UFS RV/0425-F/11

UFSRV/0425-F/1129.10.2012

Kosten eines Auslandssprachkurses als Werbungskosten

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vertreten durch Mag. Martin Feurstein, 6850 Dornbirn, Montfortstraße 18c, vom 20. August 2011 gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom 8. August 2011 betreffend Einkommensteuer 2010 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem am Ende der folgenden Entscheidungsgründe als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen, das einen Bestandteil dieses Bescheidspruches bildet.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin machte Kosten in Höhe von 1.215,90 € für einen Französisch-Sprachkurs in A als Werbungskosten geltend. Sie gliederte den geltend gemachten Betrag wie nachstehend auf:

Sprachkurs

270,00 €

Fahrtkosten (1240 km à 0,42)

520,80 €

Spesen für 7 Tage

228,90 €

6 Übernachtungen à 32,70

196,20 €

Das Finanzamt versagte die Anerkennung der geltend gemachten Kosten als Werbungskosten mit der Begründung, es handle sich um eine Sprachreise mit Mischprogramm. In einem solchen Fall seien aber auch Reisekosten, die anteilig auf ausschließlich berufliche Reiseabschnitte entfielen, nicht abzugsfähig.

Dagegen legte die Berufungswerberin durch ihren steuerlichen Vertreter Berufung ein und führte aus: Sie benötige für die Ausübung ihres Berufes französische Sprachkenntnisse. Daher habe sie sich entschlossen, den einwöchigen Kurs mit 20 Stunden Sprachunterricht zu belegen. Es habe sich nicht um ein Mischprogramm gehandelt. In der freien Zeit am Nachmittag habe sie mindestens nochmals zwei Stunden für die Wiederholung des Stoffes aufgewendet. Der Sprachkurs sei ausschließlich beruflich veranlasst gewesen bzw. sei der Privatanteil von untergeordneter Bedeutung gewesen.

Es wurden Serviceabrechnungen des PKW der Berufungswerberin sowie Urlaubsaufzeichnungen aus dem Streitjahr eingereicht. Zwischen April 2009 und Oktober 2010 habe die Berufungswerberin mit ihrem PKW rund 37.000 km zurückgelegt. Zwischen dem 30.8. und dem 9.9.2010 habe sie Urlaub gehabt. Nach Beendigung des Kurses sei sie am 4.9.2010 nach Österreich zurückgefahren. Tankbelege oder Belege über Mautgebühren habe die Berufungswerberin nicht aufbewahrt. Eine Bestätigung des Campingplatzes, auf dem sie abgestiegen war über die Dauer ihres Aufenthaltes könne nicht vorgelegt werden, weil der Campingplatz im Winter geschlossen sei.

Im Akt liegt auch eine Bestätigung des "Centre International d´A " (in französischer Sprache) auf, wonach die Berufungswerberin von 30.8. bis 3.9.2010 einen Standardkurs in Französisch belegt und am Ende des Kurses das Niveau "B2" erreicht habe. Weiters befindet sich im Akt eine Bestätigung der liechtensteinischen Arbeitgeberfirma CC AG. Sie lautet im Original:

"Bestätigung

Frau SL arbeitet bei uns im Verkauf-Innendienst. Im Rahmen ihres Aufgabengebietes

sind wir darauf angewiesen, dass sie die französische Sprache sehr gut beherrscht und

fließend mit unseren Kunden kommunizieren kann. Der Anteil dieser Arbeit liegt bei ca. 15 % -

20 % des Gesamtvolumens.

Wir bestätigen, dass wir für die entsprechenden Sprachkurse keine Kosten übernehmen."

Seitens des Finanzamtes wurde eine abweisende Berufungsvorentscheidung erlassen. Die berufliche Veranlassung einer Sprachreise sei unter strengen Gesichtspunkten zu prüfen. Eine Reihe von Voraussetzungen müsse kumulativ vorliegen. Die Organisation D Sprachreisen biete unter anderem einen Standardkurs an, der 20 Lektionen à 45 Minuten pro Woche umfasse. Neben dem Unterricht werde auch die Durchführung von Freizeitaktivitäten wie Mountainbiking, Tauchen, Beachvolleyball bzw. von Ausflügen nach J, C oder in die S-alpen angeboten.

Der einwöchige Standardkurs sei sicherlich nicht so einseitig auf interessierte Teilnehmer aus der Berufsgruppe der Berufungswerberin abgestellt, dass er auf andere als in der spezifischen Richtung interessierte Personen keine Anziehungskraft ausübe. Vielmehr handle es sich um Kursangebote, die je nach Vorwissen Anfänger oder Fortgeschrittene ansprächen, jedoch kein spezielles berufliches Fachwissen voraussetzten. Die freien Nachmittage und Abende hätten genügend Zeit für private Interessen gelassen. Selbst wenn die Berufungswerberin am Nachmittag zwei Stunden für Wiederholungen aufgewendet hätte, sei ihr mehr Freizeit zur Verfügung gestanden, als im Rahmen ihrer Berufsausübung in Liechtenstein.

