UFS RV/3679-W/07

UFSRV/3679-W/076.5.2009

Bei Änderung der Steuersätze während des gesamten (mehrjährigen) Abwicklungszeitraums ist die Körperschaftsteuer für den Abwicklungszeitraum nach jenem Steuersatz zu bemessen, der im Kalenderjahr des Beendens der Abwicklung gilt.

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2009/13/0101 eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. 20.3.2013 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Dr. E. T. GmbH in Liqu., 1190 Wien, A-Gasse 16, vertreten durch G. T., 1190 Wien, A-Gasse 16, vom 5. Dezember 2007 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg, vertreten durch Elisabeth Gürschka, vom 22. Oktober 2007 betreffend Körperschaftsteuer 2006 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Die Bw. ist eine Kapitalgesellschaft in Liquidation, die mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 11. Mai 2006 gelöscht wurde; die entsprechende Eintragung in dem vom Handelsgericht Wien geführten Firmenbuch erfolgte am 12. Mai 2006 zu FN 00000 z. Die Eintragung des Liquidationszusatzes zur Firma ("in Liqu.") im genannten Firmenbuch erfolgte am 17. Dezember 2004. Mit Gesellschafterbeschluss vom 17. Februar 2006, der vom alleinigen Gesellschafter der Bw., Dr. E. T. gefasst wurde, wurde G. T. zum Verwahrer der bisherigen Bücher und Schriften der Bw. für die gesetzlich vorgeschriebene Dauer bestellt. Die Löschung infolge beendeter Liquidation wurde im Amtsblatt der Wiener Zeitung vom 28. Juni 2006 bekannt gemacht.

Mit Schreiben vom 28. Februar 2006 übermittelte der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Dkfm. Herbert F. Maier als steuerlicher Vertreter der Bw. dem Finanzamt eine Körperschaftsteuererklärung für den Liquidationszeitraum vom 1. Jänner 2004 bis 17. Februar 2006 samt Liquidationseröffnungsbilanz zum 1. Jänner 2004, eine Gewinn- und Verlustrechnung für den Liquidationszeitraum und eine Liquidationsschlussbilanz zum 17. Februar 2006.

Mit dem Körperschaftsteuerbescheid 2006 wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 1.246.944,02 und die Körperschaftsteuer in Höhe von € 360.836,37 (die sich gemäß § 22 KStG aus den Teilbeträgen (25 % von € 673.349,77 =) € 168.337,44 und (34 % von € 573.594,25 =) € 195.022,05 zusammensetzt) festgesetzt.

Als Begründung für die Zuordnung des Liquidationsgewinns unter Zugrundelegung einer monatsweisen Aufteilung auf den Liquidationszeitraum gem. § 26 c Z 2 lit. a mit 46 % dem Jahr 2004 und dessen Unterwerfung mit 34 % der Körperschaftsteuer führte das Finanzamt ins Treffen:

Gemäß § 26 c Z 2 KStG 1988 in der Fassung des Steuerreformgesetzes 2005 sei bei Ermittlung des Einkommens unter Berücksichtigung eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres der auf das Jahr 2004 entfallende Anteil mit dem Steuersatz des § 22 Abs. 1 in der Fassung vor dem Steuerreformgesetz 2005 zu besteuern; dabei sei eine vereinfachte monatsweise Aufteilungsmöglichkeit gesetzlich vorgesehen.

Primäre Zielsetzung dieser Bestimmung sei, dass erst nach dem 31. Dezember 2004 erzielte Gewinne in den Genuss des verminderten Steuersatzes von 25 % kommen sollen, auch in Fällen, bei denen es sich nicht um eine Gestaltungsfrage handle. Auch wenn der Gesetzgeber dezidiert nur das abweichende Wirtschaftsjahr anspreche, so habe der Gesetzgeber mit dieser Bestimmung allgemein sichergestellt wissen wollen, dass nur jene Einkommensteile mit dem verminderten Steuersatz von 25 % besteuert werden, die nach dem 31. Dezember 2004 erwirtschaftet worden seien. In teleologischer Auslegung dieser Gesetzesbestimmung sei daher diese gleichermaßen auch auf über mehrere Jahre verteilte Liquidationsgewinne anzuwenden, würde es doch ansonsten zu einer verfassungsrechtlich bedenklichen ungleichmäßigen Besteuerung kommen.

Gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2006 wurde in der fristgerecht eingebrachten Berufung vom 5. Dezember 2007 vorgebracht:

"1.2. Körperschaftsteuerbescheid 2006

Für den Abwicklungszeitraum, beginnend mit der steuerrechtlichen Abwicklungseröffnungsbilanz zum 1. Jänner 2004, wurde das körperschaftsteuerpflichtige Abwicklungseinkommen der gelöschten Bw. mit einem Betrag von € 1.246.944,02 erklärungsgemäß festgesetzt. Der Stichtag der steuerrechtlichen Abwicklungsschlussbilanz entspricht dem Tag des ... Gesellschafterbeschlusses (17. Februar 2006).

Die auf das körperschaftsteuerpflichtige Abwicklungseinkommen entfallende Körperschaftsteuer wurde für den Abwicklungszeitraum mit einem Gesamtbetrag in Höhe von € 363.359,49 ermittelt, wobei für den Zeitraum vom 1. Jänner 2004 bis 31. Dezember 2004 ein Körperschaftsteuersatz von 34 % (Teilbetrag an Körperschaftsteuer: € 195.022,05) und für den Zeitraum vom 1. Jänner 2005 - 17. Februar 2006 ein Körperschaftsteuersatz von 25 % (Teilbetrag an Körperschaftsteuer: € 168.337,44) zugrunde gelegt wurde:

Aufteilung des Abwicklungszeitraumes

Einkommen

KöSt

Aliquotierung

2 Zeitabschnitte

Monate

%

1.1.2004-31.12.2005 (KöSt- Satz:34%)

1.1.2005-17.02.2006 (KöSt- Satz: 25%)

573.594,25

673.349,77

195.022,05

168.337,44

12

14

46%

54%

Abwicklungseinkommen

1.246.944,02

363.359,49

26

100%

Der Körperschaftsteuerbescheid 2006 setzt eine Körperschaftsteuerschuld in Höhe von € 360.836,37 fest, die wie folgt ermittelt wurde:

Körperschaftsteuer ...

363.359,49

Abzüglich einbehaltene Kapitalertragsteuer

2.523,12

Festgesetzte Körperschaftsteuer

360.836,37

Nach Auffassung der Bw. ermittelt sich dagegen die Körperschaftsteuerschuld wie folgt:

Körperschaftsteuer (€ 1,246.944,02*25%)

311.736,01

Abzüglich einbehaltene Kapitalertragsteuer

2.523,12

Abzüglich entrichtete Mindestkörperschaftsteuer gem. § 24 Abs.4 KStG 1988

2004

2005

 

 

1.750,00

1.750,00

Körperschaftsteuerschuld 2006

305.712,89

Mehrbetrag an Körperschaftsteuer

55.123,48

Zusammensetzung dieses Mehrbetrages:

Nicht angerechnete Mindestkörperschaftsteuer

3.500,00

Körperschaftsteuersatzdifferenz (€ 573.594,25*9 %)

51.623,48

Mehrbetrag an Körperschaftsteuer

55.123,48

Die im Abwicklungszeitraum entrichtete Mindestkörperschaftsteuer im Sinn des § 24 Abs. 4 KStG 1988 in Höhe von € 3.500,00 wurde im Rahmen der bescheidmäßigen Festsetzung der Körperschaftsteuerschuld nicht wie eine Vorauszahlung im Sinn des § 45 EStG 1988 (vgl. Rz 1517 TS 3 und Rz 1518 KStR 2001) auf die ermittelte Körperschaftsteuer angerechnet.

Die körperschaftsteuersatzbezogene Aufteilung des Abwicklungszeitraumes, auf die ein Unterschiedsbetrag an Körperschaftsteuer in Höhe von € 51.623,48 zurückzuführen ist, wird in der gesondert zugegangenen Begründung des Körperschaftsteuerbescheides 2006 unter Berufung auf die Bestimmung des § 26c Z 2 KStG 1988 idF StReformG 2005, mit dem Willen des Gesetzgebers sowie mit verfassungsrechtlichen Überlegungen begründet. ...."

Mit der Berufung beantragte der steuerliche Vertreter, abgesehen von der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung gemäß § 284 Abs. 1 Z 1 BAO, die Abänderung des Körperschaftsteuerbescheids 2004 - 2006 wegen Rechtswidrigkeit infolge ihres Inhalts und wegen Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften ("mit den ausführlichen Erläuterungen meiner Mandantschaft zur Liquidationsbesteuerung, die den eingereichten Abgabenerklärungen 2006 beilagen, setzt sich die Begründung des Körperschaftsteuerbescheides 2004 - 2006 nicht auseinander") dergestalt, dass die Körperschaftsteuer 2006 mit einem Betrag von € 305.712,89 (bisher € 360.836,37; Unterschiedsbetrag: € 55.123,48) festgesetzt werde.

An Berufungsgründen führte der steuerliche Vertreter unter Punkt 2 der Berufung ins Treffen:

" 2.1. Einleitende Feststellung zum Bescheidadressaten und zur Parteifähigkeit der bereits im Firmenbuch gelöschten Bw.

Der Bescheidadressat der beiden angefochtenen Bescheide lautet wie folgt:

"Dr. E.T. GmbH in Liqu

z.H. T.G.

A-Gasse 16/1

1190 Wien"

Um allfälligen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Bescheidadressaten zu begegnen, seien vorweg ausdrücklich folgende Feststellungen getroffen:

... G. T. wurde mit Gesellschafterbeschluss vom 17. Februar 2006, der vom alleinigen Gesellschafter der Dr. E. T. GmbH in Liqu., Dr. E. T., gefasst wurde, zum Verwahrer der bisherigen Bücher und Schriften der Bw. für die gesetzlich vorgeschriebene Dauer bestellt.

G. T. ist demzufolge Vertreterin der aufgelösten ... GmbH nach Beendigung deren Liquidation gemäß § 80 Abs. 3 idF AbgÄG 2004, BGBl I 2004/180. Sowohl die beiden angefochtenen Bescheide, als auch die gesonderte Begründung zum Körperschaftsteuerbescheid 2004-2006 wurden G. T. als Vertreterin der gelöschten ...GmbH im Sinn des § 80 Abs. 3 BAO am 7. Oktober 2007 bzw. am 31. Oktober 207 somit rechtswirksam zugestellt.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs besteht die Rechtspersönlichkeit der gelöschten GmbH so lange fort, als noch ein Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen GmbH bescheidmäßig festzusetzen sind (vgl. VwGH 20. November 1996, 95/15/0179; VwGH 20. September 1995, 95/13/0068; vgl. auch UFS vom 25. Juli 2007, RV/0792-W/05).

Im gegenständlichen Fall wurden vom Finanzamt ... Abgabenverbindlichkeiten der im Firmenbuch bereits gelöschten GmbH mit dem angeführten Bescheid vom 22. Oktober 2007 festgesetzt, die der Höhe nach mit der gegenständlichen Berufung angefochten werden. Daraus folgt, dass die im Firmenbuch bereits gelöschte GmbH, welche von G. T. gemäß § 80 Abs. 3 BAO rechtmäßig vertreten wird, auch derzeit noch besteht, nachdem die Abgabenverbindlichkeiten noch nicht endgültig bescheidmäßig festgesetzt sind und insoweit - folgt man der oben genannten Judikatur des VwGH - noch ein Abwicklungsbedarf besteht.

