wien vom 29.05.2012,xxxx wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz vom 17.08.2010 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1AsylG abgewiesen, gem. § 8 Abs. 1 leg. cit. dieser Antrag auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigen in Bezug auf den Herkunftsstaat Gambia abgewiesen und unter Spruchteil III. der Antragsteller gem. § 10 Abs. 1 leg. cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Gambia ausgewiesen. In der Begründung des Bescheides wurden die oben bereits auszugsweise wiedergegebenen Einvernahmen zu dem zweiten Asylantrag dargestellt und Feststellungen zu Gambia getroffen. Beweiswürdigend wurde zu den Fluchtgründen ausgeführt, dass diese widersprüchlich wären und der Antragsteller nicht in der Lage gewesen sei, konkrete und nachvollziehbare Fluchtgründe darzulegen. Rechtlich begründend zu Spruchteil I. wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Antragstellers grundsätzlich als unwahr qualifiziert worden seien und daher das Bundesasylamt nach eingehender rechtlicher Würdigung zur Ansicht gelangt sei, dass es nicht glaubhaft sei, dass dem Antragsteller im Herkunftsstaat Verfolgung drohe. Wie unter Spruchteil II. ausgeführt, könne daher auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr im Sinne des § 50 FPG ausgegangen werden und bestünde auch kein Hinweis auf das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, wie eine lebensbedrohliche Erkrankung oder dergleichen, die eine Abschiebung im Sinne des Art. 3 EMRK unzulässig machen würden. Auch ergäbe sich aus den Feststellungen zur allgemeinen Lage im Gambia kein Hinweis, dass im gesamten Staatsgebiet eine derart extreme Gefahrenlage herrschen würde, die eine eine unmenschliche Behandlung bewirkende humanitäre Situation im gesamten Staatsgebiet bestehen würde und sei im Übrigen die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln und eine medizinische Basisversorgung in Gambia grundsätzlich gewährleistet und sei daher nicht feststellbar, dass der Antragsteller im Falle einer Abschiebung in eine aussichtlose Situation geraten würde. Zu Spruchteil III. wurde zunächst ausgeführt, dass der Antragsteller in Österreich kein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK führe. Zu seinem Privatleben wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass er von den österreichischen Gerichten mehrfach verurteilt worden sei. Außerdem sei er seinerzeit illegal eingereist und habe sich auch keine (zusätzlichen) beruflichen Kenntnisse angeeignet und sei er auch nicht selbsterhaltungsfähig. Es würden daher die öffentlichen Interessen an der Ausweisung die privaten Interessen an einem weiteren Verbleib in Österreich überwiegen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller vertreten durch Rechtsanwalt xxxx Beschwerde an den Asylgerichtshof. Darin wurde nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges und des Vorbringens des Beschwerdeführers darauf hingewiesen, dass die Beweiswürdigung willkürlich gewesen sei und gerade die eingeholten Länderberichte zeigen würden, dass die Fluchtgeschichte des Beschwerdeführers einen realen Hintergrund habe. Die Ursache der politischen Verfolgung des Beschwerdeführers durch den Präsidenten von Gambia sei nach wie vor aufrecht.
Überdies sei der Beschwerdeführer seit 2004 ununterbrochen in Österreich aufhältig und weise eine langjährige Integration auf und habe nunmehr sogar die gesetzliche Möglichkeit, einen Antrag auf Niederlassungsbewilligung aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen zu stellen. Der Beschwerdeführer habe jahrelang mit einer Österreicherin zusammengelebt, mit der er nach wie vor befreundet sei und würde auch Deutschkenntnisse im A2-Niveau aufweisen. Weiters habe er zahlreiche österreichische Freunde.
