UFS RV/0574-G/12

UFSRV/0574-G/1221.9.2012

Schweizer Invalidenrente - Ablöse durch Altersrente

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., Pensionist, E., vertreten durch Mag. Bernhard Ehgartner, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, 8510 Stainz, Sauerbrunnstraße 6, vom 18. Dezember 2006 gegen den Bescheid des Finanzamtes Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg vom 4. September 2006 betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2005 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 4. Februar 2009, RV/0504-G/08, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2005 mit Erkenntnis vom 28. Juni 2012, 2009/15/0069 mit nachstehender Begründung wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben:

"Gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 sind Geldleistungen aus einer gesetzlichen Unfallversorgung sowie dem Grunde und der Höhe nach gleichartige Beträge aus einer ausländischen gesetzlichen Unfallversorgung, die einer inländischen gesetzlichen Unfallversorgung entspricht, steuerbefreit.

Gemäß § 203 Abs. 1 ASVG gebührt eine Versehrtenrente, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versehrten durch die Folgen eines Arbeitsunfalles oder eine Berufskrankheit über drei Monate nach dem Eintritt des Versicherungsfalles hinaus um mindestens 20% vermindert ist; die Versehrtenrente gebührt für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20%. Gemäß § 205 Abs. 1 ASVG wird die Versehrtenrente nach dem Grad der durch den Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit herbeigeführten Minderung der Erwerbsfähigkeit bemessen. Gemäß § 205 Abs. 2 Z 1 ASVG beträgt sie, solange der Versehrte infolge des Arbeitsunfalles oder der Berufskrankheit völlig erwerbsunfähig ist, 66 2/3% der Bemessungsgrundlage (Vollrente). Auch wenn die Versehrtenrente dem Ausgleich des durch die unfallbedingte Erwerbsminderung eintretenden Schadens dienen soll, ist nach der österreichischen Rechtslage nicht sichergestellt, dass der tatsächliche Verdienstentgang ersetzt wird (vgl. hiezu die hg Erkenntnisse vom 19. Dezember 2006, 2004/15/0169 und vom 22. April 2009, 2007/15/0022).

Gemäß Art. 28 des Schweizer Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung vom 19. Juni 1959 (IVG) in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung hat ab einem Invaliditätsgrad von mindestens 66 2/3% der Anspruch auf eine "ganze Rente" bestanden. Auch die im Verwaltungsakt einliegenden, von der belangten Behörde erhobenen Informationsblätter zur Schweizer Invaliditätsrente legen dar, dass ab einen Invaliditätsgrad von mindestens 66 2/3% der Anspruch auf die "ganze Rente" bestanden hat, wobei die Rente grundsätzlich gleich hoch ist wie die Rente nach der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV-Rente) und von der Versicherungsdauer und der Höhe des durchschnittlichen Einkommens abhängt.

§ 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 stellt darauf ab, dass die Geldleistungen aus einer ausländischen gesetzlichen Unfallversorgung dem Grunde und der Höhe nach den Geldleistungen aus einer inländischen gesetzlichen Unfallversorgung gleichartig sind. Zur Prüfung der Gleichartigkeit ist die aus dem Ausland bezogene Geldleistung jener gegenüber zu stellen, die beim konkret gegebenen Sachverhalt aus einer inländischen gesetzlichen Unfallversorgung zu gewähren gewesen wäre. In Verkennung der Rechtslage hat es die belangte Behörde unterlassen, eine solche Gegenüberstellung vorzunehmen. Wiewohl die Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 voraussetzt, dass die Bezüge aus der ausländischen Unfallversorgung auch der Höhe nach den Geldleistungen aus der inländischen Unfallversorgung gleichartig sind, ist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid beispielweise auf die Regelung des § 205 Abs. 2 ASVG, wonach die Versehrtenrente maximal 66 2/3% der Bemessungsgrundlage (Vollrente) beträgt, nicht eingegangen.

Der angefochtene Bescheid erweist sich sohin als mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Für das fortzusetzende Verfahren ist auf folgenden Umstand hinzuweisen:

Art. 30 des - im Verwaltungsakt in Ablichtung einliegenden - Schweizer Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (IVG) lautet auszugweise wie folgt:

"Der Rentenanspruch erlischt mit der Entstehung des Anspruchs auf eine Altersrente der Alters- und Hinterlassenenversicherung oder mit dem Tod des Berechtigten."

Auch die im Verwaltungsakt enthaltenen Informationsblätter zur Schweizer Invaliditätsrente führen aus, dass der Anspruch auf Schweizer Invalidenrente spätestens dann erlischt, wenn der Rentner das "AHV-Alter" erreicht.