2.2. Zum Körperschaftsteuerbescheid 2004-2006

2.2.1. § 26 c Z 2 KStG 1988 idF StReformG (BGBl. I. Nr. 57/2004)

2.2.1.1. Wortlaut dieser gesetzlichen Bestimmung

§ 26 c Z 2 KStG 1988 idF StReformG (BGBl. I. Nr. 57/2004) lautet wie folgt:

"§ 22 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 57/2004 ist erstmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2005 anzuwenden. Wird das Einkommen unter Berücksichtigung eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres, das vor dem 1. Jänner 2005 beginnt und nach dem 31. Dezember 2004 endet, ermittelt, ist der dem Jahr 2004 zuzurechnende Einkommensteil zwar im Einkommen des Kalenderjahres 2005 zu erfassen, aber mit dem Steuersatz des § 22 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 in der Fassung vor diesem Bundesgesetz zu besteuern. Dabei gilt Folgendes:

a) das Einkommen ist durch die Anzahl der Kalendermonate dieses Wirtschaftsjahres zu teilen und mit der Anzahl der in das Kalenderjahr 2004 fallenden Kalendermonate zu vervielfachen. Angefangene Kalendermonate gelten als volle Kalendermonate...."

2.2.1.2. Auslegung dieser gesetzlichen Bestimmung

Die Bescheidbegründung räumt zunächst ein, dass

-)

die Bestimmung des § 26 c Z 2 KStG 1988, welche eine körperschaftsteuersatzbezogene Aufteilung des körperschaftsteuerpflichtigen Einkommens in zwei Einkommensteile vorsieht, nur ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr, das vor dem 1. Jänner 2005 beginnt und nach dem 31. Dezember 2004 endet, anspricht,

-)

um in der Folge festzustellen, dass "der Gesetzgeber mit dieser Bestimmung allgemein sichergestellt wissen (wollte), dass nur jene Einkommensteile mit dem verminderten Steuersatz von 25 % besteuert werden, die nach dem 31. Dezember 2004 erwirtschaftet wurden."

-)

Diesen Willen des Gesetzgebers, eine solche körperschaftsteuersatzbezogene Aufteilung des körperschaftsteuerpflichtigen Einkommens sei auch auf über mehrere Jahre verteilte Liquidationsgewinne gleichermaßen anzuwenden, erschließt die Bescheidbegründung mittels teleologischer Gesetzesinterpretation: "In teleologischer Auslegung dieser Gesetzesbestimmung ist daher diese gleichermaßen auch auf über mehrere Jahre verteilte Liquidationsgewinne anzuwenden, käme es doch ansonsten zu einer verfassungsrechtlich bedenklichen ungleichmäßigen Besteuerung."

2.2.1.3 Grenzen der Gesetzesinterpretation

2.2.1.3.1. Aus zivilrechtlicher Sicht

Gemäß § 6 ABGB sind Gesetze so anzuwenden, wie das durch den Wortsinn des Gesetzestextes bestimmt wird (Vorrang des Wortlauts). Nur dann, wenn ein Gesetz wegen Unklarheit, Mehrdeutigkeit Widersprüchlichkeit etc. des Gesetzeswortlautes nicht angewendet werden kann, sind die Auslegungsregeln gemäß § 7 ABGB als Hilfsmittel heranzuziehen. Ist hingegen ein Gesetz aus dem Wortlaut eindeutig anwendbar, ist für die Auslegungsregeln kein Raum, selbst dann nicht, wenn dem Anwender der Inhalt eines Gesetzes rechtspolitisch unverständlich, mit ähnlichen Rechtsfällen, die anders geregelt sind, nicht übereinstimmend oder sonst nicht wünschenswert erscheint (Dittrich-Tades, Kommentar zum ABGB, Große Ausgabe 2003). Auch die Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Normen kommt erst im Rahmen einer Analogieanwendung in Betracht (vgl. weiter unter E 48 zu § 6 ABGB). Dazu einige wörtlich wiedergegebene Entscheidungen des VwGH, die im genannten Kommentar zum ABGB von Dittrich-Tades nachgelesen werden können, wobei die Hervorhebungen mittels Fettdruckes jenen des Kommentars entsprechen):

" Zu § 6:

E 2.

§ 6 gilt auch für öffentlich-rechtliche Normen. U.a. VwGH 96/08/0167 ZfVB 1998/1264

E 8.

Nach der Bestandsgarantie des Gesetzes und der durch dieses verbürgten Rechtssicherheit ist bei der Gesetzesauslegung vom Vorrang des Wortlauts der Norm auszugehen. VwGH 15.2.1979 ZfVB 1979/1823.

E 12b.

Es sind auch nicht rechtspolitische Erwägungen anzustellen, ob etwa eine andere, mit dem Wortlaut allerdings unvereinbare Regelung zweckmäßiger wäre. VwGH vS 29.4.1977 ZfVB 1977/1357.

E 12c.

Rechtspolitische Bedenken gegen eine gesetzliche Regelung vermögen nämlich nichts daran zu ändern, dass das bestehende Gesetz anzuwenden ist. 13.6.1985 SZ 58/101.

E 48.

Eine vom Gesetzeswortlaut abweichende Auslegung unter Berufung auf eine sog. verfassungskonforme Interpretation ist jedoch bei eindeutiger Gesetzeslage nicht zulässig. VwGH 22.12.1976 ZfVB 1976/841.

E 55.

Es ist nicht Sache der Rechtsprechung, eine unbefriedigende Regelung (eine Ungerechtigkeit) des Gesetzes zu korrigieren. U.a. VwGH 5.12.1996 EvBl 1997/54.

Zu § 7:

E 1.

Grundsätzliche Voraussetzung für eine Analogie ist eine Gesetzeslücke. U.a. 21.4.1982 SZ 55/51.

E 2e.

Bloß rechtspolitisch Erwünschtes vermag also einer ergänzenden Rechtsfindung durch Analogiebildung nicht als ausreichende Grundlage zu dienen. U.a. JBl. 2000,125 (Resch).

E 2f.

Die bloße Meinung des Gesetzesanwenders, eine Regelung sei wünschenswert, rechtfertigt demnach noch nicht die Annahme einer Gesetzeslücke. 21.10.1986 EvBl 1987/9= Arb 10.560.

E 2g.

Die Schließung einer rechtspolitischen Lücke (gewollte Unvollständigkeit) bleibt ausschließlich dem Gesetzgeber vorbehalten. U.a. 1.7.1976 JBl 1977,379.

E 5a.

Bei einer eindeutigen gesetzlichen Regelung ist für die Anwendung der Gesetzesanalogie kein Raum. VwGH 5.6.1985 ÖJZ 1986, 419 = ZfVB 1086/264."

