Liebhaberei bei Wohnungsvermietung
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Mag. Alfred Peschl und die weiteren Mitglieder Hofrätin Dr. Angela Paulus, Mag. Michael Schiller und Gottfried Haselmayer im Beisein der Schriftführerin Monika Holub über die Berufung des Bw., Wien, vertreten durch Steuerberater, Wien1, vom 12. November 2001 gegen die Bescheide des Finanzamtes für den 1. Bezirk vom 15. Oktober 2001 betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 1996 bis 1999 nach der am 10. März 2010 in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Bw. (in der Folge:Bw.) erlangte als Erbe nach seiner am 23. Dezember 1995 verstorbenen Großmutter, Frau A, das Eigentum an der Liegenschaft B-Straße in der Stadt Salzburg. Dabei handelt es sich um ein Mehrparteienhaus. Die berufungsgegenständliche Wohnung Top 27 (vierter Stock, 67 m² , 9 m² Loggia) wurde von der Großmutter des Bw. bis zu ihrem Ableben bewohnt, die anderen Wohnungen und Büroräumlichkeiten sowie die im Erdgeschoß befindlichen Geschäftslokale waren vermietet.
Das gesamte Gebäude wurde vom Bw. im Zeitraum 1996 bis 2000 grundlegend saniert. Die Wohnung Top 27 wurde ebenfalls saniert und teilweise neu eingerichtet.
Der Bw. brachte die Liegenschaft mit Vertrag vom 29. September 2000 in die C-Privatstiftung ein, wobei jedoch das grundbücherliche Wohnrecht an Top 27 zugunsten des Bw. einbehalten wurde.
Bis zur Übertragung der Liegenschaft an die C-Privatstiftung erklärte der Bw. positive Einkünfte aus der Vermietung des gesamten Gebäudes. Dabei wurde in den Betriebskostenabrechnungen Top 27 als "Leerstehung" behandelt, dennoch wurden die Betriebskosten und der Renovierungsaufwand in den Überschussrechnungen ungekürzt als Aufwand erfasst.
Von April bis Oktober 2001 fand beim Bw. eine den Berufungszeitraum (1996 bis 1999) umfassende Betriebsprüfung statt. Im Verlauf des Prüfungsverfahrens wurde dem Bw. vorgehalten, dass im Falle einer Privatnutzung der Wohnung Top 27 die darauf entfallenden Betriebskosten nicht absetzbar seien. Der Bw. legte daraufhin zum Beweis der erfolgten Vermietung von Top 27 der Prüferin zwei Rechnungen vor. Demnach wurde die Wohnung erstmalig im Dezember 2000 an einen Klienten des Bw. aus Uruguay für 20 Nächte um S 30.000,00 (Rechnung vom 5. Jänner 2001) und im Jahr 2001 an einen Geschäftspartner/Freund aus Großbritannien für ebenfalls 20 Übernachtungen um S 30.000,00 (Rechnung vom 1. September 2001) zur Verfügung gestellt.
Der Bw. brachte dazu vor, während der Renovierungsarbeiten sei eine Vermietung nicht möglich gewesen, jedoch sei von Anfang an beabsichtigt gewesen, die Wohnung tageweise zu vermieten.
Nach Ansicht der Betriebsprüfung lag jedoch für den Prüfungszeitraum 1996 bis 1999 keine Einkunftsquelle vor, da eine Vermietung der Wohnung Top 27 erst nach dem Eigentumsübergang des gesamten Objektes an die C-Privatstiftung erfolgte. Die in den Überschussrechnungen enthaltenen Aufwendungen bzw. der Überschuss über die Werbungskosten sowie die Vorsteuern wurden entsprechend dem Verhältnis der Nutzflächen, das sind 4,87 %, gekürzt. Die nicht anerkannten Werbungskosten und Vorsteuern betragen:
Werbungskosten | Vorsteuern | |
1996 | S 65.000 | S 6.944,71 |
1997 | S 66.000 | S 9.717,14 |
1998 | S 75.000 | S 31.650,08 |
1999 | S 135.000 | S 42.072,20 |
Das Finanzamt nahm die Veranlagung zur Umsatz- und Körperschaftsteuer 1996 bis 1999 entsprechend den Feststellungen der Betriebsprüfung vor.
