VfGH V22/2017

VfGHV22/201728.6.2017

Aufhebung eines Teiles der Satzung der Pädagogischen Hochschule Salzburg über die Einrichtung von für die Vollziehung studienrechtlicher Bestimmungen zuständigen monokratischen Organen wegen Verstoßes gegen das Gebot einer präzisen Regelung der Behördenzuständigkeit

Normen

B-VG Art18 Abs2, Art83 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsumfang
HochschulG 2005 §28 Abs2
Satzung der Pädagogischen Hochschule Salzburg 4. Teil

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2017:V22.2017

 

Spruch:

I. Der 4. Teil der Satzung der Pädagogischen Hochschule Salzburg über die Einrichtung von für die Vollziehung studienrechtlicher Bestimmungen erster Instanz zuständigen monokratischen Organen, Mitteilungsblatt der Pädagogischen Hochschule Salzburg, Nr 2/2015, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

II. Die Bundesministerin für Bildung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

1. Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B‑VG gestützten Antrag begehrt das Bundesverwaltungsgericht, den "4. Satzungsteil[…] der Pädagogischen Hochschule Salzburg (Einrichtung eines für den Vollzug der studienrechtlichen Vorschriften zuständigen monokratischen Organs)", Mitteilungsblatt der Pädagogischen Hochschule Salzburg, Nr 2/2015 (im Folgenden: Punkt 4 der PHS‑Satzung), als gesetz- bzw. verfassungswidrig aufzuheben.

2. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Beschwerdeführerin des Anlassverfahrens beantragte am 29. April 2014 an der Pädagogischen Hochschule Salzburg die Anrechnung mehrerer erbrachter Leistungen auf einen bestimmten Lehrgang. Die gegen die negative Erledigung dieses Antrages "mangels Gleichwertigkeit der zur Anerkennung beantragten Prüfungen" gerichtete Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 25. August 2016 mangels Bescheidcharakters der angefochtenen Erledigung als unzulässig zurück. Mit Bescheid vom 5. September 2016 wies der Vizerektor für Sozial- und Gesellschaftswissenschaften der Pädagogischen Hochschule Salzburg den Antrag auf Anrechnung ab.

3. Aus Anlass der dagegen gerichteten Bescheidbeschwerde stellt das Bundesverwaltungsgericht den Antrag auf Aufhebung des genannten Teiles der Satzung der Pädagogischen Hochschule Salzburg.

II. Rechtslage

Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1. Das Bundesgesetz über die Organisation der Pädagogischen Hochschulen und ihre Studien (Hochschulgesetz 2005 – HG), BGBl I 30/2006 idF BGBl I 56/2016 (im Folgenden: HG), lautet auszugweise:

"1. Hauptstück

Organisationsrecht

1. Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen

Geltungsbereich

 

§1. (1) Dieses Bundesgesetz regelt die Organisation der nachstehend genannten öffentlichen Pädagogischen Hochschulen sowie das Studium an diesen:

1. […]

4. Pädagogische Hochschule Salzburg,

[…]

 

4. Abschnitt

Organe

Organe der Pädagogischen Hochschule

 

§11. (1) Die Organe der Pädagogischen Hochschule sind der Hochschulrat, das Rektorat, der Rektor bzw. die Rektorin und das Hochschulkollegium.

(2) […]

(3) Unter Beachtung der im Ziel- und Leistungsplan festgelegten Ziele und Vorhaben hat

1. der Hochschulrat im Sinne der Beratung und Kontrolle die Aufgaben gemäß §12 Abs9,

2. das Rektorat im Sinne der strategischen Ausrichtung und Planung sowie operativen Leitung der Pädagogischen Hochschule die Aufgaben gemäß §15 Abs3,

3. der Rektor bzw. die Rektorin im Sinne der Leitung der Pädagogischen Hochschule und Vertretung derselben nach außen die Aufgaben gemäß §13 Abs1 und

4. das Hochschulkollegium im Sinne des Zusammenwirkens der Vertreterinnen und Vertreter der Lehrenden und Studierenden sowie des Verwaltungspersonals die Aufgaben gemäß §17 Abs1

wahrzunehmen.