Koziol-Welser (Bürgerliches Recht, Band I, 13. Auflage, 22f) nehmen zu den Grundsätzen der Gesetzesauslegung wie folgt Stellung:

"Jede Gesetzesauslegung hat mit der Erforschung des Wortsinns zu beginnen. Es ist zu fragen, welche Bedeutung einem Ausdruck oder Satz nach allgemeinem Sprachgebrauch oder nach dem Sprachgebrauch des Gesetzgebers zukommt. Da aber Begriffe notwendig unscharf sind, wird mit dieser Methode nur dann das Auslangen zu finden sein, wenn das zu beurteilende Faktum in den Kernbereich des auszulegenden Begriffes fällt. Hingegen wird bei Erscheinungen, die in seinen "Randbereich" fallen, die bloße Wortauslegung einen mehr oder weniger großen Spielraum lassen.

Aber auch für solche Fälle erfüllt die Wortinterpretation eine sehr wesentliche Funktion: "Der äußerste mögliche Wortsinn streckt die Grenze jeglicher Auslegung ab." Diese darf auch mit den folgenden Interpretationsmethoden nicht überschritten werden.

Es kommt dann höchstens noch eine "Lückenfüllung" in Betracht...".

Die gegenständliche Zweifelsfrage, welche Bedeutung dem Begriff des Wirtschaftsjahres zukommt, ist nicht neu. Zu dieser Zweifelsfrage nehmen Bauer/ Quantschnigg/ Schellmann/ Werilly (Die Körperschaftsteuer KStG 1988, Band II, § 19 Rz 10, 8, 2. Lieferung Juli 1990) im Hinblick auf den Liquidationszeitraum als besonderem Besteuerungszeitraum wie folgt Stellung:

"Fraglich ist, ob sich mit der Verlängerung des Besteuerungszeitraumes gleichzeitig auch das Wirtschaftsjahr verlängert, also der (maximal) dreijährige Besteuerungszeitraum gleichzeitig als besonderes Wirtschafts"jahr" bezeichnet werden kann. Abgesehen von den rein sprachlich-logischen Gesichtspunkten, nach denen ein Wirtschaftsjahr wohl nicht einen Zeitraum von drei Jahren umfassen kann, ist dies deswegen zu verneinen, weil das Wirtschaftsjahr gemäß § 7 Abs. 6 iVm § 2 Abs 6 EStG 1988 wohl nur kürzer, niemals aber länger als zwölf Monate sein kann. Aus diesem Grund bedeutet uE die Verlängerung des Besteuerungszeitraums nicht auch zugleich auch eine Verlängerung des Wirtschaftsjahres, sondern es laufen - mangels anderweitiger Sonderregelung - die bisherigen Wirtschaftsjahr-Perioden weiter (dieser Ansicht wohl auch Doralt/Ruppe, aaO, 246, die von einer "Loslösung des Besteuerungszeitraumes vom Wirtschaftsjahr" sprechen). Diese Bedeutung hat vor allem dort Bedeutung, wo sich an den Ablauf von Wirtschaftsjahren Rechtsfolgen knüpfen (siehe Tz 26 ff)."

Daraus folgt, dass der äußerst mögliche Wortsinn des Begriffes "Wirtschaftsjahr" nicht mit dem von den allgemeinen Besteuerungsregeln abweichenden besonderen Besteuerungszeitraum im Sinn des § 19 Abs. 2 und 5 KStG 1988 gleichzusetzen ist. Bildet aber der Begriff des Wirtschaftsjahres die äußerst mögliche Grenze jeglicher Auslegung, kann diese auch nicht mit Hilfe der Methode der teleologischen Auslegung, auf die sich die Bescheidbegründung ausdrücklich beruft, überschritten werden.

Lässt sich der gegenständliche Sachverhalt auch nicht mit Hilfe der Auslegungsmethoden unter einen Tatbestand subsumieren, so bedeutet dies, dass an diesen Tatbestand keine Rechtsfolge geknüpft werden soll, es sei denn, es läge eine Rechtslücke vor, die dann gegeben ist, "wenn das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie, unvollständig, also ergänzungsbedürftig, und seine Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht. Die bloße Meinung des Rechtsanwenders, eine Regelung sei wünschenswert, rechtfertigt also die Annahme einer Gesetzeslücke noch nicht" (Koziol-Welser, Bürgerliches Recht, Band I, 13. Auflage, 27).

Das einfachste Mittel der Lückenfüllung ist die Gesetzesanalogie. "Hier wird die für einen bestimmten Einzeltatbestand angeordnete Rechtsfolge auf einen dem Wortlaut nach nicht geregelten Sachverhalt erstreckt, weil nach der im Gesetz zum Ausdruck kommenden Wertung anzunehmen ist, dass der geregelte und ungeregelte Fall in den maßgeblichen Voraussetzungen übereinstimmen. Die Abweichungen werden als unerheblich gewertet." (Koziol - Welser, Bürgerliches Recht, Band I, 13. Auflage, 29).

Zu beachten ist indes:

"Die analoge Anwendung eines Tatbestandes ist ausgeschlossen, wenn ersichtlich ist, dass der Gesetzgeber die Rechtsfolge nur eintreten lassen will, wenn gerade die Voraussetzungen des geregelten Tatbestandes erfüllt sind..." (Koziol - Welser, Bürgerliches Recht, Band I, 13. Auflage, 29).

