UFS RV/1480-L/02

UFSRV/1480-L/0215.6.2005

Umsatzsteuerhinterziehung in der Lieferkette und Vorsteuerabzug

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2008/15/0095 eingebracht. Mit Erk. v. 24.6.2010 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der VH als Gesamtrechtsnachfolger der AFH, vertreten durch KGmbH, vom 20. September 2001 gegen die Bescheide des Finanzamtes Linz vom 10. August 2001 betreffend Umsatzsteuer 1996 und 1997 entschieden:

(1) Der Berufung gegen die Umsatzsteuer 1996 wird teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die festgesetzte Abgabe betragen:

 

Bemessungsgrundlage

Abgabe

Jahr

Art

Höhe

Art

Höhe

1996

Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Umsätze, steuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe

2.266.255.887,21 S

143.326.895,03 S

Umsatzsteuer und

Erwerbsteuer

233.542.470,12 S

18.653.883,02 S

   

abziehbare Vorsteuer Einfuhrumsatzsteuer, Vorsteuer ig. Ewerb;

Berichtigung

-372.877.303,87 S

- 21.079,67 S

  

-120.702.030,00 S

Gutschrift

-8.771.758,61 €

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe ist dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bildet einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

(2) Die Berufung gegen die Umsatzsteuer 1997 wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

1. Bei der Bw. (Schlachthof) wurde eine Betriebsprüfung (BP) durchgeführt. Im Zuge der BP-Ermittlungen stellte sich heraus, dass eine inländische Firma namens AP GmbH Rechnungen mit Mehrwertsteuer für Lieferungen der luxemburgischen Firma E. SA an die Bw. ausstellte. In der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom 27. Juni 2001 wurde zusammengefasst folgendes festgestellt:

A. (a) Die AP GmbH sei am 1. August 1995 am Sitz des Notars gegründet worden (Gründer A. und L.). Die Gründung habe noch vor dem Inkrafttreten der Maßnahmen zur "Reorganisation der USt-Kontrolle" stattgefunden, daher sei kein "Antrittsbesuch" des Finanzamtes erfolgt.

Sitz des Unternehmens sei der Amtssitz des Notars gewesen. Über eigene Räumlichkeiten habe die Gesellschaft nach dem Ermittlungsstand der Finanzverwaltung nie verfügt. Es sei lediglich ein Postfach angemietet worden (Nr. 65), zu dem nur der Gesellschafter A. Zugang gehabt habe.

Die Firma habe weder über Telefon, noch über Faxanschluss verfügt. Von der Firma VFS sei nie jemand bei der AP gewesen.

Erst 1997 habe man bei der AP eine Umsatzsteuersonderprüfung angesetzt, weil keine Voranmeldungen abgegeben worden seien. In den Umsatzsteuererklärungen 1995 und 1996 seien die Umsätze mit Null und keine ig. Erwerbe erklärt worden. An Vorsteuern habe man nur geringfügige Beträge geltend gemacht (für 1995 gesamt 4.040,00 S und für 1996 gesamt 290,00 S).

Der Prüfer habe im Zeitraum 11. Januar 1999 bis 30. November 1999 weder mit dem Geschäftsführer A., noch mit anderen Personen Kontakt aufnehmen können. Nur der Notar und der Steuerberater seien Ansprechpersonen gewesen. Auch der Steuerberater habe angegeben, er finde keinen Kontakt zur Mandantschaft.

Der Steuerberater habe nur kleinere Unkostenbelege und ein Konto mit zwei Zahlungseingängen vorlegen können, wobei eruiert werden konnte, dass bankintern Gelder umgeleitet wurden. Auf das dabei festgestellte Konto (bis dorthin nicht bekannt) seien Überweisungen der VFS in Höhe von 11,5 Millionen Schilling geflossen.

Lohnaufwendungen und Provisionsaufwendungen gebe es in der Buchhaltung der AP nicht (auch nicht vom Vermittler P. oder seiner Firma AVC).

Es gebe keine Eingangsrechnungen über Schweineeinkäufe, die Firma E. SA (Lieferantin der VFS) habe keine Rechnungen an österreichische Kunden ausgestellt (auch nicht an die AP). Auch die Firma MAV (beteiligt Herr A.) habe - obwohl die Lieferungen nach Österreich an sie verrechnet worden seien - keine Lieferung an die AP ausgewiesen.

Den Kontakt zur VFS habe Herr P. hergestellt, die erste Lieferung sei am 18. Juni 1996 erfolgt. Mit Fax der AVC habe P. bekanntgegeben, die Rechnung für die Schweine komme über die Adresse "AP GmbH, R. 22, 4xxx G".

Die weitere Kontaktaufnahme sei über P. erfolgt oder über eine ausländische Telefonnummer, unter der P. von den Einkäufern der VFS zu erreichen war. Die Übernehmer der Schecks habe P. bekanntgegeben. Hinweise auf Bezugspunkte zur AP gebe es nicht, H.H., der Schecks übernommen habe, sei Dienstnehmer der E. SA gewesen (Aussage des Pi. vom 14. November 2000).

Rechnungen der AP seien über die Fax-Nummer der E. SA an die VFS gesandt worden. P. habe die Provisionsabrechnungen an die AP adressiert, aber an die E. SA versandt.

(b) Rechtliche Beurteilung:

(1) Fehlende Unternehmereigenschaft der AP:

Die Firma AP sei rechtlich existent (lt. Firmenbuch), sie habe aber niemals Verfügungsmacht über die bei den Endabnehmern eingetroffenen Schweine erlangt. Sie sei nur dadurch nach außen in Erscheinung getreten, indem sie Rechungen ausgestellt habe. Diese Rechnungen seien nach den Angaben der VFS erstellt worden. Das Entleeren eines Postkastens begründe ebenso wenig eine unternehmerische Tätigkeit, wie das Vorhandensein eines Bankkontos mit Zahlungseingängen.

Es läge daher kein Unternehmer vor.

(2) Rechnung im Sinne des § 11 UStG 1994:

Rechnungen oder Gutschriften müssten den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers enthalten. Auf den Rechnungen und Gutschriften sei als lieferndes Unternehmen die AP GmbH, R. 22, G., angeführt. Dort befinde sich nur der Amtssitz des Notars. Die Adresse sollte nach den Ermittlungen der BP nur solange als Firmensitz dienen, als die Firma nicht über ein eigenes Büro verfügen konnte. An der bezeichneten Adresse sei nie eine Geschäftstätigkeit entfaltet worden. Nur das Postfach 65 sei durch den Geschäftsführer entleert worden.

Die Angabe einer falschen Adresse schließe schon für sich den Vorsteuerabzug des Empfängers aus (VwGH 28.5.1997, 94/13/0230 und VwGH vom 24.4.1996, 94/13/0133). Selbst wenn die Unternehmereigenschaft der AP und Lieferungen durch diese als gegeben angesehen werden könnte(n), wäre die Vorsteuer nicht abzugsfähig, weil die AP an der angegebenen Adresse nicht existiert habe (VwGH 14.1.1991, 90/15/0042).

(3) Die BP anerkenne daher den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der AP nicht:

Kürzung 1996 mit 3.018.170,42 S und

Kürzung 1997 mit 820.250,82 S.

(4) Die Schweinelieferung sei unter Zwischenschaltung der in Österreich nicht als Unternehmer tätigen Firma AP zur Rechnungslegung aus dem Binnenmarkt erfolgt. Die ig. Erwerbe der Bw. seien 1996 um 30.181.940,73 S und 1997 um 8.202.508,18 S zu erhöhen und mit jeweils 10% zu versteuern. Gemäß Art. 12 UStG 1994 sei der Vorsteuerabzug vorzunehmen.

B. Aufgrund der umsatzsteuerlichen Organschaft wirke sich eine Feststellung bei der L. GmbH (Organtochter) aus: Kürzung der Vorsteuer für 1996 mit 169.146,00 S.

2. Gegen die in Folge der BP erlassenen Umsatzsteuerbescheide für 1996 und 1997 (beide) vom 10. August 2001 wurde mit Schreiben vom 20. September 2001 Berufung eingelegt:

(1) Beantragt werde für 1996 ein Vorsteuerabzug von zusätzlich 3.018.170,42 S und für 1997 von zusätzlich 820.250,82 S. In eventu werde um Nachsicht gemäß § 236 BAO ersucht.

(2) Die AFH sei 1999 auf ihre Gesellschafterin - die VH - verschmolzen worden. Die AFH selbst sei bis zum 30. September 1997 umsatzsteuerliche Organträgerin für einige Fleischerzeugungs- und Verarbeitungsgesellschaften im Konzern gewesen. Eine ihrer Organtöchter sei die VFS gewesen (derzeit in SL umbenannt). Die umsatzsteuerlichen Feststellungen würden sich lediglich auf den Zeitpunkt des Bestehens der Organschaft bis zum 30. September 1997 beziehen. Da unmittelbar Handelnder in der Leistungsbeziehung zur AP die VFS gewesen sei, würden sich die nachfolgenden Handlungen auf sie beziehen.

(3) Inhalt der Geschäftsbeziehung sei die Bestellung von Lebendschweinen gewesen, die über Reihengeschäfte großteils unter Einschaltung der E. SA per Spedition direkt nach Graz geliefert worden seien.

Die AP sei eine österreichische GmbH, die im Firmenbuch seit 1. September 1995 eingetragen und beim Finanzamt G. unter einer Steuernummer geführt worden sei. Sie habe dort seit 1995 und 1996 Umsatzsteuererklärungen abgegeben und eine österreichische UID-Nummer gehabt, deren Gültigkeit von der VFS ordnungsgemäß abgefragt worden sei (gültig bis 25. Juni 1999). Sie habe die Lieferung von geschätzt 2.500 bis 3.000 Schweinen an die VFS durchgeführt und habe auch andere Schlachthöfe in Österreich als Kunden gehabt.

(4) Die BP habe aus folgenden Gründen den Vorsteuerabzug aus den über diese Leistungen ausgestellten Rechnungen versagt:

a. Es sei kein Reihengeschäft vorgelegen, bei dem der Lieferort der AP in Österreich gelegen sei.

b. Die Firma AP sei zwar rechtlich existent, da sie im Firmenbuch eingetragen sei, doch komme ihr keine Unternehmereigenschaft zu, da sie selbst nie die Verfügungsmacht über die angeblich von ihr gelieferten Schweine gehabt und zudem keine Tätigkeit ausgeübt habe, die als unternehmerische Tätigkeit anzusehen gewesen wäre.

c. Die in den Rechnungen angegebene Adresse sei falsch gewesen, da sich an dieser Adresse lediglich der Amtssitz des Notars befinde, der die Gründung der Gesellschaft durchgeführt habe. Werde eine falsche Adresse auf einer Rechnung angegeben, liege allein deshalb ein Grund vor, den Vorsteuerabzug zu versagen.

(5) Die AP sei bis 1999 in Österreich ungestört tätig gewesen. Erst dann seien die Finanzbehörden aufmerksam geworden. Es habe eine BP stattgefunden, Erhebungen durch die Prüfungsabteilung Strafsachen und man habe Strafanzeige wegen schweren gewerbsmäßigen Betruges gegen alle Beteiligten der AP (Geschäftsführer, Gesellschafter, sonstige Vertreter) erstattet. Da diese offensichtlich ausschließlich im Ausland wohnhafte Personen seien (Belgien, Frankreich und Deutschland), habe man sie weder vernommen, noch verhaftet (Ersuchen um die Ausstellung von Haftbefehlen lägen vor). Lediglich Vertreter des Vorlieferanten E. SA und der Handelsagent P. hätten als Zeugen vernommen werden können. Der als Handelsagent auftretende P. habe dabei festgestellt, dass er seine Abrechnungen immer an die AP lege, sie jedoch an die Adresse von E. SA gesandt habe.

(6) Die Groß-BP argumentiere mit der Scheinfirmeneigenschaft der AP, obwohl diese offensichtlich Geschäftstätigkeiten in Österreich ausgeübt habe. Die AP habe Rechnungen ausgestellt und auf ihrem Bankkonto bei der Raika seien Zahlungseingänge von fünf verschiedenen Abnehmern in Höhe von 18,6 Mill. S verzeichnet.

Neben diesem Geschäftsumfang sei aus den Zeugenvernehmungsprotokollen von Mitarbeitern der VFS und der sonstigen Geschädigten zu entnehmen, dass diese lange Zeit keinen Anlass gehabt hätten, an der Existenz der Gesellschaft und an der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsabwicklung zu zweifeln. Des öfteren sei auch der unternehmerische Hintergrund erfragt worden und man habe der Gesellschaft plausible Antworten erteilt. Auch sonst seien die Geschäfte in einer Art getätigt worden, wie sie bei Schlachthöfen absolut üblich sei.

(7) Unabhängig von der formalen Rechtslage der Vorsteuerabzugsberechtigung im Falle einer Scheinfirma, werde auch aus dem Kreis der Finanzbeamten heftige Kritik an der aktuellen Rechtslage des Vertrauensschutzes im Umsatzsteuerrecht geübt. Man habe daher reagiert und es sei ein Erlass zur Betriebsstättenbescheinigung ergangen (UStR 2000, Rz 3494), wonach die Möglichkeit geschaffen worden sei, sich das Vorliegen einer Betriebsstätte vom Finanzamt bescheinigen zu lassen.

Es wäre auch Aufgabe der Finanzverwaltung gewesen, dem Umsatzsteuerbetrug vorzubeugen (zB. durch Voranmeldungszwang und koordiniertes Vorgehen der Finanzämter).

(8) Die AP sei ein österreichischer Unternehmer gewesen, der umsatzsteuerpflichtige Lieferungen an die VFS erbracht habe, wobei diese den Vorsteuerabzug aufgrund der mit Einverständnis der AP ausgestellten Gutschriften zu Recht vornahm. Dass die AP dabei gegebenenfalls in betrügerischer Absicht tätig geworden sei, sei für den Vorsteuerabzug nicht maßgebend (UStR 2000, Rz 187).

