UFS RV/3581-W/07

UFSRV/3581-W/0715.5.2008

Kein Vertreterpauschale für einen im Außendienst tätigen, nur für einen Großkunden zuständigen Account Manager

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., Wien, vom 13. August 2007 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom 24. Juli 2007 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2006 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Herr Bw. (idF Berufungswerber bzw. Bw.) ist als Dienstnehmer bei der "S Austria GmbH" (einer Tochtergesellschaft eines weltweit agierenden Mobiltelefonherstellers) beschäftigt und machte in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2006 zum einen Werbungskosten (Arbeitsmittel, Fachliteratur und Aus- bzw. Fortbildungskosten) in Höhe von € 1.093,28 sowie zum anderen das Vertreterpauschale in der maximalen Höhe von € 2.190,00 geltend.

Mit Schreiben vom 10. April 2007 forderte ihn das Finanzamt hinsichtlich des Vertreterpauschales auf, eine Bestätigung des Dienstgebers (Bekanntgabe des genauen Tätigkeitsbildes) nachzureichen. Weiters wurde der Bw. gefragt, ob er auch andere Tätigkeiten wie Verkaufsleiter, Personalmanagement, Schulungsaufgaben etc. ausübe. Zusätzlich seien eine Kopie des Dienstvertrages sowie aktuelle Ergänzungen dazu vorzulegen bzw. die erhaltenen Ersätze gemäß § 26 EStG 1988 aufzugliedern sowie das Fixum und die erhaltenen Provisionen bekanntzugeben.

Der Bw. legte in der Folge eine mit 26. April 2007 datierte "Dienstgeberbestätigung" der "S Austria GmbH", wonach der Bw. seit 1. Juni 2000 in einem ungekündigten Dienstverhältnis beschäftigt und zum Zwecke der Geschäftsabwicklung überwiegend im Außendienst tätig sei, sowie zum anderen eine Aufstellung der Ersätze gemäß § 26 EStG 1988 vor. In Bezug auf das Ersuchen des Finanzamtes, eine Kopie des Dienstvertrages vorzulegen, brachte der Bw. vor, dem nicht Folge leisten zu können, da es sich dabei um ein vertrauliches Dokument zwischen ihm und seinem Dienstgeber handle.

Das Finanzamt gewährte daraufhin im Einkommensteuerbescheid vom 24. Juli 2007 zwar die beantragten Werbungskosten in Höhe von € 1.093,28, nicht aber das Vertreterpauschale, wobei es darauf hinwies, dass der Fragenvorhalt nicht vollinhaltlich beantwortet worden sei (Dienstvertrag incl. etwaiger Ergänzungen sowie Auskünfte über andere Tätigkeiten würden fehlen).

Der Bw. erhob mit Schriftsatz vom 13. August 2007 Berufung "gegen die Ablehnung der Anerkennung des Vertreterpauschales" und legte den Dienstvertrag sowie eine Vereinbarung betreffend "Dienstnehmerentgelt und -vergütung" vor, wonach er als "Account Manager" mit einem entsprechenden Fixum sowie einem "Incentive gemäß individueller Zielerreichung" (15 % des Bruttogrundgehaltes im Beobachtungszeitraum bei 100 %-iger Zielerreichung, maximal 30 % des Bruttogrundgehaltes im Beobachtungszeitraum) beschäftigt sei. Weiters schloss er eine in englischer Sprache abgefasste "Job Descritption Account Manager" an.

Das Finanzamt ersuchte in der Folge (mit den Schreiben vom 29. August bzw. 22. Oktober 2007) die "S Austria GmbH" als Dienstgeber, in Bezug auf den Bw. das genaue Tätigkeitsbild bekanntzugeben, insbesondere ob auch andere Tätigkeiten (wie zB Personalmanagement, Schulungsaufgaben) ausgeübt werden. Überdies sei darzulegen, wie der Jahresbonus (Incentive) bemessen werde (nach dem Gesamtumsatz der Firma, nach den vom Dienstnehmer abgeschlossenen Verträgen etc.). Zuletzt wurde um die Übermittlung des Lohnkontos sowie um Aufgliederung der am Lohnzettel 2006 ausgewiesenen Ersätze gemäß § 26 EStG 1988 ersucht.

Mit Schreiben vom 7. November 2007 wurde eine Aufgliederung der Ersätze gemäß § 26 EStG 1988 vorgelegt. In Bezug auf die angefragten Angaben zum Tätigkeitsgebiet ihres Dienstnehmers wurde um eine letztmalige Fristverlängerung ersucht.

Da die "S Austria GmbH" diese Frist ungenutzt verstreichen ließ, legte das Finanzamt die Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Finanzsenat (UFS) zur Entscheidung vor.

Vom UFS wurde der Bw. mit Schreiben vom 1. Februar 2008 darauf hingewiesen, dass der allgemeinen "Job Description" für Account Manager zu entnehmen sei, dass eine Reihe von Tätigkeiten darunter fallen würden, die nicht als Vertretertätigkeit zu qualifizieren seien. Im Hinblick darauf, dass der Bw. eine steuerliche Begünstigungsbestimmung geltend gemacht habe, obliege es ihm, an seinen Dienstgeber zwecks Beantwortung des Schreiben des Finanzamtes heranzutreten.

Daraufhin langte beim UFS folgendes Schreiben der "S Austria GmbH" ein: Der Bw. sei für die "S Austria GmbH" als Account Manager (Großkundenbetreuer) des Kunden BK (Mobilfunknetzbetreiber) tätig. Im Zuge seiner Tätigkeit betreue er sowohl das BK - Hauptquartier in Wien als auch die Außenstellen in ganz Österreich mit der Zielsetzung, ihm gesteckte Vertriebsziele zu erreichen. Dazu gehören im Detail Tätigkeiten wie Relationship Management, Präsentation und Positionierung von S-Produkten, Planung und Durchführung von Marketing Kampagnen sowie Vertriebsaktivitäten mit Handelspartnern, Komplettverantwortung für alle kommerziellen und prozesstechnischen Kundenprojekte. Durch diese Tätigkeiten sei es für den Bw. notwendig, den überwiegenden Teil seiner Zeit vor Ort beim Kunden BK zu verbringen.

Weiters legte der Bw. dem UFS einen "Bonusplan" bzw. "Sales Incentive Plan Tool" für das Jahr 2007 vor und erläuterte in der Folge telefonisch den maßgeblichen Sachverhalt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl. 32/1993 idF BGBl. II 382/2001, lautet auszugsweise:

"Auf Grund des § 17 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400/1988, wird verordnet:

§ 1. Für nachstehend genannte Gruppen von Steuerpflichtigen werden nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 folgende Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt:

Z 9. Vertreter

5 % der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.190 Euro jährlich.

Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden."

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom 10. März 1981, 2885, 2994/80, mit dem Begriff "Vertreter" in der zu § 17 Abs. 4 EStG 1972 ergangenen Verordnung betreffend Durchschnittssätze für Werbungskosten, BGBl 597/1975 idF BGBl 49/1979, befasst. Dabei hat er ausgeführt, dass die Verordnung den Begriff nicht definiere. Es würde den Erfahrungen des täglichen Lebens und auch der Verkehrsauffassung widersprechen, wenn Personen nur dann als Vertreter angesehen werden könnten, wenn sie ausschließlich mit dem auswärtigen Kundenbesuch befasst seien. Vielmehr werde sich bei fast allen Vertretern, je nach ihrer Verwendung im Verkaufsapparat ihres Unternehmens und auch nach den branchenbedingten Besonderheiten und der betriebsinternen Organisation des Unternehmens, in mehr oder weniger zeitaufwendigem Umfang die Notwendigkeit einer Tätigkeit im "Innendienst" ergeben. Abrechnungen mit Kunden, Nachweis des Arbeitseinsatzes, Einholung von Weisungen, Entgegennahme von Waren seien beispielsweise solche Tätigkeiten, die in den Geschäftsräumlichkeiten des Dienstgebers abgewickelt zu werden pflegten, ohne dass deshalb der grundsätzlich zum Kundenverkehr im Außendienst Angestellte seine Berufseigenschaft als Vertreter verliere. Der Verwaltungsgerichtshof teile aber die Ansicht, dass es zum Beruf eines Vertreters gehöre, regelmäßig im Außendienst tätig zu sein.

Auch die im gegenständlichen Fall anzuwendende Verordnung enthält keine Definition des Begriffs "Vertreter". Sie legt lediglich fest, dass von der Gesamtarbeitszeit mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden muss, sohin der Außendienst den Innendienst zeitlich überwiegen muss, und der Innendienst die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit umfassen darf.

Vertreter sind nach übereinstimmender Lehre (Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, Tz 6 zu § 17 EStG), Verwaltungsübung (LStRL Rz 406) und Entscheidungspraxis des Unabhängigen Finanzsenates (ua Entscheidung vom 22.10.2004, RV/0080-F/03) Personen, die regelmäßig im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind. Eine andere Tätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, zählt nicht als Vertretertätigkeit (zB Kontroll- oder Inkassotätigkeit).

Was den konkreten Sachverhalt anbelangt, hat der Dienstgeber des Bw., die "S Austria GmbH", dessen Tätigkeit, wie oben ausgeführt, damit beschrieben, dass er einen einzigen Kunden, die BK, selbständig, allein und umfangreich betreut. Nach der Dienstgeberbestätigung sowie der telefonischen Auskunft des Bw. gehört dazu neben der Präsentation und Positionierung der S-Geräte insbesondere auch die Planung und Durchführung von Marketing Kampagnen, wobei der Bw. diesbezüglich ein eigenes Werbebudget zur Verfügung hat, und der Vertriebsaktivitäten mit den Handelspartnern (Media-Markt, Hartlauer etc.) sowie letztendlich die Komplettverantwortung für alle kommerziellen und prozesstechnischen Kundenprojekte.

