VfGH G355/2020 ua

VfGHG355/2020 ua9.3.2021

Aufhebung einer Bestimmung des StaatsbürgerschaftsG 1985 betreffend das Verleihungshindernis für die österreichische Staatsbürgerschaft wegen jeder (rechtskräftigen und nicht getilgten) Bestrafung nach dem Niederlassungs- und AufenthaltsG; keine sachliche Rechtfertigung für den eine gravierende Rechtsfolge darstellenden Ausschluss von der Verleihung der Staatsbürgerschaft selbst bei geringfügigen Übertretungen des NAG

Normen

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 Z1 lita
StbG 1985 §10 Abs2 Z1
FremdenpolizeiG 2005 §53 Abs2 Z3
NAG
VfGG §7 Abs1, §19 Abs3 Z4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2021:G355.2020

 

Spruch:

I. 1. Die Ziffern- und Zeichenfolge "3, " in §10 Abs2 Z1 Bundesgesetz über die österreichische Staatsbürgerschaft (Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 – StbG), BGBl Nr 311/1985 (WV), idF BGBl I Nr 38/2011 wird als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2021 in Kraft.

3. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

II. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anträge

Mit den zu G355/2020, G389/2020 und G26/2021 protokollierten, jeweils auf Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG iVm Art89 Abs2 iVm Art135 Abs4 B‑VG iVm §62 VfGG gestützten Anträgen begehrt das Verwaltungsgericht Wien jeweils,

"die Ziffer[n]- und Zeichenfolge '3, ' in §10 Abs2 Z1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBI. Nr 311/1985, in der Fassung der Novelle BGBl I Nr 38/2011"

 

als verfassungswidrig aufzuheben und stellt jeweils mehrere, teils unterschiedliche Eventualanträge.

II. Rechtslage

Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar (die in den Anträgen angefochtene Ziffern- und Zeichenfolge ist hervorgehoben):

1. §10 Abs2 Z1 des Bundesgesetzes über die österreichische Staatsbürgerschaft (Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 – StbG), BGBl 311/1985 (WV), idF BGBl I 38/2011 lautet:

"Verleihung

§10. (1) […]

(2) Die Staatsbürgerschaft darf einem Fremden nicht verliehen werden, wenn

1. bestimmte Tatsachen gemäß §53 Abs2 Z2, 3, 5, 8, 9 und Abs3 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl I Nr 100, vorliegen; §53 Abs5 FPG gilt;

2. […]"

2. §53 Abs2 Z3 des Bundesgesetzes über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel (Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG), BGBl I 100/2005, idF BGBl I 68/2013 lautet:

"Einreiseverbot

 

§53. (1) […]

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs1 ist, vorbehaltlich des Abs3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art8 Abs2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. […]

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs3 genannte Übertretung handelt;

4. […]"

III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1.1. Dem zu G355/2020 protokollierten Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Beschwerdeführer im Anlassverfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien, ein nepalesischer Staatsangehöriger, der seit dem Jahr 2012 rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig ist, kann Sprachkenntnisse auf dem Niveau B2 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen nachweisen und ist strafrechtlich unbescholten. Die von ihm im August 2014 eingegangene Ehe wurde mit 23. Dezember 2016 geschieden. Er meldete die Scheidung am 7. Februar 2017 und somit nicht innerhalb der Monatsfrist des §27 Abs4 NAG, sondern mit einer rund zweiwöchigen Verspätung, dem Landeshauptmann von Wien als der nach dem NAG dafür zuständigen Behörde. Auf Grund dieser Tatsache verhängte der Magistrat der Stadt Wien mit Strafverfügung vom 17. März 2017 über den Beschwerdeführer im Anlassverfahren eine Geldstrafe in Höhe von € 50,– (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Stunden) und somit die gesetzliche Mindeststrafe. Die Strafverfügung wurde mit 5. April 2017 rechtskräftig. Dies stellt die einzige Verwaltungsübertretung des Beschwerdeführers im Anlassverfahren dar. In weiterer Folge wurde sein Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft mit Verweis auf die Übertretung des §77 Abs1 Z5 iVm §27 Abs4 NAG abgewiesen.