Der Verweis auf das VwGH-Erkenntnis vom 28.5.1997, 94/13/0230, verkenne die Tatsache, dass auch dieses Erkenntnis Wertungen anhand des Einzelfalles vornehme und im gegenständlichen Fall viele Gründe dafür sprächen, dass dem Fiskus das Ausfallsrisiko zukomme. Auf die Verpflichtung der Behörde die UID bei Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zurückzunehmen, werde nur hingewiesen, wenn auch unbefriedigenderweise der Vertrauensschutz der UID angeblich innerstaatlich nicht gelte.

Ruppe fasse die Überlegungen zur "Beweislast" wie folgt zusammen: Der Unternehmer, der den Vorsteuerabzug geltend machen wolle, habe darzulegen, aufgrund welcher Umstände er von der Unternehmereigenschaft ausgegangen sei. Einen Nachweis habe er nicht zu führen. Die Behörde stehe dem Beweis aufgrund ihres Informationsvorsprunges näher, sodass sich der Schwerpunkt auf die amtliche Ermittlungspflicht verlagere.

(9) Lieferort im Reihengeschäft:

Nach Ansicht der Großbetriebsprüfung handle es sich bei den Lieferungen der AP um keine umsatzsteuerbaren Inlandslieferungen, sondern um erwerbsteuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen sei dieser (mittlerweile überholte) Punkt im Protokoll erhalten geblieben.

Im konkreten Fall liege ein Reihengeschäft vor, indem zB. die Firma E. SA an die Firma AP liefere, welche wiederum die Ware an die VFS liefere und diese direkt von Belgien zur VFS transportiert werde. Der Lieferort der AP an die VFS liege dann in Österreich, wenn die Warenbeförderung im Auftrag des ersten Lieferers in der Reihe (zB. E. SA) erfolge. In diesem Fall tätige E. SA eine ig. Lieferung in Luxemburg bzw. Belgien (§ 3 Abs. 8 UStG 1994), AP habe in Österreich einen ig. Erwerb zu versteuern und liefere dann steuerbar und steuerpflichtig in Österreich (Kolacny/Mayer, UStG, 2. Auflage, S 862 ff.; Ruppe, UStG 1994, 2. Auflage, S 1.334, Rz 17).

Dass die E. SA in den Frachtbriefen und Gesundheitsbescheinigungen als Absender aufscheine, sei zwangsläufig, für ein Reihengeschäft typisch und kein Indiz dafür, dass die AP in die Liefer- und Unternehmerkette nicht eingebunden gewesen sei. In den Frachtpapieren sei die E. SA (aber auch andere Lieferanten) als Absender angeführt. Transporteur sei zumeist ein belgisches Unternehmen gewesen. Nachdem nicht erkennbar gewesen sei, von wem das belgische Transportunternehmen beauftragt worden sei, habe man sich telefonisch in Verbindung gesetzt. Dieses sei immer telefonisch von der E. SA beauftragt worden, die Schweine nach Österreich zu befördern. Das Honorar sei direkt mit der E. SA abgerechnet worden. Die E. SA habe ein Exemplar der Beförderungsrechnungen zugefaxt. Die Abrechnung des Spediteurs sei an die E. SA gelegt worden.

Da die Luxemburger Firma Auftraggeber der Beförderungsleistung gewesen sei, liege ein "Versenden" des ersten Lieferanten in der Reihe vor (Lieferort gemäß § 3 Abs. 7 in Luxemburg, wonach sich der Lieferort der Lieferung von AP an die VFS nach allgemeinem Verständnis gemäß § 3 Abs. 8 UStG nur mehr in Österreich befinden könne). Die Lieferung der AP sei daher nach österreichischem Umsatzsteuerrecht als in Österreich steuerpflichtig anzusehen. Der Umsatzsteuerausweis sei völlig zu Recht erfolgt.

(10) Die BP argumentiere damit, dass die AP gar nicht in die Unternehmerkette eingebunden gewesen und nirgends ersichtlich sei und dass die Vorsteuerabzugsberechtigung aus den von der VFS ausgestellten Gutschriften aus diversen Gründen nicht zustehen würde.

Dem sei folgendes Grundverständnis der in der Branche üblichen Geschäftsabwicklung vorangestellt: Die Lebendschweine seien in Luxemburg, Deutschland, Frankreich und Belgien vom jeweiligen Erstlieferanten dem Spediteur übergeben worden. Nach dem Eintreffen des Transportes bei der VFS seien erst alle rechnungsrelevanten Daten erhoben worden (Gewicht der Schweine, Anzahl der toten Schweine, Klassifizierung der Schweine).

Erst aufgrund dieser Feststellungen sei das Mengengerüst für die erhaltene Lieferung festgestanden. Danach sei die Gutschriftsaustellung durch die VFS erfolgt, die der AP übersandt worden sei. Im Zeitraum zwischen dem 18. Juni 1996 bis zum 25. Februar 1997 habe die AP Rechnungen ausgestellt, die mit ganz wenigen Ausnahmen ident mit der Gutschrift gewesen seien. Dadurch sei das Einverständnis der AP zur Gutschrift erteilt worden. Dieser zeitliche Ablauf sei durch die auf den Eingangsrechnungen vermerkten Eingangsdaten nachvollziehbar.

Einige Rechnungen der AP seien über die Fax-Nummer der E. SA (Luxemburg) an die VFS zugesandt worden. Dies sei dadurch zu erklären, dass das von der VFS festgestellte und originär in der Gutschrift der VFS dokumentierte Mengengerüst auch für die Abrechnung zwischen der AP und der E. SA maßgeblich gewesen sei und daher der Rechnungsversand über die E. SA erfolgt sei.

Ab 1997 sei keine überflüssige Rechnungsausstellung mehr erfolgt, da immer das von der VFS festgestellte Mengengerüst (lt. Gutschrift) maßgeblich gewesen sei. Aus der fehlenden Rechnungserteilung sei keinesfalls ableitbar, dass die AP mit der Gutschriftserteilung nicht einverstanden gewesen wäre bzw. dass ihr die Gutschriften nicht zugeleitet worden wären. Vielmehr seien die von der VFS ausgestellten Gutschriften akzeptiert und die Zahlungen meistens mittels Scheck angenommen worden.

(11) Zu einzelnen Punkten werde ausgeführt:

a. (zu Pkt 5.1): Die Einbindung der AVC des Herr P. als Handelsvertreter und Vermittler sei im Geschäftsverkehr nichts unübliches und bedeute nichts anderes, als dass dieser Handelsvertreter im Namen und auf Rechnung der AP bzw. gegebenenfalls auch auf der Einkaufsseite im Namen und auf Rechnung der E. SA tätig geworden sei. Dabei sei es in der Rechtslehre unbestritten, dass das Ausführungsgeschäft zwischen dem Vertretenen (AP) und der VFS zustande gekommen sei. Das Handeln der AVC für die AP komme in mehreren Unterlagen zum Ausdruck (zB. im Fax vom 11. Dezember 1997, in dem vom Lieferanten AP gesprochen werde). In seiner Zeugeneinvernahme habe P. bestätigt, dass er an AP abgerechnet habe.

b. (zu Pkt 5.2): Dass die Geschäftsanbahnung - und Abwicklung großteils papierlos im telefonischen Wege erfolgt sei, wäre in der Branche nichts ungewöhnliches und erkläre sich aus der "Einfachheit" des Geschäfts, nach dem lediglich der Kilopreis habe fixiert werden müssen und hierauf der telefonische Auftrag zur Lieferung von x Stück erfolgt sei.

c. (zu Pkt 5.3): Die VFS habe zunächst mittels Banküberweisungen auf das Konto der AP bei der Raika (in Summe 11,5 Millionen S, rd. 35% des Umsatzes 1996) bezahlt. Danach sei die Zahlung durch Übergabe eines Verrechnungsschecks erfolgt, ausgestellt auf die AP. Einlösender sei offensichtlich - was sich nach den Erhebungen der BP aus den Lastschriftanzeigen ergeben habe - die E. SA in Luxemburg gewesen. Ob sich die Banken nicht an den fehlenden Ordervermerk gehalten hätten oder eine andere Form der ordnungsgemäßen bankmäßigen Abwicklung gefunden worden sei, könne nicht von Belang sein. Es erscheine jedoch nicht ungewöhnlich, dass aus dem Rechtsverhältnis (zwischen der E. SA und der AP) die AP für die Begleichung ihrer Verbindlichkeiten ihren Scheck verwendet und diesen weitergegeben habe.

d. (Pkt 5.4): Dass Rechnungen über das Fax der E. SA an die VFS gelangt seien, habe man bereits weiter oben angemerkt. Plausibel erscheine auch, dass die E. SA oder die AVC den konkreten Scheckempfänger benenne, wenn in der Vertragsbeziehung zwischen der AP und der E. SA vereinbart gewesen sei, dass die E. SA den Scheck erhalten solle.

e. (Pkt 5.5): Die Folgerungen der BP in Bezug auf Missbrauch seien nicht nachvollziehbar. Die Rechnungsausstellung als Missbrauchsgestaltung diene - wenn schon - nicht dazu, den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers zu ermöglichen, sondern die Umsatzsteuer zu kassieren und nicht abzuführen. Die schädigende Handlung sei die Nichtabfuhr der Umsatzsteuer und nicht der geltend gemachte Vorsteuerabzug.

Durch die Einvernahme von P. sei bestätigt worden, dass auch er davon ausgegangen sei, seine Vermittlungsleistungen an die AP zu erbringen und ihr auch zu verrechnen.

f. (zu Pkt 6.1 und 6.2): Der geschilderte Ablauf und die in 56 von 132 Fällen geübte Vorgangsweise, dass nach einer Gutschrift eine bestätigende Rechnung ausgestellt worden sei, zeige das Einverständnis des Lieferanten und die Rechnung müsse ihm auch zugeleitet worden sein, was "in irgendeiner Form" erfolgen müsse. Es sei - entgegen der BP - äußerst unwahrscheinlich, dass diese Aushändigung an die AP nicht erfolgt sei. Die "bestätigenden" Rechnungen hätten den identen Inhalt gehabt, wie die Gutschriften. Diese müssten daher der AP zugekommen sein.

g. (zu Pkt 6.3): Die Änderung der Vorgangsweise von Gutschrift und Rechnung auf nur mehr Gutschrift erscheine sehr plausibel. Es seien vielmehr die Rechnungen von vorneherein nicht verständlich, da das richtige Mengengerüst nur aus der vom Empfänger erstellten Gutschrift möglich gewesen sei. Nicht die Zweifel an der Richtigkeit des Ausweises von österreichischer Umsatzsteuer, sondern die (scheinbare) Überflüssigkeit der einer Gutschrift nachfolgenden Rechnungsausstellung habe zu einer Änderung der Vorgangsweise geführt.

h. (zu Pkt 6.4): Dass das Einverständnis der AP vorgelegen sei, ergebe sich aus den bisherigen Ausführungen.

i. Unternehmereigenschaft der AP:

Von der Finanzverwaltung werde unterstellt, die AP sei eine "Briefkastenfirma", welche in Österreich niemals wirtschaftlich in Erscheinung getreten sei. Mangels Unternehmereigenschaft der AP sei aus deren Rechnungen kein Vorsteuerabzug möglich.

Betrachte man die Ermittlungsschritte des für die AP zuständigen Finanzamtes, so werde das Versäumnis der Finanzverwaltung dokumentiert, wenn der am 13. September 1995 eingelangte Fragebogen anlässlich der Gründung keine Angaben über Jahresumsatz, Gewinn und Zahl der Arbeitnehmer enthalte und daraufhin ohne weitere Fragen eine Steuernummer und UID-Nummer erteilt werde. Echte Prüfungshandlungen seien erst mit einer Verspätung von vier Jahren im Jahr 1999 durchgeführt worden, wobei als Ansprechpartner verständlicherweise weder Gesellschafter noch Geschäftsführer der AP befragt werden konnten, da sie längst "über alle Berge waren", sondern nur mehr ihre Auftragnehmer (Notar und Steuerberater).

Vorwürfe dass die AP eine Briefkastenfirma sei, müssten rein spekulativer Art sein, da offensichtlich keinerlei Tatsachen seitens der Finanzverwaltung ermittelt worden seien bzw. 1999 hätten ermittelt werden können.

Im übrigen sei es aktenkundig, dass die AP am Sitz des Unternehmens jedenfalls ein Bankkonto unterhalten habe, über welche auch die Geschäfte der AP abgewickelt worden seien.

Weiters sei nach den vorliegenden Unterlagen auch eine ordnungsgemäße UID-Abfrage gemacht worden. Dass die AP eine ordnungsgemäße UID-Nummer ausgestellt bekommen habe, sei vom zuständigen Finanzamt bestätigt worden.

Obwohl die UID-Nummer im innerstaatlichen Verkehr keine eigenständige rechtliche Bedeutung besitze, sei dennoch der der UID-Nummer zugrundeliegende Gedanke auch auf den innerstaatlichen Verkehr anzuwenden. Grundsätzlich sei mit der UID-Nummer im wirtschaftlichen Verkehr der Aspekt des Erkennungsmerkmales als Unternehmer verbunden. Gebe ein Kunde aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet daher einen Auftrag unter seiner ausländischen UID-Nummer bekannt, so könnten die Beteiligten im wirtschaftlichen Verkehr davon ausgehen, dass dieser Auftraggeber in wirtschaftlicher Hinsicht die Eigenschaft eines Unternehmers besitze. Dies deshalb, weil die Finanzverwaltung nur an Unternehmen in umsatzsteuerlicher Hinsicht diese Nummer erteilen dürfe, dh. nur nach Überprüfung der umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft, was Rechtssicherheit und einen Vertrauensschutz zur Folge habe. Zumindest diese Rechtssicherheit und der Vertrauensschutz müssten auch im innerstaatlichen Rechtsverkehr gelten. Die UID-Nummer wurde der Bw. im Zuge einer Abfrage sogar bestätigt. Erst am 25. Juni 1999 sei der AP diese Nummer entzogen worden. Die AP habe daher auf die Unternehmereigenschaft der AP vertrauen dürfen.

Für die VFS seien allfällige Ungereimtheiten bei der AP nicht ersichtlich gewesen. Da von der Unternehmereigenschaft der AP auszugehen war, könne sich auch kein Formmangel ergeben, der zur Versagung des Vorsteuerabzuges führe.

j. Sofern dem Antrag aus rechtlichen Gründen nicht nachgekommen werde und der Vorsteuerabzug versagt bleibe, stelle man einen Antrag auf Nachsicht gemäß § 236 BAO und begründe dies mit sachlicher Unbilligkeit.