Die belangte Behörde wird daher unter Rückgriff auf die Mitwirkungspflicht des Mitbeteiligten insbesondere auch zu erheben haben, ob die Schweizer Rente, die der im Streitjahr 2005 bereits 68 Jahre alte Mitbeteiligte in diesem Jahr bezogen hat, tatsächlich noch eine Rente nach dem Schweizer Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG) oder bereits eine Altersrente gewesen ist. In diesem Zusammenhang sei auch auf den dem Erkenntnis vom 22. April 2009, 2007/15/0022, zugrunde liegenden Sachverhalt verwiesen, wonach eine Schweizer Invalidenrente des seinerzeitigen Beschwerdeführers mit dem Zeitpunkt, zu dem er das 65. Lebensjahr und somit das Pensionsalter erreicht hatte, nach der Schweizer Rechtslage in eine Altersrente umgewandelt worden ist."

Der Berufungswerber (Bw.) hat in der Vorhaltsbeantwortung vom 11. September 2012 zu den näheren Umständen der strittigen Schweizer Rente unter Vorlage des Bescheides ("Verfügung") der Eidgenössischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (AHV-IV) vom 10. Mai 2002 Nachstehendes mitgeteilt:

"Zwar wird nach Schweizer Rechtslage eine Invalidenrente ab Erreichen des 65. Lebensjahres in eine Rente mit der Bezeichnung "Altersrente" umgewandelt, jedoch kann parallel dazu nach österreichischem Recht eine Invalidenrente, die aufgrund eines Arbeitsunfalles ausbezahlt wurde (der Grad der Invalidität wurde mit 68% festgestellt - siehe Verfügung vom 18.3.1996) nicht in eine Altersrente umgewandelt werden. In Österreich bleibt eine Invalidenrente auch ab dem Pensionsantrittsalter eine Invalidenrente und somit steuerfrei. Ein Hinweis auf diesen Umstand ergibt sich etwa, dass die Invalidenrente im Jahre 1996 von der Eidgenössischen Invalidenversicherung (IV) ausgezahlt wurde, ab dem Jahre 2002 (oder auch früher) aus organisatorischen Gründen von der Eidgenössischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (AHV-IV) übernommen wurde."

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 sind Geldleistungen aus einer gesetzlichen Unfallversorgung sowie dem Grunde und der Höhe nach gleichartige Beträge aus einer ausländischen gesetzlichen Unfallversorgung, die einer inländischen gesetzlichen Unfallversorgung entspricht, steuerbefreit.

Gemäß § 203 Abs. 1 ASVG gebührt eine Versehrtenrente, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versehrten durch die Folgen eines Arbeitsunfalles oder eine Berufskrankheit über drei Monate nach dem Eintritt des Versicherungsfalles hinaus um mindestens 20% vermindert ist; die Versehrtenrente gebührt für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20%. Gemäß § 205 Abs. 1 ASVG wird die Versehrtenrente nach dem Grad der durch den Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit herbeigeführten Minderung der Erwerbsfähigkeit bemessen. Gemäß § 205 Abs. 2 Z 1 ASVG beträgt sie, solange der Versehrte infolge des Arbeitsunfalles oder der Berufskrankheit völlig erwerbsunfähig ist, 66 2/3% der Bemessungsgrundlage (Vollrente). Auch wenn die Versehrtenrente dem Ausgleich des durch die unfallbedingte Erwerbsminderung eintretenden Schadens dienen soll, ist nach der österreichischen Rechtslage nicht sichergestellt, dass der tatsächliche Verdienstentgang ersetzt wird.

Gemäß Art. 28 des Schweizer Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung vom 19. Juni 1959 (IVG) in der im Berufungsfall anzuwendenden Fassung hat ab einem Invaliditätsgrad von mindestens 66 2/3% der Anspruch auf eine "ganze Rente" bestanden.

Gemäß Art. 30 IVG erlischt der Rentenanspruch mit der Entstehung des Anspruchs auf eine Altersrente der Alters- und Hinterlassenenversicherung oder mit dem Tod des Berechtigten.

Gemäß Art. 21 Absatz 1 Buchstabe a des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) haben Männer, welche das 65. Altersjahr vollendet haben, Anspruch auf eine Altersrente. Der Anspruch auf die Altersrente entsteht gemäß Abs. 2 leg. cit. am ersten Tag des Monats, welcher der Vollendung des gemäß Absatz 1 maßgebenden Altersjahres folgt.

§ 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 stellt darauf ab, dass die Geldleistungen aus einer ausländischen gesetzlichen Unfallversorgung dem Grunde und der Höhe nach den Geldleistungen aus einer inländischen gesetzlichen Unfallversorgung gleichartig sind. Zur Prüfung der Gleichartigkeit ist die aus dem Ausland bezogene Geldleistung jener gegenüber zu stellen, die beim konkret gegebenen Sachverhalt aus einer inländischen gesetzlichen Unfallversorgung zu gewähren gewesen wäre.

