Abtretung eines Kaufanbotes durch Eintritt eines Dritten
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des MM, Adr, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt, 4020 Linz, Landstraße 49, vom 30. Mai 2008 gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom 21. Mai 2008 betreffend Grunderwerbsteuer entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
MM hat am 2. Dezember 2006 hinsichtlich eines nicht fertiggestellten Golfhotelprojekts (Eigentumswohnungen) an alle Kommanditisten der XY GmbH & Co KG ein Kaufanbot zum Erwerb ihrer Gesellschaftsrechte und Liegenschaftsanteile abgegeben. Unter anderem ist das Anbot an WZ, Eigentümer von Liegenschaftsanteilen an den EZ, ergangen.
Die für die gegenständliche Entscheidung wesentlichsten Regelungen des Anbotes sind in Punkt IV. Anbotsannahme enthalten und lauten wie folgt:
1. Dieses Anbot kann bis zum 15. Jänner 2007 angenommen werden. Die Annahme ist rechtswirksam nur dann möglich, wenn sie von sämtlichen Anbotsempfängern erfolgt. 2. MM oder jene dritte Person oder Gesellschaft, die an seiner Stelle in die Rechte und Pflichten aus diesem Anbot eingetreten ist, haben jedoch das Wahlrecht, diese Rechtsfolge betreffend einzelner Anbotsempfänger, die das Anbot fristgerecht angenommen haben, abzuwenden und die Kauf- und Abtretungsverträge in Rechtswirksamkeit zu setzen, wenn er diesen dies bis zum 31. März 2007 schriftlich bekannt gibt. 4. MM ist berechtigt, eine dritte Person oder Gesellschaft an seiner Stelle in die Rechtsstellung aus diesem Anbot und aus dem durch die rechtswirksame Annahme zustande kommenden Kauf- und Abtretungsvertrag vor oder nach dem Zustandekommen des Vertrages eintreten zu lassen. Er haftet in diesem Fall jedoch persönlich für die Kaufpreiszahlung.
WZ hat dieses Anbot mit Annahmeerklärung vom 10. Mai 2007 angenommen.
Mit Schreiben vom 9. November 2007 hat MM von seinem Recht, an seine Stelle die ML GmbH in die Rechtsstellung aus dem Anbot eintreten zu lassen, Gebrauch gemacht. In einem hat die ML GmbH vom Recht Gebrauch gemacht, das Anbot unbeschadet der nicht vollständigen Anbotsannahme WZ gegenüber in Kraft zu setzen. Dadurch sei zwischen WZ und der ML GmbH ein rechtswirksamer Kaufvertrag zustandegekommen.
Mit Bescheid vom 21. Mai 2008 hat das Finanzamt für den Kaufvertrag mit WZ Grunderwerbsteuer (GrESt) in Höhe von 820,75 € festgesetzt.
Dagegen hat MM, nunmehriger Berufungswerber, =Bw, am 30. Mai 2008 mit der Begründung Berufung erhoben, das Anbot sei nicht von sämtlichen Anbotsempfängern angenommen worden, sodass es keine Rechtswirkung ausgelöst habe. Der Bw habe von seinem Recht Gebrauch gemacht, dem Anbotsempfänger bekannt zu geben, dass an seine Stelle die ML GmbH in die Rechtsstellung aus dem Anbot eintritt und das Anbot unbeschadet der nicht vollständigen Anbotsannahme in Kraft gesetzt wird. Erst durch diese Erklärung sei der Kaufvertrag zwischen WZ und der ML GmbH rechtswirksam zu Stande gekommen, was mit Vertragsnachtrag vom 28. November 2007 dokumentiert worden sei. § 1 Abs. 1 Zif. 4 GrEStG könne nicht zur Anwendung kommen, weil der ML GmbH mit dem Anbot kein Recht eingeräumt worden sei. Das Gestaltungsrecht des MM habe keinen Anspruch auf Abtretung der Rechte aus dem Kaufanbot begründet, sondern sei Inhalt des Kaufanbotes selbst. Der ML GmbH sei ohnedies die GrESt vorgeschrieben worden. Eine Doppelvorschreibung sei nicht gerechtfertigt, da MM selbst aufgrund der nicht eingetretenen Bedingung an kein rechtswirksames Anbot gebunden gewesen sei.
Das Finanzamt hat die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 10. Juni 2008 als unbegründet abgewiesen, weil der Bw durch die vertragliche Gestaltung die Möglichkeit hatte, die Kauf- und Abtretungsverträge mit einzelnen Kommanditisten in Rechtswirksamkeit zu setzen. Diese Rechtsstellung habe der Bw übertragen und damit der erwerbenden Gesellschaft die Rechte aus dem Kaufanbot verschafft. Mit dem Zustandekommen der rechtswirksamen Kaufverträge sei auch das Abtretungsgeschäft verwirklicht worden.
Am 25. Juni 2008 hat der Bw die Vorlage seiner Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde II. Instanz beantragt und führt ergänzend aus, es komme auf die GrESt-rechtliche Beurteilung des Rechtsgeschäfts zum Zeitpunkt dessen Abschlusses an. Das nachträgliche Zustandekommen des GrESt-pflichtigen Vorganges könne nicht dazu führen, dass ein ursprünglich nicht GrESt-pflichtiger Vorgang nachträglich unter § 1 Abs. 1 Zif. 4 GrEStG subsumiert werde.