3. Am 14. Dezember 2001 nahm die BP zur Berufung wie folgt Stellung (Auszug):

(1) Die Schweine seien im Auftrag der E. SA zur VFS transportiert worden. Die Bw. gehe davon aus, dass die E. SA an die AP transportiert habe. Es gebe aber keine Nachweise, dass irgendeine Lieferung an die AP erfolgt sei. Die Ermittlungsergebnisse würden dagegen sprechen:

Nach der Aussage des Geschäftsführers der E. SA namens Pi. vor der Polizeidienststelle Heiderscheid vom 14. November 2000, sei die Verrechnung nicht an die AP, sondern an die MAV erfolgt. Dies finde Deckung im Prüfbericht über die Firma E. SA (Seite 89 ff. Arbeitsbogen), in dem festgestellt werde, dass die E. SA im Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis 30. Juni 1999 keine Rechnungen direkt an österreichische Kunden (wie zB. AP) ausgestellt habe und das Volumen der Verkäufe an die MAV zwischen 60 und 80 Millionen S betragen habe. Erhebungen (Arbeitsbogen Seite 87) hätten ergeben, dass die MAV keine Lieferungen nach Österreich erklärt habe. Die MIAS-Abfragen unter der UID der AP hätten keinerlei innergemeinschaftliche Erwerbe aus irgendeinem Mitgliedstaat ergeben (Arbeitsbogen Seite 109a-h). Die AP selbst habe weder innergemeinschaftliche Erwerbe noch Erlöse erklärt, noch irgendeine Art von Vorsteuerabzug aus Schweineeinkäufen geltend gemacht. Es gebe bei der E. SA keine Ausgangsrechnungen an die AP. Vom Steuerberater der AP hätten keine Eingangsrechnungen betreffend einen Schweineeinkauf vorgelegt werden können.

(2) Die Einbindung der AVC als Vermittler beweise Lieferungen der AP nicht. Dies ergebe sich auch nicht aus der Einvernahme von P.

In der Arbeitsübersetzung des UID-Büros (Arbeitsbogen Seite 73 ff.) werde angeführt, dass P. als Vermittler zwischen der AP und den österreichischen Schlachthöfen gedient habe. Die Verbindung zur AP sei durch Herrn Pi., dem Geschäftsführer der E. SA, mit dem er immer noch in Geschäftsverbindung stehe, zustande gekommen. Herrn A., den Geschäftsführer und den Gründungshelfer L., die einzige der Finanzverwaltung bekannte Person welche AP zuzuordnen sei, habe er einmal gesehen.

Die Provisionsabrechnungen seien an die AP adressiert, jedoch an die E. SA gesandt worden. Daraus könne nicht auf eine Abrechnung an die AP geschlossen werden. Bei der AP scheine auch keinerlei Provisionsaufwand auf und man habe auch keine tatsächlichen Provisionszahlungen feststellen können.

(3) Die erste Schweinelieferung an die VFS sei am 18. Juni 1996 erfolgt. Zwei Tage später habe Herr P. mit Fax (Arbeitsbogen Seite 72a) dem Einkäufer bekanntgegeben, dass die Rechnungen für die Schweine über die Adresse AP kämen. Die Schreibweise sei durch Blockbuchstaben besonders hervorgehoben, dennoch sei der Firmenname unrichtig geschrieben. Das Fax sei überhaupt an eine dritte Firma gesandt und von dort am 24. Juni 1996 an die VFS weitergeleitet worden.

(4) Gegen die Annahme, P. habe für die AP gehandelt, spreche auch die steuerliche Behandlung seiner Vermittlungsumsätze. Im Reihengeschäft richte sich der Ort der Vermittlungsleistung stets nach dem Ort der jeweils vermittelten Leistung (Ruppe, Kommentar UStG 1994, § 3a, Tz 15, Seite 443). Handle es sich um ein Reihengeschäft E. SA - AP - VFS, so wäre die Vermittlungsleistung zwischen AP und den Endabnehmern in Österreich steuerpflichtig. Weder P. noch die AVC seien in Österreich steuerlich geführt (Arbeitsbogen 73h-73j).

Zu den Vermittlungsabrechnungen die an die AP adressiert (Postfachnummer, keine Adresse), aber an die E. SA gesandt worden seien, habe man von der französischen Ermittlungsbehörde zur Rechnung vom 3. Oktober 1996 für September 1996 eine handschriftliche Aufstellung über Umsätze (Arbeitsbogen Seite 73 c ff.) zwischen E. SA und VFS (sowie eines weiteren Lieferanten und Endabnehmers) erhalten. Genau diese mit E. SA bezeichneten Umsätze seien in die an AP adressierte Rechnung aufgenommen worden.

Herr P. habe die österreichischen Firmen nicht darüber informiert, dass "die AP nichts weiter als ein Briefkasten" sei.

(5) Aushändigung von Gutschriften:

Eine Übermittlung per Fax an die AP sei nicht möglich gewesen, weil es am "Standort" der Firma keinen Faxanschluss gegeben habe. Eine Übersendung per Post sei grundsätzlich möglich gewesen, die Gutschriften hätten aber keine Postfachnummer, sondern nur die Adresse am Amtssitz des vertragserrichtenden Notars aufgewiesen. Auch eine Übergabe an die Fahrer der Transporte sei unwahrscheinlich, weil diese einen Umweg auf sich hätten nehmen müssen und die Abrechnungsgrundlagen wegen der technischen Abwicklung nach Klassifizierungen nie am Tag der Anlieferung zur Verfügung gestanden seien.

Die Gutschrift müsse gemäß § 11 Abs. 8 UStG 1994 dem leistenden Unternehmer zugeleitet werden, die Beweislast treffe den Gutschriftsaussteller. Die AP habe aber gar nicht die Verfügungsmacht über die Schweine erlangt.

(6) Rechnungen:

Eine Rechnung müsse den Namen und die Anschrift des liefernden Unternehmers angeben. Auf den Rechnungen werde lediglich angeführt "Postfach 65, A-xxx G."(Arbeitsbogen Seiten 75, 76c, 76p, 76v). Wenn Angaben über Name und Adresse des leistenden Unternehmers fehlten, stehe der Vorsteuerabzug auch dann nicht zu, wenn Name und Anschrift bekannt seien und die Umsatzsteuer unstrittig abgeführt werde (VwGH 20. November 1996, 96/15/0027). Gleiches gelte, wenn die Adresse unrichtig sei (keine Geschäftstätigkeit: VwGH 24.4.1996, 94/13/0133; 28.5.1997, 94/13/0230). Unter einer Postfachadresse könne keine Geschäftstätigkeit ausgeübt werden. An der angegebenen Adresse habe sich der Amtssitz des vertragserrichtenden Notars befunden und im besagten Gebäude habe es weder ein Büro, noch eine Betriebsstätte gegeben. An dieser Adresse habe daher keine Geschäftstätigkeit entfaltet werden können.

(7) Die Ergebnisse umfangreicher Ermittlungen im In-und Ausland habe man den Vertretern der Bw. (teilweise anonymisiert) mitgeteilt. Die Bw. hätte die Feststellungen aber negiert. Auf die Niederschriften der Schlussbesprechungen in Oberösterreich und in der Steiermark werde in diesem Zusammenhang hingewiesen.

Die AP verfüge über kein Büro, kein Fax, keinen Telefonanschluss, keine Räumlichkeiten in denen Geschäftstätigkeiten ausgeübt werden könnten (Arbeitsbogen Seiten 104, 105, 107). Auch für einen anderen Ort im Inland, an dem man die Geschäftstätigkeit hätte ausüben können, gebe es weder Behauptungen, noch Hinweise. Es gebe auch keine Hinweise auf Dienstnehmer, nur eine Vollmachtsurkunde für einen Steuerberater.

Der Vermittler der Lieferungen P. habe zwar eine Firmenbezeichnung und Adresse bekanntgegeben, über welche die Rechnungen kommen sollten. Er habe aber zumindest in den beiden Fax eine unrichtige Firmenbezeichnung angegeben.

Auch Herr A. als Gesellschaftergeschäftsführer habe auf einem Überweisungsauftrag vom 13. August 1996 (Arbeitsbogen Seite 72d) Straßenbezeichnung und Postfachnummer vermischt.

Einige Rechnungen der AP seien über die Faxnummer der E. SA an die VFS versandt worden. Die Scheckempfänger seien nie von der AP, sondern von der E. SA über H.H. (Arbeitsbogen Seite 74 Aussage Pi.) oder von P. bekanntgegeben worden. In der Berufung werde versucht, diese Vorgänge mit Abrechnung, Rechtsverhältnis und Vertragsbeziehung zwischen E. SA und AP zu erklären. Nach der Aussage von Pi. sei jedoch die Abrechnung nicht mit AP erfolgt.

Nach weiteren Ermittlungen wiesen die Lastschriftanzeigen zur Abdeckung der Schecks als Zahlungsgrund den Vermerk "E. SA" auf. Als Auftraggeber dieser Lastschriftanzeigen sei die VFS angegeben.

(8) Die AP habe zwar bei der Erste Bank ein Bankkonto unterhalten, über dieses seien aber nicht - wie behauptet - die Geschäfte der AP abgewickelt worden. Von diesem Konto seien nur die Kosten für Gründung, Bankspesen, Notar- und Steuerberatungskosten abgedeckt worden. Lediglich zwei bedeutende Zahlungseingänge der VFS seien auf das Konto eingegangen. Diese seien über telefonischen Auftrag eines Bankmitarbeiters am selben Tag auf ein Konto der Bauernkredit (lautend auf AP) weitergeleitet worden (Arbeitsbogen Seite 104, 106, 107, 113). Dieses Konto sei dem Steuerberater nicht bekannt gewesen (Arbeitsbogen Seite 107).

Auf diesem Konto seien im Zeitraum 13. August bis 24. September 1996 Überweisungen der VFS in Höhe von 11,5 Millionen Schilling eingegangen (Arbeitsbogen Seite 99b). Auch weitere österreichische Firmen hätten Beträge auf dieses Konto überwiesen.

Herr. A. sei nicht nur Alleingesellschaftergeschäftsführer der AP gewesen, sondern auch Gesellschafter der E. SA sowie der MAV und weiterer Firmen in Frankreich und Belgien (Arbeitsbogen Seite 99).

Den Zeugenaussagen von Si und Gu sei zu entnehmen, dass zwar eine UID-Abfrage gemacht worden sei, dass man aber weitere Auskünfte nicht eingeholt habe. Weder habe man jemals am "Sitz" der AP angerufen, noch sei jemand von der VFS an der angegebenen Adresse gewesen. Die Kontaktaufnahme sei sowohl bei der VFS, wie auch bei anderen Firmen, ausschließlich durch und über P. erfolgt. Dagegen sei A. den befragten Personen nicht bekannt gewesen und sei im Zusammenhang mit den Schweinelieferungen nicht als Handelnder für die AP aufgetreten.

(9) Der VwGH habe in mehreren Erkenntnissen die Rechtsansicht vertreten, dass auf der Rechnung (bzw. Gutschrift) sowohl der Name als auch die richtige Adresse des leistenden Unternehmers angegeben sein müsse (VwGH 14.1.1991, 90/15/0042; VwGH 24.4.1996, 94/13/0133; VwGH 20.11.1996, 95/15/0179; VwGH 20.11.1996, 96/15/0027; VwGH 26.9.2000, 99/13/0072). In der Entscheidung des VwGH vom 29.11.2000, 95/13/0029 und 95/13/0072 sei über die Eingangsrechnungen von zwei im Firmenbuch registrierten und daher rechtlich existenten Firmen abgesprochen worden, die unter den angegebenen Adressen keine Geschäftstätigkeit ausgeübt hätten.

(10) Die Großbetriebsprüfung sei der Ansicht, dass die AP im Inland keine Lieferungen an die Bw. erbracht habe und der Vorsteuerabzug zu versagen sei.

Zwar werde durch die neue Judikatur des EuGH vom 19.9.2000, C-454/98 und des VwGH vom 26.6.2001, 2001/14/0023 dem Rechnungsaussteller unter bestimmten Voraussetzungen bei Rechnungsberichtigung der Entfall der Steuerschuld gemäß § 11 Abs. 14 UStG 1994 eingeräumt, die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug blieben aber unberührt.

4. Mit Schreiben vom 26. Februar 2002 wurde die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt.

(A) Am 17. Mai 2005 erfolgte die Ladung für einen Erörterungstermin am 31. Mai 2005 bei der Berufungsbehörde. Der Bw. wurde eine Reihe von Unterlagen (Ermittlungen gegen P., Dossier über die E. SA., Befragung von A., Befragung von L. und Befragung von Pi.) übermittelt. Gleichzeitig wurde die Bw. ersucht, zu den vorgetragenen Beweisergebnissen Stellung zu nehmen und zur Erörterung jene Unterlagen mitzunehmen, die ein Umsatzgeschäft (Verpflichtungsgeschäft) mit der AP belegen könnten.

(B) Mit Schreiben vom 30. Mai 2005 nahm die Bw. zu den aufgeworfenen Fragen wie folgt Stellung (Auszug bzw. Zusammenfassung):

Vorbemerkung: Die VH sei nach diversen Umgründungsvorgängen letztlich Rechtsnachfolgerin der umsatzsteuerlichen Organträgerin VFS, die die Geschäfte über die Schweinelieferungen abgeschlossen habe.

(1) Gründe für den UFS anzunehmen, dass die AP eine reine Briefkastenfirma war: Die vorgebrachten Umstände (hinsichtlich der AP) seien der VFS als Leistungsempfängerin nicht bekannt gewesen und konnten auch nicht bekannt sein, da sie Ergebnis von (viel zu späten) Erhebungen der Finanz gewesen seien. Diese hätte durch frühere Erhebungen Schäden vermeiden können, die sie nunmehr auf die Leistungsempfänger abwälzen wolle.

