BFH

BFHII R 162/6631.5.1972

Amtlicher Leitsatz:

1. Ein Vertrag (Vorvertrag, Optionsvertrag), durch den der Grundstückseigentümer sich lediglich verpflichtet, erst auf Verlangen des Berechtigten einen Kaufvertrag abzuschließen, aus dem aber noch nicht auf die Erklärung der Auflassung geklagt werden kann, ist für sich noch kein Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG.

2. Ist dem Ankaufsberechtigten in einem solchen Vertrag das Recht eingeräumt, statt seiner einen Dritten als Ankaufsberechtigten zu benennen, so liegt in der bloßen Benennung des Dritten nicht schon die Ausübung des Ankaufsrechts, sondern erst in der Übertragung der Rechte aus dem Vertrag auf den Dritten in Verbindung mit der Ausübung dieser Rechte durch diesen.

3. Unter die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG fallen auch die Rechte aus einem Ankaufsrecht (Optionsrecht); dies auch dann, wenn die Rechte durch Vertrag eingeräumt werden.

4. Im Falle des § 1 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG ist Besteuerungsgrundlage der Wert des Grundstücks im Sinne des § 12 GrEStG.

5. Zur Frage der Steuerschuldnerschaft in solchen Fällen.

Normen

§ 1 Abs. 1 Nrn. 1, 5, 6, 7 Schleswig-Holsteinisches GrEStG i.d.F. vom 28. Juni 1962 (GVBl S. 259) -- GrEStG --
§ 10 Abs. 1 Schleswig-Holsteinisches GrEStG i.d.F. vom 28. Juni 1962 (GVBl S. 259) -- GrEStG --
§ 2 Nr. 1 Schleswig-Holsteinisches GrEStG i.d.F. vom 28. Juni 1962 (GVBl S. 259) -- GrEStG --
§ 12 Schleswig-Holsteinisches GrEStG i.d.F. vom 28. Juni 1962 (GVBl S. 259) -- GrEStG --
§ 15 Nr. 1 Schleswig-Holsteinisches GrEStG i.d.F. vom 28. Juni 1962 (GVBl S. 259) -- GrEStG --
§ 145 BGB
§ 313 BGB

 

Tatbestand:

I.

Ein Grundstückskomplex war an eine Kommanditgesellschaft verpachtet, deren sämtliche Anteile im November 1963 die Klägerin, eine GmbH übernahm. Anfang November 1963 verpflichtete sich die Grundstückseigentümerin im notariell beurkundeten Vertrag (Vertrag I) mit der Klägerin, "dieser oder einem von dieser Firma zu benennenden Dritten die ... Grundstücke zu verkaufen und zu Eigentum zu übertragen, sofern die ... GmbH dieses ihr gegenüber durch schriftliche Erklärung verlangt, und zwar unter Berücksichtigung ... (gewisser) Bedingungen": Die Verpflichtung war bis zum 31. Oktober 1965 befristet. Der der Höhe nach festgelegte Kaufpreis war "bei der Beurkundung eines endgültigen Kaufvertrages" zu zahlen, ggf. bei einer "bis zum Abschluß des endgültigen Kaufvertrages" eintretenden wesentlichen Änderung des Lebenshaltungsindexes anzugleichen. Nach Regelung weiterer Einzelheiten, u. a. über den Ausschluß der Gewährleistung für Beschaffenheit und Größe der Grundstücke, über die Abwicklung einer Grundschuld und über die Vertragskosten erklärten die Beteiligten, daß Geschäftsgrundlage des Vertrags die dieser Tage zwischen der GmbH und der KG zu treffenden Vereinbarungen waren, bei deren Nichtzustandekommen auch "diese Verkaufsverpflichtung" der Grundstückseigentümerin entfalle.

Im November 1964 schloß die Grundstückseigentümerin mit dem Kaufmann X, dem geschäftsführenden Gesellschafter der GmbH, einen notariell beurkundeten "Kaufvertrag" (Vertrag II), in dessen Vorspruch es unter Bezugnahme auf den Vertrag I heißt, daß die GmbH Herrn X "als Käufer benannt" habe. Danach verkaufte die Eigentümerin ihre Grundstücke an Herrn X zu dem bereits im Vertrag I genannten Kaufpreis.