1.2. Dem zu G389/2020 protokollierten Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Beschwerdeführer im Anlassverfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien, ein ungarischer Staatsangehöriger, der zumindest seit dem Jahr 2012 rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig ist, ist strafrechtlich unbescholten. Mit Strafverfügung des Magistrats der Stadt Wien vom 11. Jänner 2019 wurde ihm zur Last gelegt, dass er sich als ungarischer Staatsangehöriger länger als drei Monate im Bundesgebiet aufgehalten und es unterlassen habe, den Aufenthalt bzw die Einreise anzuzeigen und eine Anmeldebescheinigung nach §53 NAG zu beantragen, obwohl er dazu binnen vier Monaten ab Einreise in das Bundesgebiet verpflichtet gewesen wäre, und über ihn eine Geldstrafe in Höhe von € 50,– (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Stunden) und somit die gesetzliche Mindeststrafe verhängt. Die Strafverfügung wurde mit 2. Februar 2019 rechtskräftig. Sein am 14. Mai 2019 gestellter Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft wurde mit Verweis auf die Übertretung des §77 Abs1 Z4 iVm §53 Abs1 NAG abgewiesen.

1.3. Dem zu G26/2021 protokollierten Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Beschwerdeführerin im Anlassverfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien, eine ukrainische Staatsangehörige, die seit 30. März 2010 rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig ist, kann Sprachkenntnisse auf dem Niveau B2 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen nachweisen und ist strafrechtlich unbescholten. Die auf Grund ihrer im Mai 2019 mit einem (österreichischen) Staatsbürger eingegangenen Ehe erfolgte Familiennamensänderung meldete sie am 5. November 2019 und somit nicht unverzüglich gemäß §19 Abs11 NAG dem Landeshauptmann von Wien als der nach dem NAG dafür zuständigen Behörde. Auf Grund dieser Tatsache verhängte der Magistrat der Stadt Wien mit Strafverfügung vom 5. Mai 2020 über die Beschwerdeführerin im Anlassverfahren eine Geldstrafe in Höhe von € 50,– (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Stunden) und somit die gesetzliche Mindeststrafe. Dies stellt die einzige Verwaltungsübertretung der Beschwerdeführerin im Anlassverfahren dar. In weiterer Folge wurde ihr Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft mit Verweis auf die Übertretung des §77 Abs1 Z5 iVm §19 Abs11 NAG abgewiesen.

2. Im Zuge der Behandlung der Beschwerden gegen die abweisenden Bescheide sind im Verwaltungsgericht Wien in den Anlassverfahren jeweils Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des Verweises in §10 Abs2 Z1 StbG auf bestimmte Tatsachen gemäß §53 Abs2 Z3 FPG entstanden. Dieser führe dazu, dass jedwede rechtskräftige Bestrafung wegen einer Übertretung des NAG bis zum Ablauf der fünfjährigen Tilgungsfrist dem Erwerb der Staatsbürgerschaft entgegenstehe. Ein solches Einbürgerungshindernis verstoße gegen (das Sachlichkeitsgebot des) ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973.

Begründend bringt das Verwaltungsgericht Wien in den Anträgen jeweils übereinstimmend vor, §10 Abs2 Z1 StbG ordne an, dass die Staatsbürgerschaft (auf Grund des Bezuges auf "Fremde" in §10 Abs2 StbG auch einem Angehörigen eines EU-Mitgliedstaates) dann nicht verliehen werden dürfe, wenn eine "bestimmte Tatsache" unter anderem gemäß §53 Abs2 Z3 FPG vorliege. Es komme sohin lediglich darauf an, ob eine (nicht getilgte) rechtskräftige Bestrafung des Verleihungswerbers wegen einer Verwaltungsübertretung des NAG bestehe; eine Interessenabwägung sei nicht vorgesehen. Es liege ein absolutes Verleihungshindernis vor, das bis zur Tilgung der Verwaltungsstrafe – also fünf Jahre ab Rechtskraft – bestehen bleibe. Dies gelte auch in jenen Fällen, in denen wegen der Verletzung einer bloßen Meldeverpflichtung eine äußerst geringe Strafe verhängt worden sei. Eine Differenzierung etwa nach der Höhe der Verwaltungsstrafe oder der Art der Verwaltungsübertretung sei nicht möglich. Einerseits lasse der Gesetzgeber zwar die Verhängung äußerst geringer Strafen zu, womit er ausdrücke, dass der Schuld- und Unrechtsgehalt solcher Verwaltungsübertretungen nicht zwangsläufig als besonders gewichtig zu bewerten sei. Andererseits knüpfe er an eine rechtskräftige Bestrafung die einschneidende Rechtsfolge des absoluten Ausschlusses vom Erwerb der Staatsbürgerschaft für einen Zeitraum von fünf Jahren.

Zudem sei §10 Abs2 StbG in sich widersprüchlich. Während durch den Verweis in §10 Abs2 Z1 StbG auf §53 Abs2 Z3 FPG jegliche rechtskräftige Bestrafung wegen einer Übertretung des NAG zur Verweigerung der Staatsbürgerschaft führe, ordne §10 Abs2 Z2 StbG an, dass die Staatsbürgerschaft an einen Fremden nicht verliehen werden dürfe, wenn dieser wegen einer schwerwiegenden Verwaltungsübertretung des NAG mit besonderem Unrechtsgehalt rechtskräftig bestraft worden sei. Auf Grund von §10 Abs2 Z1 StbG bleibe aber für §10 Abs2 Z2 StbG, soweit dieser auf eine Übertretung des NAG verweise, kein Anwendungsbereich.

3. Die Bundesregierung hat jeweils eine Äußerung erstattet, in der sie die Zulässigkeit der (Haupt-)Anträge nicht bestreitet, in der Sache aber den in den Anträgen erhobenen Bedenken entgegentritt und im Wesentlichen ausführt, dass es dem Gesetzgeber im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes freistehe, jedwede rechtskräftige Bestrafung wegen einer Übertretung des NAG als der Verleihung der Staatsbürgerschaft entgegenstehend festzulegen.

Die Verleihung der Staatsbürgerschaft stelle den höchstwertigen Rechtsstatus dar, der einem Fremden zuerkannt werden könne. Damit sei ein hohes Maß an Rechten verbunden. Für die Erlangung der Staatsbürgerschaft bedürfe es des Nachweises der erfolgreichen Integration des Fremden. Nach der in §10 Abs2 Z1 StbG zum Ausdruck kommenden Wertung gehöre zu einer erfolgreichen Integration das Nichtvorliegen einer rechtskräftigen Bestrafung wegen einer Übertretung des NAG. Da eine Bestrafung nach dem NAG ein Indiz für eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und für eine mangelnde Verbundenheit des Fremden mit den rechtlich geschützten Werten darstelle, sei eine solche Wertung nachvollziehbar. Eine Übertretung des NAG lasse auf einen gewissen Mangel an Normtreue schließen. Auf Grund des Umstandes, dass sich dieser Mangel gerade auf jene Gesetzesbestimmungen beziehe, die für den bisherigen Aufenthalt des Fremden maßgeblich waren bzw sind, habe er bei der Beurteilung einer erfolgreichen Integration ein besonderes Gewicht. Der Zusammenhang zu §10 Abs1 Z1 StbG spreche dafür, dass das Verleihungshindernis vor allem jene Regelungen des NAG betreffe, die sich unmittelbar auf die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes eines Verleihungswerbers auswirken können. Teile etwa ein Fremder der Behörde maßgebliche Umstände betreffend das von einem Familienangehörigen abgeleitete Aufenthaltsrecht nicht mit, könne die Behörde nicht zuverlässig prüfen, ob dieser Aufenthalt weiterhin rechtmäßig ist.

