UFS FSRV/0117-W/08

UFSFSRV/0117-W/0828.11.2008

Abgabenhinterziehung durch Nichtabgabe der Abgabenerklärungen, subjektive Tatseite wegen dauernder Ortsabwesenheit nicht feststellbar

 

Entscheidungstext

Beschwerdeentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates Wien 2, HR Mag. Gerhard Groschedl, in der Finanzstrafsache gegen R.P., derzeitiger Aufenthalt unbekannt, wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde des Beschuldigten vom 17. Oktober 2006 gegen den Bescheid über die Einleitung des Finanzstrafverfahrens des Finanzamtes Wien 6/7/15 als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 7. August 2006, Strafnummer-1,

zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben und der bekämpfte Bescheid aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom 7. August 2006 hat das Finanzamt Wien 6/7/15 als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen R.P. (Bf.) zur Strafnummer-1 ein Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, dass er vorsätzlich durch Abgabe unrichtiger Umsatzsteuererklärung für 2001 und Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärungen 2003 und 2004, sohin unter Verletzung der Wahrheits- und Offenlegungspflicht gemäß § 119 BAO bewirkt habe, dass eine Verkürzung an Umsatzsteuer 2001 in Höhe von € 18.901,00 Umsatzsteuer 2003 in Höhe von € 17.824,00 Umsatzsteuer 2004 in Höhe von € 18.409,00 bewirkt wurde und hiemit ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen habe.

Als Begründung wurde ausgeführt, dass das Finanzamt durch den Außenprüfungsbericht vom 7. Juni 2005 und nach Durchsicht der Verrechnungsdaten davon Kenntnis erlangt habe, dass Umsatzsteuer in den oben angeführten Zeiträumen und Ausmaß hinterzogen worden sei. Es erscheine das gesamte Finanzvergehen hinreichend begründet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Beschuldigten vom 17. Oktober 2006, wobei der Bf. ausführt, dass er alle Umsätze laufend gemeldet und entrichtet habe. Eine Aufforderung zur Abgabe der Jahreserklärungen habe er immer befolgt. Er sei bis zur Konkurseröffnung Anfang 2005 steuerlich vertreten gewesen, diese Steuerberatungskanzlei habe die Erklärungen seit 1985 immer rechtzeitig abgegeben. Wenn für 2003 und 2004 keine abgegeben worden seien, dann habe er auch keine Aufforderung erhalten, er habe sich darauf verlassen, wenn sich die Steuerberatungskanzlei bei ihm gemeldet habe, habe er die Unterlagen vorbeigebracht und sei von dieser dann auch rechtzeitig abgegeben worden. Der Bw. habe nach der Vollmachtskündigung keine Aufforderung zur Abgabe erhalten. Er habe auch vom Masseverwalter diesbezüglich keine Aufforderung oder Information bekommen. Die genannten Umsätze würden jeder Grundlage entbehren.

Wenn am 7. Juni 2005 eine Außenprüfung stattgefunden habe, dann sei er dazu nicht eingeladen worden, es sei ihm keine Gelegenheit gegeben worden, eine Stellungnahme abzugeben, es sei ihm auch nichts vorgehalten worden, wobei er sich hätte rechtfertigen können. Der Bw. habe auch keinen Bescheid oder sonstiges erhalten, weder vom Finanzamt noch vom Masseverwalter.

Tatsächlich habe ihn eine Mitarbeiterin des Masseverwalters angerufen und ihn gebeten, die Buchhaltungsunterlagen in die Kanzlei zu bringen, da eine Steuerprüfung angemeldet worden sei, er sollte die Unterlagen jedoch eine Woche vorher bringen, damit sie sich die Unterlagen vorab noch ansehen könne. Dies habe der Bf. befolgt. Er habe damit gerechnet, dass er dann eingeladen werden würde, zumindest dass es Fragen geben würde, wozu er hätte Auskunft geben sollen usw. Umso mehr sei er überrascht gewesen, als er nach einiger Zeit aufgefordert wurde, "doch endlich die Unterlagen wieder abzuhoIen, da dort kein Platz sei". Auf seine Verwunderung, dass alles so "einfach?" gegangen sei, habe ihm Frau L. der Kanzlei erklärt. "Na der Prüfer habe sich da nicht viel angetan, er habe sich das ganze 5 Minuten angesehen, er habe,, das mit den Subunternehmern" gewusst, habe gesagt, dass er das wahrscheinlich auch in den Folgejahren gemacht habe, "das werde eine Schätzung" und sei dann wieder gegangen. Und Nachsatz der Frau L., was könne sie dafür, dass der Bf. keine ordentliche Buchhaltung führe! Diese Informationen seien nur mündlich gewesen, der Bf. habe nie einen schriftlichen Bescheid erhalten.

