VfGH V248/2021

VfGHV248/202115.12.2021

Zurückweisung eines Individualantrages auf Aufhebung einer Bestimmung der Wiener COVID-19-Maßnahmenbegleitverordnung 2021 betreffend die Herabsetzung der Gültigkeitsdauer von PCR-Tests mangels Darlegung der aktuellen Betroffenheit

Normen

B-VG Art139 Abs1 Z3
COVID-19-MaßnahmenG §3, §4, §5, §7
Wr COVID-19-MaßnahmenbegleitV 2021 LGBl 33/2021 idF LGBl 48/2021
VfGG §7 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2021:V248.2021

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Antrag

Gestützt auf Art139 Abs1 Z3 B‑VG begehrt der Antragsteller mit seinem am 7. Oktober 2021 eingebrachten Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge die Wortfolge "… dessen Abnahme nicht mehr als 48 Stunden zurückliegen darf …" in §1 Abs2 Z1 der "Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über begleitende Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (LGBl 33/2021 idF LGBl 45/2021 bzw 48/2021)" als gesetzwidrig aufheben.

II. Rechtslage

1. §1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien über begleitende Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (Wiener COVID-19-Maßnahmenbegleitverordnung 2021), LGBl 33/2021, in der vom 1. Oktober 2021 bis zum Ablauf des 31. Oktober 2021 geltenden Fassung LGBl 48/2021 lautete (die angefochtene Wortfolge ist hervorgehoben):

"Auf Grund der §§3 Abs1, 4 Abs1, 4a Abs1, 5 Abs1 und 7 Abs2 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl I Nr 12/2020 in der Fassung BGBl I Nr 183/2021, wird verordnet:

 

Artikel I

Betreten und Befahren von bestimmten Orten und Betriebsstätten sowie Benützen von Verkehrsmitteln

 

§1. (1) Zusätzlich zu den Regelungen der 2. COVID-19-Maßnahmenverordnung ist das Betreten, Befahren und Benützen von

1. Reisebussen und Ausflugsschiffen im Gelegenheitsverkehr durch Kunden,

2. Betriebsstätten zur Inanspruchnahme von körpernahen Dienstleistungen (insbesondere Friseure, Masseure, Kosmetiker, Fußpfleger) durch Kunden,

3. Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe, soweit es sich nicht um Betriebsstätten gemäß §5 Abs1a der 2. COVID-19-Maßnahmenverordnung handelt, zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen des Gastgewerbes durch Kunden,

4. Unterkunftsstätten, die unter der Leitung oder Aufsicht des Unterkunftgebers oder eines von diesem Beauftragten stehen und zur entgeltlichen oder unentgeltlichen Unterbringung von Gästen zu vorübergehendem Aufenthalt bestimmt sind, und beaufsichtigten Camping- oder Wohnwagenstellplätzen, Schutzhütten und Kabinenschiffen jeweils beim erstmaligen Betreten durch Kunden,

5. nicht öffentlichen Anlagen, die ausschließlich oder überwiegend für die körperliche Aktivität sowie die Betätigung im sportlichen Wettkampf oder im Training bestimmt sind (zB Sporthallen, Sportplätze, spezielle Anlagen für einzelne Sportarten), einschließlich den, dem Betrieb der Anlage oder der Vorbereitung für die Benützung der Anlage dienenden Einrichtungen, Bauten und Räumlichkeiten (nicht öffentliche Sportstätten) durch Kunden,

6. Schaustellerbetrieben, Freizeit- und Vergnügungsparks, Freibädern, Hallenbädern, Warmsprudelbädern (Whirlpools), Warmsprudelwannen (Whirlwannen), Saunaanlagen, Warmluft- und Dampfbädern, Bädern an Oberflächengewässern (sofern an diesen ein Badebetrieb stattfindet), Kleinbadeteichen, Tanzschulen, Wettbüros, Automatenbetrieben, Spielhallen und Casinos, Schaubergwerken, Einrichtungen zur Ausübung der Prostitution, Indoorspielplätzen, Paintballanlagen, Museumsbahnen, Tierparks, Zoos und botanischen Gärten, Theatern, Kinos, Varietees, Kabaretts, Konzertsälen und Konzertarenen durch Kunden,

7. Alten- und Pflegeheimen sowie stationären Wohneinrichtungen der Behindertenhilfe durch Besucher und Begleitpersonen, externe Dienstleister, Bewohnervertreter nach dem Heimaufenthaltsgesetz, Patienten-, Behinderten- und Pflegeanwälte, Organe der Pflegeaufsicht zur Wahrnehmung der nach landesgesetzlichen Vorschriften vorgesehenen Aufgaben sowie durch Mitglieder von eingerichteten Kommissionen zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte (Fakultativprotokoll zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, BGBl III Nr 190/2012, sowie Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, BGBl III Nr 155/2008),