Das nunmehr zuständige Bundesverwaltungsgericht beraumte - nach Richterwechsel - für den 30.10.2014 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung an, zu der sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien entschuldigen ließ und der Beschwerdeführer in Begleitung seines ausgewiesenen Vertreters sowie seiner Lebensgefährtin xxxx erschien, deren Einvernahme als Zeugin zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers beantragt wurde. Der Beschwerdeführervertreter brachte vor, dass sich der Sachverhalt in den letzten zwei Jahren wesentlich geändert habe und zwar insoferne, als der Beschwerdeführer mit einer slowakischen Staatsbürgerin zusammenlebe und sie ein gemeinsames Kind, den minderjährigen xxxx hätten, der bereits über ein Jahr alt sei. Der Beschwerdeführer lebe mit seinem Kind und seiner Lebensgefährtin in xxxx. Die Lebensgefährtin sei als EWR-Bürgerin in Wien ordnungsgemäß gemeldet und dauernd aufenthaltsberechtigt. Der Beschwerdeführervertreter legte weiters eine Geburtsurkunde der Lebensgefährtin samt beglaubigter Übersetzung, eine Geburtsurkunde des gemeinsamen Sohnes, des Vaterschaftsanerkenntnisses, (weswegen der gemeinsame Sohn auch den Namen des Beschwerdeführers xxxx trage) samt Meldebestätigung vor.
In der Befragung hielt der Beschwerdeführer sein bisheriges Vorbringen aufrecht. Er wies darauf hin, dass er in Österreich nur zweimal verurteilt worden sei und zwar wegen Haschischrauchens. Er habe in Gambia keine Verwandten mehr und auch sonst nirgendwo. Er habe jedoch vor 7 Monaten das letzte Mal mit seiner Tante in Frankreich telefoniert und habe sei gemeint, dass die Situation in Gambia noch immer die gleiche sei. Seit dem Verlassen seines Herkunftsstaates im Jahr 2003 habe er nie mehr mit jemandem aus diesem Staat Kontakt gehabt. Er sei seit 2004 ununterbrochen in Österreich aufhältig und habe keinerlei gesundheitliche oder psychische Probleme.
Er wohne in Österreich mit seiner Familie zusammen und arbeite auch gelegentlich für die xxxx, zum Beispiel transportiere er Möbel. Er beziehe auch keine Grundversorgung mehr, sondern bekomme lediglich eine Unterstützung durch die xxxx. Eine Einstellungszusage habe er noch nicht. Er habe mehrere Deutschkurse besucht, einen Hauptschulabschluss oder einen Führerschein habe er bis jetzt noch nicht gemacht.
Seine jetzige Lebensgefährtin kenne er seit 2012. Seit ca. einem Jahr (Oktober 2013) lebe er mit ihr zusammen. Er habe die Absicht, sie zu heiraten. Seine Lebensgefährtin arbeite bei der Firma xxxx und betreue er das gemeinsame Kind. Seine Frau arbeite manchmal 8 Stunden und manchmal weniger. Sie würden sich die Hausarbeit und die Kinderbetreuung teilen. Er spiele oft mit seinem Sohn. Bei irgendwelchen Vereinen oder Institutionen sei er nicht. Er habe allerdings schon österreichische Freunde. Gefragt, warum er in Österreich straffällig geworden sei, gab er an, dass er Haschisch geraucht habe, dass dies aber jetzt vorbei sei und er jetzt eine Familie habe. Er habe auch keine falschen Identitäten verwendet. Für die Zukunft plane er, hier zu arbeiten. Er habe einen österreichischen Freund, dessen Vater eine Maler- und Anstreicher-Firma habe und möchte er dort arbeiten. Seine Probleme in Gambia würden nach wie vor bestehen. Er könnte dort nicht zurückkehren.
In der Folge wurde die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers nach Wahrheitserinnerung und Belehrung über die Entschlagungsgründe wie folgt befragt: Sie kenne diesen seit Anfang Juli 2002. Sie habe bei xxxxim xxxx gearbeitet. Dort habe sie ihn auch kennengelernt. Seit einem Jahr würde sie mit ihm ständig zusammenleben. Sie gab an, dass sie ohne ihn allein das Kind nicht betreuen könne und er überall helfe. Sie würden sich auch die Hausarbeit teilen. Sie sei noch in Karenz, aber ab Mai 2015 werde sie wieder arbeiten. Sie wären auch schon auf dem Standesamt gewesen und hätten sich erkundigt, welche Dokumente sie für eine Heirat vorlegen würden. Sie sprechen miteinander Deutsch und würden einander lieben. Sie wolle, dass ihr Lebensgefährte unbedingt in Österreich bleibe.
