Normen
31969L0335 Kapital Ansammlungs-RL indirekte Steuern Art4 Abs2 litb;
62000CJ0071 Develop VORAB;
62003CJ0494 Senior Engineering Investments VORAB;
GmbHG §20 Abs1;
GmbHG §34;
KVG 1934 §2 Z4 lita;
KVG 1934 §9 Abs1;
31969L0335 Kapital Ansammlungs-RL indirekte Steuern Art4 Abs2 litb;
62000CJ0071 Develop VORAB;
62003CJ0494 Senior Engineering Investments VORAB;
GmbHG §20 Abs1;
GmbHG §34;
KVG 1934 §2 Z4 lita;
KVG 1934 §9 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Ihre Alleingesellschafterin ist die W Holding GmbH. Deren Geschäftsanteile werden zu 99,99441 % (der übernommenen Stammeinlage) von der Stadt Wien und zu 0,00559 % von der "Wiener Stadterneuerungsgesellschaft", Gemeinnützige Wohnbau, Planungs- und BetreuungsgesmbH (in der Folge kurz: Wiener Stadterneuerungsgesellschaft) gehalten.
Mit Beschluss vom 17. März 1978 ermächtigte der Gemeinderat der Stadt Wien den Magistrat, der W Holding GmbH jährlich einen wertgesicherten Betrag von S 35 Mio erstmals für das Geschäftsjahr 1978 für Zwecke der Beschwerdeführerin zur Verfügung zu stellen. Die jährlich nicht verbrauchten Mittel seien einer eigens zu bildenden Sonderrücklage zuzuweisen, deren Auflösung nur für Verlustabdeckungszuschüsse und für allfällige außerordentliche Mittelzuführungen an die Beschwerdeführerin zulässig sei.
Mit Schreiben vom 18. Juni 2003 überreichte die Beschwerdeführerin dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien eine Gesellschaftsteuererklärung "betreffend die Gesellschafterleistung der W Holding GmbH zur Verlustabdeckung 2002". Als Wert der Leistung iSd § 2 Z 4 KVG iVm § 7 Abs. 1 Z 2 KVG wurde ein Betrag von EUR 4,051.157,38 erklärt.
Mit Bescheid vom 7. Juli 2003 setzte das Finanzamt dafür Gesellschaftsteuer in Höhe von EUR 40.511,57 (1 % von EUR 4,051.157,38) fest.
Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Berufung. Sie brachte im Berufungsverfahren im Wesentlichen vor, sie erhalte seit mehr als 25 Jahren jährliche Zahlungen nach Maßgabe der jeweils gegebenen Erfordernisse (Verlustabdeckung, Investitionszuschussleistungen). Diese Zuschüsse erfolgten nicht auf Grund eines eigenen Entschlusses der W Holding GmbH. Vielmehr sei diese von ihrer Mutter, der Stadt Wien, beauftragt worden, die ihr zugewendeten Mittel in Ausführung des Gemeinderatsbeschlusses vom 17. März 1978 für Zwecke der Beschwerdeführerin zu verwenden und an diese entweder zur Verlustabdeckung oder zur Bedeckung von Investitionsvorhaben weiterzuleiten. Es handle sich dabei um eine freiwillige Gesellschafterleistung der Großmuttergesellschaft an ihre Enkelgesellschaft, die nicht der Gesellschaftsteuer unterliege. Anders sei dies bei der Weiterleitung der von der W Holding GmbH aus der Zwischenveranlagung der Gelder erwirtschafteten Zinsen (2003: EUR 280.762,41) an die Beschwerdeführerin. Diese würden als der Gesellschaftsteuerpflicht unterliegender freiwilliger Zuschuss von der W Holding GmbH anerkannt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Zuschüsse seien seit 1978 der Gesellschaftsteuer unterzogen worden, wobei jeweils von zwei gesellschaftsteuerpflichtigen Vorgängen ausgegangen worden sei (1. freiwillige Leistung der Stadt Wien an die W Holding GmbH und
2. freiwillige Leistung der W Holding GmbH an die Beschwerdeführerin).
Im Zuge der Bilanzerstellung der Beschwerdeführerin für 2002 habe die W Holding GmbH am 20. Mai 2003 (als Alleingesellschafterin der Beschwerdeführerin) einen Gesellschafterbeschluss gefasst, der Beschwerdeführerin zum Ausgleich des im Geschäftsjahr 2002 erlittenen Verlustes einen Zuschuss von EUR 4,051.157,38 zuzuwenden. Parallel dazu habe sie 2003 in ihren Büchern eine Rückstellung in Höhe von EUR 4,360.000,-
- aufgelöst und den "Minderaufwand" von EUR 308.842,62 der "Sonderrücklage" zugeführt, sodass im Ergebnis von der (für Zwecke der Beschwerdeführerin gebildeten) "Sonderrücklage" bei der W Holding GmbH ein Betrag von EUR 4,051.157,40 als Verlustabdeckung der Beschwerdeführerin für 2002 verwendet worden sei.
Es liege somit kein "klassischer Großmutterzuschuss" (ohne Einbindung des unmittelbaren Gesellschafters) vor. Zuschüsse wie der gegenständliche seien bereits am 1. Juli 1984 der Gesellschaftsteuer unterzogen worden, sodass die Besteuerung auch nach dem Beitritt Österreichs zulässig sei.
Aus der Judikatur des EuGH, insbesondere dem Urteil vom 12. Jänner 2006, Rs C-494/03 , ergebe sich, dass auf denselben Vorgang nur einmal Gesellschaftsteuer erhoben werden dürfe. Aus der 1978 erfolgten Anweisung der Stadt Wien an die W Holding GmbH, die jährlich von der Stadt Wien erhaltenen Beträge ausschließlich für die effektiven Erfordernisse der Beschwerdeführerin zu verwenden, ergebe sich, dass der Erhalt der finanziellen Mittel durch die W Holding GmbH und die nach Bedarf (und deshalb mit Zeitverzögerung) erfolgende Verwendung der Mittel für die Beschwerdeführerin in einem untrennbaren Zusammenhang stünden und daher einen einheitlichen Vorgang darstellten, der nur einmal der Gesellschaftsteuer zu unterziehen sei. Es sei weder ein Ergebnisabführungsvertrag abgeschlossen worden noch habe die Beschwerdeführerin auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses vom 17. März 1978 einen Rechtsanspruch auf Übernahme der Verluste durch die W Holding GmbH erworben. Die jährlichen Leistungen der Stadt Wien seien betragsmäßig begrenzt (wenn auch mit Wertsicherung), sodass sich künftige Verluste der Beschwerdeführerin in ihrem Vermögen auswirken können. Deshalb habe sich durch den Zuschuss zur Verlustabdeckung in Höhe von EUR 4,051.157,38 das Gesellschaftsvermögen der Beschwerdeführerin um eben diesen Betrag erhöht und die Leistung habe auch zu einer Erhöhung des Wertes der Gesellschaftsanteile an der Beschwerdeführerin geführt. Die Erhöhung des Wertes der Gesellschaftsrechte der W Holding GmbH sei nur eine automatisch eingetretene wirtschaftliche Nebenwirkung des einheitlichen Vorganges. Die Mittel für den gegenständlichen Zuschuss stammten größtenteils aus den jährlichen Leistungen der Stadt Wien an die W Holding GmbH, teils aber auch aus der von der W Holding GmbH aus eigenem vorgenommenen "Aufzinsung" der in der Sonderrücklage enthaltenen Beträge. Als Alleingesellschafterin der Beschwerdeführerin habe die W Holding GmbH ein erhebliches Interesse an der Wertbeständigkeit der Gesellschaftsanteile. Die gleichzeitige Verfolgung öffentlicher Zwecke schließe Gesellschafterinteressen keineswegs aus. Der Zuschuss der "Großmutter" werde bei der unmittelbaren Gesellschafterin nicht bloß bilanziell erfasst, sondern es obliege der W Holding GmbH auch die Verwaltung der erhaltenen Mittel bis bei der Beschwerdeführerin ein entsprechender Finanzierungsbedarf gegeben sei. Damit komme der W Holding GmbH eine aktive Rolle zu - sie entscheide, wann der entsprechende Bedarf gegeben sei und fasse die erforderlichen Gesellschafterbeschlüsse, sie nehme aus eigenem die Verzinsung der Geldmittel vor und weise die noch nicht benötigten Geldmittel in ihrer Bilanz unter den Eigenmitteln aus. Ihre Funktion sei damit mehr als eine bloße "Durchleitstation".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich u.a. in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung von Gesellschaftsteuer verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Strittig ist im Beschwerdefall, ob die von der Beschwerdeführerin für die Verlustabdeckung des Jahres 2002 erhaltenen Zahlungen in Höhe von EUR 4,051.157,38 zur Gänze der Gesellschaftsteuer unterliegen.