 

Hochschulrat

§12. (1) […]

(9) Der Hochschulrat hat folgende Aufgaben:

1. […]

4. Beschlussfassung über den Entwurf des Organisationsplanes und Veranlassung der Vorlage an das zuständige Regierungsmitglied,

5. Genehmigung der Satzung und der Geschäftsordnung des Hochschulrates,

[…]

Rektor, Rektorin

 

§13. (1) Der Rektor bzw. die Rektorin leitet die Pädagogische Hochschule, ist der oder die Vorgesetzte des an der Pädagogischen Hochschule tätigen Lehr- und Verwaltungspersonals, vertritt die Pädagogische Hochschule nach außen und koordiniert die Tätigkeit der Organe der Pädagogischen Hochschule. Er bzw. sie hat darüber hinaus alle Aufgaben nach diesem Bundesgesetz wahrzunehmen, die nicht einem anderen Hochschulorgan zugewiesen sind.

[…]

Vizerektoren, Vizerektorinnen

 

§14. (1) An der Pädagogischen Hochschule ist ein Vizerektor bzw. eine Vizerektorin oder sind unter Bedachtnahme auf die innere Struktur der Pädagogischen Hochschule auch zwei Vizerektoren bzw. Vizerektorinnen zu bestellen. Der oder die Vizerektor(en) bzw. Vizerektorin(nen) sind Mitglieder des Rektorats und haben den Rektor bzw. die Rektorin im Verhinderungsfall zu vertreten, auf den ihnen im Organisationsplan zugeordneten Aufgabengebieten zu unterstützen und im Falle eines vorzeitigen Ausscheidens des Rektors bzw. der Rektorin dessen bzw. deren Aufgaben bis zur Bestellung eines neuen Rektors bzw. einer neuen Rektorin wahrzunehmen. Dabei haben diese bezüglich jener Aufgabengebiete, die nicht ausdrücklich einem Vizerektor bzw. einer Vizerektorin zugeordnet sind, einvernehmlich vorzugehen.

(2) Bei der Auswahl der Vizerektoren bzw. der Vizerektorinnen ist darauf zu achten, dass die Kompetenzen im Rektorat folgende Bereiche abdecken:

1. Lehre und Forschung,

2. Studien- und Organisationsrecht,

3. Schulentwicklung und

4. Hochschulentwicklung (Personal- und Organisationsentwicklung).

[…]

 

Rektorat

 

§15. (1) Das Rektorat besteht aus dem Rektor bzw. der Rektorin und den ein oder zwei als Vizerektor bzw. Vizerektorin bestellten Personen.

(2) Der Rektor bzw. die Rektorin hat die Vorsitzführung im Rektorat inne und vertritt dieses nach außen.

(3) Das Rektorat hat folgende Aufgaben:

1. […]

2. Erstellung der Satzung,

3. Erstellung des Entwurfes eines Organisationsplanes der Pädagogischen Hochschule zur Vorlage an den Hochschulrat zur Beschlussfassung,

[…]

Hochschulkollegium

 

§17. (1) Neben den durch andere gesetzliche Bestimmungen übertragenen Entscheidungsbefugnissen obliegen dem Hochschulkollegium folgende Aufgaben:

1. Stellungnahme in Fragen der Entwicklung der inneren Organisation und Kommunikation (Organisationsplan, Satzung),

[…]

7. Abschnitt

Innerer Aufbau der Pädagogischen Hochschule

Satzung

 

§28. (1) Jede Pädagogische Hochschule hat durch Verordnung die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Ordnungsvorschriften auf Grund der bestehenden Gesetze und Verordnungen zu erlassen (Satzung).

(2) In der Satzung sind zu regeln:

1. […]

2. Einrichtung von für die Vollziehung studienrechtlicher Bestimmungen in erster Instanz zuständigen monokratischen Organen,

[…]

(3) Die Satzung ist vom Rektorat zu erlassen bzw. abzuändern, dem Hochschulkollegium ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Erlassung sowie jede Änderung der Satzung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung durch den Hochschulrat. Die Satzung ist für die Dauer eines Monats ab der Erlassung bzw. einer Änderung auf geeignete Weise in der Pädagogischen Hochschule kundzumachen und sodann beim Rektor bzw. bei der Rektorin aufzulegen; auf Verlangen ist sie Studierenden, Lehrenden sowie sonstigen Bediensteten der Pädagogischen Hochschule zugänglich zu machen.

 

Organisationsplan

 

§29. Das Rektorat hat einen Entwurf des Organisationsplanes zu erstellen, der dem Hochschulkollegium zur Stellungnahme vorzulegen ist und vom Hochschulrat zu beschließen ist. Der Entwurf des Organisationsplanes ist dem zuständigen Regierungsmitglied gemeinsam mit einer allfälligen Stellungnahme des Hochschulkollegiums zur Genehmigung vorzulegen. Die Gliederung der Pädagogischen Hochschule in Organisationseinheiten hat unter Berücksichtigung organisatorischer und wirtschaftlicher Gesichtspunkte der bestmöglichen Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben zu dienen. Dabei können Institute vorgesehen werden.

[…]

Mitteilungsblatt

 

§32. (1) Jede Pädagogische Hochschule hat ein Mitteilungsblatt herauszugeben und im Internet auf einer einzurichtenden Homepage der Pädagogischen Hochschule öffentlich zugänglich zu machen.

(2) Im Mitteilungsblatt sind kundzumachen:

1. die Satzung, der Organisationsplan und andere Verordnungen (generelle Richtlinien) von Organen der Pädagogischen Hochschule,

[…]"

2. Der angefochtene Teil der Satzung der Pädagogischen Hochschule Salzburg Stefan Zweig, Mitteilungsblatt der Pädagogischen Hochschule Salzburg, Nr 2/2015 (im Folgenden: Punkt 4 der PHS-Satzung), lautet:

"4 Einrichtung von für die Vollziehung studienrechtlicher Bestimmungen erster Instanz zuständigen monokratischen Organen

 

Da das Kollegialorgan Studienkommission für die Vollziehung studienrechtlicher Angelegenheiten erst in zweiter und letzter Instanz zuständig ist (§17 Abs3 Z2 Hochschulgesetz), ist hiefür als erste Instanz ein monokratisches Organ einzurichten und in der Satzung festzulegen (siehe die Erläuternden Bemerkungen).

Die Verpflichtung zur Einrichtung für die Vollziehung in studienrechtlichen Bestimmungen in erster Instanz zuständigen monokratischen Organen ergibt sich aus §28 Abs1 iVm Abs2 Z2 Hochschulgesetz.

Bestimmungen

 

§1 Vollziehung studienrechtlicher Bestimmungen in Bachelor-Studiengängen

Die Vollziehung studienrechtlicher Bestimmungen obliegt dem/der Vizerektor/in

§2 Vollziehung studienrechtlicher Bestimmungen in Master-Studiengängen

Die Vollziehung studienrechtlicher Bestimmungen obliegt dem/der Vizerektor/in

§3 Vollziehung studienrechtlicher Bestimmungen in Hochschullehrgängen mit mehr als 60 ECTS-Punkten

Die Vollziehung studienrechtlicher Bestimmungen obliegt dem/der Vizerektor/in

§4 Vollziehung studienrechtlicher Bestimmungen in Hochschullehrgängen mit weniger als 60 ECTS-Punkten

Die Vollziehung studienrechtlicher Bestimmungen obliegt dem/der Vizerektor/in

§5 In-Kraft-Treten

Die Vollziehung studienrechtlicher Bestimmungen in erster Instanz treten mit Beschluss durch das Rektorat und nach Genehmigung des Hochschulrats der PHS in Kraft."

3. Der Organisationsplan der Pädagogischen Hochschule Salzburg Stefan Zweig, Mitteilungsblatt der Pädagogischen Hochschule Salzburg, Nr 2/2016 (im Folgenden: PHS-Organisationsplan), lautet auszugsweise:

"2.3.3. Rektorin/ Rektor und Vizerektoren/ Vizerektorinnen (§13 und 14 HG 2005)

[…]

 

Vizerektoren, Vizerektorinnen

Die Vizerektoren/ Vizerektorinnen sind Mitglieder des Rektorats und haben den Rektor bzw. die Rektorin im Verhinderungsfall zu vertreten, in den ihnen im Organisationsplan zugeordneten Aufgabengebieten zu unterstützen und im Falle eines vorzeitigen Ausscheidens des Rektors bzw. der Rektorin dessen bzw. deren Aufgaben bis zur Bestellung eines neuen Rektors bzw. einer neuen Rektorin wahrzunehmen. Dabei haben diese bezüglich jener Aufgabengebiete, die nicht ausdrücklich einem Vizerektor bzw. einer Vizerektorin zugeordnet sind, einvernehmlich vorzugehen.

 

Zuständigkeitsbereiche der Vizerektor/innen:

 

a) Vizerektor/Vizerektorin für Sozial- und Gesellschaftswissenschaften:

 

• Verantwortung für alle sozial- und gesellschaftswissenschaftlichen Belange in Ausbildung, Fort- und Weiterbildung, Schulpraxis und Forschung

• Leitung der Fort- und Weiterbildung der Pädagogischen Hochschule Salzburg Stefan Zweig

• Erstellen von Personalentwicklungsplänen der Fort- und Weiterbildung in Zusammenarbeit mit den zuständigen Institutsleiter/innen

• Entwicklung der Forschung

• Bundeszentren

• Lehrgänge

• Kooperation im Verbund Mitte

 

b) Vizerektorin/ Vizerektor für Fachwissenschaft und –didaktiken:

 

• Verantwortung für alle Belange der Fachwissenschaften und Fachdidaktiken in Ausbildung, Fort- und Weiterbildung, Schulpraxis und Forschung

• Leitung der Ausbildung der PH-Salzburg Stefan Zweig

• Erstellen von Personalentwicklungsplänen im Bereich der Ausbildung in Zusammenarbeit mit den zuständigen Institutsleiter/innen

• Entwicklung der Lehre an der PH-Salzburg Stefan Zweig

• Weiterentwicklung und Organisation der Schulpraxis

• International Office

• Servicestelle Zeit.Raum

• Curriculumsentwicklung

• Kooperation im Verbund Mitte

 

Weitere Zuteilungen von Verantwortlichkeiten und Aufgaben werden im Rektorat vorgenommen und in einem Aufgabenportfolio festgehalten."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1.1. Zur Zulässigkeit des Antrages führt das Bundesverwaltungsgericht aus, dass im Anlassfall zu prüfen sei, ob der den angefochtenen Bescheid unterfertigende Vizerektor für Sozial- und Gesellschaftswissenschaften zu Recht als das für die studienrechtlichen Angelegenheiten zuständige monokratische Organ fungiert habe. Somit seien die angefochtenen Bestimmungen der PHS-Satzung über die Einrichtung eines studienrechtlichen Organs zu beachten.

Auch sei für die Bereinigung der verfassungswidrigen Rechtslage die Aufhebung des gesamten Punktes 4 der PHS-Satzung (Einrichtung eines für die Vollziehung studienrechtlicher Bestimmungen zuständigen monokratischen Organs) notwendig.

