UFS RV/1181-L/07

UFSRV/1181-L/0718.8.2008

Kapitalwert einer verbundenen Rente bei unterschiedlich hohen Lebenserwartungen

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2008/16/0136 und 2008/16/0137 eingebracht. Mit Erk. v. 11.03.2010 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit BE zu Zl. RV/0389-L/10 und RV/0390-L/10 erledigt.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vom 26. Juli 2007 gegen die Bescheide des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom 22. Juni 2007 betreffend Grunderwerbsteuer und Schenkungssteuer entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Übergabsvertrag vom 20.4.2007 übertrugen die Ehegatten F der Berufungswerberin und ihrem Ehegatten jeweils zur Hälfte die ihnen je zur Hälfte gehörige, in Vertragspunkt "Zweitens" umschriebene Liegenschaft; die Berufungswerberin ist die Schwiegertochter der Übergeber. Als Gegenleistung für diese Übergabe haben sich die Übergeber das lebenslängliche, gänzlich unentgeltliche, ausschließliche und grundbücherlich sicherzustellende Wohnrecht als Gebrauchsrecht in der im Erdgeschoß des übergebenen Hauses S gelegenen Wohnung, bestehend aus Küche, Wohnzimmer, Schlafzimmer, zwei Kinderzimmern, Bad, Klosett und Abstellraum mit einer gesamten Nutzfläche von rund 110 m² ausbedungen. Mit diesem Wohnrecht verbunden ist die Mitbenützung gewisser, näher beschriebener Räumlichkeiten. Das Wohnrecht wurde von den Vertragsparteien einvernehmlich mit monatlich 500,00 € bewertet (Vertragspunkt 12.).

Das Finanzamt setzte mit den angefochtenen Bescheiden die Grunderwerbsteuer vom (anteiligen) Kapitalwert des Wohnrechtes sowie vom unentgeltlichen Erwerb die Schenkungssteuer fest.

Dagegen richtet sich die Berufung mit folgender Begründung: Die beiden übergebenen Liegenschaftshälften seien nicht nur gleichwertig, sondern auch die Gegenleistung, die von den beiden Übernehmern erbracht werde, sei für sämtliche vier Rechtsvorgänge gleichwertig. Diese bestehe jeweils in der Einräumung des Wohnrechtes nicht nur für den jeweiligen übergebenden Übergeberteil, sondern auch für den jeweiligen Partner. Somit liege für alle Rechtserwerbe eine einheitliche und gleichwertige Gegenleistung vor. Da die Gegenleistung für alle Rechtsvorgänge jeweils den dreifachen Einheitswert übersteige, liege kein unentgeltlicher Erwerb vor und eine Schenkungssteuer sei nicht festzusetzen. Das Finanzamt wies die Berufungen als unbegründet ab. Im Vorlageantrag wird das Berufungsbegehren im Wesentlichen wiederholt und auf ein bereits vor dem VwGH anhängig gewesenes, gleichgelagertes Verfahren hingewiesen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Zum Hinweis auf das angeführte VwGH-Verfahren ist Folgendes zu bemerken: Es trifft zu, dass zu einem vergleichbaren Sachverhalt ein Beschwerdeverfahren anhängig war, allerdings hat der VfGH über Antrag des VwGH den angefochtenen Bescheid aufgehoben (sog. Anlassfall zur Aufhebung des § 1 Abs. 1 Z 2 ErbStG) und aus diesem Grund für dieses Verfahren nichts zu gewinnen ist.

Allerdings bestehen aus nachstehenden Gründen keine Bedenken gegen die Festsetzung der Abgaben wie in den angefochtenen Bescheiden:

Das Grunderwerbsteuer- und Erbschaftsteuerrecht ist im Wesentlichen von Rechtsvorgängen im zivilrechtlichen Sinn geprägt. Das hat zur Folge, dass diese Vorschriften zu beachten sind und sich daran die entsprechenden Abgabenvorschriften knüpfen. So entspricht es der ständigen Rechtsprechung, dass jeder Erwerbsvorgang grundsätzlich selbständig zu beurteilen ist. Für den gegenständlichen Fall hat dies zur Folge, dass der Übergabsvertrag unter dem Aspekt der Übertragung jeweils des Hälfteanteiles vom Übergeber und von der Übergeberin zu beurteilen ist und die abgabenrechtlichen Folgen sich aus der jeweiligen Vereinbarung ergeben.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 unterliegen der Grunderwerbsteuer ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, dass den Anspruch auf Übereignung begründet. Von der Besteuerung sind gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG der Grundstückserwerb von Todes wegen und Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955, BGBl. Nr. 141, in der jeweils geltenden Fassung. Schenkungen unter einer Auflage sowie Rechtsgeschäfte unter Lebenden, die teils entgeltlich und teils unentgeltlich sind, sind nur insoweit von der Besteuerung ausgenommen, als der Wert des Grundstückes den Wert der Auflage oder der Gegenleistung übersteigt.

Der Wert von Renten, wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen sowie dauernden Lasten, die vom Ableben einer oder mehrerer Personen abhängen, ergibt sich aus der Summe der von der Erlebenswahrscheinlichkeit abgeleiteten Werte sämtlicher Rentenzahlungen, der einzelnen wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen, sowie dauernden Lasten abzüglich der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen (versicherungsmathematische Berechnung). Dabei ist der Zinssatz gemäß § 15 Abs. 1 anzuwenden (§ 16 Abs. 1 BewG). Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, an Hand anerkannter Methoden durch Verordnung festzusetzen, von welchen Erlebenswahrscheinlichkeiten auszugehen ist (§ 16 Abs. 2 BewG).

Unbestritten ist im vorliegenden Fall der Gesamtwert des den Übergebern eingeräumten Wohnrechtes und der Umstand, dass die Übergeber jeweils einen Hälfteanteil übertragen haben. Sofern der Berufungswerber jedoch vermeint, das Wohnrecht sei unteilbar, so ist ihm unter Berücksichtigung des oben Gesagten entgegenzuhalten, dass die Gegenleistung für jede einzelne Übergabe auf die steuerlichen Auswirkungen zu untersuchen ist. Der Gesetzgeber hat durch die Neuformulierung des § 16 BewG in BGBl. I 2003/71 die Anwendung versicherungsmathematischer Grundsätze angeordnet, um Renten auch steuerlich (annähernd) nach der tatsächlich zu erwartenden Lebensdauer zu bewerten. Im vorliegenden Fall ist von einer so genannten verbundenen Rente auszugehen. Eine Verbindungsrente ist eine Rente, die an die Lebenszeit mehrerer Personen geknüpft ist. Die Rente soll bei Versterben einer Person entweder in gleicher oder in anderer Höhe auf die andere Person übergehen oder ausbezahlt werden. Eine typische Ausprägung einer solchen verbundenen Rente ist ein in einem Übergabsvertrag von den Übergebern ausbedungenes Wohnrecht und daher rechtlich danach zu beurteilen. Der so genannte Barwert einer Rente kann nach gewissen mathematischen Formeln berechnet werden. Für steuerliche Zwecke ist dieser Barwert der verbundenen Rente auf die einzelnen Beteiligten aufzuteilen, sofern für jede dieser berechtigten Personen ein Erwerbsvorgang vorliegt. Die Gegenleistung ist für jeden Erwerbsvorgang für sich zu ermitteln. Es liegen - wie bereits ausgeführt - so viele Erwerbsvorgänge vor, als Personen auf beiden Vertragsseiten auftreten. Ergibt sich daher für einen der Beteiligten ein Unterschiedsbetrag zwischen dem Wert seines übertragenen Vermögens (steuerlich maßgeblicher Wert - hier: Halber dreifacher Einheitswert) zum Wert der Gegenleistung (hier: Anteil am Barwert der verbundenen Rente), so liegt insoweit eine so genannte gemischte Schenkung vor, die gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG insoweit der Schenkungssteuer unterliegt.

Die Abgabenfestsetzung wie in den angefochtenen Bescheiden erfolgte somit zu Recht und über die Berufung ist spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am 18. August 2008

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 16 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955

Schlagworte:

verbundene Rente

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