Das FA (Beklagter) vertrat die Auffassung, die Klägerin habe auf Grund des "Vorvertrages" I einen eigenen klagbaren Anspruch auf Übereignung der Grundstücke erworben; die Grunderwerbsteuerpflicht aus diesem Vorgang sei auf Grund des § 1 Abs. 1 Nr. 1 des GrEStG Schleswig-Holstein in der Fassung vom 28. Juni 1962 (GVBl 259) nach Benennung des Dritten mit Abschluß des Vertrags II entstanden. Außerdem habe der Gesellschafter X hierdurch die Rechte der Klägerin aus dem Vertrag I erworben. In der Benennung des Dritten im Vertrag II liege ein zweiter Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 5 GrEStG. Dementsprechend setzte das FA durch zwei Steuerbescheide für jeden Vorgang Grunderwerbsteuer fest. In beiden Steuerbescheiden sind als Erwerbsvorgänge die "Verträge 6.11.1963/16.11.1964" bezeichnet, im ersten Steuerbescheid als Veräußerer die Eigentümerin und als Erwerber die GmbH, im zweiten Steuerbescheid als Veräußerer die GmbH und als Erwerber Kaufmann X.

Gegen beide Bescheide legten die Grundstückseigentümerin, die GmbH (Klägerin) und der Gesellschafter X Einsprüche ein, die das FA verband.

Das FA setzte wegen niedrigerer Gegenleistung in der Einspruchsentscheidung die beiden Steuerbeträge herab, wies aber im übrigen die Einsprüche zurück.

Die Grundstückseigentümerin nahm ihre als Berufung eingelegte Klage zurück. Die Klägerin machte mit ihrer Klage geltend, der Vertrag I habe als Vorvertrag keinen Übereignungsanspruch und somit auch keine Grunderwerbsteuerpflicht ausgelöst. Der Grunderwerbsteuer unterliege nur der Vertrag II, und zwar nur gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG als Kaufvertrag zwischen der Grundstückseigentümerin und ihrem Gesellschafter X.

Die Grunderwerbsteuer aus § 1 Abs. 1 Nr. 5 GrEStG sei gegen sie somit zu Unrecht festgesetzt worden.

Das FG hob durch das auszugsweise in den EFG 1966, 585 veröffentlichte Urteil III 19/66 vom 23. Juni 1966 beide Steuerbescheide in der Gestalt der Einspruchsentscheidung auf. Nach dem Wortsinn habe sich die Grundstückseigentümerin im Vertrag I lediglich verpflichten wollen, die Grundstücke im Zusammenhang mit dem noch abzuschließenden Kaufvertrag zu übereignen. Nicht der Vertrag I, sondern erst der zwischen der Grundstückseigentümerin und dem Gesellschafter X geschlossene Vertrag II habe die Grunderwerbsteuerpflicht ausgelöst. Somit sei der erste Steuerbescheid, soweit er sich gegen die Klägerin richte, aufzuheben. -- Da der Klägerin aus dem Vertrag I ein Übereigungsanspruch nicht zugestanden habe, habe sie einen solchen Anspruch (§ 1 Abs. 1 Nrn. 5, 7 GrEStG) auch nicht auf den Gesellschafter X übertragen können. Die Grundstückseigentümerin habe der Klägerin zwar ein Ankaufsrecht (Optionsrecht) eingeräumt. Die Abtretung der Rechte aus einer Option könne der Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot (§ 1 Abs. 1 Nrn. 6, 7 GrEStG) nicht gleichgestellt werden, so daß auch der zweite Bescheid aufzuheben sei, soweit er sich gegen die Klägerin richte. Soweit sich dieser Bescheid gegen den Gesellschafter X richte, sei er nicht Gegenstand dieses Verfahrens, da Herr X kein Rechtsmittel eingelegt habe.

Mit der Revision beantragt der Beklagte, die Vorentscheidung aufzuheben. Allerdings werde, da in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 6 (Nr. 7) GrEStG Besteuerungsgrundlage der Einheitswert sei, die Grunderwerbsteuer aus dem zweiten Bescheid niedriger festzusetzen sein.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist nur zum Teil begründet.