Die Bestimmung sei auch nicht unverhältnismäßig. Zunächst handle es sich um ein verhaltensbezogenes Verleihungshindernis, das zudem zeitlich begrenzt sei. Weiters knüpfe das Verleihungshindernis nicht am Umstand eines durchgeführten Verwaltungsstrafverfahrens, sondern an der Tatsache der Bestrafung an.

Auch ein Wertungswiderspruch von §10 Abs2 Z1 StbG zu §10 Abs2 Z2 StbG liege nicht vor. Zweitere Bestimmung stelle ausdrücklich auf schwerwiegende Übertretungen ab und erfasse somit von vornherein nur Fallkonstellationen, die angesichts der Schwere der Verwaltungsübertretung die Vermutung einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit begründen. Das Verleihungshindernis gemäß §10 Abs2 Z1 StbG könne zwar auch Verwaltungsübertretungen betreffen, die im Einzelfall als Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit anzusehen sind, sei aber nicht darauf beschränkt. Dass es Verwaltungsübertretungen geben könne, die beide Tatbestände erfüllen, sei kein Wertungswiderspruch, der zu einer Verfassungswidrigkeit führen würde. Selbst ausgehend von der Annahme, dass §10 Abs2 Z2 StbG keinen Anwendungsbereich habe, würde dies nicht die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmung bewirken.

4. Das Verwaltungsgericht Wien stellte zu der Zahl G28/2021 einen weiteren sowohl hinsichtlich der Zulässigkeit als auch in der Sache im Wesentlichen gleichlautenden Antrag. Der Verfassungsgerichtshof führte zu diesem Antrag des Verwaltungsgerichtes Wien (im Hinblick auf §19 Abs3 Z4 VfGG) kein weiteres Verfahren durch (vgl VfSlg 20.244/2018).

IV. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat die zu G355/2020, G389/2020 und G26/2021 protokollierten Gesetzesprüfungsverfahren zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung gemäß §35 Abs1 VfGG iVm §§487 und 404 ZPO verbunden.

A. Zur Zulässigkeit der Anträge

Die Anträge sind zulässig:

1. Die Bestimmungen des §10 Abs2 Z1 StbG, §11a Abs4 bzw Abs6 StbG sowie §53 Abs2 Z3 FPG stehen in folgendem normativen Zusammenhang:

1.1. Während §10 Abs1 StbG die allgemeinen Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft normiert (wie etwa das Vorliegen eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes in Z7), legt §10 Abs2 und Abs3 StbG Verleihungshindernisse fest (etwa ein anhängiges Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung, §10 Abs2 Z3 StbG). §10 StbG regelt den Grundtatbestand der Verleihung, sofern nicht ein spezieller Tatbestand greift, der maßgeblich ist (Plunger, §10 StbG, in: Plunger et al. [Hrsg.], Kommentar zum Staatsbürgerschaftsgesetz, 2017, Rz 1). Einen solchen stellt beispielsweise §11a StbG dar, wonach einem Fremden grundsätzlich bereits nach einem rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet von mindestens sechs Jahren und nicht erst nach zehn Jahren, wie in §10 Abs1 Z1 StbG vorgesehen, die Staatsbürgerschaft zu verleihen ist, wenn die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind. Somit darf auch in einem solchen Fall kein Verleihungshindernis gemäß §10 Abs2 und Abs3 StbG vorliegen (zu Staatsangehörigen eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum siehe §11a Abs4 Z2 StbG; zum Nachweis über Deutschkenntnisse gemäß dem B2‑Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen siehe §11a Abs6 Z1 StbG).