Nach Art. 4 Abs. 2 Buchstabe b der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital idF der Richtlinie 85/303/EWG können die Mitgliedstaaten Gesellschaftsteuer erheben auf die Erhöhung des Gesellschaftsvermögens einer Kapitalgesellschaft durch Leistungen eines Gesellschafters, die keine Erhöhung des Kapitals mit sich bringen, sondern ihren Gegenwert in einer Änderung der Gesellschaftsrechte finden oder geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsanteile zu erhöhen. Voraussetzung ist dabei, dass diese Vorgänge bereits am 1. Juli 1984 der Steuer zum Satz von 1 % unterworfen wurden.
Unter Gesellschaftsvermögen ist die Gesamtheit der Wirtschaftsgüter, die die Gesellschafter zu einem gemeinsamen Ganzen vereinigt haben, einschließlich ihres Zuwachses zu verstehen (vgl. Rz. 34 des Urteils des EuGH vom 12. Jänner 2006, Rs. C 494/03 , mwN).
Nach Aufbau und Systematik der Richtlinie 69/335/EWG wird die Gesellschaftsteuer bei der Kapitalgesellschaft erhoben, die Empfängerin der fraglichen Kapitalzuführung ist. Dies ist gewöhnlich die Gesellschaft, der die in Rede stehenden Mittel oder Leistungen physisch übertragen werden (vgl. Rz. 25 des Urteils des EuGH vom 12. Jänner 2006, Rs. C 494/03 ).
Nach § 2 Z 4 lit. a Kapitalverkehrsteuergesetz (KVG) unterliegen der Gesellschaftsteuer Zuschüsse als freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine Kapitalgesellschaft, wenn die Leistung geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen.
Nach § 9 Abs. 1 KVG ist die Kapitalgesellschaft Steuerschuldner.
Im Beschwerdefall wurde der in Rede stehende Zuschuss unstrittig der Beschwerdeführerin übertragen, die somit als Empfängerin anzusehen ist. Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens herrscht Uneinigkeit darüber, ob die Leistung des Zuschusses der unmittelbaren Gesellschafterin W Holding GmbH oder der Stadt Wien zuzurechnen ist.
Die belangte Behörde vertritt die Auffassung, Zuschussgeberin sei die W Holding GmbH. Dem tritt die Beschwerdeführerin mit dem Hinweis entgegen, dass die W Holding GmbH - abgesehen von der im Zuschuss enthaltenen Zinskomponente - auf Grund einer gesellschaftsrechtlichen Weiterleitungsverpflichtung ohne Eigeninteresse gehandelt habe, und daher keine eigene Leistung erbracht habe. Es sei daher von einem sog. "Großmutterzuschuss" der Stadt Wien, der nicht der Gesellschaftsteuer unterliege, auszugehen.