Der Bw. erhob gegen diese Bescheide Berufung und beantragte, die auf die Wohnung Top 27 entfallenden Werbungskosten anzuerkennen. Zur Begründung wurde vom Bw. geltend gemacht, er habe erst nach Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens Ende Dezember 1997 frei über die Liegenschaft verfügen können.
Da er selbst keinerlei eigenes Wohnbedürfnis in Salzburg habe (Hauptwohnsitz in Wien, Ferienwohnsitz in Kärnten), sei für ihn von vornherein auch die Vermietung von Top Nr. 27 festgestanden. Nach Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens sei sofort mit der Sanierung und Instandsetzung der Wohnung begonnen worden, gleichzeitig seien die notwendigen Instandsetzungsarbeiten für das gesamte Miethaus im Zeitraum 1996 bis 2000 durchgeführt worden. Im Sanierungszeitraum sei es wegen dieser Baumaßnahmen unmöglich gewesen, die Wohnung Top 27 zu vermieten. Eine private Nutzung der Wohnung liege jedoch nicht vor.
Die Berufung wurde vom Unabhängigen Finanzsenat mit Berufungsentscheidung vom 17.5.2004, RV/3408-W/02, als unbegründet abgewiesen. Nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates könnten Aufwendungen auf ein zur Einkunftserzielung bestimmtes Objekt zwar auch dann Berücksichtigung finden, wenn diesen Aufwendungen vorübergehend keine Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gegenüberstehen. Andererseits seien aber abziehbare Werbungskosten nicht anzunehmen, wenn ein Wohnobjekt überhaupt nicht als Einkunftsquelle angesehen werden kann.
Die Wohnung Top 27 sei im Berufungszeitraum weder tatsächlich vermietet worden, noch sei eine Vermietungsabsicht erkennbar. Die erst im Jahr 2001 im Zuge der Betriebsprüfung bekannt gegebene Absicht, tage- oder wochenweise zu vermieten, könne nur als Absichtserklärung gewertet werden. Dass die Wohnung besonders aufwendig und in einer ein renommiertes Publikum ansprechenden Weise renoviert worden sei, bringe nicht klar die Vermietungsabsicht zum Ausdruck.
Die Berufungsentscheidung wurde über Beschwerde des Bw. mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 2007, Zl. 2004/13/0096 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof führte im Wesentlichen aus:
Ausgehend von der tatsächlichen Vermietung ab dem Jahr 2000 (nach Ende der Sanierung der Wohnung), würde die Annahme der belangten Behörde, in den Streitjahren habe keine Vermietungsabsicht bestanden, eine spätere Änderung des Vorhabens des Bf. hinsichtlich der Verwendung der Wohnung und ein Entstehen der Vermietungsabsicht nach den Streitjahren voraussetzen. Auf Grund welcher tatsächlichen Umstände die belangte Behörde entgegen dem Vorbringen des Bf. von einem späteren Entschluss zur Vermietung hätte ausgehen dürfen, legte sie weder im angefochtenen Bescheid dar noch ist ein solcher Entschluss aus den Verwaltungsakten zu erkennen. Weshalb die ursprüngliche Vermietungsabsicht nicht gegeben wäre, vermag die belangte Behörde somit nicht schlüssig zu erklären.
Der Verwaltungsgerichtshof wies aber auch darauf hin, dass aus dem angefochtenen Bescheid nicht hervorgeht, dass die bei der tatsächlichen Vermietung ab dem Jahr 2000 erzielten Beträge bei nur tageweiser Vermietung wegen ihrer (geringen) Höhe allenfalls in keinem Verhältnis zu den für die Streitjahre geltend gemachten Werbungskosten stünden, welches die belangte Behörde zur Beurteilung als Liebhaberei geführt hätte (Seite 8 des Erkenntnisses).
Ermittlungen des Unabhängigen Finanzsenates im fortgesetzten Verfahren ergaben:
Der Bw. erklärte erstmals im Jahr 2001 einen Gewinn aus der Vermietung der Wohnung Top 27 in Höhe von S 60.000,00.
In den Abgabenerklärungen der Folgejahre 2002 bis einschließlich 2006 sind zwar weiterhin Einkünfte aus der Vermietung anderer Mietobjekte ausgewiesen; aus einer Vermietung der Wohnung Top 27 wurden aber weder Einnahmen noch Werbungskosten erklärt.