1.2. Für eine Verleihung müssen die Verleihungsvoraussetzungen in §10 Abs1 StbG kumulativ erfüllt sein, und es darf keines der Verleihungshindernisse des §10 Abs2 und Abs3 StbG vorliegen. Als ein Verleihungshindernis gilt nach §10 Abs2 Z1 StbG, dass die Staatsbürgerschaft einem Fremden nicht verliehen werden darf, wenn bestimmte Tatsachen gemäß §53 Abs2 Z2, 3, 5, 8, 9 und Abs3 FPG vorliegen. Der Verweis auf das FPG wurde in §10 Abs2 Z1 StbG mit der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl I 37/2006, eingefügt. §53 FPG regelt die Erlassung eines Einreiseverbotes gemeinsam mit einer Rückkehrentscheidung. Nach §53 Abs2 FPG ist ein solches Einreiseverbot für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen, wobei bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes unter anderem zu berücksichtigen ist, inwieweit auf Grund des bisherigen Verhaltens des Fremden von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit oder anderer in Art8 Abs2 EMRK genannter Rechte auszugehen ist. Dies ist unter anderem nach §53 Abs2 Z2 FPG dann anzunehmen, wenn der Fremde wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens € 1.000,– oder einer primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde; weiters gemäß §53 Abs2 Z3 FPG dann, wenn der Fremde wegen einer Übertretung unter anderem des NAG rechtskräftig bestraft worden ist (sofern nicht ein qualifizierter Verstoß gemäß §53 Abs3 Z4 FPG vorliegt, der zu einem bis zu zehnjährigen Einreiseverbot führen kann).

Da §10 Abs2 Z1 StbG im Zuge des Verweises auf §53 Abs2 Z3 FPG nur auf die "Tatsache" einer rechtskräftigen Bestrafung abstellt, ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als Verleihungshindernis lediglich zu prüfen, ob eine (nicht getilgte) rechtskräftige Bestrafung wegen einer Übertretung des NAG vorliegt (vgl zu §10 Abs2 Z1 StbG iVm §53 Abs2 Z2 FPG VwGH 30.9.2019, Ra 2018/01/0227). Raum für eine Abwägung besteht nicht, weil die taxaktiv aufgezählten Tatsachen in §10 Abs2 Z1 StbG die Annahme rechtfertigen, dass "der durch die Verleihung der Staatsbürgerschaft perpetuierte Aufenthalt des Staatsbürgerschaftswerbers die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen in Art8 Abs2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft" (Erläut zur RV, 1189 BlgNR 22. GP , 5).

Die angeführten Materialien beziehen sich allerdings noch auf den damals in Kraft befindlichen §60 FPG, denn nach §10 Abs2 Z1 StbG in der damaligen Fassung, BGBl I 37/2006, durfte einem Fremden die Staatsbürgerschaft nicht verliehen werden, sofern bestimmte Tatsachen gemäß §60 Abs2 Z4, 5, 6, 8, 9, 10, 12, 13 und 14 des FPG vorliegen. Seit dem BGBl I 38/2011 wird stattdessen auf §53 FPG verwiesen. Während die Materialien von einer bloß "terminologische[n] Anpassung" sprechen (Erläut zur RV, 1078 BlgNR 24. GP , 49), ging damit insoweit auch eine inhaltliche Änderung der Rechtslage einher, als zuvor nicht jede Bestrafung wegen einer Übertretung des NAG ein Verleihungshindernis darstellte. §10 Abs2 Z2 StbG, der ebenfalls mit der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl I 37/2006, eingeführt wurde, sah – gleichbleibend zur derzeit geltenden Rechtslage – (nur) bei einer rechtskräftigen Bestrafung wegen einer schwerwiegenden Übertretung des NAG ein Verleihungshindernis vor. Jede rechtskräftige Verwaltungsstrafe nach dem NAG wurde also erst durch die Einfügung des Verweises auf §53 Abs2 Z3 FPG in §10 Abs2 Z1 StbG mit BGBl I 38/2011 zum Verleihungshindernis.

2. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – Gesetzesbestimmung eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

Das Verwaltungsgericht Wien hat in den Anlassverfahren jeweils auch die Frage zu prüfen, ob der Verleihung der Staatsbürgerschaft das Verleihungshindernis der rechtskräftigen Bestrafung wegen einer Übertretung des NAG entgegensteht, und zwar auch dann, wenn der Beschwerdeführer bzw die Beschwerdeführerin im Anlassverfahren seinen bzw ihren Antrag auf §11a Abs4 oder Abs6 StbG stützt, weil diese Verleihungstatbestände ebenfalls über einen Verweis auf §10 Abs2 StbG das Verleihungshindernis gemäß §10 Abs2 Z1 StbG iVm §53 Abs2 Z3 FPG für maßgeblich erklären. Dem Verwaltungsgericht Wien ist daher nicht entgegenzutreten, wenn es davon ausgeht, dass es in den Anlassverfahren den Verweis auf §53 Abs2 Z3 FPG in §10 Abs2 Z1 StbG anzuwenden hat.

3. Das Verwaltungsgericht Wien hat den Anfechtungsumfang auch jeweils nicht zu eng gewählt:

3.1. Ein von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichtes eingeleitetes Gesetzesprüfungsverfahren dient der Herstellung einer verfassungsrechtlich einwandfreien Rechtsgrundlage für das Anlassverfahren (vgl VfSlg 11.506/1987, 13.701/1994).

Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011; VfGH 14.3.2017, G311/2016). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, die für das anfechtende Gericht präjudiziell sind und vor dem Hintergrund der Bedenken für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).

3.2. Die vom Verwaltungsgericht Wien geltend gemachte Verfassungswidrigkeit lässt sich für die Anlassverfahren durch antragsgemäße Aufhebung der Ziffern- und Zeichenfolge "3, " in §10 Abs2 Z1 StbG beseitigen. Die verwiesene Norm in §53 Abs2 Z3 FPG steht mit der verweisenden auch, worauf die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zutreffend hinweist, nicht in einem untrennbaren Zusammenhang, weil §53 Abs2 Z3 FPG eigenständige und vom Vorliegen eines Verleihungshindernisses gemäß §10 Abs2 Z1 StbG unabhängige Anordnungen im Zusammenhang mit der Erlassung eines Einreiseverbotes enthält. Im vorliegenden Fall ist es daher auch ausgeschlossen, dass der Verfassungsgerichtshof der vom Verwaltungsgericht Wien geltend gemachten Verfassungswidrigkeit durch Aufhebung der verwiesenen Bestimmung Rechnung zu tragen hätte. Vergleichbares gilt, soweit sie das Verwaltungsgericht Wien in den den Anträgen zugrunde liegenden Anlassverfahren anzuwenden hat, für die Verweisungen in §11a Abs4 bzw Abs6 StbG, weil der Aufhebung nur des einzelnen Verleihungshindernisses des §10 Abs2 Z1 StbG iVm §53 Abs2 Z3 FPG durch Aufhebung der Ziffern- und Zeichenfolge "3, " in §10 Abs2 Z1 StbG jedenfalls der Vorzug gegenüber einer Aufhebung sämtlicher Verleihungshindernisse gemäß §10 Abs2 StbG im Zusammenhang mit den Verleihungstatbeständen des §11a Abs4 und Abs6 StbG zu geben wäre.

4. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweisen sich die (Haupt-)Anträge des Verwaltungsgerichtes Wien als zulässig. Es erübrigt sich damit, auf die jeweils eventualiter gestellten Anträge einzugehen.