Die im Zusammenhang mit der Änderung eines Körperschaftsteuersatzes auftretenden Zweifelsfragen sind gleichfalls nicht neu, wie bereits die Rechtsprechung des vormaligen deutschen Reichsfinanzhofes aus dem Jahr 1939 belegt:

"Die Beantwortung der Frage, welcher Körperschaftsteuertarif für den Fall anzuwenden ist, dass dieser während des Liquidationszeitraums eine Änderung erfährt, richtet sich nach dem Tarif des Veranlagungszeitraums des § 19 KStG 1988, so jedenfalls noch RFH vom 17. Jänner 1939 (Maier, taxlex 2005, Steuerreform 2005: Wurde die Liquidation vergessen? (Teil I), 351 ff (352), FN 4: "Erkenntnis des deutschen Reichsfinanzhofs vom 17. Jänner 1939, 1418/38, RStBl 1939, 598; vgl. Gaier, Die Liquidationsbesteuerung von Kapitalgesellschaften, in Doralt/Hassler/Kranich/Nolz/Quantschnigg (Hrsg), die Besteuerung der Kapitalgesellschaft 53 ff (insb. 59), unter Hinweis auf Hermann-Heuer-Raupach, Anm. 70 zu § 11 (d)KStG; glA Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, Band II, 2. Lieferung Juli 1990, § 19 Rz 35: "Ändern sich die allgemeinen Steuersätze während der Abwicklung, ist die Körperschaftsteuer für den gesamten (mehrjährigen) Abwicklungszeitraum nach jenen Steuersätzen zu bemessen, die für das Kalenderjahr des Beendens der Abwicklung gelten (RFH RStBl 1939, 598; bedeutsam für Steuersatzänderung durch KStG 1988)."

Nach § 8 ABGB hat nur der Gesetzgeber das Recht, ein unverständliches oder mit anderen vergleichbaren Normen in Widerspruch stehendes Gesetz durch authentische Interpretation zu korrigieren bzw. zu ergänzen:

"Zu einer authentischen Interpretation im dargelegten Sinn kann also nur jeweils die Rechtsautorität berufen sein, die zur Erlassung der Vorschrift selbst kompetent ist oder dazu ausdrücklich ermächtigt ist (vgl. z.B. Art. 138 Abs. 2 B-VG)." (Walter-Mayer, Bundesverfassungsrecht, 9. Auflage, I. Teil, 5. Kapitel: Interpretation und Anwendung des Verfassungsrechts, Rz 124, 60).

Mangelnde Verfassungskonformität hat gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG nur der Verfassungsgerichtshof zu beurteilen.

2.2.1.2.2. Aus steuerrechtlicher Sicht

Für die Auslegung der Steuerrechtsnormen gelten die allgemeinen, von der Jurisprudenz entwickelten Auslegungsmethoden, wie sie soeben kurz besprochen wurden. Strittig ist, ob im Steuerrecht Analogie zulasten des Steuerpflichtigen zulässig ist. Nach der Rechtsprechung des VwGH ist im öffentlichen Recht eine - durch Analogie zu schließende - echte Lücke im Zweifel nicht anzunehmen (VwGH 3.11.1978, 970/75; vgl. dazu sogleich den Erlass des BMF, AÖF 1982/126).

Ein vom Bundesministerium für Finanzen im Jahr 1982 zur Verfügung gestellter Arbeitsbehelf legt den Organwaltern dar, welche Lücken es in einem Gesetz geben kann und unter welchen Voraussetzungen eine Lücke geschlossen werden kann. Eine echte Lücke ist danach "eine dem Plan des Gesetzgebers, das heißt eine der dem Gesetz innewohnende Zweckbestimmung widersprechende Unvollständigkeit (planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes)". Nur eine echte Lücke hat die rechtsanwendende Behörde zu schließen, während eine unechte Lücke ausschließlich der Gesetzgeber schließen kann und darf (Analogieverbot).

"Die analoge Anwendung des Rechtssatzes ist nur gerechtfertigt, wenn

-)

der Vergleich des vom Wortlaut des Gesetzes nicht erfassten Sachverhaltes (des potentiellen Tatbestandes) mit dem Tatbestand des Rechtssatzes (gesetzlich geregelten Tatbestand) zur Feststellung von Gemeinsamkeiten geführt hat (Feststellung der Identität von Tatbestandsmerkmalen durch ein Urteil im logischen Sinn) und sodann

-)

vom Zweck und Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ausgehend, ein hinreichend begründetes Werturteil gefällt worden ist, dass eben dasjenige, worin die verglichenen Tatbestände übereinstimmen, für ihre rechtliche Wertung wesentlich ist (Erfordernis der Übereinstimmung der motivierenden Tatbestandsmerkmale, das sind jene Tatbestandsmerkmale, derentwegen der Gesetzgeber an den gesetzlich geregelten Tatbestand die gesetzliche Rechtsfolge geknüpft hat)."

Im Hinblick auf die gegenständliche Auslegungsfrage bedeutet dies:

"Wendet man diese Überlegungen auf die zur Diskussion stehende Auslegungsfrage an, ob also der Anwendungsbereich der Übergangsbestimmung des § 26 c Z 2 KStG idF AbgÄG 2004 auf das Abwicklungseinkommen im Sinn des § 19 KStG 1988 insoweit zu erstrecken ist, als dieses Einkommensteile enthält, die vor dem 1. Jänner 2005 endende Zeiträume entfallen, so ist die Zielsetzung der Übergangsregelung nochmals klarzustellen. Diese ist darin zu erblicken, allfälligen Umgehungen und Gestaltungen in Form eines Wechsels des Bilanzstichtages und dem damit verbundenen Übergang auf ein abweichendes Wirtschaftsjahr 2004/2005 zum Zwecke der Erzielung von Steuervorteilen im zeitlichen Vorfeld des StReformG 2005 (dessen Veröffentlichung erfolgte am 4. Juni 2004) bis zum In-Kraft-Treten am 1. Jänner 2005 wirksam zu begegnen.

Dieser Sachverhalt eines abweichenden Wirtschaftsjahres als potentielle Gestaltungsoption des Steuerpflichtigen im zeitlichen Vorfeld des StReformG 2005, der für den Gesetzgeber den Grund für die Aufnahme der Übergangsregelung des § 26 c Z 2 StReformG 2005 bildete, ist aber mit dem zu entscheidenden Sachverhalt einer in Abwicklung befindlichen Körperschaft nicht vergleichbar, es sei denn, man wollte die Auflösung und Abwicklung einer von § 19 KStG 1988 erfassten Körperschaft als Instrumentalisierung handelsrechtlicher Liquidationsbestimmungen in Verbindung mit traditionsreichen steuerrechtlichen Sonderbestimmungen zur Liquidationsbesteuerung mit dem Odium der missbräuchlichen Absicht qualifizieren, vermeintlich ungerechtfertigte Körperschaftsteuervorteile aus der Steuerreform 2005 zu lukrieren." (Maier, aaO, 354).