Die Aussagen aus den ausländischen Einvernahmen seien alle mit Vorsicht zu genießen, da nicht geklärt sei, wer in die betrügerischen Machenschaften involviert gewesen sei. Es sei auch nicht geklärt, welche Geschäftsbeziehungen zwischen den in den Vernehmungen genannten Gesellschaften bestanden hätten. Die Aussagen seien lückenhaft und widersprüchlich (zB. A. sei Gesellschafter der MAV oder nicht; wer sei der große Unbekannte bei der E. SA usw.?). Die Untersuchungsbeamten seien auch (weder im eigenen Interesse, noch auf Drängen der österreichischen Behörden) dem Sachverhalt nicht näher auf den Grund gegangen. Lediglich den Aussagen des P. sei Glauben zu schenken, da er eine normale Viehhandelsagentur gehabt habe, Viehkäufe vermittelt und Provisionen für Geschäfte zu normalen Konditionen erhalten habe.

(2) Keine Schweineeinkäufe seitens der AP:

Darüber sei der VFS nichts bekannt. Diese sei vom Ankauf von dritter Seite ausgegangen. Der Abschluss über P. sei nichts ungewöhnliches. Dessen Vermittlertätigkeit und die der AVC ergebe sich aus dem Firmenwortlaut und dem Unternehmensgegenstand (s. Protokoll mit P.). Laut dem Einkäufer der VFS sei er schon vor der Einschaltung der AP mit P. in Kontakt gestanden. Die sonstige Geschäftsabwicklung sei völlig normal erfolgt, die Anlieferung sei durch die von den Lieferanten beauftragten Frachtführer erfolgt.

Zudem sei die AP zum Ankauf von Ferkeln gegründet worden und habe ernsthaft nach Lieferanten gesucht, schon diese Vorbereitungshandlungen seien Ausdruck der Unternehmereigenschaft.

(3) "Reiner Briefkasten" laut Befragung P.:

Aus der übersetzten Aussage des P. sei die Briefkasteneigenschaft keinesfalls ableitbar. Er habe nur die Endabnehmer nicht darüber informiert. Ob er selbst davon ausgangen sei oder die Frage des Untersuchungsbeamten dies vorausgesetzt habe, bleibe im Protokoll offen.

(4) "Reiner Briefkasten" laut Befragung A.:

Die Aussagen von A. seien in sich widersprüchlich und kaum beweisdienlich - zumindest nicht als Beweis der Briefkasteneigenschaft. Gegen diese spächen die Mehrzahl der Aussagen:

- Ankaufsversuche von Ferkeln, die gescheitert seien, weil die AP als solche nicht bekannt sei.

- AP als leere Hülle ab Mitte 1999 (Lieferungen 1997 und 1998)

- Transaktionen wie folgt: E. SA, AP, Schlachthöfe. Die AP sei daher in die Lieferkette eingebunden gewesen.

- A. belege Tätigkeiten der AP durch seine Person (Rechnungen, Überweisungen auf Bankkonten).

- P. sei Kommissionär der AP gewesen und habe Provisionen mit Schecks von ihr bezogen.

- L. habe Schecks für die AP entgegengenommen.

- L. sei Schweinehändler und für die AP unterwegs gewesen.

- Die AP habe Schulden mittels Überweisung an die E. SA gezahlt.

Erst danach habe A. wieder gesagt, dass die AP eine reine Briefkastenfirma gewesen sei, was er letztlich darunter verstehe, bleibe unter Berücksichtigung obiger Aussagen offen.

(5) Lieferungen sind laut Befragung Pi. nicht an die MAV verrechnet worden:

Aus dem übermittelten Protokoll ergebe sich das Gegenteil. Pi. sage, dass alle Lieferungen nach Österreich über die MAV verrechnet worden seien.

(6) Die fehlende Scheingeschäftseigenschaft der AP lasse sich daher aus folgenden Aussagen und Umständen ableiten:

- Aus den Aussagen von A.

- Der Versand der Provisionsabrechnung des P. an die Postadresse der E. SA, der nicht ungewöhnlich sei, da er gegenüber der VFS die AP als Lieferanten deklariert habe (Fax vom 12. Dezember 1997).

- Dem Pi. seien die Lieferungen über die AP bekannt gewesen, da seine Lieferungen mit auf die AP ausgestellten Schecks bezahlt worden seien.

- Auch weitere Schlachthöfe hätten (in NÖ und der Steiermark) Schweinelieferungen von der AP erhalten. Bei einer Firma habe der VwGH mittlerweile den Vorsteuerabzug zuerkannt.

- Aus einem Vernehmungsprotokoll (Befragung der Einkaufsleiterin der Firma Ha.) ergebe sich, dass H.H. zusammen mit einem Rechtsanwalt ankündige, dass eine österreichische Firma gegründet werde, mit der er seine Geschäfte in Österreich intensivieren wolle. Ein Firmensitz in Österreich sei von wirtschaftlicher Bedeutung gewesen. Auch Herr H.H. sei somit als Vertreter von AP aufgetreten. Die Geschäfte seien über H.H. und Pi. abgewickelt worden. H.H. habe bei Lieferungen an die VFS auch Ferkel eingekauft.

Die echte Unternehmereigenschaft der AP könne daher nicht ausgeschlossen werden.

Die Betrugshandlungen hätten angeblich in mehreren europäischen Staaten stattgefunden (andeutungsweise im Protokoll über die E. SA, leider nicht nachvollziehbar von welcher Behörde). Die Finanzverwaltung solle die Ergebnisse der Ermittlungen offen legen, um Licht in die Fälle zu bringen.

(7) Auch wenn die Scheingesellschaftseigenschaft angenommen werde, stehe der Vorsteuerabzug nach der diesbezüglichen Rechtsentwicklung in Deutschland (die in Österreich mit zu berücksichtigen sei) zu:

Der BFH habe in zwei Fällen, die dem vorliegenden ähnlich seien, den Vorsteuerabzug trotz Strohmanneigenschaft des leistenden Unternehmers zugestanden, wenn der Leistungsempfänger nichts davon wisse oder nicht davon ausgehen müsse (BFH vom 31.1.02 - VR 37/00 und FG Hessen vom 20.12.01 6 K 3030, 3032/97). Abgestellt werde auf die subjektiven Umstände (kennen oder kennen müssen) beim Leistungsempfänger.

Auch der Generalanwalt in der Rs "Finanzamt Gummersbach gegen Gerhard Bockemühl, C-90/02 ) habe festgehalten, dass es Sache des Mitgliedstaates sei, Regeln für den Vorsteuerabzug im Hinblick auf die Feststellung des Rechnungsausstellers als Erbringer der Leistung aufzustellen, sofern die Ausübung des Rechtes zum Vorsteuerabzug nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werde. Zumindest für die betreffenden Jahre habe Österreich überhaupt nichts unternommen, als nur den Vorsteuerabzug generell zu untersagen. Der EuGH habe allerdings auf diese Frage (in seinem Urteil) nicht eingehen müssen.

Es stelle sich die Frage, ob allein in Österreich die subjektive Seite völlig ausgeklammert werde und damit dem Unternehmer als Leistungsempfänger jedwedes Risiko aufgebürdet werde.

(8) Im Falle der VFS hätten die Schweine nicht verbilligt verkauft werden sollen, sondern der Verkauf sei nach Aussagen aller zu Marktpreisen erfolgt.

(9) Nachweise über den Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes:

Beim Erörterungstermin würde man einige Unterlagen übergeben, aus denen die Geschäftsbeziehung der VFS mit der AP erkennbar sei:

- Es sei absolut üblich, dass Lebendschweine über Vermittler eingekauft würden und kein direkter Kontakt mit dem Lieferanten bestehe.

- Mündliche Bestellungen seien der Regelfall.

- Zahlungsrisiko sei in der Regel nicht gegeben, da die Zahlung erst nach Erhalt und Prüfung der Lieferung erfolge. Nur bei Beziehungen, bei denen aus Lieferantensicht ein Risiko bestehe, würden idR Verträge abgeschlossen, was bei einem großen Schlachthof nicht der Fall sei.

Diese Aussagen könnten durch nicht bei der VFS involvierte Personen bestätigt werden.

Laut Auskunft des Einkäufers bei der VFS habe dieser schon vor der AP Kontakt mit P. gehabt, der immer nur Vermittler gewesen sei und es sei ihm klar gewesen, dass die Lieferungen von diversen Produzenten gekommen seien. Bezüglich der Schweinelieferungen sei ihm wichtig gewesen, dass sie aus Belgien kämen. Erinnerlich sei ihm, dass die AP als Gesellschaft mit Sitz in Österreich als Lieferant erwähnt worden sei. Ansonsten sei der Lieferant für ihn in seiner Funktion als Einkäufer wenig relevant gewesen.

Die Geschäfte kämen bei einer vermittelten Leistung dennoch - unabhängig von Formalerfordernissen - mit dem vermittelten Lieferanten zustande. Das niedersächsische Finanzgericht (Urteil vom 30.11.2000 - 5 K 62/98, EFG 2001/36) gehe dabei sogar so weit, dass auch Domizilgesellschaften Unternehmereigenschaften aufweisen würden, wenn sie ihre Umsätze durch andere Unternehmer ausführen ließen, wobei diese für sie die Verträge abschließen und vollziehen würden.

Man gehe daher weiterhin vom gerechtfertigten Vorsteuerabzug aus.

(C) Im Rahmen der Erörterung vom 31.Mai 2005 wurde folgende Themen besprochen:

a. Der Referent des UFS schildert die wesentlichen Fakten des Falles im Überblick. Besprochen wird im Detail die VwGH-Entscheidung vom 22. Dezember 2004, 2002/15/0057, die eine Erstentscheidung zur AP-Problematik beinhaltet. Der Referent schildert die Gründe, welche dazu führten, dass die angefochtenen Bescheide aufgehoben wurden. Einerseits hat die belangte Behörde keine Feststellungen getroffen, aus welchen Gründen bei der Firma AP von einer "Briefkastenfirma" auszugehen war. Weiters hat sie Einvernahmen der Bw. nicht vorgehalten und sie hätte, wenn sie von einer anderen Lieferkette als die Bw. ausging, dies entsprechend begründen müssen. Zudem wäre festzustellen gewesen, in wessen Verfügungsmacht die an den Schlachthof gelieferten Waren standen.

Nach Ansicht des Referenten können daher aus der VwGH-Rechtsprechung keine weiterreichenden Schlüsse gezogen werden, da die Aufhebung aufgrund von Erhebungsmängeln erfolgte und die von der Großbetriebsprüfung bereits erhobenen Fakten nicht ausreichend gewürdigt wurden.

b. Der weitere Ablauf der Besprechung orientierte sich am Schreiben der Bw. vom 30. Mai 2005 zur Ladung vom 17. Mai 2005:

(1) Zur Tätigkeit der AP und der E. SA.

Die Bw. führt hier aus, es sei ungeklärt, welche Geschäftsbeziehungen zwischen den involvierten Gesellschaften und den Gesellschaftern bestanden hätten. Nach Ansicht des Referenten sind diese Fragen durch die Einvernahmen ausreichend geklärt: Im Bericht der PAST an das für die AP zuständige Finanzamt wird ausgeführt, dass A. die MAV im Jahr 1994 gegründet habe. Dasselbe ergibt sich aus dem Dossier E. SA., wonach A. an noch mindestens vier Gesellschaften (darunter die MAV) beteiligt gewesen sei. Zudem habe Pi. ausgesagt, dass die Schweine zwar von der E. SA an die MAV verkauft, aber in der Folge von dieser nicht an die AP weitergeliefert wurden.

Da die AP auch keine Schweineeinkäufe in ihren Bilanzen auswies, kann sie keine Lieferung (und damit auch keine Verfügungsmacht) erhalten haben.

Steuerberater: An die MAV ist - entgegen der Darstellung im Vorhalt - geliefert worden, diese hat aber nicht weitergeliefert. Das ergibt sich aus dem Protokoll Pi. Die nunmehr verwendeten Argumente sind in verschiedenen Dokumenten aufgetaucht, es werden nun "Insellösungen" kreiert, das Ganze sollte aber gemeinschaftsrechtlich gelöst werden.

(2) "Unbekannter" bei der E. SA.:

Referent: Dieser hat mit dem hier zu diskutierenden Sachverhalt nichts zu tun.

(3) Den Aussagen von P. ist "Glauben zu schenken":

Referent: P. hat offenbar gewusst, dass die AP eine Briefkastenfirma ist (s. dazu die Ermittlungen der "Brigade de controle et de Recherches": Herr P. hat Letztere (nämlich die Schlachthöfe) nicht informiert über die Tatsache, dass das Unternehmen AP nichts weiter als ein Briefkasten ist und ... sie die Mehrwertsteuer ... wieder erlangen konnten).

Steuerberater: Hätte P. das gewusst, wäre er mitschuldig. Der Satz bedeutet, dass er nicht wußte, dass die AP ein Briefkasten ist.

(4) Keine Schweineeinkäufe der AP:

Steuerberater: Davon wußte die Bw. nichts. Bestellt wurde über P. Mit Leuten die man kennt, macht man Geschäfte am Telefon. P. bürgte für das was er vermittelte (gute Schweine, dioxinfrei). Wenn der Einkäufer sagt, ich liefere, und man schon länger Kontakt hat, dann zweifelt man nicht.

Frage Amtsbeauftragter: Warum der Umweg über die AP, wenn die Leistung von der E. SA gekommen ist, das ist ja komplizierter?

Steuerberater: P. liefert der AP und will mit ihr Geschäfte tätigen, darauf hatte die Bw. keinen Einfluss.

Referent: Das ist aber sehr viel komplizierter.

(5) Angebotene Nachweise betreffend den Kontakt zwischen AP und Bw.:

Die Bw. legt anlässlich der Besprechung diverse Unterlagen vor:

Handschriftliches Schreiben vom 10. Dezember 1996 - Bestätigung der Übernahme einer Abrechnung der AP durch A.

Bestätigung vom 6. Oktober 1998 über Scheckabholungen.

Diverse Rechnungen der AP und Belege.

Überweisungsbeleg über 1.044.255,63 S.

Scheckabholung Fahrer vom 24. August 1998.

Scheckabholung Lovinfosse vom 4. März 1999.

Scheckabholung Fahrer vom 17. August 1998.

Scheckabholung Fahrer vom 4. September 1998.

Mitteilung von P. vom 20. Juni 1996, dass die Rechnungen für die Lebendschweine über die Adresse der AP kämen.

Diskutiert wird, worauf das Unternehmen schauen müsste.