Der Bf. habe sich jedoch immer bemüht, eine ordentliche Buchhaltung zu führen, was ihm auch bei der Nachschau 1998 und der Steuerprüfung 2001 bescheinigt worden sei, dass die Buchhaltung an sich ordentlich geführt gewesen sei. Auch danach habe sich für ihn in der Buchführung nichts geändert. Im Übrigen sei dazu auszuführen, dass der Bf. "das mit Subunternehmer zwar schon weitergemacht habe, aber immer die U12 Erklärung abverlangt habe. Die Forderung des Finanzamtes betreffend der Umsatzsteuer beziehe sich ja hauptsächlich auf den Zeitraum ab 1996 bis 1998 (ab der Umsatzsteuernachschau habe der Bf. Kenntnis des Formulars gehabt). Betreffend dieses Verfahren sei noch eine Beschwerde beim VwGH anhängig. Der Bf. habe das Finanzvergehen nicht begangen und beantrage, das Verfahren einzustellen.

Mit ho. Beschwerdeentscheidung vom 7. September 2007, FSRV/0143-W/06, wurde der Bescheid hinsichtlich der Einleitung eines Finanzvergehens einer vorsätzlichen Abgabenhinterziehung von Umsatzsteuer 2004 aufgehoben und im Übrigen die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Juli 2008, 2008/13/0050-5, wurde diese Entscheidung hinsichtlich Umsatzsteuer für 2001 und 2003 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben und die Beschwerde im Übrigen als unbegründet abgewiesen.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Gemäß § 82 Abs. 1 in Verbindung mit § 83 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz, sofern genügend Verdachtsgründe für die Einleitung wegen eines Finanzvergehens gegeben sind, das Finanzstrafverfahren einzuleiten.

Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

In seinem Erkenntnis vom 9. Juli 2008, 2008/13/0050, wiederholt der Verwaltungsgerichtshof seine Rechtsansicht, dass es für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens genügt, wenn gegen den Verdächtigen genügende Verdachtsgründe vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, dass er als Täter eines Finanzvergehens in Betracht kommt, wobei sich der Verdacht sowohl auf den objektiven als auch auf den subjektiven Tatbestand erstrecken muss und in der Begründung des Einleitungsbescheides darzulegen ist, dass die Annahme der Wahrscheinlichkeit solcher Umstände gerechtfertigt ist, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann.

Basis des angefochtenen Bescheides ist der Betriebsprüfungsbericht AB, dem unter Tz 1 (Vorsteuerkorrektur 2001) Folgendes zu entnehmen ist: die in der Gewinnermittlung 2001 ausgewiesene Position "Transportaufwand" in der Höhe von rund 171.000 EUR ergebe sich aus bezogenen Transportleistungen. Die Eingangsrechnungen seien stichprobenweise hinsichtlich der Unternehmereigenschaft der Werkvertragsnehmer überprüft worden. Bei der überwiegenden Zahl handle es sich um steuerlich nicht erfasste Personen oder "Unternehmen". Der aus dieser Aufwandsart resultierende Vorsteuerabzug für 2001 werde daher im Schätzungsweg um 20.000 EUR gekürzt.

Unter Tz 2 (Umsatzsteuer 2003, 2004) wird im Bericht ausgeführt, mangels Einbringung von Abgabenerklärungen für 2003 und 2004 würden die Umsätze des Unternehmens in Anlehnung an die Vorjahre und einzelnen Voranmeldungen im Schätzungsweg ermittelt. Ausgehend von den Fahrzeugbetriebskosten und den Mietaufwendungen der Vorjahre werde die abziehbare Vorsteuer mit 9.000 EUR (2003) und 10.000 EUR (2004) geschätzt. Aussagen zur subjektiven Tatseite sind dem Betriebsprüfungsbericht nicht zu entnehmen.

Berichte über abgabenbehördliche Prüfungen pflegen solche Wahrnehmungen der Prüfungsorgane über Sachverhalte und Vorgangsweisen des Steuerpflichtigen zu enthalten, aus denen sich im Einzelfall durchaus ableiten lassen kann, dass Grund zur Annahme besteht, der Steuerpflichtige habe seine abgabenrechtliche Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht mit dem Ergebnis einer Verkürzung der von ihm geschuldeten Abgaben in einer Weise verletzt, die nach den Umständen des Falles die Möglichkeit nahe legen müsse, dass er diese Verletzung seiner Pflichten mit der daraus resultierenden Abgabenverkürzung habe zumindest ernstlich für möglich halten und sich mit ihr abfinden müssen.