2.2.1.3.3. Zusammenfassung

Auf der Grundlage der soeben dargestellten Überlegungen ergibt sich daher der Schluss, dass die Übergangsbestimmung des § 26 c Z 2 KStG 1988 idF AbgÄG 2004 - mangels Zulässigkeit weder einer teleologischen Gesetzesauslegung, auf die sich die Bescheidbegründung ausdrücklich beruft, noch eines Analogieschlusses - nicht auf Abwicklungseinkommen im Sinn des § 19 KStG 1988 erstreckt werden kann.

Der Tatbestand des § 26 c Z 2 KStG 1988 stellt ausdrücklich auf ein "Wirtschaftsjahr" ab, welches in zwei Zeitabschnitte im Hinblick auf die Anwendung unterschiedlicher Körperschaftsteuersätze (34 % bzw. 25 %) zum Zwecke der Bemessung der Körperschaftsteuer aufzuteilen ist; er erfasst demzufolge nicht den von den allgemeinen Besteuerungsregeln abweichenden Liquidationszeitraum, der einen besonderen Besteuerungszeitraum im Sinn des § 19 Abs. 2 und 5 KStG 1988 bildet.

2.2.1.4. Körperschaftsteuersatzbezogene Aufteilung des Liquidationszeitraumes

Nicht zuletzt die Tatsache der vorliegenden Berufung gegen die angefochtenen Bescheide beweist, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch Abwicklungsbedarf besteht, die Abwicklung demzufolge noch nicht beendet sein kann. Teilte man - rein hypothetisch - die Rechtsauffassung der Finanzbehörde, welche die gegenständlichen angefochtenen Bescheide erließ, so müsste diese Tatsache auch Auswirkungen auf den zu aliquotierenden Liquidationszeitraum zeitigen, der diesfalls mit dem Ablauf des Monats Februar 2007 noch nicht beendet wäre mit der Rechtsfolge, dass jener Zeitabschnitt des Liquidationszeitraums, der dem reduzierten Körperschaftsteuersatz von 25 % zugerechnet wurde, bis zur endgültigen rechtskräftigen Erledigung des gegenständlichen Berufungsverfahrens entsprechend auszuweiten wäre, was sodann eine entsprechende Änderung der Verhältnisrechnung hinsichtlich der beiden Einkommensteile erfordern würde.

Eine ähnliche Überlegung ergibt sich bereits im Hinblick auf den ungewissen Zeitpunkt der Durchführung der Löschung einer GmbH im Firmenbuch durch das für sie zuständige Firmenbuchgericht, setzt doch die Löschung der GmbH im Firmenbuch die Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung des für die Erhebung der Körperschaftsteuer zuständigen Finanzamts gemäß § 160 Abs. 3 BAO voraus, das zu diesem Zweck auf der Grundlage entsprechender Abgabenerklärungen für den Liquidationszeitraum die Höhe der noch offenen Abgabenschulden der betreffenden Körperschaft (in der Regel bescheidmäßig) ermittelt. Auch in diesem Fall ist eine korrekte zeitliche körperschaftsteuerbezogene Aufteilung des Liquidationszeitraumes - anders als bei einem feststehenden Ende eines Wirtschaftsjahres - nicht möglich.

Man kann daher davon ausgehen, dass es der Gesetzgeber ganz bewusst und aus gutem Grund unterlassen hat, anteilige Steuersätze für einen aus dem Jahr 2004 und ab dem Jahr 2005 resultierenden Liquidationsgewinn vorzuschreiben.

Wie bereits oben unter Hinweis auf Rechtsprechung und Literatur dargestellt, ist allein jener allgemeine Körperschaftsteuersatz maßgeblich, der für das Kalenderjahr des Beendens der Abwicklung der im Firmenbuch bereits gelöschten Dr. E. T. GmbH gilt, im gegenständlichen Fall also der Körperschaftsteuersatz von 25 %."

Mit Schreiben vom 27. April 2009 erklärte der steuerliche Vertreter, auf die Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung zu verzichten.

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 115 BAO lautet:

"(1)

Die Abgabenbehörden haben die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind.

(2)

Den Parteien ist Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.

(3)

Die Abgabenbehörden haben Angaben der Abgabepflichtigen und amtsbekannte Umstände auch zugunsten der Abgabepflichtigen zu prüfen und zu würdigen.

(4)

..."

Gemäß § 119 Abs. 1 BAO sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offen zu legen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen. Vollständig und wahrheitsgemäß offen legen bedeutet, der Abgabenbehörde nicht nur ein richtiges und vollständiges, sondern auch ein klares Bild von den für die Abgabenerhebung maßgeblichen Umständen zu verschaffen (vgl. Ritz, BAO³; Tz 3 zu § 119 und die dort zitierten Entscheidungen der Höchstgerichte (VwGH 20. September 1989, 88/13/0072; OGH 18. Dezember 1995, 14 OS 83/95, VwGH 25. Jänner 1999, 93/17/0313)).

Gemäß § 166 BAO kommt als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

§ 7 KStG 1988 BGBl. Nr. 401/1988 in den Fassungen der BGBl. I Nr. 57/2004, 180/2004 und 100/2006 lautet:

"(1)

Der Körperschaftsteuer ist das Einkommen zugrunde zu legen, das der unbeschränkt Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.

(2)

Einkommen ist der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im § 2 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1988 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus den einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 8 Abs. 4) und des Freibetrages für begünstigte Zwecke (§ 23). Wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich nach dem Einkommensteuergesetz 1988 und diesem Bundesgesetz. Anzuwenden sind § 2 Abs. 2a des Einkommensteuergesetzes 1988 auf Einkünfte aus einer Beteiligung, wenn das Erzielen steuerlicher Vorteile im Vordergrund steht, sowie § 2 Abs. 2b und § 2 Abs. 8 des Einkommensteuergesetzes 1988.

(3)

...