1. Das FG ist unter Bezugnahme auf das Urteil des erkennenden Senats II 60/60 U vom 27. Januar 1965 (BFH 82, 51, BStBl III 1965, 265) zutreffend davon ausgegangen, daß das sogenannte Ankaufsrecht als wichtigste Ausprägung des sogenannten Optionsrechts (vgl. Henrich, "Vorvertrag, Optionsvertrag, Vorrechtsvertrag" 1965, hier Seite 229) in verschiedenen Rechtsformen eingeräumt werden kann, insbesondere durch einseitiges, längerfristig bindendes Vertragsangebot, durch Vorvertrag oder auch (schon jetzt abgeschlossenen) aufschiebend bedingten Kaufvertrag (vgl. noch Entscheidung des BGH V ZR 8/61 vom 28. September 1962, Deutsche Notarzeitschrift 1963 S. 230 -- DNotZ 1963, 230 -- mit Anmerkung von Hense; BGHZ 47, 388 mit weiteren Nachweisen der Rechtsprechung und der im einzelnen unterschiedlichen Ansichten auch im Schrifttum). Das FG hat den Vertrag I unter Würdigung seines Wortsinnes und des wirklichen Parteiwillens dahin ausgelegt, daß die Beteiligten noch keinen endgültigen, auch nicht einen bedingten Kaufvertrag abgeschlossen haben, sondern daß die Grundstückseigentümerin der Klägerin durch Vorvertrag lediglich einen Anspruch auf Abschluß eines endgültigen Kaufvertrags eingeräumt hat. Insoweit (bei der Erforschung des Parteiwillens) handelt es sich um eine rechtlich mögliche und -- mangels verfahrensrechtlicher Revisionsangriffe -- das Revisionsgericht bindende Auslegung des Vertragswillens (§ 118 Abs. 2 FGO; Urteil des BFH II 149/63 vom 21. Dezember 1966, BFH 87, 458, 460, BStBl III 1967, 189).

Wenn auch die Grundstückseigentümerin sich verpflichtete, die "Grundstücke zu verkaufen und zu Eigentum zu übertragen", so konnte das FG dies dahin würdigen, daß die Übereignungspflicht nur für den Fall des noch abzuschließenden Kaufvertrags eintreten sollte und daß der Zusatz "und zu Eigentum zu übertragen" somit rechtlich überflüssig war. Tatsächlich ist in dem Vertrag I mehrfach von dem noch abzuschließenden endgültigen Kaufvertrag die Rede, von dessen Zustandekommen auch Höhe und Zahlung des Kaufpreises abhingen. Auch die spätere tatsächliche Entwicklung -- daß nämlich die Klägerin nicht lediglich durch einseitige Willenserklärung einen bedingt geschlossenen Kaufvertrag unbedingt werden ließ und nicht etwa nur einen Anspruch aus dem, dann endgültig zustande gekommenen Kaufvertrag abtrat, daß vielmehr durch den Vertrag II ein vollständiger, eben der im Vertrag I erst "angesprochene" Kaufvertrag geschlossen wurde -- läßt die Auslegung des FG als rechtlich möglich erscheinen, daß die Grundstückseigentümerin sich lediglich dazu verpflichtete, auf Verlangen des Berechtigten einen Kaufvertrag erst noch abzuschließen, ohne daß aus diesem Vertrag I bereits unmittelbar auf Auflassung der Grundstücke hätte geklagt werden können. Ob es sich bei dem Vertrag I um einen "echten" Optionsvertrag in dem engeren Sinne handelt, daß der Optionsberechtigte nur noch (einseitig) ein bestimmtes Angebot anzunehmen brauche, oder um einen zum Abschluß eines Hauptvertrags verpflichteten Vorvertrag (vgl. außer Staudinger/Coing, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 11. Aufl., Vorbemerkung vor § 145, Tzn. 20 bis 21b im einzelnen Henrich, a. a. O., S. 232f.), kann für die grunderwerbsteuerrechtliche Beurteilung dahinstehen.

Grunderwerbsteuerrechtlich ist zunächst hinsichtlich der objektiven -- insoweit der vollen revisionsrichterlichen Nachprüfung unterliegenden -- rechtlichen Wertung des Vertrags I zwischen der Grundstückseigentümerin und der Klägerin (vorerst unter Ausklammerung des Eintrittsvorbehalts zugunsten eines Dritten) lediglich entscheidend, daß Rechtsgeschäfte nur und erst dann als Erwerbsvorgänge im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegen, wenn sie unmittelbar einen Anspruch des Erwerbers auf Übereignung begründen, wenn also aus ihnen bereits auf die Erklärung der Auflassung geklagt werden kann. Deshalb unterliegen im Regelfall weder das einseitige bindende Vertragsangebot des Grundstückseigentümers, noch das (z. B. befristet unwiderrufliche) Kaufangebot des Kaufinteressenten der Grunderwerbsteuer, sondern erst das mit der in gehöriger Form (§ 313 BGB) erklärten Annahme wirksam zustande gekommene Verpflichtungsgeschäft (vgl. Entscheidungen des RFH Gr. S. 1/22 vom 20. März 1922, RFH 9, 19; BFH II R 134/66 vom 13. Februar 1968, BFH 91, 447). Das gilt auch für sogenannte Vorverträge, bei denen erst der noch abzuschließende Hauptvertrag die Grunderwerbsteuerpflicht auslöst, es sei denn, daß bereits unter besonderen Umständen aus dem Vorvertrag selbst auf Erklärung der Auflassung geklagt werden kann (vgl. Entscheidungen des BFH II B 8/70 und II R 184/66 vom 26. Mai 1970, BFH 99, 143, 146 und 410, 412, BStBl II 1970, 552 und 673; II R 73/65 vom 27. Januar 1972, BFH 105, 168, BStBl II 1972, 496). Ebenso lösen noch nicht die Einräumung eines (in anderer Form gewählten) Ankaufsrechts bzw. eines Optionsrechts und deren Annahme selbst die Grunderwerbsteuerpflicht aus, sondern die in jeweils entsprechender Form erklärte Ausübung dieser Rechte (BFH 82, 51, 54; für die Option vgl. außer Boruttau/Klein, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 9. Aufl., § 1 Tz. 44, Henrich, a. a. O., S. 276 f.; Greven, DStZ A 1955, 191; Weisensee, Blätter für Steuerrecht, Sozialversicherung und Arbeitsrecht 1959 S. 357 -- BlStA 1959, 357 --).

Das FG glaubt, die Auffassung des Senats in dem Urteil II 175/60 U vom 22. November 1962 (BFH 76, 127, BStBl III 1963, 46), daß bereits die Einräumung des Ankaufsrechts der Grunderwerbsteuer unterliegt, wenn der Kaufvertrag beschlossene Sache ist, nicht billigen zu können, da dies kein Mißbrauch im Sinne des § 6 StAnpG sei. Hierauf kann der Senat schon deshalb nicht eingehen, weil das FG selbst wegen hier anders gelagerten Sachverhalts -- keine Pflicht der Klägerin zur Ausübung des Ankaufsrechts, kein hohes Bindungsentgelt -- aus jenem Urteil II 175/60 U keine seine Entscheidung tragenden Folgerungen gezogen hat. Außerdem konnte das FG darauf verweisen, daß ein beachtlicher außersteuerlicher Grund in der gewählten Vertragsgestaltung darin liegen konnte, daß im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags I noch nicht feststand, ob die Klägerin oder ihr Gesellschafter X die Grundstücke erwerben sollte.

In der vereinbarungsgemäß schriftlich vorzunehmenden bloßen Benennung des Gesellschafters X als Dritten lag noch keine Ausübung des Ankaufsrechts selbst. Diese, keine neue Bindung des Eigentümers bewirkende und deshalb auch formlos mögliche Namhaftmachung des Dritten (Reichsgericht -- RG --, Deutsches Recht 1944 S. 116, 117 -- DR 1944, 116, 117 -- rechte Spalte) bedeutete lediglich, daß nunmehr an Stelle der Klägerin der Kaufmann X das Recht zur Ausübung des Ankaufsrechts habe. Die Benennung allein war im Verhältnis zwischen Grundstückseigentümerin und Klägerin also auch kein der Grunderwerbsteuer unterliegender Erwerbsvorgang (vgl. auch BFH II 131/64 vom 6. Mai 1969, BFH 96, 201, 202, BStBl II 1969, 595). Nicht die Klägerin, sondern der Kaufmann X hat das Ankaufsrecht ausgeübt, indem er mit der Grundstückseigentümerin den Kaufvertrag II schloß. Vertragsbeteiligte und damit Steuerschuldner (§ 15 Nr. 1 GrEStG) aus diesem gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegenden Vertrag II sind nur die Grundstückseigentümerin und der Kaufmann X. Die Grundstückseigentümerin hat ihre Klage zurückgenommen. Kaufmann X hat Rechtsbehelfe nicht eingelegt. Die Klägerin ist aus dem Vertrag II nicht Steuerschuldnerin. Der Vertrag I hat Grunderwerbsteuer nicht ausgelöst, so daß der auf § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gestützte erste Steuerbescheid, soweit er gegen die Klägerin als Erwerberin gerichtet ist, durch das FG zutreffend aufgehoben worden ist.