Unstrittig ist, dass die Stadt Wien, eine Gesellschafterin der W Holding GmbH, der W Holding GmbH 2002 für Zwecke der Beschwerdeführerin EUR 7.441.928,71 überwiesen hat, die W Holding GmbH am 20. Mai 2003 den Beschluss fasste, der Beschwerdeführerin "zum Ausgleich des im Geschäftsjahr 2002 erlittenen Verlustes einen Zuschuss von EUR 4,051.157,38 zuzuwenden" und der Beschwerdeführerin die Weisung erteilte, diesen Zuschuss noch im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2002 zu erfassen und "zur Erzielung eines ausgeglichenen Jahresergebnisses zu verwenden".
Daraus ergibt sich, dass der von der Stadt Wien der W Holding GmbH 2002 überwiesene Betrag der Höhe nach nicht mit dem an die Beschwerdeführerin überwiesenen Zuschuss ident ist. Die Höhe des tatsächlich gewährten Zuschusses wurde vielmehr im Folgejahr von der W Holding GmbH bestimmt.
Es ist in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich, worin sich eine von der Beschwerdeführerin behauptete gesellschaftsrechtliche Verpflichtung der W Holding GmbH zur Zuschussleistung an die Beschwerdeführerin gründen sollte. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28. Juni 2007, Zl. 2007/16/0027, ausgeführt hat, ergibt sich aus dem Umstand, dass die Stadt Wien neben der Wiener Stadterneuerungsgesellschaft lediglich Mitgesellschafterin bei der W Holding GmbH ist, noch nicht, dass ein bloßer Beschluss des Gemeinderates der Stadt Wien betreffend eine (An-)Weisung an die W Holding GmbH über die Mittelverwendung für diese verbindliche Rechtswirkungen erzeugt. Auch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise kann nicht so weit reichen, gesellschaftsrechtlich vorgesehene notwendige Voraussetzungen für das Vorliegen einer Weisung an die Geschäftsführung der W Holding GmbH und damit einer Zurechenbarkeit von Leistungen zu übergehen. Dass ein Beschluss beider Gesellschafterinnen der W Holding GmbH vorgelegen sei, wird auch in der Beschwerde nicht behauptet.
Daraus ergibt sich aber, dass von einer gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung zur "Weiterleitung" des Zuschusses zur Verlustabdeckung auch im Beschwerdefall nicht gesprochen werden kann. Auch dass die Zuschüsse, welche die W Holding GmbH der Beschwerdeführerin gewährt, aus den Mitteln stammen, die dieser von der Stadt Wien für diese Zwecke zur Verfügung gestellt werden, vermag noch nicht eine Zurechnung der Zuschüsse an letztere zu rechtfertigen.
Dass die Beschwerdeführerin einen Rechtsanspruch auf die Gewährung des Zuschusses durch die W Holding GmbH hatte, wurde von dieser nicht behauptet.
Es kann somit der belangten Behörde im Ergebnis nicht entgegengetreten werden, wenn sie von einer freiwilligen Leistung des gesamten Zuschusses durch die W Holding GmbH ausgegangen ist. Für die Beurteilung der Steuerpflicht der Beschwerdeführerin ist es im Übrigen unerheblich, ob von einem einheitlichen Vorgang oder zwei getrennten Vorgängen auszugehen ist.
In Österreich war für den im Beschwerdefall besteuerten Vorgang bereits am 1. Juli 1984 Gesellschaftsteuerpflicht mit dem Normalsteuersatz von damals 2 v.H. gegeben (vgl. § 2 Z 3 lit. b KV, dRGBl. I S 1058/1934 idF StGBl. Nr. 99/1945). Somit sind die Richtlinienvorgaben erfüllt und Österreich kann weiterhin auch nach dem Beitritt zur EU für diese Vorgänge Gesellschaftsteuer mit einem Steuersatz von 1 % vorschreiben (vgl. beispielsweise das hg.
Erkenntnis vom 18. Oktober 2005, Zl. 2004/16/0243).
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war
daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in
Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 18. September 2007
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