Als Werbungskosten absetzbar seien lediglich die reinen Sprachkurskosten (Anm.: 270,00 €).

Die Berufungswerberin brachte durch ihren steuerlichen Vertreter einen Antrag auf Vorlage ihrer Berufung an die Abgabenbehörde II. Instanz mit Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Senat ein. Sie verwies auf das schon bisher Vorgebrachte und die eingereichten Unterlagen.

Später erklärte die Berufungswerberin gegenüber dem Unabhängigen Finanzsenat, auf die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Berufungssenat zu verzichten.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 10 erster Satz EStG 1988 und § 4 Abs. 4 Z 7 erster Satz EStG 1988 in der ab Veranlagung 2003 geltenden Fassung des AbgÄG 2004 (BGBl. I Nr. 180/2004) sind Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben auch Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen.

Die Vielfalt möglicher, mit einer Berufstätigkeit in Zusammenhang stehender Aufwendungen macht eine Abgrenzung zwischen Werbungskosten und Kosten privater Lebensführung erforderlich. Es soll im Interesse der Steuergerechtigkeit vermieden werden, dass ein Steuerpflichtiger aufgrund der Eigenschaft seines Berufes eine Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen herbeiführen und somit Aufwendungen der Lebensführung steuerlich abzugsfähig machen kann.

§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 legt insofern fest, dass Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden dürfen.

Aufwendungen für Sprachkurse stellen auch dann abzugsfähige Aus- und Fortbildungskosten dar, wenn aufgrund der Erfordernisse im ausgeübten oder verwandten Beruf Sprachkenntnisse allgemeiner Natur erworben werden, dh etwa im Falle eines Erwerbes von Grundkenntnissen für eine Tätigkeit als Kellnerin, Sekretärin, Telefonistin, Verkäuferin oder eines Italienischkurses, den ein Exportdisponent mit dem hauptsächlichen Aufgabengebiet des Exports nach Italien absolviert (Jakom/Lenneis, EStG, 2012, § 16, Rz 52). Sprachkurse im Ausland sind unter den gleichen Voraussetzungen abzugsfähig, unter denen Studienreisen steuerrechtlich Berücksichtigung finden. Hiezu hat der VwGH einen Anforderungskatalog aufgestellt.

Strittig ist: Inwieweit stellen die von der Berufungswerberin für einen Sprachkurs allgemeiner Natur in Frankreich aufgewendeten Kosten Werbungskosten dar?

Lange Zeit ging die Judikatur zur Beurteilung von Reisen mit beruflicher wie auch privater Komponente ("Mischprogramm") von einer insgesamt zu versagenden Abzugsfähigkeit aus. Unter Bedachtnahme auf Neuaussagen des deutschen BFH ließ der VwGH in jüngerer Vergangenheit für diesen Themenbereich eine anteilige Berücksichtigung unter bestimmten Voraussetzungen zu (VwGH 27.1.2011, 2010/15/0197). Enthält nämlich eine Reise voneinander abgrenzbare, einerseits durch Einkünfteerzielung, andererseits privat veranlasste Zeitanteile, ziehen erstere Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten nach sich. Nur im Falle des Vorliegens einer "untrennbaren Gemengelage von privaten und mit Einkünfteerzielung zusammenhängenden Umständen" ist der Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzug zu versagen (vgl. Renner in ÖStZ 2012/370, 243).

Die Berufungswerberin, die in Liechtenstein im Verkauf tätig ist, muss laut Arbeitgeberbestätigung in der Lage sein, mit einer nicht unbeträchtlichen Anzahl französischer Kunden zu kommunizieren. Auch ein Französisch-Kurs allgemeiner Natur bringt in einem solchen Fall nach schon bisher geltender Lehre grundsätzlich die Eignung mit, als steuerlich beachtliche Fortbildungskosten eingestuft zu werden (siehe Jakom a. a. O.). Betrachtet man die Sprachreise ins Ausland laut Aktenlage näher, so zeigt sich, dass eine Woche lang jeweils vormittags 4 Stunden à 45 Minuten Unterricht erteilt wurden, das sind 20 Stunden an 5 Arbeitstagen. Dass nachmittags 2 Stunden in Eigenregie für Wiederholungen aufgewendet wurden, hält die Referentin des Unabhängigen Finanzsenates für unglaubwürdig. Nach der Lebenserfahrung wird man zur freien Gestaltung offenstehende Sommernachmittage in A für Strandaufenthalte, Stadtbummel oder Ausflüge verwenden. Nicht zuletzt weist das Kursprogramm selbst auf derartige Freizeitgestaltungsmöglichkeiten hin und macht insofern deutlich, dass der (vormittägliche) Lerneffekt mit der attraktiven (nachmittäglichen) Möglichkeit verbunden werden kann, in entspannter Atmosphäre Land und Leute kennenzulernen (vgl. etwa www.namedesanbieters.de , ...."in den malerisch verwinkelten Altstadtgassen finden sich zahlreiche kleine Läden, Bistros und Patisserien, die für typisch provenzalisches Flair sorgen. Der mondäne Jachthafen XY bietet hingegen Luxus pur und lädt gleichermaßen zum Bummeln und Staunen ein....").