Mit Vorhalt des Unabhängigen Finanzsenates vom 23. Oktober 2009 wurde um Mitteilung ersucht, welche Gründe für die Einstellung der Vermietungstätigkeit im Jahr 2002 maßgebend waren. Der steuerliche Vertreter des Bw. führte dazu aus:
"Unser Mandant hat die Vermietungstätigkeit nie aufgegeben und daher auch keine Mitteilung bzw. eine Anzeige über die endgültige Einstellung der Vermietung abgegeben. Die Annahme der Beendigung seitens der Behörden erfolgt somit uE ohne schlüssige Erläuterungen. Er hat die Vermietungstätigkeit lediglich unterbrochen, bis durch die Abgabenbehörde geklärt worden ist, wie Erlöse und Werbungskosten steuerlich zu behandeln sind. Jedes andere Verhalten wäre für ihn mit wesentlich höheren steuerlichen Risiken verbunden gewesen, und zwar sowohl betreffend die Umsatzsteuer, als auch die Einkommensteuer. Sobald die diesbezüglichen Fragen abschließend geklärt sein werden, wird der Berufungswerber die Vermietung wieder aufnehmen. Davor das Risiko einer Abgabenhinterziehung einzugehen, war und ist dem Berufungswerber nicht zumutbar.
Zu berücksichtigen ist, dass die Rechtsunsicherheit und die lange Verfahrensdauer nicht auf das Verhalten des Berufungswerbers zurückzuführen ist. Daraus, dass der Berufungswerber - in Übereinstimmung mit der von den Abgabenbehörden bisher vertretenen Rechtsansicht - in den Jahren ab 2002 keine Erlöse und keine Werbungskosten erklärt hat, kann daher kein Schluss auf die Vermietungsabsicht oder deren Fehlen gezogen werden."
Weiters vertrat der Bw. die Ansicht, das eine Vermietungsabsicht aufgrund der intensiven Renovierungsarbeiten und der in den Jahren 2000 und 2001 begonnenen Vermietung jedenfalls vorgelegen sei und aus der gegenständlichen Vermietung bereits nach 14 Jahren ein Gesamtüberschuss "erzielt worden wäre":
Die Einnahmen aus der Vermietung seien in der Einkommensteuererklärung 2001 mit S 60.000,00 für 40 Nächte, das sind rd. € 109,00 pro Nacht, angeführt worden. Es sei stets beabsichtigt gewesen, diese Form der Vermietung, nämlich die tage- bzw. wochenweise Vermietung an Künstler und an gehobene Salzburg-Besucher vor allem zur Festspiel- und zur Weihnachtszeit, fortzusetzen. Geplant gewesen sei eine Auslastung von zumindest rd. 50 Übernachtungen pro Jahr zu einem Preis von rd. € 109,00, also Jahreseinnahmen von rd. € 5.500,00. Diesen Einnahmen seien folgende Werbungskosten gegenüberzustellen:
Ursprüngliche Gebäudeabschreibung | S 416.317,00 |
Anteil Top 27 | 4,87 % |
gerundet | S 20.280,00 |
gerundet | € 1.475,00 |
Betriebskosten pro Jahr | € 1.200,00 |
Der jährliche Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten betrage demnach rund € 2.800,00, sodass - unter Berücksichtigung der im Rahmen der Betriebsprüfung nicht anerkannten Werbungskosten iHv rund € 24.800,00 - schon im 14. Jahr ein Gesamtüberschuss erzielt werde. Unter den Gegebenheiten zum damaligen Zeitpunkt könne aufgrund dieser positiven Prognoserechnung keine Liebhaberei unterstellt werden.
In der mündlichen Berufungsverhandlung vom 10. März 2010 wiederholten die Parteienvertreter ihre bisherigen Vorbringen. Der steuerliche Vertreter hielt nochmals fest, dass der Bw. ab 2002 bis dato keine Mieteinnahmen aus der gegenständlichen Wohnung erzielt hatte.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 Liebhabereiverordnung, BGBl. 1993/33 (idF: LVO) ist Liebhaberei bei einer Betätigung anzunehmen, wenn Verluste aus der Bewirtschaftung von Eigenheimen, Eigentumswohnungen und Mietwohngrundstücken mit qualifizierten Nutzungsrechten entstehen.