B. In der Sache

Die Anträge sind auch begründet:

1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2. Dem Verwaltungsgericht Wien ist zunächst nicht entgegenzutreten, wenn es mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe VwGH 30.9.2019, Ra 2018/01/0227) davon ausgeht, dass §10 Abs2 Z1 StbG mit dem Verweis auf "bestimmte Tatsachen" gemäß unter anderem §53 Abs2 Z3 FPG jede rechtskräftige Bestrafung wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem NAG als Verleihungshindernis im Sinne des §10 Abs2 StbG statuiert. Dafür sprechen zunächst schon das vom Verwaltungsgericht Wien ins Treffen geführte Argument aus dem Wortlaut des §10 Abs2 Z1 StbG und die Gesetzesmaterialien, die davon ausgehen, dass auch dann, wenn von einer einschlägigen fremdenpolizeilichen Maßnahme im Hinblick auf Art8 EMRK Abstand zu nehmen ist, ein Einbürgerungshindernis im Sinne des §10 Abs2 Z1 StbG vorliegt, wenn erwiesen ist, dass die "bestimmten Tatsachen" im Sinne der genannten Bestimmungen vorliegen (siehe Erläut zur RV, 1189 BlgNR 22. GP , 5 zur StbG-Novelle BGBl I 37/2006 und zur einschlägigen Entstehungsgeschichte schon oben unter A. Punkt 1.2.), insbesondere aber auch eine systematische Interpretation mit §10 Abs2 Z2 StbG und §53 Abs2 Z2 FPG (auf den §10 Abs2 Z1 StbG ebenfalls verweist). Da die genannten Bestimmungen bereits eine "schwerwiegende Übertretung" unter anderem des NAG (§10 Abs2 Z2 StbG) und das Vorliegen einer wegen der verhängten Strafe qualifizierten Verwaltungsübertretung (§53 Abs2 Z2 FPG) zu einem Verleihungshindernis erklären, kann §10 Abs2 Z1 StbG iVm §53 Abs2 Z3 FPG nur die Bedeutung zukommen, dass damit jede (sonstige) rechtskräftig bestrafte Übertretung des NAG ein Verleihungshindernis gemäß §10 Abs2 StbG darstellen soll.

Der normative Zusammenhang, in dem die angefochtene Bestimmung steht, schließt es nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes auch aus, als einschlägiges Verleihungshindernis nur eine Bestrafung wegen Übertretung solcher Bestimmungen des NAG anzunehmen, "die für den bisherigen Aufenthalt des Fremden maßgeblich waren bzw sind", und denen daher "aus staatsbürgerschaftsrechtlichen Gesichtspunkten bei der Beurteilung der erfolgreichen Integration eines Verleihungswerbers ein besonderes Gewicht" zukommt, wie die Bundesregierung argumentiert. Der Verfassungsgerichtshof vermag zwar der Bundesregierung nicht entgegenzutreten, wenn sie etwa maßgeblichen Bestimmungen des NAG, die sich unmittelbar auf die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes eines Verleihungswerbers oder auch auf die von Personen, die ihren Aufenthaltsstatus vom Verleihungswerber ableiten, auswirken, derartiges besonderes Gewicht beimisst und insofern von einem sachlich gerechtfertigten Verleihungshindernis ausgeht. §10 Abs2 Z1 StbG iVm §53 Abs2 Z3 FPG beschränkt sich aber nicht darauf, Übertretungen derartiger Bestimmungen des NAG als Verleihungshindernis vorzusehen, sondern erfasst als solches, wovon im Weiteren auch die Bundesregierung ausgeht, Übertretungen des NAG generell.

3. Damit behandelt §10 Abs2 Z1 StbG iVm §53 Abs2 Z3 FPG das mit dieser Bestimmung festgelegte Verleihungshindernis des Vorliegens einer rechtskräftigen Bestrafung wegen Übertretung einer (jeden) Bestimmung des NAG anders als vergleichbare Verleihungshindernisse, die systematisch in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Denn §10 Abs2 Z2 StbG stellt demgegenüber ausdrücklich auf eine rechtskräftige Bestrafung wegen "einer schwerwiegenden Übertretung" des NAG ab und §53 Abs2 Z2 FPG auf eine Verwaltungsübertretung – und damit auch eine Übertretung des NAG – nur dann, wenn eine von der Strafhöhe her qualifizierte rechtskräftige Bestrafung vorliegt.