Ob die Ausführungen eines Prüfungsberichtes die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegen den Steuerpflichtigen tragend begründen lassen oder ob die Annahme eines die Einleitung eines Strafverfahrens rechtfertigenden Tatverdachtes einer weitergehenden Begründung im Einleitungsbescheid bedarf, ist nach Maßgabe des Inhaltes der Ausführungen im Prüfungsbericht im Einzelfall zu beurteilen (VwGH 19.2.1997, 96/13/0094).

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis ausgeführt, dass dem Bf. einzuräumen ist, dass die Ausführungen des genannten Berichtes über die Außenprüfung einen entscheidungswesentlichen Sachverhalt für die Beurteilung des Vorliegens eines Verdachtes einer Abgabenhinterziehung durch den Bf. nicht in einer solchen Weise wiedergeben, welche es den Finanzstrafbehörden beider Instanzen erlaubt hätte, die nunmehr angefochtene Einleitung des Finanzstrafverfahrens auf die Ausführungen des Außenprüfungsberichtes allein zu stützen. Hinsichtlich des subjektiven Tatbestandes enthält der oben wiedergegebene Außenprüfungsbericht keinerlei Feststellungen, aus denen auf vorsätzliches Handeln des Bf. rechtmäßig hätte geschlossen werden dürfen.

Der Bf. ist vor Erlassung des angefochtenen Bescheides zur subjektiven Tatseite nicht befragt worden. Versuche der Finanzstrafbehörde zweiter Instanz, den Bf. im derzeitigen Stadium des Verfahrens schriftlich zu seiner damaligen Vorgangsweise und seinem damaligen Wissens- und Kenntnisstand - somit zur subjektiven Tatseite - zu befragen, scheiterten jedoch bzw. ein entsprechender Vorhalt blieb unbeantwortet. Der Bf. hat zwar in der Beschwerde ausgeführt, dass er zu den damaligen Vorfällen nicht befragt worden wäre, verweigert aber jede Zusammenarbeit und schweigt beharrlich auf alle Fragen.

Aus dem Akt ergibt sich in objektiver Hinsicht, dass laut Buchungen am Abgabenkonto hinsichtlich der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen Lücken festzustellen sind, sodass der Verdacht besteht, dass die Aussage, der Bf. hätte alle Umsätze laufend gemeldet und bis 15. Jänner 2005 die Umsatzsteuer ordnungsgemäß entrichtet, nicht zutreffend sein kann.

Bei seinen Beschwerdeaussagen, der Bf. hätte "die Aufforderung zur Abgabe der Jahreserklärungen immer befolgt, wenn für 2003 und 2004 keine abgegeben worden seien, dann habe er auch keine Aufforderung erhalten, er habe sich darauf verlassen, wenn sich die Interrevision bei ihm gemeldet habe, habe er die Unterlagen vorbeigebracht und sei von dieser dann auch rechtzeitig abgegeben worden. Der Bf. habe nach der Vollmachtskündigung keine Aufforderung zur Abgabe erhalten. Er habe auch vom Masseverwalter diesbezüglich keine Aufforderung oder Information bekommen", übersieht der Bf. allerdings, dass ihm bei der Gründung der GmbH bei Vertragserstellung routinemäßig vom Notar eine entsprechende Belehrung erteilt wurde, die sich auch auf die abgabenrechtlichen Verpflichtungen erstreckt hat, darunter auch die Verpflichtung, Steuererklärungen zu bestimmten Terminen abzugeben. Gemäß § 134 BAO (in den jeweils geltenden Fassungen) sind die Steuererklärungen 2001 bis zum Ende des Monates März des Folgejahres, die Steuererklärungen für das Jahr 2003 bis zum Ende des Monates April des Folgejahres einzureichen.

Mit der Belehrung ist laut Rechtsprechung des VwGH allein ein "Wissen müssen" und damit allenfalls für die Abgabenhinterziehung des Jahres 2003 ein fahrlässiges Verhalten verbunden, nicht aber der im angefochtenen Bescheid angenommene Vorsatz.

Zieht man beim Verdacht einer Umsatzsteuerhinterziehung 2001 die Tatsache in Betracht, dass der Bf. damals steuerlich vertreten war und sich bei der Erstellung der hier angeschuldeten unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 auf einen befugten steuerlichen Vertreter verlassen hat, ist auch für diese Abgabenhinterziehung der Verdacht einer vorsätzlichen Vorgehensweise laut derzeitiger Aktenlage nicht gegeben.

Mangels Vorliegen ausreichender Verdachtsgründe zur subjektiven Tatseite und mangels derzeitiger Möglichkeit des Nachweises der geforderten subjektiven Tatseite - der derzeitige Aufenthalt des Bf. war nicht zu ermitteln - war der Beschwerde daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

Wien, am 28. November 2008

Zusatzinformationen

Materie:

Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 33 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 83 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958

Schlagworte:

dauernde Ortsabwesenheit, keine Abgabestelle bekannt

Stichworte