Festgehalten wurde, dass die Verständigung mit dem Beschwerdeführer großteils in deutscher Sprache erfolgt sei.
In der Folge zog der Beschwerdeführervertreter die Beschwerde zu den Spruchpunkten I. und II. zurück und beantragte die Ausweisung auf Dauer für unzulässig zu erklären. Dem Beschwerdeführervertreter wurde weiters aufgetragen innerhalb einer Frist von vier Wochen eine Einstellungszusage, Bestätigungen über Deutschkurse sowie allfällige weitere Integrationsunterlagen vorzulegen.
Nach Fristerstreckung legte der Beschwerdeführervertreter mit Schriftsatz vom 17.12.2014 ein Unterstützungsschreiben von Freunden des Beschwerdeführers als Integrationsnachweis, weiters ein Empfehlungsschreiben des xxxx sowie eine Anmeldung zu einem Deutschkurs vor und gab er an, dass der Beschwerdeführer bis dato keine Einstellungszusage erhalten habe, er jedoch sich in die Dienste der xxxx gestellt habe und dieser bei Spendenabholungen, Transporten und diversen Mal- und Reinigungsarbeiten unterstütze.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers :
Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Gambia und Angehöriger der Volksgruppe Mandingo. Er ist seit dem 10. Februar 2004 ununterbrochen in Österreich aufhältig. Er hat seit dem Verlassen Gambias im Jahre 2003 mit niemandem mehr aus seinem ursprünglichen Herkunftsstaat Kontakt. Lediglich mit einer Tante, die in Frankreich lebt, telefoniert er sporadisch. Als er Gambia verlassen hatte, war er dort noch Schüler. Er war in seinem Herkunftsland nicht beruflich tätig.
Infolge Zurückziehung der Beschwerde zu den Spruchpunkten I. (Asyl) und II. (subsidiärer Schutz) ist es nicht erforderlich, Feststellungen zu den Fluchtgründen zu treffen.
Er hat in Österreich mehrere Deutschkurse besucht, jedoch weder einen Führerschein oder eine sonstige weiterführende schulische oder Berufsausbildung. Er arbeitet jedoch für karitative Organisationen (xxxx) zum Beispiel bei Spendenabholungen, Transporten sowie diversen Mal- und Reinigungsarbeiten. Der Beschwerdeführer spricht schon gut Deutsch und war im Rahmen der Beschwerdeverhandlung vom 30.10.2014 weitgehend eine Verständigung in deutscher Sprache möglich. Der Beschwerdeführer lebt mit der slowakischen Staatsangehörigen xxxx, die als EU-Bürgerin in Österreich dauernd aufenthaltsberechtigt ist, seit Herbst 2013 in einer Lebensgemeinschaft. Die beiden kennen einander seit 2012. Sie haben ein gemeinsames Kind, nämlich den am xxxx geborenen xxxx, zu dem der Beschwerdeführer die Vaterschaft anerkannt hat. Der Beschwerdeführer betreut regelmäßig das Kleinkind und teilen sich die Lebensgefährten die Hausarbeit und die Kinderbetreuung. Es besteht daher ein enges Familienleben zwischen dem Beschwerdeführer, seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kleinkind. Seine Lebensgefährtin wird ab Mai 2015 wieder arbeiten und wird dann der Beschwerdeführer das Kind und den Haushalt allein betreuen. Er spricht mit seiner Lebensgefährtin ausschließlich Deutsch.
Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des BG Hernals Zl. xxxx vom 18.10.2010 wegen §§ 229 Abs. 1 und 231 Abs. 1 StGB sowie § 27 Abs. 1 Z 1 2. Fall und Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 6 Wochen bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren sowie mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 07.08.2013, Zahl xxxx wegen § 28 a Abs. 1,
5. und 6. Fall sowie § 28 a Abs. 2 Z 3 SMG iVm § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall sowie § 27 Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, davon 16 Monaten bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt, wobei der unbedingte Teil der Freiheitsstrafe bereits am 08.09.2013 vollstreckt hat.