Der Vertragsnachtrag vom 28. November 2007 enthält neben einer genauen Sachverhaltsdarstellung im Punkt 1 im Wesentlichen die zur grundbücherlichen Durchführung des Rechtsgeschäftes notwendigen Erklärungen (Punkt 2) zum Ausländergrundverkehr und (Punkt 3) Aufsandung. Im Besonderen wird festgestellt, dass "die Anbotsannahme zwar nicht innerhalb der Frist bis 15. Jänner 2007 erfolgt ist, die Beteiligten jedoch vereinbaren, dass die Anbotsannahme unbeschadet der Fristversäumnis rechtswirksam war und somit das Rechtsgeschäft mit dem im Anbot und dieser Nachtragsvereinbarung dargestellten Inhalt rechtswirksam zustandegekommen ist".
Über die Berufung wurde erwogen:
Nach § 1 Abs. 1 Zif. 4 Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG) unterliegt der GrESt ein Rechtsgeschäft betreffend ein inländisches Grundstück, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufanbot begründet.
Zur steuerlichen Tatbestandsverwirklichung ist es nach Ansicht des VwGH (entgegen dem Gesetzeswortlaut) erforderlich, dass ein rechtswirksames Kaufangebot eingeräumt wurde, dass die daraus sich ergebenden Rechte vom Berechtigten an einen Dritten abgetreten werden und der Kauf zwischen diesem und dem Grundstückseigentümer auch tatsächlich zu Stande kommt.
Der Tatbestand der Abtretung der Rechte aus einem Kaufanbot ist jedoch auch dann erfüllt, wenn derjenige, den der Grundstückseigentümer zur Benennung eines Dritten als Käufer berechtigt hat, tatsächlich einen Dritten als Käufer benennt und dieser den Kauf abschließt. Zur Tatbestandsverwirklichung ist also erforderlich, dass ein rechtswirksames Kaufanbot eingeräumt, die daraus sich ergebenden Rechte vom Berechtigten an den Dritten abgetreten und der Kauf zwischen diesem und dem Grundstückseigentümer tatsächlich zu Stande kommt (siehe Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbssteuer, Rz. 241 zu § 1 GrEStG 1987).
Rechtlich handelt es sich darum, dass jemand auf Grund der Rechte, die ihm im Zusammenhang mit einem Antrag auf Abschluss eines Kaufvertrages eingeräumt worden sind, einem Dritten den Kauf des Grundstückes ermöglicht und dass dieser Kauf auch zustande kommt (BFH vom 31. Mai 1972 II R 162/66 BStBl. 1972/826).
Die Anwendung der Bestimmung des § 1 Abs. 1 Zif. 4 GrEStG als Besteuerungstatbestand beruht im gegenständlichen Fall darauf, dass WZ durch die verspätete Angebotsannahme dem Bw quasi ein Gegenangebot gestellt hat. Durch die Angebotsannahme am 10. Mai 2007 hat WZ den Bw in die Lage versetzt, über seine Liegenschaftsanteile in gewisser Weise (gemäß Pkt. IV Zif. 2 des Anbots) zu disponieren und den Kaufvertrag nach seinem Willen und ohne weiteres Zutun des WZ in Rechtsgültigkeit zu versetzen. Ausdrücklich weisen alle Beteiligten im Vertragsnachtrag darauf hin, dass die Anbotsannahme unbeschadet der Fristversäumnis rechtswirksam war. Dem Bw ist somit nach dem Willen der Vertragsparteien das Recht auf Begründung eines Kaufanspruches zugekommen. Dieses Recht hat er am 9. November 2007 auf die ML GmbH übertragen, indem er sie in den Vertrag hat eintreten lassen, sodass der Bw dadurch der ML den Zugang zum Kaufanbot des WZ ermöglicht hat.
Die Abtretung bedarf keiner bestimmten Form. Aus dem Inhalt des Anbots und der tatsächlichen Geschehensabfolge kann aber ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufanbot begründet, schlüssig abgeleitet werden.
Lt. unmissverständlichem Text des Schreibens vom 9. November 2007 lässt der Bw die ML GmbH in die Rechtsstellung aus dem Anbot eintreten. Dass Letztere auch tatsächlich in diese Rechtsstellung einzutreten gewillt war, kann konkludent aus der Tatsache geschlossen werden, dass die ML GmbH sogleich das aus dem Anbot abgeleitete Recht auf in Kraftsetzung des Anbots wahrgenommen hat.
Der Erwerbsvorgang des § 1 Abs. 1 Zif. 4 GrEStG beinhaltet nicht den Erwerb eines Übereignungsanspruches auf ein Grundstück, sondern erfasst die Abtretung eines Kaufrechtes. Damit sollen - zur Vermeidung einer Besteuerungslücke - "Zwischengeschäfte" erfasst werden, die eine Weiterübertragung der Rechtsposition vor Eintritt der Eigentumsänderung beinhalten. Diese Tatbestände stellen eine ausdrückliche Normierung einer gesonderten Steuerpflicht dar.
Im Übrigen hat der Bw keine weiteren Bedenken gegen die GrESt-Vorschreibung, insbesondere der Höhe nach, vorgebracht.
Es war somit wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.
Linz, am 28. Juli 2011
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 1 Abs. 1 Z 4 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |