UFS RV/2129-W/07

UFSRV/2129-W/0722.8.2007

Ohne Gesellschafterbeschluss erfolgter Zuschuss einer "Großmuttergesellschaft" an die "Muttergesellschaft" unter der Auflage, die Geldmittel an die "Enkelgesellschaft" weiterzuleiten (fortgesetztes Verfahren)

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2007/16/0178 eingebracht. Mit Erk. v. 30.1.2008 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der BW, Adr, vertreten durch "Cura" Treuhand- und RevisionsgmbH, 1060 Wien, Gumpendorferstr.26, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom 21. März 2006 zu ErfNr.xxx betreffend Gesellschaftsteuer im fortgesetzten Verfahren entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Schreiben vom 12. Juni 2005 teilte die steuerliche Vertreterin der BW (die nunmehrige Berufungswerberin, kurz Bw.) dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien mit, dass die Bw. von ihrer Gesellschafterin, der X, am 30. Juni 2004 einen freiwilligen Gesellschafterzuschuss in Höhe von € 2.378.365,22 erhalten habe. Zur gleichzeitig übereichten Gesellschaftsteuererklärung in der der Rechtsvorgang wie Folgt beschrieben wurde: "Gesellschafterzuschuss der X aufgrund des Beschlusses der X vom 17.3.1978 mit der uns auferlegten Verpflichtung, die Mittel für Zwecke bei der S zu verwenden" wurde ausdrücklich angemerkt, dass die Einreichung der Abgabenerklärungen nur vorsorglich aus Gründen der Offenlegung erfolge und die Auffassung vertreten werde, dass durch diesen Zuschuss keiner der Tatbestände des § 2 KVG erfüllt sei, weil er mit der Verpflichtung verknüpft sei, ihn an eine Enkelgesellschaft, nämlich die S (kurz S.) weiterzuleiten.

Mit Bescheid vom 21. März 2006 setzte das Finanzamt gegenüber der Bw. unter Hinweis auf die Gesellschaftsteuererklärung Gesellschaftsteuer in Höhe von € 23.783,65 (1 % von € 2.378.365,22) fest. Zur Begründung wurde Folgendes ausgeführt:

"Ein Zuschuss mit zwingender Weiterleitungsfunktion, wo die Zwischengesellschaft nur mehr eine Weiterleitungsfunktion hat, liegt nicht vor".

In der dagegen eingebrachten Berufung wurde zunächst darauf verwiesen, dass beim unabhängigen Finanzsenat ein gleichgelagerter Rechtsstreit anhängig sei (Anmerkung: Hierbei handelt es sich um eine Berufung der S., in der die Festsetzung der Gesellschaftersteuer für einen Zuschuss der Bw. an die S. bekämpft wurde. Über diese Berufung wurde vom unabhängige Finanzsenat durch eine abweisende Berufungsentscheidung vom 11. August 2006 zu RV/1927-W/03 entschieden und ist dagegen beim Verwaltungsgerichtshof zur Zl. 2006/16/0154 ein Beschwerdeverfahren abhängig).

Eingewandt wurde im Wesentlichen, dass der Bescheid im Gegensatz zu der mit Erlass des BMF v. 14.3.2003, 105004/1-IV/10/03 (Richtlinie zur Durchführung des Kapitalverkehrsteuergesetzes) mitgeteilten, in AÖF Nr. 139 vom 24.7.2003 veröffentlichten Rechtsansicht des Bundesministeriums für Finanzen über die Rechtsfolgen bestimmter Urteile des EuGH und einschlägiger Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere zu dem unter 5.1 der Richtlinie angeführten Fall-Beispiel Nr. 2, stehe. Beim Beschluss vom 17. März 1978 der der Bw. in der Folge schriftlich zur Kenntnis gebracht worden sei, handle es sich um eine Gesellschafterweisung. Die Geschäftsführung der Bw. sei an diesen Beschluss gebunden und verpflichtet, ihn weisungsgemäß auszuführen. Ein Spielraum, mit den zugewendeten Mitteln anders zu verfahren, sei der Gesellschaft nicht eröffnet worden. Das von der Alleingesellschafterin X mit diesem Beschluss in Anspruch genommene Weisungsrecht gegenüber der Bw. sei aus der Sicht der letzteren nichts anderes als eine ihr auferlegte Verpflichtung zu verstehen. An dieser Beurteilung vermöge auch der Umstand, dass die zu den jeweiligen Bilanzstichtagen noch nicht bestimmungsgemäß weitergeleiteten Beträge in den Jahresabschlüssen der Bw. nicht unter den Verbindlichkeiten, sondern im Eigenkapital als "Sonderrücklagen" ausgewiesen seien, nichts zu ändern. Dieser den wirtschaftlichen Gehalt der Bilanzposition nicht ganz treffende Ausweis in den Jahresabschlüssen sei nur Ausfluss einer konsequenten Befolgung der der Bw. erteilten Gesellschafterweisung. Der Verpflichtungscharakter ergebe sich alleine auf Grund der Bindungswirkung des Beschlusses; die Form der Bilanzierung selbst habe keine rechtserzeugende Wirkung. Das weisungsgemäße Verhalten seit 1978 stelle überdies einen hinreichend aussagekräftigen Beweis dafür dar, dass sich die Bw. strikt an den Beschluss gehalten und die ihr zugewendeten Mittel mit relativ geringfügiger, meist nur technisch bedingter Verzögerung, insbesondere infolge der regelmäßig erst im jeweiligen Folgejahr möglichen Feststellung der Verlusthöhen der Vorjahre, weitergeleitet habe. Die reine Weiterleitungsfunktion werde dabei deutlich. Eine gesonderte Nachweisführung erübrige sich, da dem dortigen Finanzamt seit Anbeginn (1978) bis heute Abgabenerklärungen vorgelegt worden seien. Außerdem lasse sich aus den Jahresabschlüssen der Bw. seit 1978 deutlich entnehmen, dass den jährlichen Gesellschafterzuschüssen der X jeweils entsprechende Weiterleitungen der geflossenen Mittel gegenüberstehen und dass sich die Bw. an den in Rede stehenden Zuwendungen nicht bereichert habe. Ganz im Gegenteil: Die weisungsgemäß auf Sonderrücklage gebuchten, jeweils noch nicht weitergeleiteten Beträge würde sogar zugunsten der S. verzinst. Man könne daher sagen, dass die Bw. nicht den geringsten wirtschaftlichen Vorteil aus der über sie geleisteten Mittelzufuhr gezogen habe und eine solche weiterhin nicht ziehe. Einschränkende Bestimmungen des Inhalts, dass die zugewendeten Mittel bei der Zwischengesellschaft nicht länger als eine gewisse Höchstdauer verbleiben dürfen, gebe es nicht. Es erscheine unzulässig, der Bw. etwa aus dem Grund, dass die Beträge nicht postwendend nach Einlangen, sondern meist nach Maßgabe des auftretenden Bedarfs weitergeleitet wurden, Gesellschaftsteuer zur Zahlung vorzuschreiben. Angesichts der dargelegten Sach- und Rechtslage sei die dem angefochtenen Bescheid zu entnehmende Begründung für die nunmehr erfolgte Gesellschaftsteuervorschreibung keine tragfähige Erklärung für das behauptete, aber nicht erwiesene Fehlen einer "zwingenden Weiterleitungsverpflichtung". Eine andere Begründung, warum der gegebene Tatbestand nicht unter den Ausnahmetatbestand des Punkt 5.1 der der Kapitalverkehrsteuerrichtlinie betreffend die Auslegung des Urteils des EuGH vom 17.10.2002, C-339/99 , subsumiert werden können soll, lasse sich dem Bescheid nicht entnehmen. Die EU-Widrigkeit des angefochtenen Bescheides sei insofern evident, als die in den Richtlinien zum Ausdruck gebrachte diesbezügliche Rechtsaufassung des BMF - welche wiederum die EuGH-Judikatur direkt umsetze - durch die Gesellschaftsteuervorschreibung groß missachtet erscheine.

In der abweisenden Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt dem entgegen, dass der Beschluss eine grundsätzliche Finanzierungsgrundlage sei und die Zurverfügungstellung der erforderlichen Geldmittel, sowie deren Verwendung regle. Die Bw. entscheide im vorgegebenen Rahmen über die Verwendung. Das ergebe sich aus dem eigenständigen Aufgabenbereich der Bw., aus den Ausführungen des Wirtschaftsprüfers in den Jahresabschlüssen, in denen von zur Verfügung gestellten Beträgen gesprochen werde (das bedeute Dispositionsmöglichkeit) und in der gesamten bilanziellen Erfassung. Die Rücklagen seien als Eigenmittel ausgewiesen. Die Zuschussgewährung führe zu einer Erhöhung des Wertes der Gesellschaftsrechte. Eine Verpflichtung zur Weiterleitung mit der Folge, dass es zu einer bloßen Durchleitung der Mittel komme, liege nach dem Gesamtbild des Ablaufes nicht vor. Ein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht sei nicht gegeben.

Im Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde 2. Instanz wurde ua. noch ergänzend vorgebracht, dass von den seit der Beschlussfassung im Jahr 1978 insgesamt zugewendeten Mitteln bis auf einen Restbetrag von € 74.946,62, der laut Bilanz vom 31.12.2005 als Stand der Sonderrücklage ausgewiesen sei, alle Beträge weisungsgemäß für Zwecke der S. verwendet worden seien. Die Zuführung von Mitteln aufgrund des Beschlusses vom 17.3.1978 führe auch zu keiner Erhöhung des Werts der Gesellschaftsrechte an der Bw, weil diesen Mitteln aufgrund der von der X erteilten Verwendungsweisung keine werterhöhende Wirkung zukomme. Demgemäß sei bei der letzten Unternehmenswertermittlung der Bw. anlässlich der zum 31.12.2000 erfolgten Abspaltung von Vermögensteilen auf die A-GmbH gemäß Spaltungsplan vom 29.6.2001 die Passivpost "Sonderrücklage" von den an der Spaltung beteiligten Gesellschaftern einvernehmlich dem Fremdkapital zugeordnet, womit der betriebswirtschaftlichen Beurteilung dieses Bilanzansatzes Rechung getragen gewesen sei. Zum Beweis wurde noch eine Kopie des Schreibens der X vom 13. Juli 2006 vorgelegt (Anm: Das Original wurde dem Unabhängigen Finanzsenat im Verfahren zu RV/1927-W/03 vorgelegt).

Mit Schreiben vom 13. Oktober 2006 nahm die Bw. den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Berufungssenat zurück.

Mit Berufungsentscheidung vom 22. Jänner 2007, RV/2002-W/06, gab der Unabhängige Finanzsenat der Berufung Folge und hob den Gesellschaftsteuerbescheid vom 21. März 2006 auf. In dieser Entscheidung wurden ua. folgende Sachverhaltsfeststellungen getroffen:

"Alleingesellschafterin der Bw. ist wirtschaftlich die X (99,99441% hält sie direkt und 0,00559% durch die S-GmbH als Treuhänder).

Die Bw. ist seit 1974 Alleingesellschafterin der S..

Der Firmenwortlaut der Bw. wechselte mehrfach: zB lautete er auch: "W-GmbH", "W.-GmbH"). Der Firmenwortlaut der S. lautete neben "S" ua. auch "K-GmbH". Bis zum Jahr 1974 war die X Alleingesellschafterin der S..

Der Beschluss vom 17. März 1978 hat folgenden Inhalt:

"1. Der M. wird ermächtigt, der W.-GmbH jährlich einen Betrag in Höhe von S 35 Mio. (inkl. der anfallenden Kapitalverkehrssteuern) erstmals für das Geschäftsjahr 1978 für Zwecke bei der K. zur Verfügung zu stellen.

2. Die W.-GmbH wird angewiesen, diesen Betrag ausschließlich für die effektiven Erfordernisse bei der K-GmbH zu verwenden. Die für diesen Zweck nicht verbrauchten Mittel sind einer eigens zu bildenden Sonderrücklage in der Bilanz der W.-GmbH zuzuweisen, deren Auflösung nur für Verlustabdeckungszuschüsse und für allfällige außerordentliche Mittelzuführungen (z.B. zur Vornahme von Investitionen) bei der K-GmbH zulässig ist.