In Anbetracht der Zurückziehung der Beschwerde zu den Spruchteilen I. und II. war es nicht erforderlich, länderspezifische Feststellungen zu treffen.
Beweis wurde erhoben durch Einvernahme des Asylwerbers (zu seinem ersten Asylantrag) durch das Bundesasylamt, Außenstelle Wien am 15.06.2004 und (zu seinem zweiten, verfahrensgegenständlichen Asylantrag) durch das Landespolizeikommando Wien, Abteilung für fremdenpolizeiliche Maßnahmen am 17.08.2010 und durch das Bundesasylamt, Außenstelle Wien, am 24.08.2010 und am 22.03.2012 sowie im Rahmen der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.10.2014, im Zuge derer auch die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers unter Wahrheitspflicht als Zeugin aussagte, durch Vorlage einer Geburtsurkunde und eine Anmeldebescheinigung für EWR-BürgerInnen der Lebensgefährtin, durch Vorlage einer Geburtsurkunde samt Vaterschaftsanerkenntnis des gemeinsamen Sohnes mj. xxxxsowie der Meldedaten des gemeinsamen Sohnes, durch Vorlage von Unterstützungsschreiben sowie einer Bestätigung über eine Deutschkursanmeldung durch den Beschwerdeführer bzw. seinen Vertreter und durch Einsichtnahme in den aktuellen Strafregisterauszug sowie das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 07.08.2013, Zahl xxxx im Volltext.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers sind seinen eigenen diesbezüglich glaubwürdigen Angaben zu entnehmen, die auch weitgehend mit den Aussagen der unter Wahrheitspflicht einvernommenen Lebensgefährtin des Beschwerdeführers übereinstimmen. Weiters finden die diesbezüglichen Aussagen zum Familienleben und zur Integration in den zahlreichen vom Beschwerdeführer bzw. seinem Vertreter diesbezüglich vorgelegte Urkunden Deckung. Die oben angeführten Verurteilungen ergeben sich aus dem Strafregisterauszug des Beschwerdeführers, wobei im vorliegenden Fall wegen mehrerer Aliasnamen, deren Herkunft unklar ist, eine Zuordnung der Straftaten zu dem Beschwerdeführer erst nach längeren Nachforschungen und Vergleichen möglich war.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 7 B-VG wird der Asylgerichtshof mit 01.01.2014 zum Verwaltungsgericht des Bundes und hat daher das vorliegende Beschwerdeverfahren zu führen.
Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG 2005 ist das Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 144/2013,am 01.01.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren.
Gemäß § 75 Abs. 19 Asylgesetz 2005 sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 01.01.2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen.
Gemäß § 75 Abs. 8 AsylG 2005 idgF ist § 10 idF BGBl. I Nr. 38/2011 auch auf alle am oder nach dem 01.01.2010 anhängige Verfahren nach
dem Asylgesetz 1997 ... anzuwenden, ...
Gemäß § 75 Abs. 20 1. Satz, 2. Fall und 2. Satz AsylG 2005 hat das Bundesverwaltungsgericht in jedem Übergangsverfahren nach Abs. 19 leg. cit. in dem es den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes bestätigt (Z1), zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist, oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesasylamt zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt nicht bindend. In den Fällen der Z 5 und 6 darf kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegen.
Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:
"Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."
Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterien hierfür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1).
Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff).
Weitgehende Unbescholtenheit gilt hingegen als wichtiges Element für die Annahme sozialer Integration (vgl. VwGH 05.07.2005, 2004/21/0124 u. a.; sowie Marx, Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG wegen Verwurzelung, ZAR, 2006, 261 ff).
Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in 2 Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zahl: B 328/07 und Zahl: B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Artikel 8 EMRK abzuwägen, wenn sie über eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom Verfassungsgerichtshof auch unterschiedliche - in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte - Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessensabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Artikel 8 EMRK einer Ausweisung entgegen steht:
1. Die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR vom 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zahl: 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; vom 16.09.2004, Ghiban, Zahl: 11103/03, NVwZ 2005, 1046),
2. Das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR vom 28.05.1985, Abdulaziz unter anderem, Zahl: 9214/80, 9473/81, 9478/81, EuGRZ 1985, 567; vom 20.06.2002, Al-Nashif, Zahl: 50963/99, ÖJZ 2003, 344; vom 22.04.1997, X, Y und Z, Zahl: 21830/93, ÖJZ 1998,
271) und dessen Intensität (EGMR vom 02.08.2001, Boultif, Zahl: 5423/00).