Steuerberater: Worauf muss das Unternehmen achten, wie weit reicht die Sorgfaltsverpflichtung?

Referent: In der österreichischen Rechtsprechung spielt die Sorgfaltspflicht dann keine Rolle, wenn die entscheidenden Merkmale nicht gegeben sind: Unternehmereigenschaft, Verschaffung der Verfügungsmacht, Rechnungsmerkmale.

(6) Zur Befragung des A.:

Steuerberater: Dass die AP nur ein Briefkasten war und nur Rechnungen ausgestellt hat, ist eine (unzulässige) vorweggenommene Bewertung des A.

Referent: A. behauptet das aber sehr eindeutig und er muss es ja wohl wissen. Er sagt auch aus, dass er die Mehrwertsteuer niemals abführen wollte (wissentliche Veruntreuung).

Steuerberater: Die Firma kann durchaus als Unternehmer aufgetreten sein. Personal brauche ich nicht, um am Markt aufzutreten. Die AP hatte Kontakte zu P., sie hatte Kontakt zur Bw. (wie man aus den Belegen zur Scheckabholung ersehen kann) und sie hat auch L. eingesetzt. Dies alles zusammen ergibt eine unternehmerische Tätigkeit.

(7) Zur Verrechnung an die MAV und weiter an die AP:

Referent: Die E. SA hat an die MAV Lieferungen weiterverrechnet. Die MAV hat einen Weiterverkauf an die AP unterlassen.

Steuerberater: Pi. hat diese Aussage getätigt, ist aber weder Vertreter der AP, noch der MAV.

Referent: Er kannte sich aber - liest man die Aussagen - offenbar aus und hatte vermutlich auch Einblick in die Buchhaltungen der AP und der E. SA. Seine Aussage, dass die MAV nicht an die AP weitergeliefert hat, erscheint jedenfalls schlüssig.

Steuerberater: Dies kann Pi. nicht aus eigenem heraus sagen.

Referent: Die Richtigkeit der Aussage ergibt sich aber durchgängig aus den vorliegenden Unterlagen.

Steuerberater: A. kann trotzdem geliefert haben.

Referent: Die Aussage ist aber auch dadurch abgesichert, dass die AP keine Einkäufe von Schweinen aufweist und somit keine Ware von der MAV bezogen haben kann. Die AP hat daher keine Verfügungsmacht über die Ware erhalten und konnte eine solche auch nicht übertragen.

Amtsbeauftragter: Dem schließt sich die Finanzverwaltung an. Eine Verfügungsmacht der AP - das ergibt sich aus den Einvernahmen - lag nicht vor.

Steuerberater: Auch der Vieheinkäufer einer anderen Firma hat im Sinne der AP gehandelt und ist für diese tätig geworden. Auch H.H. trat 1995 als Vermittler auf (für den Lieferanten Pi. von der E. SA). Pi. war Chef und H.H. war Vermittler. Da ist also noch eine Person, die für die AP tätig wird.

(8) Zur Rechtsprechung von BFH und EuGH:

Der BFH stellt zum Teil darauf ab, ob der Unternehmer etwas wissen musste oder aufgrund der Umstände etwas hätte wissen müssen.

Der EuGH geht in der Rechtssache Gummersbach auf diese Frage nicht ein, sondern stellt dazu fest, eine Regelung sei Sache des Mitgliedstaates. Die Rechteausübung darf nur nicht praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert sein.

c. Gesonderte Anträge im Zusammenhang mit den Vorsteuern aus den Schweinelieferungen werden weder vom Amtsvertreter, noch von der Bw. und ihren Vertretern gestellt.

d. Die Bw. stellt allerdings einen Antrag auf zusätzliche Berücksichtigung von Vorsteuern in Höhe von 169.146,00 S, die bisher nicht geltend gemacht wurden (unter Verweis auf VwGH vom 28.1.2005, 2002/15/0157) und wird diesen noch schriftlich begründen. Der Amtsvertreter gibt zu Protokoll, dass er bei entsprechender Begründung der Zuerkennung der bisher nicht geltend gemachten Vorsteuer zustimmt.

(D) Mit E-Mail vom 8. Juni 2005 wurden seitens der Bw. folgende Änderungsanmerkungen zu den Aussagen bei der Erörterung angebracht:

Zu (3) letzter Satz: " .. wusste, dass die AP ein Briefkasten ist und daher auch niemanden über diese Tatsache hätte informieren können".

Zu (4) - Ergänzung zum letzten Satz: Diese Vorgangsweise (= über einen Vermittler) ist zB. im Ostgeschäft allgemein üblich, da man den Vermittler kennt und sich auf ihn verlässt und von den Lieferanten kaum Informationen hat. Auch in der Anfangszeit nach dem EU-Beitritt kannte man die Direktlieferanten noch nicht und griff daher auf Vermittler zu. Die allgemeine Üblichkeit dieser Vorgangsweise im Geschäftsverkehr kann auch von unabhängiger Seite bestätigt werden.

Ergänzung zu ihrer Aussage: ... viel komplizierter.

Steuerberater: Auf die Komplexität der Lieferkette hat man als Empfänger in vielen Fällen keinen Einfluss. Oft kauft der Vertragspartner bei seinem Lieferanten, der wieder bei seinem usw. Spätestens bei der zweiten Lieferung wusste de VFS - beweisbar - genau, dass ihr Lieferant die AP ist.

Zu (7): Zu meiner ersten Aussage .... noch der MAV. Es ist davon auszugehen, dass Pi. diese Aussage tätigte, weil er genauso in die betrügerischen Machenschaften des A. eingebunden war.

Zu meiner letzten Aussage zu Beginn: Die buchhalterische Nichterfassung der Schweineeinkäufe bei der AP ist kein Beweis für eine fehlende Lieferung, da wohl der Buchhaltung der AP im Hinblick auf die betrügerischen Absichten überhaupt kein Glauben zu schenken ist - von der Ordnungsmäßigkeit der Buchhaltung kann wohl nicht ausgegangen werden. Von einer Absicherung dadurch, dass die AP keine Ware von der MAV bezogen habe, kann keine Rede sein.

Zu (8): Der BFH ..... und gesteht in der Folge auch aufgrund der Rechnung eines Scheinunternehmers den Vorsteuerabzug zu.

Ansonsten entspricht mE ihr Protokoll im wesentlichen dem Ablauf unseres Erörterungstermines.

(E) Mit Schreiben vom 2. Juni 2005 wurde die Berufung gegen die Umsatzsteuerbescheide 1996 und 1997 ergänzt:

a. Man ergänze die Berufung hinsichtlich der Umsatzsteuer 1996 um den Fall G. und beantrage daher die Anerkennung des Vorsteuerabzuges hinsichtlich der Rechnungen der Firma G. in Höhe von 169.146,00 S.

Dies werde wie folgt begründet: In der den Umsatzsteuerbescheid der AFH begründenden Schlussbesprechungsniederschrift werde in Punkt 2 unter Auswirkungen der USt-Organschaft auf die L. GmbH verwiesen. In der betreffenden Niederschrift zur Schlussbesprechung der L. GmbH selbst, werde der Vorsteuerabzug auf Rechnungen von J. G. für die Vornahme von Fleischzerlegearbeiten am Ort der Firma L. versagt, da J. G. angeblich keine Betriebsstätte in Österreich gehabt habe.

Einschub: In der Niederschrift betreffend die Firma L. GmbH vom 17. Juli 2000 wird dazu folgendes ausgeführt: "Am 17. Oktober 1998 hat J. G. in einem Schreiben aus Regensburg diese Rechnungen gesammelt für 1996 um die ausgewiesene Umsatzsteuer berichtigt, weil er in Österreich nicht über Sitz, Betriebsstätte oder gewöhnlichen Aufenthalt verfügte und daher nicht als österreichischer Unternehmer iSd. UStG 1994 anzusehen war. Seitens der BP wurde festgestellt, dass sich darunter auch Rechnungen befanden, in denen J. G. seine österreichische Adresse ausdrücklich als privat bezeichnet hat und dass die erforderliche Vorsteuerkorrektur auf seiten der Fa. L. GmbH nie erfolgt ist. Die Vorsteuer 1996 ist durch die BP zu kürzen. Vorsteuerkürzung lt. BP gesamt: 169.145,80 S".

Dieselbe Frage sei Gegenstand einer Berufung gegen Haftungsbescheide an die L. KG gewesen, mit denen von der L. KG die von der Firma J. G. nicht abgeführten Umsatzsteuerbeträge unter Anwendung der Haftungsbestimmung des § 27 Abs. 4 UStG 1994 eingefordert worden seien.

Gegen diesen Haftungsbescheid sei Berufung erhoben worden und man habe VwGH-Beschwerde eingebracht. Der VwGH habe mit Entscheidung vom 28. Januar 2005, 2002/15/0157, den Haftungsbescheid wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben und das Finanzamt Graz-Stadt habe mittlerweile mittels 2. BVE dem VwGH folgend der Berufung stattgegeben.

Da es keine sachliche Differenzierung zwischen dem nunmehr festgestellten berechtigten Vorsteuerabzug seitens des Finanzamtes Graz-Stadt zu dem bei der Bw. versagten Vorsteuerabzug gebe, werde im Zuge der in einem anderen Punkt eingebrachten Berufung beantragt, die Vorsteuer von 169.146,00 S anzuerkennen.

b. In der Entscheidung des VwGH vom 28. Januar 2005, 2002/15/0157, wurde folgendes festgestellt: Die L. KG (als Rechtsnachfolgerin der L. GmbH) habe mit J. G. einen Werkvertrag über Schlacht- und Zerlegungsarbeiten abgeschlossen. Im Zuge der Ermittlungen der Finanzbehörde hätte sich aber herausgestellt, dass J. G. in Österreich weder Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt noch eine Betriebsstätte habe. Die Bw. sei daher gemäß 27 Abs. 4 UStG 1994 als Leistungsempfängerin verpflichtet gewesen, die auf die Leistungen entfallenden Umsatzsteuerbeträge einzubehalten und im Namen und für Rechnung des J. G. an das Finanzamt abzuführen (was dieser selbst versäumte).

Der VwGH kam zur Auffassung, dass die Feststellungen der Behörde - ein Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt bzw. eine Betriebsstätte existiere nicht - richtig seien und die Voraussetzungen für eine Haftung vorlägen. Allerdings ist für eine Haftung das Ermessen richtig auszuüben. Es wäre zu berücksichtigen gewesen, ob der potentiell Haftungspflichtige Kenntnis vom Eintritt der haftungsrelevanten Umstände gehabt hat oder hätte haben müssen. Man hätte prüfen müssen, ob und auf welche Weise sich die Beschwerdeführerin rechtzeitig hätte Kenntnis davon verschaffen können, dass die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 27 Abs. 4 UStG 1994 gegeben waren. Dass J. G. die Verhältnisse so gestaltete, dass er im wesentlichen täglich von Deutschland aus anreiste, war nicht von vorneherein naheliegend. Mit Vorlage des Schreibens des Finanzamtes, mit dem bestätigt wird, dass J. G. eine Steuernummer zugeteilt und ein Umsatzsteuersignal an ihn vergeben wurde, hat die Bw. die ihr zumutbaren Schritte betreffend Feststellung eines inländischen Anknüpfungspunktes gesetzt. Der Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, da die Behörde diese Umstände bei der Geltendmachung der Haftung nicht ausreichend berücksichtigt hat.

c. Mit Berufungsvorentscheidung vom 31. August 2001 wurde der Berufung der L. KG im Sinne der VwGH-Entscheidung vom 28. Januar 2005 stattgegeben.

(F) Mit Fax vom 13. Juni 2006 wurde die an die L. KG übermittelte Rechnungsberichtigung des J. G. vom 17. Oktober 1998 sowie das Antwortschreiben der L. KG vom 6. November 1998 an die Berufungsbehörde übersendet.

5. Folgende Unterlagen und Aussagen sind bei der rechtlichen Würdigung heranzuziehen:

a. Inoffizielle Arbeitsübersetzung durch das UID-Büro betreffend die Vornahme von Ermittlungen in den Geschäftsräumlichkeiten der AVC (Auszug):

In der durch die österreichischen Finanzbehörden dargestellten Angelegenheit hat die AVC als Vermittler zwischen der AP und den österreichischen Schlachthöfen gedient. In diesem Zusammenhang wurden die Provisionsrechnungen an die AP adressiert, gerechnet auf die Umsätze - ohne Steuer - die von den österreichischen Kunden mitgeteilt wurden.

Herr P. präzisierte, dass diese Dokumente an die E. SA, Großherzogtum Luxemburg, gesendet wurden. Herr P. ist nur ein einfacher Vermittler, der durch Herrn Pi., belgische Nationalität, am Sitz der Gesellschaft E. SA mit AP in Verbindung kam.

Das französische Unternehmen AVC des Herrn P. interveniert lediglich beim Verkauf von lebenden Schweinen oder Ferkeln an österreichische Schlachthöfe. Herr P. hat Letztere nicht über die Tatsache informiert, dass das Unternehmen AP nichts weiter als ein Briefkasten ist und dass sie die Mehrwertsteuer nach der Abrechnung an AP wieder erlangen konnten.

Herr P. hat A. nur einmal getroffen. Derzeit steht er hauptsächlich mit Herrn Pi. über die E. SA in Beziehung.

b. Schreiben des A. an Pi. vom 9. November 2000 (Auszug):

Durch dieses Schreiben möchte ich sie über verschiedene Geschäftsvorgänge informieren, die die E. SA betreffen und welche nicht in ihrer Eigenschaft als Direktor oder welchen Titel auch immer sie haben, zu ihrer Kenntnis gelangt sind. An diesen Vorgängen haben sie nur am Rande teilgenommen. Insbesondere bestätige ich ihnen, dass sie aufgrund der mit den verschiedenen ausländischen Gesellschaften geführten Geschäfte (die in Zusammenhang mit der E. SA standen) und der damit anfallenden Umsatzsteuer, keine Kenntnis von irgendwelchen Daten hatten. Ich bin sehr betroffen über eventuelle Nachteile, die sie im Zusammenhang mit diesen Geschäften erleiden, deren einziger Beauftragter (Drahtzieher) ich bin.

c. Dossier E. SA - Einzelauskunftsersuchen gemäß § 2 Abs. 1 EG-AHG 1994 bzw. Art. 2 der Richtlinie 77/799 (EWG) geändert durch die Richtlinie 79/1070 EWG (Auszug):

Die Firma E. SA ist seit dem 1. August 1992 als luxemburgischer Mehrwertsteuerpflichtiger eingetragen. Gesellschafter der Firma sind Herr Pi, belgische Nationalität und Herr A., griechische Nationalität. Herr A. ist noch Teilhaber in vier weiteren Gesellschaften, darunter die AP, die sich über vier Länder verteilen. Herr A. ist an Reihengeschäften beteiligt, dh. er benutzt seine jeweiligen Firmen als Taxigesellschaften um Schweine bzw. Ferkel in größeren Mengen bei E. SA einzukaufen und stellt dann Rechnungen aus an Schlachthöfe in Frankreich oder Deutschland, mit Anführung der jeweils gültigen Mehrwertsteuer. Selbstverständlich wird die in Frankreich und Deutschland eingezogene Mehrwertsteuer weder versteuert, noch bezahlt.