8. Krankenanstalten und Kuranstalten durch Besucher und Begleitpersonen sowie externe Dienstleister mit Patienten- und Besucherkontakt,

9. Fach- und Publikumsmessen durch Kunden und

10. Verkaufsveranstaltungen, zu denen saisonal oder in größeren Abständen als einmal monatlich und nicht länger als zehn Wochen an einem bestimmten Platz Erzeuger, Händler, Betreiber von Gastgewerben oder Schaustellerbetrieben zusammenkommen, um Dienstleistungen anzubieten (Gelegenheitsmärkte) durch Kunden sowie

11. das Teilnehmen an Zusammenkünften mit mehr als 25 Teilnehmern, an Zusammenkünften im Rahmen der außerschulischen Jugenderziehung und Jugendarbeit oder im Rahmen von betreuten Ferienlagern

nur unter den Voraussetzungen des Abs2 zulässig.

 

(2) Dem Betreiber der Einrichtung oder Betriebsstätte, dem Verantwortlichen für einen bestimmten Ort oder dem Verantwortlichen für eine Zusammenkunft ist

1. ein negatives Testergebnis eines molekularbiologischen Tests auf SARS-CoV-2 (PCR-Test), dessen Abnahme nicht mehr als 48 Stunden zurückliegen darf, in Form eines

a) Zertifikates gemäß §4c Epidemiegesetz 1950,

b) Nachweises einer befugten Stelle,

c) Nachweises gemäß §3 Z8 der COVID-19-Schulverordnung 2021/22 (Corona-Testpass),

2. ein Genesungszertifikat gemäß §4d Epidemiegesetz 1950 betreffend eine in den letzten 180 Tagen überstandene Infektion mit SARS-CoV-2,

3. ein Impfzertifikat gemäß §4e Epidemiegesetz 1950 betreffend eine mit einem zentral zugelassenen Impfstoff gegen COVID-19 erfolgte

a) Zweitimpfung, wobei diese nicht länger als 360 Tage zurückliegen darf und zwischen der Erst- und Zweitimpfung mindestens 14 Tage verstrichen sein müssen,

b) Impfung ab dem 22. Tag nach der Impfung bei Impfstoffen, bei denen nur eine Impfung vorgesehen ist, wobei diese nicht länger als 270 Tage zurückliegen darf,

c) Impfung, sofern mindestens 21 Tage vor der Impfung ein positiver molekularbiologischer Test auf SARS-CoV-2 bzw vor der Impfung ein Nachweis über neutralisierende Antikörper vorlag, wobei die Impfung nicht länger als 360 Tage zurückliegen darf,

d) weitere Impfung, wobei diese nicht länger als 360 Tage zurückliegen darf und zwischen dieser und einer Impfung im Sinne der lita, b oder c mindestens 120 Tage verstrichen sein müssen,

4. ein Internationaler Impfpass gemäß Art36 in Verbindung mit Anlage 6 der Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005), BGBl III Nr 98/2008 in der Fassung BGBl III Nr 182/2016, in dem eine der in Z3 genannten Impfungen eingetragen ist,

5. ein Absonderungsbescheid, wenn dieser für eine in den letzten 180 Tagen vor der vorgesehenen Testung nachweislich mit SARS-CoV-2 infizierte Person ausgestellt wurde, oder

6. ein Nachweis über neutralisierende Antikörper, der nicht älter als 90 Tage sein darf,

vorzuweisen und für die gesamte Dauer des Aufenthalts bereitzuhalten.

 

(3) Zusätzlich zu §4 Abs1a der 2. COVID-19-Maßnahmenverordnung haben Kunden beim Betreten, Befahren und Verweilen in Kundenbereichen von Betriebsstätten in geschlossenen Räumen sowie in Verbindungsbauwerken baulich verbundener Betriebsstätten (zB Einkaufszentren, Markthallen) eine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard zu tragen.

 

(4) Abs3 gilt auch für

1. Museen, Kunsthallen und kulturelle Ausstellungshäuser sowie

2. Bibliotheken, Büchereien und Archive.

Besucher von Theatern, Kinos, Varietees, Kabaretts, Konzertsälen- und Arenen sowie von Einrichtungen zur Religionsausübung haben in geschlossenen Räumen eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende und eng anliegende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen. Dies gilt nicht für Zusammenkünfte gemäß Abs6.