3. Die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. Den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR vom 04.10.2001, Adam, Zahl: 43359/98, EuGRZ 2002, 582; vom 09.10.2003, Slivenko, Zahl: 48321/99, EuGRZ 2006, 560; vom 16.06.2005, Sisojewa, Zahl: EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH vom 05.07.2005, Zahl: 2004/21/0124; vom 11.10.2005, Zahl: 2002/21/0124),
5. Die Bindungen zum Heimatstaat
6. Die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zum Beispiel EGMR vom 24.11.1998, Mitchell, Zahl: 40447/98; vom 11.04.2006, Useinov, Zahl: 61292/00), sowie
7. Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR vom 24.11.1998, Mitchell, Zahl: 40447/98; vom 05.09.2000, Solomon, Zahl: 44328/98; vom 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zahl: 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie und andere, Zahl:
265/07).
In diesem Zusammenhang ist auch besonders das Kindeswohl (vgl. auch Urteil des EGMR v. 28.06.2011, Nunez gegen Norwegen, Kammer IV, Bsw Nr. 55-597/09) zu berücksichtigen, das in diesem Zusammenhang auf Art. 3 der UN-Kinderrechtskonvention verweist, wo das Wohl des Kindes als vorrangiger Gesichtspunkt hervorgestrichen wird (vgl. z. B. auch AsylGH vom 17.04.2012, Zl. D3 401794-1/2008/9E, AsylGH vom 04.06.2012, Zl.: D3 414251-2/2011/5E u.a.).
Dabei ist auch auf die jüngste Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu verweisen (EGMR Urteil vom 16.04.2013, Udeh gg. Schweiz, Nr. 12020/09), wonach eine Ausweisung in einem zum Beschwerdeführer ähnlich gelagerten Fall, eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellt. Im genannte Urteil handelte es sich nämlich um einen Staatsbürger von Nigeria, der unter falscher Identität 2001 in die Schweiz eingereist war, zuvor in Österreich wegen Drogenhandels jedoch strafrechtlich verurteilt worden war und auch sein Asylantrag war abgewiesen worden. 2003 heiratete er eine Schweizer Staatsangehörige, mit der er gemeinsame Zwillingstöchter hat (2003 geboren); mittlerweile war er geschieden und hat mit einer anderen Schweizerin ein weiteres Kind. Der Beschwerdeführer wurde 2006 in Deutschland erneut wegen Drogenhandels zu 3 Jahren und sechs Monaten Haftstrafe verurteilt, jedoch bereits 2008 entlassen und ist wieder in die Schweiz zurückgekehrt. 2009 wurde gegen den Beschwerdeführer eine Ausweisungsanordnung erlassen. Laut EGMR liegt es aber im höherrangigen Interesse der Kinder, bei beiden Elternteilen aufzuwachsen, daher ist eine Aufenthaltsberechtigung in der Schweiz für den Beschwerdeführer die einzige Möglichkeit, um einen regelmäßigen Kontakt zu seinen Zwillingstöchtern aufrechthalten zu können. Unter Beachtung seiner familiären Beziehung zu seinen Kindern, seiner Straflosigkeit nach Begehung der schweren Straftat im Jahr 2006 und somit einer positiven Zukunftsprognose stellt der EGMR im Falle der Ausweisung des BF eine Verletzung von Art. 8 EMRK fest.