Unter Bedachtnahme auf die vorhin dargestellte Rechtslage konnte der Berufung aus nachstehenden Erwägungen kein Erfolg beschieden sein:

Der am 12. Mai 1937 geborene Bw. hat nach Art. 21 Absatz 1 Buchstabe a AHVG mit 1. Juni 2002 den gesetzlichen Anspruch auf eine Altersrente erworben (vgl. www.ahv-iv.info/ahv/00161/00180/index.html - Wann entsteht der Anspruch auf eine Altersrente?). Demgemäß ist in der vom Bw. vorgelegten "Verfügung" der Schweizerischen Ausgleichskasse vom 10. Mai 2002 ua. Nachstehendes ausgeführt:

"Mit Wirkung ab 01.06.2002 werden folgende monatliche Leistungen der AHV ausgerichtet:

Ordentliche Altersrente

469.37.243.251 Bw., geb. am 12.5.1937

ab 01.06.2002

Ordentliche Zusatzrente für den Ehegatten

469.49.743.152 Ehegattin, geb. am 12.8.1949

ab 01.06.2002

Berechnungsgrundlagen

...

Abrechnung

...

Mit der Vollendung des 65. Altersjahres wird die Invalidenrente durch eine Altersrente abgelöst."

Da demnach die im Streitjahr 2005 bezogene Schweizer Rente tatsächlich nicht mehr eine Invalidenrente - der Anspruch ist nach Art. 30 IVG mit 1. Juni 2002 erloschen - nach dem Schweizer Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG), sondern eine Altersrente nach dem Schweizer Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) gewesen ist, ist das im eingangs zitierten Tatbestand zwingende Tatbestandsmerkmal, dass es sich um "dem Grunde und der Höhe nach gleichartige Beträge aus einer ausländischen gesetzlichen Unfallversorgung" handeln muss, nicht erfüllt.

Abgesehen davon, dass auf Grund der obigen Ausführungen der Bw. im Streitjahr 2005 tatsächlich keine Beträge aus einer ausländischen gesetzlichen Unfallversorgung, sondern eine Altersrente bezogen hat, würde auch die im Befreiungstatbestand geforderte Prüfung der Gleichartigkeit nichts an der Beurteilung ändern. Denn die für die Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 erforderliche Voraussetzung, dass die Bezüge aus der ausländischen gesetzlichen Unfallversorgung auch der Höhe nach den Geldleistungen aus der inländischen gesetzlichen Unfallversorgung gleichartig sein müssen, ist deshalb nicht erfüllt, da nach Art. 28 IVG ab einem Invaliditätsgrad von mindestens 66 2/3% (der Invaliditätsgrad des Bw. wird in der Verfügung der Eidgenössischen Invalidenversicherung vom 18.3.1996 mit 68% festgestellt) der Anspruch auf eine "ganze Rente" besteht, während gemäß § 205 Abs. 2 Z 1 ASVG die Versehrtenrente höchstens 66 2/3% (bei völliger Erwerbsunfähigkeit) der Bemessungsgrundlage (Vollrente) beträgt.

Der vom Bw. in diesem Zusammenhang zutreffend (vgl. VwGH 22.4.2009, 2007/15/0022) vertretenen Argumentation, dass nach österreichischem Recht eine Invalidenrente, die auf Grund eines Arbeitsunfalles ausbezahlt wurde, nicht in eine Altersrente umgewandelt werden könne, sondern auch ab dem Pensionsantrittsalter eine solche bleibe, ist jedoch entgegenzuhalten, dass im vorliegenden Fall nicht Geldleistungen aus einer inländischen gesetzlichen Unfallversorgung strittig sind, sondern der in Rede stehende ausländische Rentenbezug im Hinblick auf die eingangs zitierte Befreiungsbestimmung zu beurteilen ist.

Im Übrigen wird schließlich auch auf den Hinweis des Verwaltungsgerichtshofes für das fortzusetzende Verfahren verwiesen, wonach "die belangte Behörde insbesondere zu erheben haben wird, ob die Schweizer Rente, die der im Streitjahr 2005 bereits 68 Jahre alte Mitbeteiligte in diesem Jahr bezogen hat, tatsächlich noch eine Rente nach dem Schweizer Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG) oder bereits eine Altersrente gewesen ist."

Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Graz, am 21. September 2012

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Schweizer Invalidenrente, Altersrente, ausländische gesetzliche Unfallversorgung, Versehrtenrente

Verweise:

VwGH 28.06.2012, 2009/15/0069

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