 

(5) Zusätzlich zu §5 Abs1a der 2. COVID-19-Maßnahmenverordnung ist das Betreten, Befahren und Benützen von Betriebsstätten der Gastgewerbe, in denen mit einer vermehrten Durchmischung und Interaktion der Kunden zu rechnen ist (Einrichtungen der 'Nachtgastronomie'), wie insbesondere Diskotheken, Clubs und Tanzlokale zum Zwecke des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen nur unter folgenden Voraussetzungen zulässig:

Dem Inhaber, Betreiber der Einrichtung oder Betriebsstätte oder dem Verantwortlichen ist

1. ein Genesungszertifikat gemäß §4d Epidemiegesetz 1950 betreffend eine in den letzten 180 Tagen überstandene Infektion mit SARS-CoV-2,

2.ein Impfzertifikat gemäß §4e Epidemiegesetz 1950 betreffend eine mit einem zentral zugelassenen Impfstoff gegen COVID-19 erfolgte

a) Zweitimpfung, wobei diese nicht länger als 360 Tage zurückliegen darf und zwischen der Erst- und Zweitimpfung mindestens 14 Tage verstrichen sein müssen,

b) Impfung ab dem 22. Tag nach der Impfung bei Impfstoffen, bei denen nur eine Impfung vorgesehen ist, wobei diese nicht länger als 270 Tage zurückliegen darf,

c) Impfung, sofern mindestens 21 Tage vor der Impfung ein positiver molekularbiologischer Test auf SARS-CoV-2 bzw vor der Impfung ein Nachweis über neutralisierende Antikörper vorlag, wobei die Impfung nicht länger als 360 Tage zurückliegen darf,

d) weitere Impfung, wobei diese nicht länger als 360 Tage zurückliegen darf und zwischen dieser und einer Impfung im Sinne der lita, b oder c mindestens 120 Tage verstrichen sein müssen,

3. ein Internationaler Impfpass gemäß Art36 in Verbindung mit Anlage 6 der Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005), BGBl III Nr 98/2008 in der Fassung BGBl III Nr 182/2016, in dem eine der in Z2 genannten Impfungen eingetragen ist,

4. ein Absonderungsbescheid, wenn dieser für eine in den letzten 180 Tagen vor der vorgesehenen Testung nachweislich mit SARS-CoV-2 infizierte Person ausgestellt wurde, oder

5.ein Nachweis über neutralisierende Antikörper, der nicht älter als 90 Tage sein darf,

vorzuweisen. Die Zertifikate bzw Nachweise sind für die gesamte Dauer des Aufenthalts bereitzuhalten.

 

(6) Zusätzlich zu §12 der 2. COVID-19-Maßnahmenverordnung sind Zusammenkünfte mit mehr als 500 Teilnehmern nur zulässig, wenn der Verantwortliche die Teilnehmer nur einlässt, wenn sie

1. ein Genesungszertifikat gemäß §4d Epidemiegesetz 1950 betreffend eine in den letzten 180 Tagen überstandene Infektion mit SARS-CoV-2,

2. ein Impfzertifikat gemäß §4e Epidemiegesetz 1950 betreffend eine mit einem zentral zugelassenen Impfstoff gegen COVID-19 erfolgte

a) Zweitimpfung, wobei diese nicht länger als 360 Tage zurückliegen darf und zwischen der Erst- und Zweitimpfung mindestens 14 Tage verstrichen sein müssen,

b) Impfung ab dem 22. Tag nach der Impfung bei Impfstoffen, bei denen nur eine Impfung vorgesehen ist, wobei diese nicht länger als 270 Tage zurückliegen darf,

c) Impfung, sofern mindestens 21 Tage vor der Impfung ein positiver molekularbiologischer Test auf SARS-CoV-2 bzw vor der Impfung ein Nachweis über neutralisierende Antikörper vorlag, wobei die Impfung nicht länger als 360 Tage zurückliegen darf,

d) weitere Impfung, wobei diese nicht länger als 360 Tage zurückliegen darf und zwischen dieser und einer Impfung im Sinne der lita, b oder c mindestens 120 Tage verstrichen sein müssen,

3. einen Internationalen Impfpass gemäß Art36 in Verbindung mit Anlage 6 der Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005), BGBl III Nr 98/2008 in der Fassung BGBl III Nr 182/2016, in dem eine der in Z2 genannten Impfungen eingetragen ist,

4. einen Absonderungsbescheid, wenn dieser für eine in den letzten 180 Tagen vor der vorgesehenen Testung nachweislich mit SARS-CoV-2 infizierte Person ausgestellt wurde, oder

5. ein Nachweis über neutralisierende Antikörper, der nicht älter als 90 Tage sein darf,

vorweisen. Die Zertifikate bzw Nachweise sind für die gesamte Dauer des Aufenthalts bereitzuhalten."