Ein Verleihungshindernis stellt es nach §10 Abs2 Z1 StbG iVm §53 Abs2 Z3 FPG somit auch dar, wenn etwa ein EWR-Bürger eine Krankheit, auf Grund derer er vorübergehend arbeitsunfähig ist und damit seine Erwerbstätigkeit (auch nur kurzfristig) nicht mehr ausübt, gemäß §51 Abs3 NAG nicht "unverzüglich" der Behörde bekannt gibt oder der Fremde den Verlust der Dokumentation seines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechtes nicht "unverzüglich" gemäß §19 Abs11 NAG meldet. Ein fünfjähriges Verleihungshindernis besteht in diesen Fällen, worauf das Verwaltungsgericht Wien zu Recht hinweist, auch dann, wenn der Verstoß gegen eine solche Ordnungsvorschrift einmalig geblieben ist, lange zurückliegt und von der Strafbehörde im Hinblick auf die Geringfügigkeit der Pflichtenverletzung nur mit der für sich genommen jeweils gesetzlich mit € 50,– gering festgesetzten Mindeststrafe geahndet wurde.

Im Vergleich zu jenen Regelungen, in denen der Gesetzgeber im unmittelbaren Sachzusammenhang ausdrücklich davon ausgeht, dass ein im Hinblick auf den Unrechtsgehalt und damit die Strafhöhe oder die Bedeutung der übertretenen Verwaltungsvorschrift qualifizierter Verstoß vorliegen muss, um ein Verleihungshindernis zu begründen, fehlt es dem in beiderlei Hinsicht auch geringfügige Übertretungen des NAG erfassenden Verleihungshindernis des §10 Abs2 Z1 StbG iVm §53 Abs2 Z3 FPG angesichts der an ein solches Verleihungshindernis geknüpften, für den Verleihungswerber gravierenden Rechtsfolge an einer sachlichen Rechtfertigung.

Die Bedenken des Verwaltungsgerichtes Wien treffen daher schon insoweit zu. Die angefochtene Ziffern- und Zeichenfolge in §10 Abs2 Z1 StbG ist daher wegen des Verstoßes gegen das – auch ein Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander gemäß ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973 aufzuheben.

Damit erübrigt es sich, auf die weiteren Bedenken des antragstellenden Verwaltungsgerichtes einzugehen.

4. Da der zu G28/2021 protokollierte Antrag des Verwaltungsgerichtes Wien den zu G355/2020, G389/2020 und G26/2021 protokollierten Anträgen im Wesentlichen gleicht, hat der Verfassungsgerichtshof gemäß §19 Abs3 Z4 VfGG davon abgesehen, ein weiteres Verfahren in dieser Rechtssache durchzuführen. Dies erfolgt im Hinblick darauf, dass die in dem Verfahren über den Antrag zu G28/2021 aufgeworfenen Rechtsfragen durch die Entscheidung über die sonstigen Anträge des Verwaltungsgerichtes Wien bereits geklärt sind (vgl VfSlg 20.244/2018).

V. Ergebnis

1. Die Ziffern- und Zeichenfolge "3, " in §10 Abs2 Z1 StbG, BGBl 311/1985 (WV), idF BGBl I 38/2011 wird wegen Verstoßes gegen ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973 als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstelle gründet sich auf Art140 Abs5 dritter und vierter Satz B‑VG.

3. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art140 Abs6 erster Satz B‑VG.

4. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art140 Abs5 erster Satz B‑VG und §64 Abs2 VfGG iVm §3 Z3 BGBlG.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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