UVP-G 2000 §3 Abs2
UVP-G 2000 §3 Abs7
UVP-G 2000 §3 Abs7a
UVP-G 2000 §40
UVP-G 2000 Anh.1 Z6 lita
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
UVP-G 2000 §3 Abs2
UVP-G 2000 §3 Abs7
UVP-G 2000 §3 Abs7a
UVP-G 2000 §40
UVP-G 2000 Anh.1 Z6 lita
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W143.2013228.1.00
Spruch:
W143 2013228-1/5E
Beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Magdalena HONSIG-ERLENBURG als Vorsitzende und die Richterin Mag. Michaela RUSSEGGER-REISENBERGER und die Richterin Mag. Dr. Barbara WEIß, LL.M. als Beisitzerinnen über die Beschwerden
des Herrn XXXX,
der Frau XXXX,
des Herrn XXXX,
der Frau XXXX und
der Frau XXXX
gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 18.09.2014, Zl. RU4-U-776/001-2014, mit dem festgestellt wurde, dass für das Vorhaben "Windpark Groß Schweinbarth" der Mag. XXXX eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, beschlossen:
A)
Die Beschwerden werden gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, idgF., i.V.m. § 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Mit Schreiben vom 25.08.2014 stellte die XXXX, vertreten durch Sattler & Schanda Rechtsanwälte, unter Vorlage von Projektunterlagen den Antrag gemäß § 3 Abs. 7 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000), BGBl. Nr. 697/1993 idgF, auf Feststellung durch die Niederösterreichische Landesregierung, ob für die Errichtung des Windparks Groß Schweinbarth eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei.
Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 18.09.2014, Zl. RU4-U-776/001-2014, wurde festgestellt, dass das Vorhaben "Windpark Groß Schweinbarth" den Tatbestand des § 3 Abs. 2 i. V.m. Anhang 1 Z 6a) UVP-G 2000 erfülle und daher einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden müsse.
Begründend wurde Nachstehendes ausgeführt: Es seien drei Windkraftanlagen der Type Vestas V 126 (3,3 MW) geplant, die eine Gesamtnennleistung von 9,9 MW aufweisen würden. Der Standort befinde sich außerhalb eines schutzwürdigen Gebietes des Anhanges 2 Kategorie A UVP-G 2000. Zusammen mit dem in einem geringen Abstand von 470 m gelegenen Windpark Matzen- Klein Harras, der eine Gesamtnennleistung von 14 MW aufweise, würde jedoch die Mengenschwelle von mindestens 20 MW Nennleistung erreicht bzw. überschritten. Die Tatbestände des Anhanges 1 Z. 6a und des - eine Kumulationsprüfung gebietenden - § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 seien erfüllt. Bei der Beurteilung des neuen Vorhabens komme der Frage nach Kumulationswirkungen mit dem bestehenden Windpark Matzen- Klein Harras zentrale Bedeutung zu. In der Einzelfallprüfung würden die naturschutzfachlichen und umwelthygienischen Schutzgutbetrachtungen der befragten Sachverständigen nachvollziehbar zu dem Ergebnis führen, dass zwischen den beiden Windparks ein räumlicher Wirkungszusammenhang vorliege. Es lasse sich berechtigt erwarten, dass die von den einzelnen Windräder verursachten Lärmemissionen kumulieren und die umliegenden Anrainer und Nachbarn einer erhöhten Lärmbelastung und Störung ausgesetzt seien, welche von diesen Menschen auch als erhebliche Beeinträchtigungen empfunden werden könnten. Ebenso könnten erhebliche Beeinträchtigungen für Tiere, insbesondere Vögel und Fledermäuse, durch das Vorhaben erwartet werden. Es könne daher angenommen werden, dass kumulierende, erheblich nachteilige Auswirkungen durch Lärm, respektive Lebensraumbeschneidung und -störungen, bei Realisierung des Vorhabens gegenüber den Schutzgütern Menschen und Tiere auftreten würden.
Gegen diesen Bescheid erhoben Herr XXXX und Frau XXXX mit Schreiben vom 02.10.2014 das Rechtsmittel der Beschwerde. Im Wesentlichen wurden die Beschwerden unter Bezugnahme auf den verfahrensgegenständlichen Bescheid wie folgt begründet: Es werde befürchtet, dass die Errichtung von drei Windkraftanlagen mit einer Nabenhöhe von 137 m und einem Rotordurchmesser von 126 m in unmittelbarer Nähe zum bereits befindlichen Windpark Matzen- Klein Harras zu einer Verstärkung der bei günstigen Windverhältnissen bereits jetzt schon hörbaren Rotorgeräusche und dadurch zu einer Beeinträchtigung der Lebensqualität führen würde. Wenn die drei Windkraftanlagen, die viel zu nahe vor der Wohnadresse der Beschwerdeführer in nord- östlicher Richtung am Hang liegen würden, in Betrieb gehen würden, würden die Beschwerdeführer einer erhöhten Lärmbelästigung ausgesetzt sein. Zudem würde auch der Ausblick auf die umliegende Landschaft durch die große Anzahl riesiger Windräder gestört werden. Durch die Errichtung der Windräder komme es zu einer Beeinträchtigung für Vögel und Fledermäuse.