1.2. In der Sache hegt das Bundesverwaltungsgericht Bedenken hinsichtlich Art18 iVm Art83 Abs2 B‑VG, die es – auf das Wesentliche zusammengefasst –wie folgt darlegt:

Punkt 4 der PHS-Satzung betreffend die Einrichtung eines für die Vollziehung der studienrechtlichen Vorschriften zuständigen monokratischen Organs erfülle die nach herrschender Lehre und Judikatur aus Art18 Abs1 und 2 B‑VG abzuleitenden strengen Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit insbesondere von zuständigkeitsbegründenden Regelungen nicht: Er begründe in Bezug auf Bachelor-Studiengänge (§1), Master-Studiengänge (§2) und Hochschullehrgänge (§§3 und 4) die Zuständigkeit des Vizerektors bzw. der Vizerektorin, ohne näher zu determinieren, welcher der beiden Vizerektoren der Pädagogischen Hochschule Salzburg als für die Vollziehung der studienrechtlichen Vorschriften zuständiges Organ zu handeln habe. Der zuständige Vizerektor ergebe sich auch nicht – ungeachtet etwaiger weiterer rechtlicher Bedenken hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit der Begründung einer behördlichen Zuständigkeit – aus dem PHS-Organisationsplan, der weder für den Vizerektor für Sozial- und Gesellschaftswissenschaften noch für den Vizerektor für Fachwissenschaft und -didaktiken das Aufgabenfeld des studienrechtlichen Organs anführe.

Für Rechtsadressaten wie die Beschwerdeführerin im Anlassverfahren sei somit nicht eindeutig und unmittelbar feststellbar, welcher der beiden Vizerektoren in ihrem Fall als zuständiges studienrechtliches Organ fungiere, weshalb das Gebot einer klaren und eindeutigen Festlegung der Behördenzuständigkeit verletzt sei.

2. Das Rektorat der Pädagogischen Hochschule Salzburg hat Bezug habende Akten vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der es den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt:

Die PHS-Satzung sei im Mitteilungsblatt der Pädagogischen Hochschule Salzburg Nr 2/2015 auf Grund des Beschlusses in der Sitzung des Salzburger Hochschulrates vom 14. April 2015 veröffentlicht worden, wobei dem ein Beschluss des Rektorats ebenfalls vom 14. April 2015 vorangegangen sei. Inhaltlicher Bestandteil der Satzung sei in ihrem Punkt 2 das Organigramm. Aus diesem sei ersichtlich, dass zwei Vizerektoren installiert seien: ein Vizerektor für Fachwissenschaften und -didaktiken sowie ein Vizerektor für Sozial- und Gesellschaftswissenschaften. Die angefochtenen Bestimmungen würden bezwecken, dass jeweils ein Vizerektor die Möglichkeit haben solle, den anderen Vizerektor im Falle einer Abwesenheit oder Verhinderung zu vertreten. Sowohl die Satzung als auch die konkrete Person des Vizerektors seien auf der Homepage der Pädagogischen Hochschule Salzburg ersichtlich und einsehbar. In diesem Sachzusammenhang sei die Formulierung als hinreichend bestimmt zu erachten.

3. Die Bundesministerin für Bildung hat von einer inhaltlichen Äußerung abgesehen.

4. Die Partei des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht hat als beteiligte Partei eine Äußerung erstattet, in der sie sich den Bedenken des Bundesverwaltungsgerichtes mit näheren Ausführungen anschließt.

IV. Erwägungen

A. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B‑VG bzw. des Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

1.2. Ausgehend davon ist jedenfalls der vom Bundesverwaltungsgericht angefochtene §4 des Punktes 4 der PHS-Satzung präjudiziell:

Nach §28 Abs2 Z2 HG hat jede Pädagogische Hochschule in ihrer Satzung für die Vollziehung studienrechtlicher Bestimmungen zuständige monokratische Organe einzurichten. Der angefochtene Punkt 4 der PHS-Satzung über das für die Vollziehung studienrechtlicher Bestimmungen zuständige monokratische Organ regelt – nach präambelhaften Ausführungen zu den gesetzlichen Grundlagen – einerseits diese Zuständigkeit eigens für je näher qualifizierte Studien- bzw. Hochschullehrgänge (§§1 bis 4 leg.cit.) und andererseits das Inkrafttreten dieses Teiles der PHS-Satzung (§5 leg.cit.). Die einzelnen Zuständigkeitsregeln des Punktes 4 der PHS-Satzung – dessen §1 bezieht sich auf Bachelor-Studiengänge, dessen §2 auf Master-Studiengänge und deren §§3 und 4 auf Hochschullehrgänge (mit mehr bzw. weniger als 60 ECTS-Punkten) – weisen die Zuständigkeit jeweils "dem/der Vizerektor/in" zu.

Dem Bundesverwaltungsgericht ist nicht entgegenzutreten, wenn es ausgehend von seinem Anlassverfahren – "Anrechnung bestimmter Lehrveranstaltungen für den Lehrgang Besuchsschullehrer und Besuchsschullehrerinnen", wobei es sich um einen Lehrgang mit weniger als 60 ECTS-Punkten handelt – annimmt, dass es §4 des Punktes 4 der PHS-Satzung anzuwenden hat.

1.3. Dem Bundesverwaltungsgericht ist auch hinsichtlich des Anfechtungsumfanges zuzustimmen:

Der vom Bundesverwaltungsgericht bei Prüfung der Bescheidbeschwerde anzuwendende §4 des Punktes 4 PHS-Satzung hängt mit den übrigen Zuständigkeits- und Inkrafttretens-Bestimmungen dieses Satzungsteils schon deshalb untrennbar zusammen, weil dieser Teil explizit – gestützt auf §28 Abs2 Z2 HG – das für die Vollziehung studienrechtlicher Bestimmungen zuständige Organ überhaupt erst institutionalisiert. Die behauptete Verfassungs- bzw. Gesetzwidrigkeit – träfe sie zu – könnte nur durch Aufhebung aller angefochtenen Bestimmungen, die das für die Vollziehung studienrechtlicher Bestimmungen zuständige Organ insgesamt und abschließend einrichten, beseitigt werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher den Anfechtungsumfang auch nicht zu weit gewählt.

2. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag insgesamt als zulässig.

B. In der Sache

1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B‑VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl. VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

2. Ausgangspunkt der Bedenken des Bundesverwaltungsgerichtes gegen Punkt 4 der PHS-Satzung über die Zuständigkeit für studienrechtliche Angelegenheiten ist das aus Art18 iVm Art83 Abs2 B‑VG abgeleitete Gebot einer präzisen Regelung der Behördenzuständigkeit (zu den strengen Anforderungen an Zuständigkeitsregelungen vgl. zB VfSlg 10.311/1984, 13.029/1992, 13.816/1994, jeweils mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes).

Nach dem auf §28 Abs2 Z2 HG gestützten Punkt 4 der PHS-Satzung ist für die Vollziehung studienrechtlicher Bestimmungen "de[r]/d[ie] Vizerektor/in" zuständig. Punkt 2.3.3. des PHS-Organisationsplanes sieht einen bzw. eine "Vizerektor/Vizerektorin für Sozial- und Gesellschaftswissenschaften" und einen bzw. eine "Vizerektor/Vizerektorin für Fachwissenschaft und –didaktiken" vor (vgl. auch das in Punkt 2 der Satzung befindliche Organigramm der PHS) – nach §14 Abs1 HG ist die Bestellung zweier Vizerektoren bzw. Vizerektorinnen unter Bedachtnahme auf die innere Struktur der Pädagogischen Hochschule auch zulässig.

Gemäß §14 Abs1 HG sind diese Mitglieder des Rektorats und haben u.a. den Rektor bzw. die Rektorin auf den ihnen im Organisationsplan zugeordneten Aufgabengebieten zu unterstützen, wobei sie bezüglich der nicht ausdrücklich einem Vizerektor bzw. einer Vizerektorin zugeordneten Aufgabengebieten einvernehmlich vorzugehen haben.