3. Der zuzuweisende Betrag ist wertgesichert und ändert sich jeweils um jenen Prozentsatz, um welchen sich der Durchschnittsbezug eines Dienstnehmers der K-GmbH (unter Außerachtlassung der saisonal stark schwankenden Teilzeitbeschäftigten) im Dezember des jeweils der Zuführung des Betrages vorangegangenen Kalenderjahres gegenüber dem Jahr 1977 geändert hat."

Seit dem Jahr 1978 erhält die S. jährlich über Anweisung der X Zuschüsse der BW aus Mitteln, die der BW von der X zukommen, zur Abdeckung von Verlusten sowie zur Finanzierung von bestimmten Investitionen. Die BW beschließt nach Vorliegen des jeweiligen Jahresabschlusses jeweils formell, der S. eine Gesellschafterzuwendung in Höhe des angefallenen Jahresverlustes zu gewähren und wird die S. gleichzeitig angewiesen, diese Zuwendung noch im betreffenden Jahresabschluss als Forderung einzubuchen, sodass die S. jeweils ausgeglichen bilanzieren kann.

In den Jahresabschlüssen der BW werden seit dem Jahr 1978 die von der X empfangenen Mittel, die noch nicht an die S. weitergereicht wurden, unter einer eigenen Position der Passiva mit der Bezeichnung "Sonderrücklage" ausgewiesen und der jeweilige Stand zu Lasten der BW (und zu Gunsten der S.) verzinst. Die Verzinsung hat ihre Grundlage nicht im Beschluss aus dem Jahr 1978, sondern erfolgt auf Eigeninitiative der BW. Die Verwaltung der noch nicht benötigten Mittel erfolgt durch die BW.

Die Jahr für Jahr geleisteten Zuschüsse wurden vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien seit dem Jahr 1978 der Gesellschaftsteuer unterzogen, wobei jeweils von zwei gesellschaftsteuerpflichtigen Vorgängen ausgegangen wurde (1.: freiwillige Leistung der X an die BW und 2: freiwillige Leistung der BW an die S.).

Am 30. Juni 2004 erhielt die BW von der X einen Zuschuss in Höhe von € 2.378.365,22 und ist Grundlage für diese Zuschussleistung der Beschluss aus dem Jahr 1978. Diese Leistung ist ein Teil des Gesamtzuschusses der X an die Bw. für 2004 und entspricht der jährliche Gesamtbetrag durch die mittlerweile eingetretene Wertsicherung dem im Gemeinderatsbeschluss aus dem Jahr 1978 genannten Betrag von S 35.000.000,00. Die erhaltenen Geldmittel wurden von der Bw. - ebenso wie die Zuschüsse der Vorjahre und der Folgejahre - zunächst der "Sonderrücklage" zugeführt und sodann bei Vorliegen des entsprechenden Bedarfs zur Abdeckung von Verlusten sowie zur Finanzierung von bestimmten Investitionen an die S. weitergeleitet. Zum 31. Dezember 2005 betrug der Stand der Sonderrücklage € 74.946,62.

Gegen die stattgebende Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom 22. Jänner 2007, RV/2002-W/06 erhob das Finanzamt Amtsbeschwerde. Mit Erkenntnis vom 28. Juni 2007 zur Zl. 2007/16/0027 hob der Verwaltungsgerichtshof die genannte Berufungsentscheidung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, weshalb der Unabhängige Finanzsenat in einem fortgesetzten Verfahren neuerlich über die Berufung gegen den Gesellschaftsteuerbescheid vom 21. März 2006 zu entscheiden hat.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG sind die Verwaltungsbehörden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde stattgegeben hat, verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Die Bindung der Behörde erstreckt sich auf die im vorausgegangenen Erkenntnis ausdrücklich niedergelegte Rechtsauffassung und auf solche Fragen, die eine notwendige Voraussetzung für den Inhalt des aufhebenden Erkenntnisses darstellen (vgl. VwGH 15.5.2002, 98/08/0186).

Erlässt eine Behörde einen Bescheid in Erfüllung ihrer Verpflichtung gemäß § 63 Abs. 1 VwGG, den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen, so ist sie, wenn der Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis keine Verfahrensmängel festgestellt und bezüglich des dem Bescheid zu Grunde gelegten Sachverhaltes den behördlichen Standpunkt bestätigt hat, nicht verpflichtet, im fortgesetzten Verwaltungsverfahren von sich aus weitere Ermittlungen durchzuführen. Legt auch die Partei keine neuen Beweismittel vor, die zu einer Änderung der Sachverhaltsannahme führen oder ergänzende Ermittlungen notwendig machen, handelt die Behörde nicht rechtswidrig, wenn sie ihrem Ersatzbescheid den seinerzeit festgestellten Sachverhalt zu Grunde legt (vgl. VwGH 25.7.2002, 98/07/0178).