(4)

Gewinnermittlungszeitraum ist das Wirtschaftsjahr. Das Wirtschaftsjahr deckt sich grundsätzlich mit dem Kalenderjahr.

(5)

Steuerpflichtige, die nach handelsrechtlichen Vorschriften zur Buchführung verpflichtet sind, und buchführende Steuerpflichtige, die Land- und Forstwirtschaft betreiben, dürfen ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr haben; in diesem Fall ist der Gewinn bei Ermittlung des Einkommens für jenes Kalenderjahr zu berücksichtigen, in dem das Wirtschaftsjahr endet. § 2 Abs. 6 und 7 des Einkommensteuergesetzes 1988 ist anzuwenden."

Gemäß § 22 Absatz 1 KStG 1988 BGBl. Nr. 401/1988 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 80/ 2003 beträgt die Körperschaftsteuer vom Einkommen (§ 7 Abs. 2) 34 %. Gemäß § 22 Absatz 1 KStG 1988 BGBl. Nr. 401/1988 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2004 beträgt die Körperschaftsteuer vom Einkommen (§ 7 Abs. 2) 25 %.

§ 26 c KStG 1988 BGBl. Nr. 401/1988 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 24/2007 lautet:

"1.

...

2.

§ 22 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 57/2004 ist erstmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2005 anzuwenden. Wird das Einkommen unter Berücksichtigung eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres, das vor dem 1. Jänner 2005 beginnt und nach dem 31. Dezember 2004 endet, ermittelt, ist der dem Jahr 2004 zuzurechnende Einkommensteil zwar im Einkommen des Kalenderjahres 2005 zu erfassen, aber mit dem Steuersatz des § 22 Abs. 1 in der Fassung vor diesem Bundesgesetz zu besteuern. Dabei gilt Folgendes:

 

a)

Das Einkommen ist durch die Anzahl der Kalendermonate dieses Wirtschaftsjahres zu teilen und mit der Anzahl der in das Kalenderjahr 2004 fallenden Kalendermonate zu vervielfachen. Angefangene Kalendermonate gelten als volle Kalendermonate.

 

b)

Sinngemäß ist das Einkommen des Gruppenträgers bzw. der Gruppenmitglieder zu ermitteln. Für Wirtschaftsjahre von Gruppenmitgliedern, die vor dem 1. Jänner 2005 beginnen und auf die Z 2 zweiter Satz nicht zur Anwendung kommt, ist § 22 Abs. 1 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 57/2004 anzuwenden. Dies gilt für Veranlagungen ab dem Kalenderjahr 2005.

 

c)

Dem Unternehmer steht es frei, den bis zum 31. Dezember 2004 angefallenen Gewinn durch Zwischenabschluss zu ermitteln und das Einkommen entsprechend der Gewinnrelation aufzuteilen."

§ 19 KStG 1988 BGBl. Nr. 401/1988 lautet:

"(1)

Erfolgt bei einem unter § 7 Abs. 3 fallenden Steuerpflichtigen, der seine Auflösung beschlossen hat, tatsächlich die Abwicklung, ist der Besteuerung der Liquidationsgewinn zugrunde zu legen.

(2)

Liquidationsgewinn ist der im Zeitraum der Abwicklung erzielte Gewinn, der sich aus der Gegenüberstellung des Abwicklungs-Endvermögens und des Abwicklungs-Anfangsvermögens ergibt.

(3)

Der Besteuerungszeitraum darf drei Jahre nicht übersteigen. Das Finanzamt kann diesen Zeitraum in berücksichtigungswürdigen Fällen auf Antrag verlängern.

(4)

Abwicklungs-Endvermögen ist das zur Verteilung kommende Vermögen. Sind im Abwicklungs-Endvermögen nicht veräußerte Wirtschaftsgüter enthalten, sind sie mit dem gemeinen Wert anzusetzen.

(5)

Abwicklungs-Anfangsvermögen ist das Betriebsvermögen, das am Schluss des der Auflösung vorangegangenen Wirtschaftsjahres nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung anzusetzen war. Wird die Auflösung im Wirtschaftsjahr der Gründung (Errichtung) beschlossen, ist Abwicklungs-Anfangsvermögen das eingezahlte Kapital.

(6)

Auf die Gewinnermittlung sind im übrigen die sonst geltenden Vorschriften anzuwenden.

(7)

Erfolgt bei einem nicht unter Abs. 1 fallenden Steuerpflichtigen die Abwicklung, richtet sich die Steuerpflicht nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes 1988 und dieses Bundesgesetzes."

§ 19 KStG 1988 BGBl. Nr. 401/1988 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 161/2005 unterscheidet sich im Vergleich zur Stammfassung nur durch den nachfolgend zitierten Text des Absatz 3

"(3)

Der Besteuerungszeitraum darf drei Jahre, in den Fällen der Abwicklung im Insolvenzverfahren fünf Jahre nicht übersteigen. Das Finanzamt kann diesen Zeitraum in berücksichtigungswürdigen Fällen auf Antrag verlängern."

Aus folgenden Gründen war der Berufung Folge zu geben:

Nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut des § 19 Abs. 5 KStG 1988 "Abwicklungs- Anfangsvermögen ist das Betriebsvermögen, das am Schluss des der Auflösung vorangegangenen Wirtschaftsjahres nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung anzusetzen war" gilt diese Regelung unabhängig davon, ob die Auflösung zu Beginn eines Wirtschaftsjahres oder während des laufenden Wirtschaftsjahres stattfindet. Mit der oben zitierten Bestimmung des § 19 KStG 1988 ordnet der Gesetzgeber an, dass für den Zeitraum der Abwicklung eine gesonderte Ermittlung des Abwicklungseinkommens zu erfolgen hat.