Der Beschwerdeführer führt ohne Zweifel ein sehr intensives Familienleben mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen, am xxxx geborenen, Sohn, wobei derzeit der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin sich die Kinderbetreuung (und Haushaltsführung) gleichrangig teilen, bei der für die nächste Zukunft zu erwartenden neuerlichen Berufstätigkeit der Lebensgefährtin jedoch die Betreuung vorrangig durch den Beschwerdeführer vorzunehmen sein wird, wobei schon nach allgemeiner Lebenserfahrung eine derartige persönliche Betreuung nicht durch eine elektronische Kommunikation ersetzt werden kann. (siehe diesbezüglich auch BVwG vom 23.10.2014, Zl. W159 1243009-3/15E).
Erstmals benannte der EGMR im Urteil Üner in Erweiterung der BOULTIF-Kriterien das Kindeswohl als eigenständiges Kriterium der Interessensabwägung. In diesem Urteil wurde das Kindeswohl (als untergeordnetes Element) sowie das sehr stark ausgeprägte Privat- und Familienleben des Vaters (noch) von den ebenfalls sehr gewichtigen öffentlichen Interessen an einem Aufenthaltsverbot überwogen. Im Urteil Rodrigues da Silva und Hoogkamer überwog das explizit genannte Kindeswohl die öffentlichen Interessen an einer Ausweisung. [...] Aus diesen Urteilen ist erkennbar, dass der EGMR in zunehmender Intensität die Bedeutung der Beziehung zwischen Kindern und dem Elternteil, welches die wichtigste Bezugsperson für diese ist, für das Kindeswohl anerkannt hat. Mit den Urteilen Nunez und Udeh hat der EGMR nunmehr hervorgehoben, dass es für das Kindeswohl von großer Bedeutung ist, mit beiden Elternteilen aufzuwachsen. Gleichzeitig wurde das Recht des Beschwerdeführers auf ein gemeinsames Leben (mit der Kernfamilie) als eines der grundlegenden Aspekte des Rechtes auf Achtung des Familienlebens hervorgehoben. In einer Gesamtbetrachtung, in der das Kindeswohl zu berücksichtigen ist, tritt jedoch die Frage, ob das Familienleben in einem Zeitpunkt entstanden ist (bzw. das Kind zu einem Zeitpunkt geboren wurde), in dem der Aufenthalt eines Elternteils unsicher war, in den Hintergrund (Chmielewski, Kindeswohl als Kriterium der Interessensabwägung, MIGRALEX, 03/2013, 71).
Wenn man den vorliegenden Fall mit dem Fall Udeh vergleicht, so fällt auf, dass der Zeitraum zwischen der Straftat und der Entscheidung im Fall Udeh wohl größer war (bis zum EGMR-Urteil knapp 5 Jahre), die Strafe jedoch eine weit höhere war als jene des Beschwerdeführers (42 statt 24 Monate) und auch die Intensität des Familienlebens bei dem Beschwerdeführer, der mit seiner Lebensgefährtin und dem kleinen Kind zusammenlebt und das kleine Kind auch tatsächlich intensiv betreut, wesentlich größer ist als im Fall Udeh, wo lediglich ein Besuchsrecht bestand. Auch war der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Fall Udeh deutlich nicht so lang wie jener des gegenständlichen Beschwerdeführers.
Wenn man die von dem Beschwerdeführer begangenen Straftaten analysiert, so handelt es sich bei der fast fünf Jahre vergangen Straftat um eine Urkundenunterdrückung und den Gebrauch eines fremden Ausweises sowie um einen Eigenkonsum, nur bei dem zweiten Urteil kam über den Eigenkonsum auch das Überlassen und Verschaffen von Suchtgift hinzu. Es gibt allerdings keine Hinweise darauf, dass es sich bei dem Suchtgift um etwas anderes als Haschisch gehandelt hat, hinsichtlich dessen in der politischen Diskussion von mehreren Parteien und Gruppierungen längst eine völlige Straffreiheit gefordert wurde. Insgesamt ist daher zu folgern, dass den von dem Beschwerdeführer begangenen Straftaten kein sehr hoher Unrechtsgehalt innewohnt.