Selbst wenn die nachmittägliche Studienzeit als gegeben angenommen würde, wäre der Berufungswerberin mehr Freizeit für andere als berufsbedingte Betätigungen zur Verfügung gestanden, als während laufender Berufsausübung bei ihrer liechtensteinischen Arbeitgeberin (siehe auch die entsprechenden Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung).

Im Sinne der neueren, oben zitierten Rechtsprechung ist insgesamt davon auszugehen, dass die streitgegenständliche Sprachreise berufliche und private Veranlassungsbeiträge enthält, die jeweils nicht von untergeordneter Bedeutung sind. Im Wege einer Schätzung wird eine Trennung in beruflich veranlasste und private Reiseabschnitte im Verhältnis 50 zu 50 als angemessen erachtet. Die über die reinen Kurskosten von 270,00 € hinausgehenden Aufwendungen sind also dem Grunde nach in einem Ausmaß von 50% anzuerkennen.

Hinsichtlich der Höhe ist auszuführen:

Laut Routenplaner www.viamichelin.at beträgt die Entfernung zwischen F, dem Wohnort der Berufungswerberin, und A 609 km, die Hin- und Rückfahrt umfasst somit 1.218 km. Multipliziert mit dem amtlichen Kilometergeldsatz von 0,42 € für PKW (BGBl I 86/2008, BGBl I 153/2009) sind das 511,56 €.

Die Reisedauer (29.8. bis 4.9.) betrug 7 Tage. Hievon entfällt je ein Tag auf die Hin- bzw. Rückreise. In Anwendung des vom großen Senat des BFH entwickelten Berechnungsmodus sind diese "neutralen", dh per se gesehen weder betrieblich noch privat genutzten Tage, von der gesamten Reise abzuziehen, sodass 5 für eine Aufteilung heranzuziehende Tage verbleiben ( Renner, UFS folgt BFH: Ende des Aufteilungsverbots auch in Österreich?- ÖStZ, Heft 21, 514, 4.7.3.).

Führt eine Dienstreise ins Ausland, sind für die Bemessung der Tages- und Nächtigungsgelder im Ausland grundsätzlich die Auslandsreisesätze der Bundesbediensteten maßgebend. Bei Entfernungen von mindestens 120 km zwischen Einsatzort und Wohnort kann von einer Nächtigung ausgegangen werden, ohne dass dies weiter zu überprüfen wäre.

In § 25c Abs. 1 RGV 1955 ist eine Verordnungsermächtigung zur Festsetzung der Tages- und Nächtigungsgebühren für Dienstverrichtungen im Ausland enthalten. Aufgrund dieser Ermächtigung wurden die Reisezulagen für Dienstverrichtungen im Ausland mit der Verordnung BGBl. II 434/2001 festgesetzt (Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, § 26, 6.3).

Entsprechend § 1 dieser Verordnung betragen die Höchstauslandsreisesätze (§ 26 Z 4 lit. d EStG 1988) für Frankreich 32,70 € als Tagesgeld und 24,00 € als Nächtigungsgeld. Fünf der Berufungswerberin zustehende Tagessätze belaufen sich somit auf 163,50 €, 6 Nächtigungssätze auf 144,00 €.

Addiert man 511,56 (km-Gelder) mit 163,50 (Tagesgelder) und 144,00 (Nächtigungsgelder), erhält man 819,06 €. Die Hälfte davon macht 409,53 € aus, einen Betrag, der nach obenstehenden Ausführungen zusätzlich zur bereits berücksichtigten Kursgebühr als beruflich bedingt anzuerkennen sind.

Der Berufung war spruchgemäß teilweise stattzugeben.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Feldkirch, am 29. Oktober 2012

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 26 Z 4 lit. d EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Verweise:

VwGH 27.01.2011, 2010/15/0197

Stichworte