Im vorliegenden Fall hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufungsentscheidung vom 22. Jänner 2007, RV/202-W/06 nicht wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften, sondern wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Nach der Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof wurden von der Bw. keine weiteren Beweismittel mehr vorgelegt, weshalb im fortgesetzten Verfahren keine weiteren Ermittlungen durchzuführen sind und bei der nunmehrigen Entscheidung vom seinerzeit festgestellten - oben zitierten - Sachverhalt auszugehen ist.

Im Erkenntnis vom 28. Juni 2006, 2007/16/0027 hat der Verwaltungsgerichtshof folgende Rechtsanschauung niedergelegt:

"Im vorliegenden Fall ist die Frage zu beantworten, ob der beschwerdegegenständliche Zuschuss der X in der Höhe von EUR 2.378.365,22 der S. als Empfängerin zuzurechnen war. Eine solche Zurechnung der Zuweisung von der X als Leistende an die S. als Leistungsempfängerin wäre im Rahmen des dreipersonalen Verhältnisses von X, Mitbeteiligter und S. durch ein Anweisungsverhältnis begründet, wie es offensichtlich die belangte Behörde in Übereinstimmung mit der Mitbeteiligten vor Augen hatte (zur Anweisung - Assignation vgl. etwa Welser in Koziol/Welser, Bürgerliches Recht II12, 148 ff, mwN).

Wesentliche Voraussetzung für die Annahme eines Anweisungsverhältnisses wäre wiederum eine Anweisung im Deckungsverhältnisse zwischen der X und der Mitbeteiligten über die Verwendung der zugewiesenen Mittel. Die belangte Behörde sah eine solche Anweisung im eingangs wiedergegebenen Beschluss vom 17. März 1978.

Nun trifft es zu, dass der Geschäftsführung einer GmbH Weisungen erteilt werden können. Weisungen können nach dem Gesetz aber nur durch Gesellschafterbeschluss erteilt werden (§ 20 Abs. 1 GmbHG); einzelnen Gesellschaftern kommt nach dem GmbHG ein Weisungsrecht nicht zu (Reich-Rohrwig, GmbH-Recht I2, Rz. 2/256, mwN).

Es mag auch zutreffen, dass die Gesellschafter einer GmbH außerhalb einer Generalversammlung und ohne schriftliche Abstimmung Gesellschafterbeschlüsse formlos fassen können, wenn sämtliche Gesellschafter in ihrem Willen übereinstimmen (vgl. Gellis, Kommentar zum GmbH-Gesetz6, Rz. 6 zu § 34 GmbHG). Ein nur von einzelnen Gesellschaftern ohne Einberufung und Abhaltung einer Generalversammlung oder im Umlauf gefasster Beschluss erzeugt keine Rechtswirkungen (Gellis, aaO).

Wendet man das eben Ausgeführte über die notwendigen Voraussetzungen einer auf einem Gesellschafterbeschluss beruhenden Weisung auf den vorliegenden Beschwerdefall an, vermögen die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen nicht die Annahme zu tragen, dass der (Geschäftsführung der) Mitbeteiligen eine verbindliche Weisung im gesellschaftsrechtlichen Sinn erteilt worden wäre. Zwar beschloss X. eine (An-)Weisung an die Mitbeteiligte über die Mittelverwendung, allerdings ist die X nicht "Alleingesellschafterin" der Mitbeteiligten, sondern - wie auch die belangte Behörde feststellte - neben der S.-GmbH Mitgesellschafterin.