Zum Begriff "Jahr" sei bemerkt, dass dieses je nach Definition von unterschiedlicher Dauer ist. Kalender, die Jahre zur Zeiteinteilung verwenden, ordnen einer Zeitspanne von einem Kalenderjahr Jahresdaten zu. Sowohl im julianischen Kalender, als auch im gregorianischen Kalender dauert das Jahr entweder 365 Tage (Gemeinjahr) oder 366 Tage (Schaltjahr). Im Alltag versteht man unter dem Begriff "Jahr" die Zeitspanne des Gemeinjahres oder aber die jeweilige Zeit von Neujahr bis Silvester. Phänomenologische Jahre, für die der Zyklus der vier Jahreszeiten charakteristisch ist, orientieren sich meist an bestimmten Naturereignissen im Jahresablauf. Ein Jahr ist im astronomischen Sinne die Zeitspanne eines vollständigen Umlaufs eines Himmelsobjekts, im engeren Sinne nur das Erdenjahr, das je nach Definition um die 365¼ Tage dauert. Der derzeit weltweit übliche und insbesondere in Europa gesetzlich gültige Kalender ist der gregorianische Kalender, dessen Kalenderjahr mit dem 1. Januar [00:00 Uhr] beginnt und mit dem nachfolgenden 31. Dezember" [24:00 Uhr] endet. Der Zeitraum für eine Bilanz ist das Wirtschaftsjahr. Zwar muss ein Fiskaljahr nicht unbedingt mit einem Kalenderjahr beginnen, jedoch entspricht die Dauer eines Geschäftsjahrs der des Gregorianischen Jahres.

Für die Ermittlung des Abwicklungseinkommens sieht § 19 Abs. 2 und 5 KStG 1988 einen von den allgemeinen Bestimmungen des § 24 EStG 1988 in Verbindung mit § 39 EStG 1988 verschiedenen, also einen eigenen Besteuerungszeitraum vor, der mit dem Ende des Wirtschaftsjahres, das unmittelbar vor dem Wirksamwerden des Auflösungsbeschlusses abgelaufen ist, beginnt und mit der vollständigen Ausschüttung des Gesellschaftsvermögens endet. Geht die Vorschrift des § 19 KStG 1988 allen anderen generellen Vorschriften über die Gewinnermittlung der dort genannten Körperschaften vor, so ist diese Norm eine Lex specialis.

Aus der oben zitierten Bestimmung des § 19 KStG 1988 ist ersichtlich, dass diese Vorschrift auch nach der Steuerreform 2005 unverändert erhalten blieb. Stellt der Wortlaut der Übergangsbestimmung des § 26c Z 2 KStG 1988 in der Fassung des Abgabenänderungsgesetz 2004 auf ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr ab, das vor dem 1. Jänner 2005 beginnt und nach dem 31. Dezember 2004 endet, so setzt die Bestimmung ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr 2004/2005 voraus, das maximal zwölf Kalendermonate umfassen kann. Insofern bestand der Zweck der Übergangsregelung darin, allfällige Umgehungen und Gestaltungen in Form eines Wechsels des Bilanzstichtages und dem damit verbundenen Übergang auf ein abweichendes Wirtschaftsjahr 2004/2005 zum Zweck der Erzielung von Steuervorteilen im zeitlichen Vorfeld des Steuerreformgesetzes 2005 bis zu dessen In-Kraft-Treten am 1. Jänner 2005 wirksam zu begegnen. Der Bestand eines abweichenden Wirtschaftsjahres 2004/2005 als mögliche Gestaltungsoption von Abgabepflichtigen vor Inkrafttreten des Steuerreformgesetzes 2005, aufgrund dessen der Gesetzgeber die Übergangsbestimmung des § 26 c Z 2 Steuerreformgesetz 2005 geschaffen hatte, war mit dem der Berufung zugrunde gelegenen Sachverhalt nicht vergleichbar, weil die Bw. eine seit dem Jahr 2004 in Abwicklung befindliche Körperschaft war und Anhaltspunkte für eine rechtsmissbräuchliche Verwendung von handelsrechtlichen Liquidationsbestimmungen in Verbindung mit abgabenrechtlichen Sonderbestimmungen zur Liquidationsbesteuerung nicht festzustellen waren.

Gemäß § 6 ABGB darf einem Gesetze in der Anwendung kein anderer Verstand beigelegt werden, als welcher aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhange und aus der klaren Absicht des Gesetzgebers hervorleuchtet. Lässt sich ein Rechtsfall weder aus den Worten, noch aus dem natürlichen Sinne eines Gesetzes entscheiden, so muss § 7 1. Satz ABGB zufolge auf ähnliche, in den Gesetzen bestimmt entschiedene Fälle, und auf die Gründe anderer damit verwandten Gesetze Rücksicht genommen werden. Bleibt der Rechtsfall noch zweifelhaft, so muss solcher gemäß § 7, 2. Satz leg. cit. mit Hinsicht auf die sorgfältig gesammelten und reiflich erwogenen Umstände nach den natürlichen Rechtsgrundsätzen entschieden werden. Da sich der der Berufung zugrunde gelegene Sachverhalt nicht mit Hilfe der Gesetzesanalogie, Rechtsanalogie oder durch die Heranziehung der natürlichen Rechtsgrundsätze unter einen Tatbestand subsumieren ließ, war auf Grund der obigen Ausführungen anzunehmen, dass der Gesetzgeber an die Knüpfung von Rechtsfolgen an einen Sachverhalt, der dem der Berufung zugrunde gelegenen Sachverhalt entsprechen hätte können, nicht gedacht hatte. Da sich die allgemeinen Steuersätze während der Abwicklung geändert hatten, war die Körperschaftsteuer für den gesamten (mehrjährigen) Abwicklungszeitraum nach jenen Steuersätzen zu bemessen, die für das Kalenderjahren des Beendens der Abwicklung galten. Damit war die Erstreckung der Übergangsbestimmung des § 26 c Z 2 KStG 1988 in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2004 mangels Zulässigkeit eines Analogieschlusses auf Abwicklungseinkommen im Sinn des § 19 KStG 1988 ausgeschlossen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am 6. Mai 2009

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 26c Z 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 22 Abs. 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 7 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 19 Abs. 5 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 6 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811
§ 7 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811

Schlagworte:

Liquidationsgewinn, abweichendes Wirtschaftsjahr, Kalenderjahr, Jahr, Abwicklungs-Anfangsvermögen, Liquidationsbesteuerung, Gesetzesanalogie, Rechtsanalogie, natürliche Rechtsgrundsätze, Abwicklungszeitraum

Stichworte