Während also die Aufgaben des studienrechtlichen Organs iSd §28 Abs2 Z2 HG nach Punkt 4 der PHS-Satzung einem Vizerektor zugewiesen sind, fungieren nach Punkt 2 der PHS-Satzung und Punkt 2.3.3. des PHS-Organisationsplanes zwei Organe als Vizerektoren, denen sowohl der Bezeichnung nach als auch nach der Aufgabenverteilung gemäß Punkt 2.3.3. des PHS-Organisationsplanes unterschiedliche Aufgaben zugewiesen sind. Von getrennten Aufgabenbereichen geht auch das Rektorat der PHS aus, wenn es im verfassungsgerichtlichen Verfahren die Auffassung vertritt, dass die angefochtenen Bestimmungen für den Fall einer Abwesenheit oder Verhinderung eine wechselweise Vertretung der Vizerektoren untereinander ermöglichen sollen.

Davon ausgehend hat das Bundesverwaltungsgericht das Bedenken, dass die Satzung der PHS (in ihrem angefochtenen Teil) nicht eindeutig regelt, welcher der beiden Vizerektoren zur Vollziehung der studienrechtlichen Bestimmungen nach (§4) Punkt 4 der Satzung der PHS berufen ist.

3. Dieses Bedenken trifft zu. Denn weder die Satzung noch der Organisationsplan legen ein Kriterium fest, anhand dessen sich die Zuständigkeit für die studienrechtliche Vollziehung iSd §28 Abs2 Z2 HG zwischen den beiden vorgesehenen Vizerektoren verteilen lässt. Damit ist unklar, welcher der beiden Vizerektoren in einem konkreten Fall als studienrechtliches Organ iSd §28 Abs2 Z2 HG zu fungieren hat.

Anders als das Rektorat der PHS meint, ergibt sich auch aus dem einen Bestandteil der PHS-Satzung bildenden Organigramm nicht, welcher der beiden Vizerektoren konkret zur Vollziehung studienrechtlicher Bestimmungen zuständig ist – und zwar schon deshalb, weil darin nur die Organisationseinheiten der PHS graphisch abgebildet, die ausgewiesenen Organe der PHS aber nicht in Beziehung zu diesen Organisationseinheiten und ihren Aufgaben gesetzt sind.

Im Übrigen ist auch kein einvernehmliches Vorgehen der beiden Vizerektoren vorgesehen, da nach §14 Abs1 HG und Punkt 2.3.3. des Organisationsplanes die beiden Vizerektoren nur dann einvernehmlich vorzugehen haben, wenn ein Aufgabengebiet nicht ausdrücklich einem Vizerektor zugeordnet ist. Demgegenüber weist Punkt 4 der PHS-Satzung die Vollziehung studienrechtlicher Bestimmungen eindeutig einem einzelnen Vizerektor zu. Es kann schließlich dahinstehen, ob der einschlägige Verordnungstext die Ansicht des Rektorats der PHS trägt, wonach Punkt 4 der PHS-Satzung iVm Punkt 2.3.3. des PHS‑Organisationsplanes für Ausnahmefälle – zB einer Abwesenheit oder Verhinderung – eine wechselseitige Vertretung der Vizerektoren untereinander intendiert. Denn jedenfalls fehlt es an einer, den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine präzise Regelung der Behördenzuständigkeit genügenden, Festlegung des Regelfalls der Vollziehungszuständigkeit für studienrechtliche Bestimmungen.

V. Ergebnis

1. Der 4. Teil der PHS-Satzung über die Einrichtung von für die Vollziehung studienrechtlicher Bestimmungen zuständigen monokratischen Organen ist daher wegen Verstoßes gegen Art18 iVm Art83 Abs2 B‑VG als verfassungswidrig aufzuheben.

2. Die Verpflichtung der Bundesministerin für Bildungzur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art139 Abs5 erster Satz B‑VG und §59 Abs2 VfGG iVm §4 Abs1 Z4 BGBlG.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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