Im angefragten Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis zum 30. Juni 1999 hat die Firma E. SA keine Rechnungen direkt an österreichische Kunden ausgestellt.

Was jetzt die Frachtpapiere von E. SA betrifft, kann ich mich nur auf die Aussage von Herrn Pi. berufen, der aussagte, dass alle Lieferungen nach Österreich über die vorerwähnte Firma MAV verrechnet wurden.

d. Niederschrift mit Mag. Gu. (Einkaufsleiterin der Bw.) vom 31. August 1999 (Auszug):

Den Kontakt zur Firma P. hat damals noch mein Vorgänger hergestellt, ich habe alle Geschäftskontakte übernommen. Ich verweise auf die Angaben von meinem Chef, da ich bezüglich der Erstkontaktaufnahme mit P. keine Auskünfte geben kann.

Ich hatte immer nur mit P. beim Einkauf von Schweinen zu tun. Er war mein unmittelbarer Ansprechpartner, mit dem ich auch den wöchentlichen Schweinepreis ausgehandelt habe. Die Lieferungen waren frei Haus bzw. frei Rampe. Ich gebe an, dass die Bestellung in der Form erfolgte, dass entweder P. bei uns anrief und Schweine anbot oder ich rief an und fragte, ob er Schweine anzubieten hätte und welche er liefern könnte. Seit ca. 6 Monaten ruft P. in unregelmäßigen Abständen bei mir an und bietet mir Schweine aus Belgien an.

Wenn ich gefragt werde, ob ich gewusst hätte, dass die Schweine aus Belgien oder Luxemburg stammen, gebe ich an, dass ich dies erst erfahren habe, als mir die tierärztlichen Zeugnisse vorgelegt wurden. Ich habe aber immer mit P. verhandelt, den ich unter keiner österreichischen Telefonnummer erreichte.

Wenn ich weiter gefragt werde, ob ich auch bei der AP angerufen habe, so sage ich, dass dies nie vorgekommen ist. Es war auch niemand von uns bei der Adresse. Die Bezahlung der Schweine erfolgte bei ca. 100 Geschäftsfällen mittels Scheck. P. schickte uns auf mein Drängen hin immer ein Fax, wo er den Überbringer namhaft machte bzw. angab, wem er auszuhändigen sei. Ich kann mich an einen gewissen H. erinnern, der ein bis zweimal den Scheck auch von mir überreicht bekam. Ansonsten wurde der Scheck von Ausgabeberechtigten übergeben. Ich kann aber nicht sagen, dass der Scheck immer persönlich übergeben wurde. Ich stelle Kopien von den Fax-Mitteilungen zur Verfügung, wer den Scheck abholte.

Frage: Haben sie die Preise mit denen anderer Lieferanten verglichen?

Antwort: Das war nicht nötig, da in Österreich ein offizieller Schweinepreis vorgegeben ist. Ich lehnte mich bei den Einkäufen bei P. an diese Marktpreise an. Ich kaufte bei P. immer dann ein, wenn in Österreich nicht genügend Schweine verfügbar waren.

Frage: Hatten sie Kontakt mit Vertretern jener Firmen, die die Ware tatsächlich lieferten?

Antwort: Nein, mein Ansprechpartner war einzig und allein P. Mir sind seine Schweinelieferanten nicht bekannt.

Frage: Wurden Gelder auch direkt an die ausländischen Lieferanten bezahlt?

Antwort: Die Bezahlung erfolgte grundsätzlich in der Form, dass der Scheck von der Abrechnungsabteilung ausgestellt und sodann übergeben wurde.

Frage: Welche Begründung wurde ihnen dafür gegeben, dass die Fakturierung der aus dem Ausland gelieferten Ware über die AP erfolgte?

Antwort: Mir wurde keine Begründung geliefert. Da ich aber diese ganzen Kontakte übernommen habe, weiß ich nicht, ob der Vorgänger eine derartige Begründung erhalten hat.

Frage: Welche sonstigen Konditionen haben sie erhalten, die die Geschäftsbeziehung zur AP lukrativ erscheinen ließ?

Antwort: Es wurden keine Sonderkonditionen vereinbart. Es wurde je nach Marktsituation eingekauft bei P. oder es kam kein Geschäft zustande.

Frage: Wurde ihnen seitens der Personen, die für AP auftraten, jemals gesagt, dass diese Firma deshalb existiere, damit bei Lieferungen in Österreich unter Ausweis von Umsatzsteuer geliefert werden könne?

Antwort: Nein, es wurde von niemandem eine derartige Aussage gemacht.

e. Niederschrift mit Si. vom 31. August 1999:

Frage: Zu welchem Zeitpunkt erfolgte die erste Lieferung über AP?

Antwort: Der erste Kontakt zu AP bzw. P. ist ident mit der ersten Lieferung am 18. Juni 1996 bzw. mit Rechnung vom 20. Juni 1996.

Frage: Schlossen sie mit der Firma einen Gesamtliefervertrag oder wurde jede Lieferung gesondert vereinbart?

Antwort: Über diese Frage kann ich nichts angeben, da ich mit diesem Bereich wie bereits ausgesagt, nichts zu tun hatte.

Frage: Welche Lieferungen über AP erfolgten seit Aufnahme der Geschäftsbeziehungen?

Antwort: Nach Rücksprache gebe ich an, dass es im Zeitraum 1996 bis 1999 genau 125 Schweinelieferungen waren, die auch allesamt bezahlt wurden.

Frage: Ist ihnen bekannt, dass die gelieferte Ware aus anderen EU-Staaten stammte?

Antwort: Ich weiß nicht, ob die Schweine aus den angeführten EU-Staaten stammten, ich kann nur auf die Aussagen meiner Angestellten verweisen, die für diesen Bereich zuständig war.

f. Übersetzung einer Befragung des Herrn A. vom 25. April 2001 (Auszug):

Unsere Dienstellen haben Nachforschungen bezüglich des betroffenen Steuerpflichtigen angestellt. Ein Beamter hat Herrn A. getroffen und im Anhang finden sie das Aussageprotokoll des Letzteren. Festzuhalten ist, dass am Tag seiner Vernehmung Herr A. von der Polizei beim Verlassen unserer Räumlichkeiten angehalten wurde. Er wurde festgenommen und seit seiner Entlassung aus dem Gefängnis (24. April 2001) war es nicht mehr möglich, Kontakt mit ihm aufzunehmen. Es hat den Anschein, als hätte Herr A. seinen Wohnsitz nunmehr im Großherzogtum Luxemburg.

Aussageprotokoll:

Seit dem 23. März 2001 übe er eine aktive Funktion als Geschäftsführer der E. SA aus.

Er sei der Gründer der Firma nach österreichischem Recht AP.

Er wisse nicht, wo sich die Buchhaltungsunterlagen der AP befinden.

AP sei eine leere Hülse seit Mitte 1999 und verfüge über keine Gebäude.

Es sei richtig, dass die Transaktionen nach Österreich wie folgt ablaufen: (Belgien)-(E. SA)-(AP)-(in Österreich gelegene Schlachthöfe).

Es stimme, dass AP eine reine Briefkastenfirma sei und dass sie lediglich Rechnungen ausstelle, auf denen die österreichische Mehrwertsteuer aufscheine.

Es stimme, dass die österreichischen Schlachthöfe im allgemeinen die von AP ausgestellten Rechnungen mit Überweisungen auf Bankkonten beglichen, die er selbst eröffnet hatte, dass es dennoch möglich sei, dass manche Zwischenhändler außerhalb Österreichs Schecks eingelöst hätten, die die Schlachthöfe als Bezahlung für ohne sein Wissen im Namen seiner Firma ausgestellte Rechnungen übergeben haben könnten.

Es sei richtig, dass die Firma AP niemals die österreichische Mehrwertsteuer entrichtet habe, die auf ihren Verkaufsrechnungen ausgewiesen wird und dass andere Personen in Kenntnis dieser betrügerischen Vorgänge versucht gewesen seien oder hätten sein können, falsche Rechnungen im Namen von AP auszustellen, um ihre Schwarzlieferungen zu decken und einen Teil des Zusatzgewinnes, der durch Nichtabführung der österreichischen Mehrwertsteuer entstand, einzustreifen.

P. war Kommissionär für AP und bezog von dieser mit Scheck bezahlte tatsächliche Provisionen.

H.H. hat niemals offizielle Provisionen von AP erhalten, er bezog seine Barzahlungen "schwarz" und hat niemals einen Scheck erhalten.

Die obgenannten P. und H.H. tragen keine entscheidende Verantwortung in der Organisation dieser Betrugshandlungen, sie bezogen lediglich Provisionen von AP.

Es stimmt wohl, dass Pi. der geschäftsführende Direktor von E. SA ist, er ist aber nicht ihr tatsächlicher Chef.

Frage: Wie ist der Kontakt mit den österreichischen Schlachthöfen zustande gekommen?

Antwort: A. habe Kontakt mit österreichischen Bauern aufnehmen wollen. Da ihn aber die österreichischen Schlachthöfe nicht kannten, musste er auf die Dienste eines Kommissionärs französischer Staatsbürgerschaft (P.) und eines Übersetzers deutscher Herkunft (H.H.) zurückgreifen.

In der Vergangenheit hatte er als Geschäftsführer der Firma AP bei E. SA nur aus finanziellen Erwägungen Schweine gekauft.

Frage: Wer hat A. angewiesen, den österreichischen Käufern von Schweinen zu sagen, sie müssten ihre Rechnungen (in Form von Gutschriften) an AP begleichen?

Antwort: A. gibt an, die österreichischen Käufer niemals angewiesen zu haben, ihre Rechnungen auf diese Weise zu begleichen. Er gibt an, über diese Vorgangsweise keine Kenntnis zu besitzen.

Frage: Wieviele Schecks hat A. erhalten und eingelöst (und wo hat die Einlösung stattgefunden)?

Antwort: A. erklärt, niemals mit Scheck bezahlt worden zu sein, mit Ausnahme von zwei mal in einem Schlachthof. Die österreichischen Schlachthöfe bezahlten AP mit Überweisungen, die ihrerseits die Überweisungen an E. SA abwickelte.

Frage: Welche Rolle spielte Herr A. in der AVC?

Antwort: Keine Rolle und zwischen der AVC und der AP bestehe keine Verbindung. A. gibt jedoch an, auf die Dienste von P. - einem der Firmenverantwortlichen - als Kommissionär zurückgegriffen zu haben.

Frage: Welcher Art ist die Verbindung mit der E. SA und den Berechtigten des Kontos der AP und wie steht A. in Verbindung mit ihnen?

Antwort: Herr A. erklärt, der einzige Benutzungs- und Zugangsberechtigte des Bankkontos der AP zu sein.

Frage: Welche anderen Produkte werden noch vertrieben?

Antwort: Herr A. erklärt, das die Firma AP nur Lebendschweine und Mastferkel vertreibt.

Im Abschluss seiner Vernehmung teilt Herr A. mit, dass er wissentlich in Österreich Veruntreuung begangen hat, im Zusammenhang mit einer Schweinelieferung im Wert von 3.000.000,00 BEF, die von den österreichischen Behörden aufgrund der Dioxinkrise beschlagnahmt wurde. Um den erlittenen finanziellen Schaden zu kompensieren, hat er beschlossen, die in den Verkaufsrechnungen der Firma AP ausgewiesene Mehrwertsteuer nicht abzuführen.

g. Niederschrift mit Herrn L. vom 31. Januar 2002 (Auszug):

Die Schecks die überbracht wurden, betrugen im Durchschnitt zwischen 4 und 40.0000 bfr. Er hat keine Ahnung, welchen Betrag die Schecks insgesamt ausmachen. Bei der Ankunft telefonierte er mit A. und übergab ihm systematisch die Schecks. Er begab sich niemals an den Sitz der AP, er könnte auch nicht sagen, ob diese Gesellschaft ein Büro in Österreich besitzt. Er hat auch nie Waren oder Beförderungseinrichtungen betreffend diese Firma gesehen.

Er nimmt an, dass die Firma AP nur für einen Karusselbetrug in Österreich gegründet worden ist. Das ist das gleiche Problem, das er mit einer Firma von A. bereits hatte.

h. Vernehmung des Herrn Pi., Privatbeamter, Leiter der Firma E. SA, vom 14. November 2000 (Auszug):

Vorhalt: Ihnen wird vorgeworfen, Schweine nach Österreich an den Endverbraucher geliefert zu haben und dass dies zum Schein über die Firma AP abgewickelt worden sei.

Antwort: Herr A. ist in der E. SA als Verwalter genannt. P. ist ein französischer Staatsbürger und stellte die Verbindung zwischen E. SA und verschiedenen Kunden her. Er stellte auch den Kontakt zwischen E. SA und AP her. H.H. ist deutscher Staatsbürger und erhielt gelegentlich auch zwecks Zahlung unserer Lieferung Schecks, ausgestellt auf AP. Herr L. hat mit A. die AP gegründet. Er trat aber, soweit ich weiß, kurz nach der Gründung (noch bevor die Gesellschaft eine Aktivität auswies) aus.