Ein Fall, der zur Einräumung der Verwertungsbefugnis im Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG geführt haben könnte (vgl. die Entscheidungen des Senats II B 39/68 vom 3. Dezember 1968, BFH 94, 352, BStBl II 1969, 170; BFH 96, 201, 204; II 144/64 vom 28. April 1970, BFH 99, 320, 322, BStBl II 1970, 674), ist hier nicht gegeben.

Insoweit war die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

2. Dagegen führt die Revision, soweit sie sich gegen die Aufhebung auch des zweiten Steuerbescheids richtet, zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Das FG hat zutreffend festgestellt, daß die Klägerin ihre Rechte aus dem Vertrag I auf den Kaufmann X übertragen hat; der Vollzug dieses Rechtsvorgangs (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 bzw. 7 GrEStG) ergibt sich daraus, daß in dem Vertrag II, an dem der Gesellschafter X als Erwerber selbst beteiligt war, unter Bezugnahme auf den Vertrag I erklärt wird, daß die Klägerin an ihrer Stelle (bereits) Herrn X benannt hatte. Da, wie unter II 1. dargelegt, der Klägerin aus dem Vertrag I ein Übereignungsanspruch nicht zustand, hat das FG richtig erkannt, daß die Klägerin einen solchen Anspruch nicht im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 5 GrEStG an den Kaufmann X abtreten konnte.

Der Auffassung des FG, daß die Abtretung der Rechte aus einem Ankaufsrecht (Optionsrecht) der Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 (Nr. 7) GrEStG nicht gleichgestellt werden könne, vermag der Senat sich jedoch nicht anzuschließen. Richtig ist, daß § 5 Abs. 4 Nr. 2 GrEStG 1919/1927 als Veräußerungsgeschäfte (auch) die Übertragung von Rechten aus Anträgen zum Abschluß eines Veräußerungsgeschäfts, die den Veräußerer binden, bezeichnete. Richtig ist ferner, daß mit dem Hinweis in der amtlichen Begründung zum GrEStG 1940, Abschn. II zu § 1 Abs. 16 (RStBl 1940, 387, 391), die -- durch die Umstellung der grundsätzlichen Besteuerung vom dinglichen auf das schuldrechtliche Geschäft bedingte -- Neufassung des § 1 Abs. 1 Nrn. 5 bis 7 GrEStG entspreche "inhaltlich dem § 5 Abs. 4 Nrn. 1 bis 4 des bisherigen Gesetzes", eine ausdehnende Auslegung der steuerbegründenden Gesetzesvorschrift nicht zu rechtfertigen ist (BFH-Urteil II 210/65 vom 21. Oktober 1969, BFH 97, 147, BStBl II 1969, 736).