Die belangte Behörde traf in diesem Zusammenhang die Feststellung, dass die letztgenannte Gesellschaft Anteile an der Mitbeteiligten "als Treuhänder" halte; dies rechtfertigt jedoch nicht die Schlussfolgerung, dass damit der Willensentschluss des Gesellschafters X einen Willenentschluss des weiteren Gesellschafters S.-GmbH in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht ersetzen oder obsolet machen würde. Bei Treuhandverhältnissen erwirbt der Treuhänder zivilrechtlich das Gesellschaftsrecht; er ist somit Gesellschafter. Das gilt auch für den Bereich der Gesellschaftsteuer (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. November 2005, Zl. 2005/16/0040). Daraus folgt, dass auch unter der Annahme eines - nicht näher spezifizierten - Treuhandverhältnisses der S.-GmbH die Rechtsstellung eines Gesellschafters der Mitbeteiligten zukam. Da ausgehend von den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen die "Anweisung" über die Mittelverwendung nur von einem Gesellschafter und offenbar außerhalb einer Generalversammlung beschlossen wurde, vermochte dies keine gesellschaftsrechtlich bindenden Wirkungen gegenüber der Mitbeteiligten zu entfalten. Soweit die belangte Behörde und die Mitbeteiligte vor dem Hintergrund der wiedergegebenen Judikatur des EuGH einer wirtschaftliche Betrachtungsweise das Wort reden, kann eine solche nicht so weit reichen, gesellschaftsrechtlich vorgesehene notwendige Voraussetzungen für das Vorliegen einer Weisung an die Geschäftsführung und damit einer Zurechenbarkeit von Leistungen zu übergehen. So führte der EuGH im genannten Urteil vom 17. Oktober 2002 - Develop abschließend tragend aus (Rz. 28), es sei Sache des nationalen Gerichtes in Anbetracht der Umstände der bei ihm anhängigen Rechtssache zu entscheiden, ob die Zahlung eines finanziellen Betrages zu einem Zweck erfolge oder mit diesem in einem notwendigen Zusammenhang stehe oder jemandem zuzurechnen sei. Daraus ist abzuleiten, dass auch bei der vom EuGH geforderten wirtschaftlichen Betrachtungsweise die nach den Regelungen des Mitgliedstaates vorgesehenen notwendigen gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen für eine Zurechnung nicht außer Betracht zu lassen sind.

Wenn die Mitbeteiligte in ihrer Gegenschrift vorbringt, eine "Dispositionsfreiheit" (über die zugewiesenen Geldmittel) liege auf Grund der klaren Weisung der X, welcher Nutzung die Mittel zuzuführen seien, nicht vor, vielmehr hätte die Mitbeteiligte bei Nichtbeachtung der Weisung ihres Gesellschafters X "mit der Erlassung gesellschaftsrechtlicher und disziplinärer Konsequenzen zu rechnen", erweist sich dies vor dem Hintergrund der dargelegten gesellschaftsrechtlichen Rechtslage als nicht nachvollziehbar. Schließlich spricht die Mitbeteiligte auch im Übrigen in ihrer Gegenschrift wiederholt nur von der "Gesellschafterweisung der X", ohne einen Gesellschafterbeschluss unter Mitwirkung der weiteren Gesellschafterin zu behaupten.

Liegt nach dem Gesagten keine auf einem Gesellschafterbeschluss beruhende und damit wirksame Weisung an die Geschäftsführung der Mitbeteiligten vor, entbehren die weitergehenden, auf der Annahme einer wirksamen Weisung aufbauenden Überlegungen der belangten Behörde, die der Mitbeteiligten zugeführten Geldmittel seien dieser nicht zur freien Verfügung gestanden und seien deshalb nicht geeignet gewesen, den Wert der Gesellschaftsrechte (an der Mitbeteiligten) zu erhöhen, einer Grundlage."

Nach der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Finanzamt somit zu Recht von der Gesellschaftsteuerpflicht des zu beurteilenden Zuschusses ausgegangen und war daher die Berufung im fortgesetzten Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 22. August 2007

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 2 Z 4 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934
Art. 4 Abs. 2 lit. b Kapitalansammlungs-RL, RL 69/335/EWG , ABl. Nr. L 249 vom 03.10.1969 S. 25

Schlagworte:

freiwilliger Gesellschafterleistung, Großmutterzuschuss, Gesellschafterbeschluss

Verweise:

VwGH 28.06.2007, 2007/16/0027
EuGH 12.01.2006, C-494/03
UFS 22.01.2007, RV/2002-W/06

Stichworte