Ich habe die Frachtbriefe nie aufbewahrt. Die Handelsbeziehungen nach Österreich verliefen von mir aus legal. Ich lieferte Schweine zu Schlachthöfen. Ich lieferte die Tiere beim Endverbraucher ab, verrechnete sie wie mit A. abgemacht seiner Firma MAV.

Gewöhnlich wurden die Lieferungen mit Scheck bezahlt und zwar mit einem Scheck ausgestellt vom Endverbraucher auf AP. Ich persönlich erhielt nie einen solchen Scheck direkt vom Endverbraucher. Normalerweise erhielt ich diese Schecks von A. oder H.H. Diese Verfahrensart wurde gewählt wegen der Auszahlung.

So wie ich anfangs annahm, sollte A. die an die MAV verrechneten Schweine weiterverrechnen an die AP, was derselbe jedoch nicht tat, um so die Mehrwertsteuer, welche ihm vom Endverbraucher gezahlt wurde, einzubehalten.

Anfangs hatte ich keine Ahnung von dem Betrug, welcher von A. eingefädelt wurde. Später merkte ich dann, dass etwas nicht in Ordnung sein konnte.

Als A. noch fast täglich in den Büros weilte, rief sein Steuerberater öfters an, um ihn auf seine Rückstände betreffend der Einreichung der Mehrwertsteuererklärungen zu befragen. Bei einer solchen Gelegenheit fiel mir auf, dass die AP nicht den Umsatz aufwies, den sie hätte aufweisen müssen, gemäß meiner Lieferungen an die MAV, welche ja anschließend in den Büchern der AP hätten auftauchen müssen.

Nachdem die Einregistrierungsverwaltung (Abteilung Mehrwertsteuer) vor zwei Monaten an mich herantrat und aufgrund meines Umsatzes eine Nachzahlung von 17 Millionen LUF forderte, wurde mir das ganze Ausmaß des von A. angestellten Betruges bewußt.

Mir war bewußt, dass die E. SA nun in diesen Betrug involviert ist. Hierauf sprach ich A. auf seine Vorgehensweise an. Er gab mir dann am 9. November 2000 ein nicht unterzeichnetes Schriftstück, welches meine Unschuld belegen soll. Dieses Schriftstück wurde ja auch von ihnen beschlagnahmt.

Über die Berufung wurde erwogen:

A.) Vorsteuerabzug Schweinehandel:

1. Strittig ist ausschließlich der von der Bw. vorgenommene Vorsteuerabzug betreffend Schweinelieferungen aus dem EU-Raum, wobei die österreichische Firma AP Rechnungen mit Mehrwertsteuer ausstellte. Im Jahr 1996 und 1997 wurden seitens der Finanzverwaltung die entsprechenden Vorsteuern nicht anerkannt. Die Gesamtbeträge sind unstrittig.

2. Abziehbar ist nach § 12 Abs. 1 Z 1 die von anderen Unternehmern in einer Rechnung gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen im Inland für das Unternehmen.

a. Die Unternehmereigenschaft des "anderen Unternehmers" muss objektiv nach den Kriterien des § 2 UStG 1994 gegeben sein. Das gilt selbst dann, wenn der Leistungsempfänger alle zumutbaren Schritte unternommen hat, um sich über die Unternehmereigenschaft des Partners zu vergewissern. Das UStG 1994 kennt keinen Schutz des guten Glaubens. Stellt sich die fehlende Unternehmereigenschaft nachträglich heraus, ist der Vorsteuerabzug zu korrigieren (Ruppe, § 12, Tz 32).

Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt.

(1) Gewerblich oder beruflich ist eine Tätigkeit, die nachhaltig und zur Erzielung von Einnahmen betrieben wird, auch wenn die Gewinnerzielungsabsicht fehlt.

In Österreich erfolgt diese Prüfung unter Berücksichtigung des Gesetzeszweckes nach dem Gesamtbild der Verhältnisse. Wie insbesondere der Einvernahme des Herrn A., aber auch der Befragung von Pi. und L. entnommen werden kann, wurde die Firma AP offenkundig nur zu dem Zweck der Erschleichung der nicht an das Finanzamt abgeführten Mehrwertsteuer gegründet. A. gibt an, er sei deswegen dazu getrieben worden, weil die Finanz von ihm gelieferte Schweine beschlagnahmt habe. Der von A. zusätzlich angeführte Zweck des Schweineeinkaufes für den europäischen Markt wäre - hätte dies tatsächlich in der Absicht des Gründers der AP gelegen - auch verwirklicht werden können. Für die Berufungsbehörde ist jedenfalls nicht ersichtlich, welche Hindernisse einem Einkauf von Schweinen entgegengestanden wären. Tatsächlich ergibt die Buchhaltung des Jahres 1996 aber keinen Hinweis darauf, dass entsprechende Aktivitäten in irgendeiner Form gesetzt wurden. Auch 1997 wurden Schweine weder eingekauft noch verkauft. Die Verlust- und Gewinnrechnung für 1996 enthält nur wenige Ausgaben, die aber nicht mit einem von der AP durchgeführten Schweinehandel zusammenhängen. Der Unabhängige Finanzsenat geht daher insbesondere aufgrund der angeführten Aussagen anlässlich der Einvernahmen im EU-Raum davon aus, dass Zweck der Firma AP die Umsatzsteuerhinterziehung und nicht die Einnahmenerzielung war. Einzig und allein geringfügige Zinsen aus Bankguthaben sind als Erlöse ausgewiesen. Es liegt daher keine Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen vor.

Auch in der deutschen Rechtsprechung, die von der Bw. beispielhaft herangezogen wird, wird davon ausgegangen, das ein lediglich zum Zweck der Umsatzsteuerhinterziehung in die Lieferkette eingeschaltetes Unternehmen als "vorgeschobener Strohmann" anzusehen ist, der in der Lieferkette kein "Verhalten wie ein Händler" setzt. Seine Aufgabe besteht nur darin, durch Hinterziehung der Umsatzsteuer einen Gewinn zu ermöglichen, er trägt weder ein Kapitalrisiko, noch ein Abnahmerisiko. Ihm fehlt daher die Unternehmereigenschaft nach § 2 Abs. 1 dUStG 1993 (BGH vom 22.5.2003, 5 StR 520/02).

Soweit die Bw. zu den Aussagen anlässlich der Einvernahmen im EU-Raum in der Vorhaltsbeantwortung vom 30. Mai 2005 ausführt, die Aussagen (bis auf jene von P.) seien mit Vorsicht zu genießen, lückenhaft und widersprüchlich bzw. die Geschäftsbeziehungen der Firmen seien nicht geklärt, so ist ihr darin nicht beizupflichten. Einerseits ist nicht ersichtlich welche weiteren Schritte die Finanzbehörde im gegenständlichen Fall hätte setzen können. Alle maßgeblichen - in die Causa verwickelten - Personen wurden befragt, sodaß (inbesondere im Hinblick auf die Auslandssachverhalte) der Erhebungsverpflichtung entsprochen wurde. Der Bw. waren diese Aussagen (nach Auskunft der BP) seit der abgabenbehördlichen Prüfung bekannt, ohne dass sie jemals bis zum Berufungsverfahren dazu Stellung genommen hätte. Sie hat auch keine Anträge auf Befragung weiterer Personen gestellt.

Mögen die Aussagen von A. auch nicht durchgehend konsistent sein, so können trotzdem bestimmte Schlussfolgerungen daraus gezogen werden, insbesondere hat er eindeutig klargestellt, dass die AP als Briefkastenfirma agiert hat. Auf die angeblichen Absichten Schweine auch zu kaufen, wurde vorangehend schon eingegangen. Wären tatsächlich die langjährigen Vermittler P. und H.H. für die AP (und nicht für die E. SA) tätig gewesen, so hätten diese wohl auch ohne Probleme Schweine für die AP einkaufen können, zumal die Bw. selbst angibt, dass sie vor der Gründung der AP Schweine an diese Vermittler verkauft hat bzw. H.H. von der VFS Ferkel gekauft hat. Diese Darstellung erweist sich damit als reines Ablenkungsmanöver von der "Briefkastenfunktion" der AP. Die Aussage von A. erscheint in diesem Punkt nicht glaubwürdig. Dass die AP Mitte 1999 eine leere Hülse gewesen ist, bedeutet nur, dass sie ab diesem Zeitpunkt auch ihre Briefkastenfunktion nicht mehr ausübte. Die weiteren Darstellungen von A. sind für einen Briefkasten geradezu typisch: Die angebliche Einbindung in die Lieferkette, die Abholung von Überweisungen und Schecks. Eine unternehmerische Tätigkeit wird damit nicht dargetan. Wenn L. für die AP in Österreich (unternehmerisch) so viel "unterwegs" war, würde sich die Frage stellen, warum keine entsprechenden Reisekosten verbucht wurden. Auch hätte P. wohl seine Rechnungen an die AP versandt, hätte an dem angegebenen Firmensitz eine tatsächliche Geschäftstätigkeit stattgefunden.

Die Aussagen der handelnden Personen können somit in ihrer Gesamtheit die Unternehmereigenschaft der AP gerade nicht stützen, sondern untermauern deren Briefkastenfunktion.

(2) Der Begriff der Selbständigkeit ist nicht definiert. Unselbständigkeit definiert sich dagegen durch fehlendes Unternehmerrisiko (Einnahmen- und Kostenrisiko). Betrachtet man in diesem Zusammenhang die Abläufe im gegenständlichen Fall, so ist festzustellen, dass die Firma AP keinerlei Unternehmerrisiko getragen hat. Die Ware (Lebendschweine) wurde nicht an sie verkauft, da die MAV nicht - wie angekündigt - nach deren Ankauf an die Firma AP lieferte bzw. fakturierte. Die Spedition wurde von der Lieferantin bezahlt, jedenfalls sind derartige Kosten der Buchhaltung der AP nicht zu entnehmen. Die Ware wurde von der Firma AP auch nicht vorfinanziert. Tatsächlich hatte die Firma AP mit der Ware bis zur Rechnungserstellung und Zahlung durch den Schlachthof gar nichts zu tun. Nach der Lieferung schrieb sie eine Rechnung oder erhielt eine Gutschrift (und zwar auch erst nach der Mitteilung des Ausmaßes der gelieferten Ware), dies waren ihre einzigen Aktivitäten.

Damit fehlen der Firma AP wesentliche Merkmale, die die Unternehmereigenschaft begründen würden.

b. Es muss zudem auch eine Lieferung bzw. sonstige Leistung vorliegen: Die Definition der Lieferung und/oder Leistung richtet sich nach § 3 UStG 1994. Liegt eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht vor, ist ein Vorsteuerabzug nicht möglich, auch wenn eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis gegeben ist (Ruppe, § 12, Tz 35).

(1) In Betracht käme ein Reihengeschäft. Von einem Reihengeschäft wird gesprochen, wenn mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen und die Geschäfte dadurch erfüllt werden, dass der erste Unternehmer dem letzten Abnehmer in der Reihe unmittelbar die Verfügungsmacht über den Gegenstand verschafft.

Bis 1996 enthielt das UStG 1994 für Reihengeschäfte die Sonderregelung des § 3 Abs. 2, wonach die Lieferung an den letzten Abnehmer gleichzeitig als Lieferung jeden Unternehmers in der Reihe galt. Für den Binnenmarkt war diese Regelung schon mit dem UStG 1994 außer Kraft getreten (Art 3 Abs. 2).

Beim Reihengeschäft ist seit 1997 (und für den Binnenmarkt schon vorher) der Ort jedes einzelnen Umsatzes anhand der allgemeinen Regeln des UStG zu ermitteln. Bei Beförderungen durch den ersten Unternehmer wird die erste Lieferung dort ausgeführt, wo die Beförderung beginnt bzw. der Unternehmer den Gegenstand an den Spediteur übergibt. Für die weiteren Lieferungen richtet sich der Leistungsort danach, wo die Verfügungsmacht tatsächlich verschafft wird. Das ist bei einer Beförderung jedenfalls der Ort der Beendigung der Beförderung.

(2) Ein Unternehmer innerhalb der Reihe kann dadurch liefern, dass er durch einen Dritten (real) erfüllen lässt (in diesem Fall die Firma E. SA). Allerdings hängt die Zahl der Lieferungen in der Kette von der Zahl der abgeschlossenen Verpflichtungsgeschäfte (untereinander) ab. Das bedeutet, dass jeder Unternehmer in der Kette mit dem vorangehenden Lieferanten ein Verpflichtungsgeschäft nachweisen muss. Betrachtet man die sich aufgrund der Einvernahmen im EU-Bereich ergebenden Fakten, so erweist sich, dass ein Verpflichtungsgeschäft der AP mit der E. SA offenkundig nicht vorgelegen hat: Der Ursprungslieferant (Firma E. SA) hat die Ware an die Firma MAV verkauft und nicht an die AP. Auch die MAV hat die Ware nicht an die inländische Firma AP weiterveräußert, dies wird von Pi. in seiner Einvernahme eindeutig klargestellt. Die AP weist zudem auch keine Schweineeinkäufe in der Buchhaltung aus.

Wenn die Bw. "Nachweise" für das Bestehen von Verpflichtungsgeschäften im üblichen Ablauf des Schweinehandels (über Vermittler, mündlich, ohne Zahlungsrisiko und ohne Vertrag) erkennt, so ist ihr auch darin zu widersprechen: Den Aussagen in der Berufung der Bw. ist ebenso wie den Darlegungen in dem anlässlich der Erörterung übergebenen Papier (betreffend Befragungen bei der Firma Ha.) zu entnehmen, dass Bestellungen ausschließlich über P. bzw. H.H. zustandekamen. Mit der Firma AP wurden weder Gesamtlieferverträge noch Einzellieferverträge geschlossen. Wären solche über die Vermittler zustandegekommen, so hätte die E. SA (bei der auch der Gesellschafter A. in nicht unwesentlicher Position tätig war) an die AP verrechnen müssen, was sie aber nicht getan hat. Die Fakten sprechen daher gegen ein Verpflichtungsgeschäft Bw/AP und AP/E. SA.