Die bürgerlich-rechtliche Problematik (§§ 398, 399, 400 BGB) einer sog. "Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot" (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG) kann dahingestellt bleiben (vgl. auch BFH 99, 320, 321). Grunderwerbsteuerrechtlich kann es sich nur darum handeln, daß jemand aufgrund der Rechte, die ihm im Zusammenhang mit einem Antrag auf Abschluß eines Kaufvertrags eingeräumt worden sind, einem Dritten den Kauf des Grundstücks ermöglicht und daß dieser Kauf auch zustande kommt. Den Begriff "Kaufangebot" kennt das BGB ohnehin nicht. Daß § 1 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG diesen Begriff des Kaufangebots verwendet und nicht den des "Antrags" im Sinne des BGB (vgl. § 145 BGB), zeigt, daß die Begriffe Kaufangebot (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 GrEStG) und "Angebot zum Abschluß eines anderen Vertrags" (Satz 2, a. a. O.) nicht nur im Sinne eines einseitigen Vertragsantrags (Vertragsangebots), also im Sinne einer einseitigen empfangsbedürftigen Willenserklärung (vgl. §§ 116, 130, 145 ff. BGB, vgl. auch §§ 293 bis 296 BGB) zu verstehen sind. Das einseitig eingeräumte Ankaufsrecht ist ohnehin ein solches Angebot. Auch das in einem Vertrag eingekleidete Ankaufsrecht enthält zwangsläufig ein Angebot, das, wenn es auf den Abschluß eines Grundstücksveräußerungsgeschäfts gerichtet ist, deshalb zur Wirksamkeit ebenfalls der Form des § 313 BGB bedarf (vgl. noch die Nachweise auch der Rechtsprechung bei Palandt/Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 30. Aufl., § 313, Anm. 3). Das durch einen solchen, der Form des § 313 BGB entsprechenden Vertrag über die Abgabe eines "Verkaufsangebots" eingeräumte Ankaufsrecht (Palandt/Heinrichs, a. a. O.) erzeugt sogar eine stärkere Bindungswirkung insofern, als in diesem Falle dessen Ausübung formfrei möglich ist, wenn man der Rechtsprechung folgt (vgl. RGZ 169, 65, 70; Oberster Gerichtshof der Britischen Zone, DNotZ 1951, 124; vgl. auch BGH, DNotZ 1963, 230, ferner Soergel/Ballerstedt, Bürgerliches Gesetzbuch, 10. Aufl., vor § 504, Tz. 11; Staudinger/Ostler, Bürgerliches Gesetzbuch, 11. Aufl., § 433, Tz. 83). Die Eigenart des Ankaufsrechts liegt, wie Hense (DNotZ 1963, 234) treffend bemerkt, darin, daß ein "Kaufangebot" (oder der bedingte Kaufvertrag) vorliegt, das in weitere Vereinbarungen eingebettet ist. Der Optionsvertrag im Sinne von Henrich, a. a. O., enthält ohnehin ein Angebot; die Ausübung des Ankaufsrechts stellt die Annahme dieses Angebots dar (vgl. Henrich, a. a. O., S. 229, 231, 232f., 241). Die Anwendung des § 1 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG auch auf die Übertragung von Rechten aus Ankaufs- bzw. Optionsrechten bedeutet demnach keine unzulässige Ausweitung eines steuerbegründenden Tatbestandes, sondern hält sich im Rahmen des möglichen Wortsinnes (BFH 97, 150) dieser Vorschrift.

Somit unterliegt zwar nicht die bloße Benennung des Kaufmanns X, wohl aber die Übertragung der Rechte der Klägerin aus dem Vertrag I auf Herrn X in Verbindung mit der Ausübung der abgetretenen Rechte durch diesen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG der Grunderwerbsteuer (vgl. auch BFH 96, 202, 203). Daß der Beklagte die Besteuerung rechtsirrig auf § 1 Abs. 1 Nr. 5 GrEStG gestützt hat, ist unschädlich, da hierdurch nur derselbe Lebenssachverhalt eine andere rechtliche Würdigung erfahren hat (BFH 99, 320, 322).

Das Ergebnis, daß in solchen Fällen der Dritte neben dem Grundstückseigentümer (hier wegen des Kaufvertrags; § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) und neben dem Ankaufs(Options)berechtigten (hier wegen der Übertragung in Verbindung mit der Ausübung der Rechte im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG) zweimal als Steuerschuldner in Erscheinung tritt (§ 15 Nr. 1; vgl. RFH-Urteil Gr. S. 1/22 vom 20. März 1922, RFH 9, 19, 23, 26; BFH 96, 202, 203, 205; Boruttau/Klein, a. a. O., § 15, Tzn. 2, 7), ergibt sich zwangsläufig aus der gewählten Vertragsgestaltung mit Zwischengeschäft (ohne bürgerlich-rechtlichen, aber grunderwerbsteuerrechtlichen Erwerbstatbestand: BFH 96, 203) und abschließendem Kaufvertrag.

3. Gleichwohl muß die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO), soweit es sich um den zweiten Steuerbescheid handelt. Im Falle des § 1 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG ist Besteuerungsgrundlage mangels Gegenleistung (§ 10 Abs. 1 GrEStG) der Einheitswert, ggf. der in § 12 GrEStG näher beschriebene Stichtagswert (§ 10 Abs. 2 Nr. 1; BFH 96, 204). Diesen Wert hat das FG nicht festgestellt und brauchte ihn bei seiner Beurteilung auch nicht festzustellen. Außerdem wird das FG zu prüfen haben, ob der zweite Steuerbescheid -- GrEStL. 640/64 -- nur an den Kaufmann X oder auch an die Klägerin gerichtet und ihr bekanntgegeben worden ist.

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