Mit Schreiben vom 28.10.2014 erhoben Herr XXXX, Frau XXXX und Frau XXXX das Rechtsmittel der Beschwerde. Es wurde ausgeführt, dass unter Bezugnahme auf den verfahrensgegenständlichen Bescheid "Einspruch" gegen die geplante Errichtung von Windkraftanlagen im Gemeindegebiet Groß Schweinbarth erhoben werde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Antragstellerin plant die Errichtung des Windpark Groß Schweinbarth, bestehend aus 3 Windkraftanlagen des Anlagentyps Vestas, mit einer Nennleistung von jeweils 3,3 MW, somit mit einer Gesamtleistung von 9,9 MW. Das geplante Vorhaben liegt in keinem besonders geschützten Gebiet im Sinne der Kategorie A des Anhanges 2 UVP-G 2000.
Hinsichtlich der Beschwerdelegitimation des Herrn XXXX, der Frau XXXX, des Herrn XXXX, der Frau XXXXund der Frau XXXX ist festzustellen, dass Herr XXXX, Frau XXXX, Herr XXXX, Frau XXXX und Frau XXXX im Hinblick auf das geplante Vorhaben als Nachbarn zu werten sind. Nachbarn sind keine Parteien des Feststellungsverfahrens, sodass die Beschwerden unzulässig sind.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum geplanten Vorhaben und zur Unzulässigkeit der Beschwerden ergeben sich aus dem Akteninhalt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß Art. 131 Abs. 4 Z 2 lit. a B-VG i.V.m. § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen nach dem UVP-G 2000 das Bundesverwaltungsgericht.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt gemäß § 40 Abs. 2 UVP-G 2000 Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A)
Beschwerde an das Verwaltungsgericht können gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG nur Personen erheben, die in ihren Rechten verletzt zu sein behaupten. Dies kann nur auf jene Personen zutreffen, die bereits im vorangegangenen Verwaltungsverfahren Parteistellung hatten oder haben hätten müssen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, Anm. 4 zu § 18 VwGVG).
Gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 hat die Behörde auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Der Projektwerber/die Projektwerberin hat der Behörde Unterlagen vorzulegen, die zur Identifikation des Vorhabens und zur Abschätzung seiner Umweltauswirkungen ausreichen. Hat die Behörde eine Einzelfallprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen, so hat sie sich dabei hinsichtlich Prüftiefe und Prüfumfang auf eine Grobprüfung zu beschränken. Die Entscheidung ist innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen. Parteistellung und das Recht, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben, haben der Projektwerber/die Projektwerberin, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Vor der Entscheidung sind die mitwirkenden Behörden und das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zu hören. Die Entscheidung ist von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen und der Bescheid jedenfalls zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen und auf der Internetseite der UVP-Behörde, auf der Kundmachungen gemäß § 9 Abs. 4 erfolgen, zu veröffentlichen; der Bescheid ist als Download für sechs Wochen bereitzustellen. Die Standortgemeinde kann gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Revision an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Der Umweltanwalt und die mitwirkenden Behörden sind von der Verpflichtung zum Ersatz von Barauslagen befreit.
Aus dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 ergibt sich, dass einen zulässigen Antrag auf Feststellung, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, der Projektwerber, der Umweltanwalt oder die mitwirkende Behörde stellen kann. Parteistellung und das Recht, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben, haben auf Grund des Wortlautes des § 3 Abs. 7 leg. cit. der Projektwerber, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Gegen einen negativen UVP-Feststellungsbescheid ist auch eine anerkannte Umweltorganisation gemäß § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 berechtigt, Beschwerde an das BVwG zu erheben.
Nachbarn haben im UVP-Feststellungsverfahren daher weder Parteistellung, noch können sie in zulässiger Weise Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erheben, noch können sie einen zulässigen Antrag auf Einleitung eines solchen Feststellungsverfahrens stellen, was in (bisheriger) ständiger Judikatur des VwGH, des VfGH und des Umweltsenates immer wieder bestätigt wurde (VwGH vom 28.06.2005, 2004/05/0032; VwGH 27.09.2007, 2006/07/0066; VwGH 22.04.2009, 2009/04/0019; VfGH 23.11.2003, B 1212/02; US 30.07.2010, 7B/2010/4-28 Hofstätten/Raab).
Gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 haben Herr XXXX, Frau XXXX, Herr XXXX, Frau XXXX und Frau XXXX somit als Nachbarn weder Parteistellung noch können sie in zulässiger Weise Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erheben, womit die Beschwerden im Ergebnis zurückzuweisen sind.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art.133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt und zu der es keine eindeutige Rechtsprechung des VwGH gibt:
Die Frage, ob Nachbarn im UVP-Feststellungsverfahren nach der nationalen Rechtslage Parteistellung haben oder gar antragslegitimiert sind, ist auf Grund des eindeutigen Gesetzeswortlautes des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 und der (bisherigen) ständigen Judikatur des VwGH zu verneinen (VwGH 28.06.2005, 2004/05/0032; VwGH 27.09.2007, 2006/07/0066; VwGH 22.04.2009, 2009/04/0019).
Auf Grund der mit Beschluss des VwGH vom 16.10.2013, Zl. 2012/04/0040, dem EuGH vorgelegten Frage zur Vorabentscheidung betreffend die Unionsrechtswidrigkeit der Bindungswirkung eines negativen UVP-Feststellungsbescheides gegenüber Nachbarn sowie des Beschlusses des VwGH vom 30.01.2014, Zl. 2010/05/0173, betreffend die Aussetzung eines Verfahrens über einen negativen UVP-Feststellungsbescheid ist nach Ansicht des Gerichtes aber in Zweifel gezogen, ob der VwGH seine bisherige Judikaturlinie fortführen wird. Somit kann vom Vorliegen einer eindeutigen Rechtsprechung angesichts dieser Entwicklung nicht mehr ausgegangen werden, weshalb die Revision zuzulassen ist.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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