Gemäß § 2 Abs. 4 LVO liegt bei Betätigungen gemäß § 1 Abs. 2 Liebhaberei dann nicht vor, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit in einem "absehbaren" Zeitraum einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) erwarten lässt. Andernfalls ist das Vorliegen von Liebhaberei ab Beginn dieser Betätigung so lange anzunehmen, als die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit nicht im Sinn des vorstehenden Satzes geändert wird. Bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 3 gilt als absehbarer Zeitraum ein Zeitraum von 20 Jahren ab Beginn der entgeltlichen Überlassung, höchstens 23 Jahren ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen (Ausgaben).
Gemäß § 6 LVO kann Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn nur bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2, nicht hingegen bei anderen Betätigungen vorliegen.
Wird eine Betätigung, für die ein Gesamtgewinn (Gesamtüberschuss) zu erwarten war, vor Erzielen dieses Gesamterfolges beendet, liegt für den abgeschlossenen Zeitraum eine Einkunftsquelle vor, wenn "Unwägbarkeiten" zur Einstellung der Betätigung führten. Hingegen ist Liebhaberei anzunehmen, wenn die Betätigung aus anderen, insbesondere privaten Motiven beendet wird (Doralt/Renner, EStG, 8. Aufl., (LVO) § 2 Tz 373).
Angesichts des Umstandes, dass der Bw. unbestrittenerweise nach 2001 in keinem der Folgejahre Einnahmen aus der Vermietung der Wohnung Top 27 erzielte, ist erkennbar, dass er ab 2002 diese Vermietungstätigkeit wiederum eingestellt hat.
Dies geht auch aus der Vorhaltsbeantwortung vom 22. Dezember 2009 hervor. Demnach beabsichtigt der Bw., "die Vermietungstätigkeit wieder aufzunehmen, sobald die diesbezüglichen Fragen abschließend geklärt sein werden".
Die behauptete "Unterbrechung der Vermietung" für einen Zeitraum von acht Jahren (2002 bis 2010) nach nur zweimaliger, tageweiser Vermietung von je 20 Tagen kommt einer Einstellung der Vermietung gleich (vgl. RV/0466-L/03 vom 11.8.2008).
Es liegt somit ein abgeschlossener Betätigungszeitraum bis einschließlich 2001 vor, wobei entsprechend den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im vorangegangenen Beschwerdeverfahren von einer Absicht, zu vermieten, auch schon im Zeitraum der Sanierung der Wohnung, also in den Jahren 1996 bis 1999, ausgegangen werden kann.
Die Beurteilung der Vermietung durch die Abgabenbehörde als Liebhaberei stellt allerdings - entgegen der vom Bw. in der Vorhaltsbeantwortung vom 22. Dezember 2009 vertretenen Ansicht - keine "Unwägbarkeit" dar, welche den Bw. trotz tatsächlicher Einstellung der Vermietung berechtigen würde, zwecks Berechnung eines Gesamtüberschusses rechnerisch von der Fortführung der Vermietung auszugehen.
Vielmehr stellt die abweichende steuerliche Beurteilung einer Vermietungstätigkeit durch Abgabenbehörden ein gewöhnliches Risiko dar, was schon aufgrund der Fülle an Judikatur zu diesem Thema notorisch ist und auch dem Bw. bewusst sein musste.
Für die Liebhabereibeurteilung ist daher im Ergebnis von einem abgeschlossenen Betätigungszeitraum (1996 bis 2001) auszugehen. Innerhalb dieses Zeitraumes stehen den Werbungskosten iHv rund S 341.000,00 Mieteinnahmen von S 60.000,00 (zweimal 20 Tage à S 1.500,00) gegenüber, sodass aufgrund des eindeutig erkennbaren Gesamtverlustes Liebhaberei vorliegt.
Nur ergänzend sei darauf verwiesen, dass auch unter der Annahme einer bloßen "Unterbrechung" der Vermietungstätigkeit, also fehlender Mieteinnahmen in den Jahren 2002 bis 2009, unter Zugrundelegung der vom Bw. dargelegten Prognoserechnung (jährliche Werbungskosten ab dem Jahr 2000 in Höhe von € 2.675,00, jährliche Mieteinnahmen ab dem Jahr 2010 in Höhe von € 5.500,00) innerhalb des 23-jährigen Prognosezeitraumes von 1996 bis 2019 kein positiver Gesamtüberschuss erzielbar wäre.
Die beantragten Werbungskosten und Vorsteuern waren somit nicht anzuerkennen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 15. März 2010
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 1 Abs. 2 Z 3 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 |
Schlagworte: | Liebhaberei, Unwägbarkeit, Prognoserechnung |
Verweise: |