Unstrittig ist, dass der Bw. damit überwiegend im Außendienst tätig ist. Die allein strittige Frage, ob eine "ausschließliche Vertretertätigkeit" im Sinne der obigen Verordnung vorliegt, ist aber eindeutig zu verneinen.

Vorrangiges Ziel einer Vertretertätigkeit ist nämlich die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen, dh die Akquisition (Erlangung und Abschluss) von Aufträgen. Ein Vertreter hat typischerweise einen großen potentiellen Kundenkreis, wobei er versucht, zahlreiche Geschäftsabschlüsse zu tätigen. Dies bedingt zahlreiche Kundenbesuche, Gespräche und Telefonate etc. Als Nebenprodukt ist auch die Kundenbetreuung zu nennen, denn die Zufriedenheit der Kunden führt möglicherweise zu Vertragsverlängerungen und weiteren Abschlüssen. Kundenbetreuung als Nebenprodukt ist unschädlich. Diese Art der Vertretertätigkeit bedingt aber auch zahlreiche kleinere Aufwendungen wie Einladungen der potentiellen Kunden, Geschenke, Telefongespräche von unterwegs etc., die durch das Werbungskostenpauschale abgegolten werden sollen (vgl. UFS vom 29.11.2006, RV/1915-W/05).

Eine gänzlich andere Art der Außendiensttätigkeit wie die soeben beschriebene führt der Bw. aus. Maßgebend ist dabei der Umstand, dass der Bw. ausschließlich für einen einzigen Kunden seines Dienstgebers tätig ist und es zudem nach der telefonischen Auskunft des Bw. eine Rahmenvereinbarung zwischen seinem Dienstgeber und der BK gibt. Es besteht demnach eine "ständige Geschäftsbeziehung" zwischen der "S Austria GmbH" und der BK. Im konkreten Fall steht damit nicht mehr der Geschäftsabschluss als solcher im Vordergrund, sondern vielmehr, dass der Bw. als "Account Manager" bei der BK die S-Produkte (in erster Linie Mobiltelefone) präsentiert sowie die Werbekampagnen der BK, in geringem Umfang (nach seiner Aussage etwa zu 10 %) auch der Händler (Mediamarkt, Hartlauer etc.), initiiert und damit dafür sorgt, dass im Rahmen dieser "ständigen Geschäftsbeziehung" zwischen seinem Dienstgeber und seinem einzigen Kunden (einem Mobilfunknetzbetreiber) möglichst viele S-Produkte von den Letztverbrauchern gekauft werden.

In Bezug auf die Reisekostenersätze ist bemerkenswert, dass der Bw. in ganz Europa unterwegs ist (Paris, London, Barcelona, Mailand, Nizza, Zürich usw.), wobei es nach der Aussage des Bw. im Regelfall darum geht, dass die neuesten S-Produkte europaweit an einem einzigen Ort vorgestellt werden.

Die telefonisch geäußerte Ansicht des Bw., sein einziges Ziel sei es, "Umsätze zu machen", weshalb er als Vertreter anzusehen sei, bringt nichts für das Berufungsbegehren, da nicht jede im Bereich des Absatzes/Verkauf ausgeübte Tätigkeit als "Vertretertätigkeit" bezeichnet werden kann und dieses Ziel sicherlich auch Verwaltungsangestellte, Logistiker etc. haben, um so in einem wirtschaftlich präsenten Betrieb sichere Arbeitsplätze zu behalten.

Zu beachten ist weiters der Umstand des überdurchschnittlich hohen Fixgehaltes (laut der vorgelegten Vereinbarung betreffend "Dienstnehmerentgelt und -vergütung" ab 1. Jänner 2002 monatlich brutto € 5.087,10 14-mal), was ebenfalls dafür spricht, dass keine Vertretertätigkeit, sondern eine höherwertigere Managementtätigkeit vorliegt.

Zusammenfassend ist damit zum einen die für einen Vertreter typische Tätigkeit der Akquisition von Kunden sowie von Geschäftsabschlüssen nicht vorhanden. Zum anderen sind die mit der Verordnung pauschal abzudeckenden typischen Werbungskosten nicht gegeben, weshalb auch nach dem Sinn der Verordnung das Werbungskostenpauschale nicht zusteht.

Die Berufung ist daher als unbegründet abzuweisen. Das Finanzamt hat demnach zu Recht nur die vom Bw. geltend gemachten und mit seiner Außendiensttätigkeit im Zusammenhang stehenden besonderen Werbungskosten (Arbeitsmittel, Fachliteratur und Aus- bzw. Fortbildungskosten) in Höhe von € 1.093,28 anerkannt.

Wien, am 15. Mai 2008

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 1 Z 9 Durchschnittssätze für Werbungskosten - Angehörige bestimmter Berufsgruppen, BGBl. II Nr. 382/2001

Schlagworte:

Vertreterpauschale, Außendienst, Account Manager

Stichworte