Außerdem ist doch ein gewisses Wohlverhalten des Beschwerdeführers für einen gewissen, wenn auch relativ kurzen Zeitraum feststellbar und stimmt das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er nunmehr eine Familie hat und er deswegen Suchtgift meidet, durchaus zeitlich mit den objektiven Gegebenheiten zusammen, nämlich dass der Beschwerdeführer nach dem Vollzug des unbedingten Teils der Haftstrafe nunmehr in fester Lebensgemeinschaft mit seiner Lebensgefährtin, die einen guten persönlichen Eindruck vermitteln konnte, zusammenlebt und ist daher insgesamt bei Berücksichtigung aller individuellen Umstände von einer, wenn auch vorsichtigen positiven Zukunftsprognose auszugehen (siehe auch AsylGH v. 21.11.2013, D18 319670-1/2008/27E).
Aufgrund des dauernden Aufenthaltsrechtes seiner Frau und seines Sohnes in Österreich, welche niemals in Afrika gelebt hatten und des Umstandes, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat als Jugendlicher vor mehr als 11 Jahren verlassen hat und dort auch über keinerlei Familienanschluss mehr verfügt, sondern in seinem Herkunftsstaat als völlig entwurzelt zu bezeichnen ist, stellt eine Fortsetzung des Familienlebens im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers keine realistische Alternative dar (in diesem Sinne auch EGMR in seinem Urteil vom 16.04.2013, Udeh gegen die Schweiz, Nr. 12020/09, wo dieser ausgesprochen hat, dass es für seine in der Schweiz geborenen Töchter nicht zumutbar sei, ihrem Vater nach Nigeria zu folgen).
Der Beschwerdeführer hat sich schließlich auch insoferne in Österreich gut integriert, als er die deutsche Sprache zumindest gut beherrscht und einer unselbständigen Erwerbsarbeit bisher lediglich die ausländerbeschäftigungsrechtlichen Regelungen entgegenstanden, der Beschwerdeführer jedoch freiwillige Arbeit bei xxxx und der xxxx leistet und damit seinen Arbeitswillen und seine Arbeitsfähigkeit unter Beweis stellt.
Wenn der Beschwerdeführer auch mehrere Asylanträge gestellt hat, so ist doch festzuhalten, wenn es nicht gelingt, einen Fremden im Zuge eines langjährigen Aufenthaltes dauerhaft außer Landes zu schaffen, ein Abdrängen in die Illegalität bzw. eine dauerhafte Behinderung der Selbsterhaltungsfähigkeit auch als keine adäquate Reaktion erscheint (BVwG vom 23.10.2014, W159 1243009-3/15E u.a.).
Zusammenfassend war daher im Rahmen der Interessenabwägung zu befinden, dass im vorliegenden Fall auf Grund des intensiven Familienlebens, der langen Aufenthaltsdauer und der hohen Integration des Beschwerdeführers dem persönlichen Interesse des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an einer Rückkehrentscheidung der Vorzug zu geben war. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu bemerken, dass nunmehr nach der oben zitierten jüngeren Judikatur des EGMR (Fall Udeh) eine Priorität des Familienlebens, inbesondere des persönlichen Kontaktes von Kindern zu ihren Eltern und damit des Kindeswohls, gegenüber der Unbescholtenheit im Rahmen der Interessensabwägung zu erkennen ist.
Da die maßgeblichen Umstände in ihrem Wesen nicht bloß vorübergehend sind, war die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären (in diesem Sinne auch schon AsylGH vom 11.08.2009, Zl. B5 241.319-2/2009/3E, AsylGH vom 29.10.2009, Zl. D8 263154-0/2008/20E, AsylGH vom 09.11.2009, Zl. D7 242438-9/2008/20E, AsylGH vom 27.10.2009, Zl. E3 249.769-2/2009/5E, AsylGH vom 29.01.2010 D3 400226-1/2008/15E, u.a.).
Der Beschwerde zu Spruchteil III. des angefochtenen Bescheides war daher Folge zu geben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.
Vielmehr wurden die im vorliegenden Fall auftauchenden Rechtsfragen auf Basis der Rechtsprechung der Gerichte des öffentlichen Rechtes und insbesondere der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte gelöst und damit begründet. Im Übrigen stehen im vorliegenden Erkenntnis Tatsachenfragen, insbesondere Fragen der Integration und des Familienlebens im Vordergrund. Es liegen somit keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung vor.
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