 

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Der Antragsteller bringt zu seiner Antragslegitimation der Sache nach vor, er sei nicht geimpft, lasse sich jedoch regelmäßig mittels PCR-Test untersuchen und sei bislang stets negativ getestet worden. Durch die angefochtene Regelung sei er gezwungen, sich in Wien häufiger als im übrigen Bundesgebiet, für welches §1 Abs2 Z1 litc der 2. COVID-19-Maßnahmenverordnung idF BGBl II 396/2021 die Gültigkeit eines PCR-Tests mit 72 Stunden festlege, PCR-testen zu lassen. In Wien könne er die in §1 Abs1 der angefochtenen Verordnung bezeichneten Orte nur mit PCR-Test besuchen, wenn die Testung nicht mehr als 48 Stunden zurückliege. Dies stelle einen massiven Eingriff in seine Bewegungsfreiheit dar. Der Antragsteller sei unmittelbar durch die angefochtene Norm betroffen, weil er ausschließlich auf Grund der Tatsache, dass er nicht geimpft oder genesen sei, "dieser Verpflichtung […] ungeachtet der Frage, ob er aus epidemiologischer Sicht infektiös [sei] oder nachweislich […] 'eine geringe epidemiologische Gefahr' darstell[e]", unterworfen sei. Es sei ihm in Wien im Unterschied zu anderen Bundesländern allein auf Grund seines Impfstatus verwehrt, die in §1 Abs1 der angefochtenen Verordnung bezeichneten Orte zu betreten, "wenn sein PCR-Test jünger als 72 Stunden aber älter als 48 Stunden nach der Testung" sei. Er sei dadurch insbesondere in seinem Recht auf Freizügigkeit beschränkt. Die Provozierung eines Strafverfahrens zum Zweck, den Verfassungsgerichtshof anrufen zu können, sei ihm nicht zumutbar.

2. Der Landeshauptmann von Wien hat eine Äußerung erstattet, in der er dem Vorbringen des Antragstellers entgegentritt und insbesondere die Zulässigkeit des Antrages infolge zu eng gewählten Anfechtungsumfangs bestreitet:

"Der Wiener Landeshauptmann ist der Auffassung, dass durch die Feststellung, dass die Wendung 'dessen Abnahme nicht mehr als 48 Stunden zurückliegen darf' gesetz- bzw verfassungswidrig war, der verbleibende Teil der Norm sowohl einen völlig veränderten Sinn bekommen würde als auch einen Sinn, der dem Verordnungsgeber nicht zuges[o]nn[en] werden kann. Diese Feststellung der Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Wendung durch den Verfassungsgerichtshof hätte zur Folge, dass diese Wendung nicht mehr anzuwenden ist. Der verbleibende Torso dieser Bestimmung wäre jedoch in einem allfälligen Strafverfahren weiterhin anzuwenden. Je nach Interpretation der Bestimmung würde die Feststellung in diesem Zusammenhang bewirken, dass - da für die Vorlage des Testergebnisses überhaupt keine Gültigkeitsdauer festgelegt wäre - die Norm entweder ins Leere ginge, was dem Verordnungsgeber keinesfalls zuges[o]nn[en] werden kann, oder dass für den Beschuldigten die Bestimmungen auf Bundesebene - und zwar §1 Abs2 Z1 litc der 2. Covid-19-Maßnahmenverordnung, BGBl II Nr 278/2021 in der Fassung der Novelle BGBl II Nr 396/2021 (72 Stundenfrist) - über die Dauer der Gültigkeit der PCR-Tests gelten würden. Dem Landeshauptmann von Wien kann aber weder die Intention, eine gleichartige Regelung wie auf Bundesebene erlassen zu wollen (dies wäre im Hinblick auf §7 Abs2 COVID-19-Maßnahmengesetz - COVID-19-MG unzulässig; […]), noch die Intention, eine unvollständige Norm ohne Frist und damit eine ins Leere gehende Bestimmung erlassen zu wollen, unterstellt werden (die zuletzt genannte Regelung wäre sinnlos). Der Antrag ist daher unzulässig."

 

IV. Zulässigkeit

1. Der Antrag ist nicht zulässig.

2. Gemäß Art139 Abs1 Z3 B‐VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art139 Abs1 Z3 B‑VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung – im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit – verletzt.

Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 13.944/1994, 15.234/1998, 15.947/2000).

3. Nach §57 Abs1 letzter Satz VfGG muss der Individualantrag, eine Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben, darlegen, inwieweit die angefochtenen Verordnungsregelungen unmittelbar und aktuell in die Rechtssphäre des Antragstellers eingreifen. Bei der Prüfung der aktuellen Betroffenheit hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu untersuchen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 Z3 B‑VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl zB VfSlg 10.353/1985, 14.227/1995, 15.306/1998, 16.890/2003, 18.357/2008, 19.919/2014, 19.971/2015). Das Erfordernis solcher Darlegungen durch den Antragsteller besteht auch dann, wenn bestimmte Annahmen im Hinblick auf die maßgebliche Situation naheliegen mögen (vgl VfSlg 14.309/1995, 14.817/1997, 19.613/2011; VfGH 23.9.2020, V377/2020; 1.10.2020, V463/2020), sodass rein abstrakte Behauptungen, in den Anwendungsbereich einer Norm zu fallen, dem Inhaltserfordernis des §57 Abs1 letzter Satz VfGG nicht genügen. Anträge, die dem Erfordernis des §57 Abs1 VfGG nicht entsprechen, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl VfSlg 14.320/1995, 14.526/1996, 15.977/2000, 18.235/2007) nicht im Sinne von §18 VfGG verbesserungsfähig, sondern als unzulässig zurückzuweisen (vgl etwa VfSlg 12.797/1991, 13.717/1994, 17.111/2004, 18.187/2007, 19.5050/2011, 19.721/2012; VfGH 23.9.2020, V377/2020; 1.10.2020, V403/2020; 1.10.2020, V405/2020; 1.10.2020, V463/2020).

4. §1 Abs1 Wiener COVID-19-Maßnahmenbegleitverordnung 2021 ordnet an, dass das Betreten, Befahren und Benützen taxativ aufgezählter Einrichtungen, Betriebsstätten, Orte und Zusammenkünfte "nur unter den Voraussetzungen des Abs2 zulässig ist". Gemäß §1 Abs2 Wiener COVID-19-Maßnahmenbegleitverordnung 2021 ist dem Betreiber der genannten Einrichtungen oder Betriebsstätten bzw dem Verantwortlichen für die genannten Orte oder Zusammenkünfte alternativ einer der taxativ aufgezählten Nachweise vorzuweisen und für die gesamte Dauer des Aufenthaltes bereitzuhalten. Diese Nachweispflicht knüpft daher an das Betreten, Befahren oder Benützen einer der Einrichtungen, Betriebsstätten, Orte oder Zusammenkünfte nach §1 Abs1 der Verordnung an.

5. Der Antragsteller begründet seine unmittelbare Betroffenheit durch die angefochtene Verordnungsbestimmung damit, dass er in Wien "die gemäß §1 Abs1 Wiener COVID-19-Maßnahmenbegleitverordnung 2021 bezeichneten Orte" mit PCR-Test nur besuchen könne, wenn die Testung nicht mehr als 48 Stunden zurückliege.

6. Mit dieser bloß abstrakten Behauptung, "die gemäß §1 Abs1 Wiener COVID-19-Maßnahmenbegleitverordnung 2021 bezeichneten Orte" nur eingeschränkt betreten zu dürfen, genügt der Antragsteller seiner Pflicht zur Konkretisierung seiner – aktuellen – Betroffenheit nicht (vgl VfGH 23.2.2021, V533/2020). Der Antragsteller hat nämlich nicht konkret dargetan, inwiefern er zumindest eine der von §1 Abs1 der angefochtenen Verordnung erfassten Einrichtungen, Betriebsstätten, Orte oder Zusammenkünfte aktuell hätte betreten, befahren oder benützen wollen. Das Erfordernis solcher Darlegungen durch den Antragsteller besteht nach ständiger Rechtsprechung nämlich auch dann, wenn bestimmte Annahmen im Hinblick auf die maßgebliche Situation naheliegen mögen (vgl VfSlg 14.309/1995, 14.817/1997, 19.613/2011; VfGH 23.9.2020, V377/2020; 1.10.2020, V463/2020).

7. Der Antrag erweist sich daher schon aus diesem Grund als unzulässig. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage, ob der Antrag überdies auch infolge zu eng gewählten Anfechtungsumfanges unzulässig ist.

V. Ergebnis

1. Der Antrag wird als unzulässig zurückgewiesen.

2. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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