(3) Daran ändert auch das Auftreten des "Vermittlers P." nichts. Dieser hat zwar pro Forma seine Provisionsrechnungen an die Firma AP adressiert, diese aber der Firma E. SA übermittelt. Die Buchhaltung der Firma AP weist keinerlei Kosten für die Vermittlung von Lieferungen auf. Nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates ist der Vermittler nicht für die Firma AP (wie von der Bw. behauptet), sondern für die EU-Lieferanten aufgetreten. Dies wird durch die Ermittlungen der "Brigade de Controle et de Recherches" bei P. bestätigt, wonach P. den Herrn A. nur einmal getroffen habe und er hauptsächlich mit dem Herrn Pi. über die E. SA in Verbindung stehe. Wenn A. in seiner Einvernahme erklärt, P. sei "Kommissionär" für die AP gewesen, so widerspricht dies den Fakten vollends, da P. die Schweine nicht von der E. SA eingekauft und schon gar nicht an die Firma AP weitergeliefert hat. Dagegen spricht auch die Stellung der Provisionsrechnungen durch P., welche an die E. SA gesandt wurden.

(4) Eine Lieferung bedarf der "Verschaffung der Verfügungsmacht" durch den liefernden an den empfangenden Unternehmer.

Damit Verfügungsmacht überhaupt verschafft werden kann, muss sie der Unternehmer selbst besitzen (BFH 26.10.1967, BStBl 1968, II, 110: Zu Kauf und gleichzeitigem Rückkauf durch den Importeur, sodass ein Wechsel des Besitzes der Ware nicht stattfindet und der kaufende Unternehmer über die Ware nicht disponieren kann) oder einen Dritten mit dem Vollzug dieser Maßnahme beauftragen. Wer keine Verfügungsmacht hat, kann keine Lieferung tätigen (Ruppe, § 3, Tz 31).

Nach dem vorab Gesagten hat eine Verpflichtung der E. SA gegenüber der AP nicht bestanden. Da aber kein Verpflichtungsgeschäft gegeben war, konnte die AP der Bw. auch nicht (über Dritte) die Verfügungsmacht verschaffen. Soweit in der Änderungsanmerkung vom 8. Juni 2005 dazu angeführt wird, die buchhalterische Nichterfassung sei kein Beweis, so ist der Bw. entgegenzuhalten, dass sie keine brauchbaren Nachweise für entsprechende Verpflichtungsgeschäfte beigebracht hat (sofern man nicht bloße Behauptungen als Beweise betrachtet). Dagegen ist der Verkauf der Schweine von der E. SA an die MAV (und nicht an die AP) und die gleichzeitige Nichtverbuchung bei der AP in Summe zumindest ein gewichtiges Indiz gegen das Bestehen von Verpflichtungsgeschäften.

Wenn die Bw. in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des Finanzgerichtes Hessen vom 20.12.2001, 6 K 3030, 3032/97, verweist, so kann ihr diese gerade nicht zum Erfolg verhelfen: In dieser Entscheidung ging es nämlich darum, dass eine Firma (Y GmbH) unter anderem deswegen gegründet wurde, um anderen Unternehmern den Vorsteuerabzug zu ermöglichen, während sie selbst die Umsatzsteuer nicht abführte. Das Finanzgericht stellte fest, dass die nur zu Täuschungszwecken errichtete GmbH keinerlei eigene unternehmerische wirtschaftliche Funktion erfülle, weil sie nur dazu errichtet worden sei, einen Rechtsmantel zur Verfügung zu stellen, unter dessen Namen der tatsächlich Leistende für Zwecke des Vorsteuerabzuges auftreten konnte. Ein Geschäftssitz bestand nicht, weder gab es eigene Geschäftsräume, noch einen eigenen Telefonanschluss. Am Ort des Geschäftssitzes bestand keinerlei wirtschaftliche Tätigkeit. Da es an einer eigenwirtschaftlichen Betätigung fehlte, war die GmbH nicht als Unternehmerin anzusehen (UStB 7/2002). Der bezeichnete Fall ähnelt damit in vielen Details dem hier zu entscheidenden Berufungsfall. Der BFH hat sich in der Folge im daran anschließenden Urteil vom 4.9.2003, V R 9, 10/02, aufgrund der vielen gegen den Vorsteuerabzug sprechenden Indizien (keine Unternehmereigenschaft, Briefkasten und Scheinsitz) auf einen Umstand - die Verschaffung der Verfügungsmacht - konzentriert: Rechnungsaussteller und leistender Unternehmer müssten grundsätzlich identisch sein. Eine Lieferung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne besteht in der Verschaffung der Verfügungsmacht. Diese kann der Lieferer auch dadurch verschaffen, dass er einen Dritten, der die Verfügungsmacht bislang innehat, mit dem Vollzug dieser Maßnahme beauftragt, sodass mit der Übergabe des Gegenstandes eine Lieferung des Dritten an den Lieferer und eine des Lieferers an den Abnehmer stattfindet. Ein solcher Sachverhalt liegt aber nur vor, wenn sich die Verschaffung der Verfügungsmacht an den Empfänger des Gegenstandes tatsächlich als Vollzug einer fremden vertraglich vereinbarten Leistungsbeziehung erweist. Andernfalls liegt ein Eigengeschäft des Handelnden (tatsächlich die Verfügungsmacht übertragenden) vor. Der BFH hält auch die Würdigung des FG Hessen für richtig, dass die Y GmbH von vorneherein nicht auf die Erzielung von Einnahmen ausgerichtet war, da sie die Lieferungen nicht erbracht hat, sondern nur unter ihrem Namen Rechnungen ausgestellt wurden.

Die bezeichneten Entscheidungen bestätigen die Rechtsansicht des Unabhängigen Finanzsenates voll und ganz: Firmen die lediglich die Funktion eines "Rechnungsausstellers" erfüllen, ohne dass sich an ihrem "Firmensitz" geschäftliche Aktivitäten abspielen, sind nicht Unternehmer. Haben sie auch keine Leistungsbeziehung (kein Verpflichtungsgeschäft) mit dem tatsächlichen Lieferanten, so können sie mangels der Möglichkeit Verfügungsmacht - über die Ware (durch Dritte) - zu verschaffen, dem Empfänger keinen Vorsteuerabzug vermitteln.

c. (1) Die Lieferungen müssen in einer Rechnung ausgewiesen sein, welche die Rechnungsmerkmale des § 11 UStG 1994 aufweist. Die Rechnungen müssen nachstehende Angaben enthalten: Name und Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers, Name und Anschrift des Abnehmers, Menge und Bezeichnung, Tag der Lieferung, Entgelt und Steuerbetrag.

Die Angabe des liefernden oder leistenden Unternehmers dient der Sicherstellung der Besteuerung. Scheint in der Rechnung eine Firma auf, die unter der angegebenen Anschrift gar nicht existiert, fehlt es an der Angabe des leistenden Unternehmers. Dasselbe gilt, wenn die Adresse unrichtig ist (dh. unter der angegebenen Adresse wurde nie eine Geschäftstätigkeit entfaltet - Ruppe, § 11, Tz 60).

(2) Wie der VwGH in zahlreichen Erkenntnissen betont hat, stellt die Regelung des § 11 Abs. 1 Z 1 UStG 1972 (bzw. 1994) keinen formalistischen Selbstzweck dar, sondern dient der Identifizierung des Rechnungsausstellers. Das Gesetz begnügt sich nicht mit Angaben, aus denen irgendein Unternehmer hervorgeht, vielmehr muss der Rechnung eindeutig jener Unternehmer zu entnehmen sein, der tatsächlich geliefert oder geleistet hat. Dazu ist aber auch die genaue Adresse anzugeben. Die Angabe einer "nur" falschen Adresse kann nicht als "kleiner" Formalfehler angesehen werden (VwGH vom 24.4.1996, 94/13/0133; VwGH 28.5.1997, 94/13/0230; VwGH 26.9.2000, 99/13/0020). Soweit sich die Frage überhaupt in diesem Zusammenhang stellt, ob der Rechnungsempfänger auf eine richtig ausgestellte Rechnung vertrauen durfte, ist auf die ständige Rechtsprechung des VwGH zu verweisen: Das Risiko einer Enttäuschung in seinem guten Glauben hat der zu tragen, der im guten Glauben handelt. Die Ungreifbarkeit eines Leistungserbringers ist das Risiko eines Leistungsempfängers, der sich auf eine Rechtsbeziehung mit einem solchen Partner eingelassen hat. Für eine Überwälzung dieses Risikos auf die Abgabenbehörde besteht kein rechtlicher Grund (VwGH 28.5.1997, 94/13/0230).

(3) Im vorliegenden Fall wurde mit Gutschriften abgerechnet.

Gutschriften sind Urkunden, mit denen ein Unternehmer über eine Leistung abrechnet, die an ihn ausgeführt wurde. Gutschriften gelten als Rechnungen des leistenden Unternehmers iS des § 11 UStG 1994, wenn nachstehende Voraussetzungen erfüllt sind:

- Die Gutschrift tritt an die Stelle von Rechnungen.

- Der leistende Unternehmer muss zum Ausweis der Steuer berechtigt sein.

- Über die Abrechnung mit Gutschrift muss Einverständnis herrschen.

- Die Gutschrift muss die in Abs. 1 des § 11 UStG 1994 geforderten Angaben enthalten.

- Die Gutschrift muss dem leistenden Unternehmer zugeleitet worden sein.

- Der leistende Unternehmer darf dem Steuerbetrag nicht widersprechen.

(4) An der im Firmenbuchauszug angeführten Adresse residiert ein öffentlicher Notar namens Dr. M. S. Dieser hat niemals der mit seiner Mithilfe gegründeten Firma Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Vielmehr war vorgesehen, dass diese Adresse nur kurzfristig verwendet werden sollte, tatsächlich wurde diese Hilfskonstruktion zum Dauerprovisorium ausgebaut.

An der genannten Adresse bestand niemals ein Büro der Firma AP und es wurde dort (wie auch anderswo) keine Geschäftstätigkeit ausgeübt, da entsprechende Räumlichkeiten weder gemietet waren, noch aufgrund anderer Verträge zur Verfügung standen.

Die Gutschriften enthalten demzufolge nicht die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers, weil an der angeführten Adresse - "R. 22, 4xxx G." - keine unternehmerische Tätigkeit ausgeführt wurde. Die Firma AP war dort auch weder telefonisch, noch per Telefax, noch über ihre Repräsentanten erreichbar. Die einzigen Tätigkeiten der Firma AP hängen nämlich ausschließlich mit der Adresse "AP, Postfach 65, A-4xxx, G." - zusammen. Die von der Bw. übermittelten Gutschriften wurden an diese Adresse gesandt. Die Vorsteuer ist daher schon aus diesem Grund mangels ausgeübter Geschäftstätigkeit an der auf den Gutschriften aufscheinenden Adresse nicht abziehbar.

Hinzu kommt, dass - entgegen der Darstellung der Bw. - lt. Berufung in 56 von 132 Fällen die von der AP GmbH wenige Tage nach Gutschriftserstellung ausgestellte Rechnung die Adresse "AP, Postfach 65, A-4xxx, G." aufweist und somit in einem wesentlichen Punkt von der Gutschrift abweicht. Wenn - wie die Bw. in der Berufung ausführt - die Rechnungslegung der AP in den genannten Fällen die "Bestätigung" der Gutschrift darstellte, so müsste die Adresse in den Rechnungen auch als Adressenkorrektur der Gutschrift gewertet werden, womit wiederum die Gutschrift - welche als Rechnung des Lieferanten aufzufassen ist - falsch adressiert gewesen wäre.

(5) Der Unabhängige Finanzsenat geht daher unter Einbeziehung der bei der Fa. AP erhobenen Fakten und der Ermittlungsergebnisse im EU-Raum davon aus, dass an der in der Gutschrift genannten Adresse eine Geschäftstätigkeit der AP nicht stattfand, was zur Nichtabziehbarkeit der Vorsteuern führen muss.

3. Ein Verstoß gegen EU-Recht liegt nicht vor. Vielmehr hat der Generalanwalt in der Rs C-90/02 "Finanzamt Gummersbach gegen Gerhard Bockemühl" festgestellt, dass es Sache des nationalen Gesetzgebers ist, Regeln für den Vorsteuerabzug im Hinblick auf die Feststellung des Rechnungsausstellers als Erbringer der Leistung aufzustellen, sofern die Ausübung des Rechtes zum Vorsteuerabzug nicht unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird. Die Mitgliedstaaten können daher - ohne gegen die Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie zu verstoßen - die Angabe von Name und Anschrift des Lieferanten fordern (Rn 75). Auch die Einrichtung von Verfahrensregeln für die Führung des Beweises zum Vorsteuerabzug ist Sache der Mitgliedstaaten. Damit ist auch jene Regelung zulässig, wonach ein Gutglaubensschutz nicht besteht und bei nachträglichem Hervorkommen des Nichtbestehens der Unternehmereigenschaft des Lieferanten der Vorsteuerabzug nachträglich zu versagen ist.

Hinzu kommt, dass für den Geltungsbereich des UStG 1994 (Ansicht des VwGH unter Berufung auf Rs C-342/87 , "Genius Holding") sich der Anspruch auf Vorsteuerabzug nicht auf eine Steuer erstrecken kann, die ausschließlich deshalb geschuldet wird, weil sie in der Rechnung ausgewiesen ist. Es kann nur Vorsteuer abgezogen werden, die der leistende Unternehmer aufgrund der Leistung schuldet. Zwar wurde diese Rechtslage durch BMF-Erlass vom 20.5.1999 (AÖF 199/118) entschärft, für die Abrechnung mit Gutschriften wurden aber keine Erleichterungen zugestanden. Den Leistungsempfängern wurde demgemäß empfohlen, bei umsatzsteuerlich "unsicheren" Verhältnissen auf Seiten der leistenden Geschäftspartner auf eine Abrechnung der Leistung im Gutschriftswege zu verzichten (Bruckner, persaldo 1999 H 3, 8; dazu auch SWK 1998, S 660 ).

4. Da von der Firma AP nicht nur an die Bw., sondern an viele andere österreichische Schlachthöfe Rechnungen für EU-Transporte ausgestellt (bzw. auch mit Gutschrift Schweinelieferungen abgerechnet) wurden und nachfolgende Betriebsprüfungen Berufungen und Beschwerden auslösten, ist zum bezeichneten Rechtsproblem bereits eine aufhebende VwGH-Entscheidung (vom 22.12.2004, 2002/15/0057) ergangen, auf die sich auch die Bw. berufen hat.

a. Der VwGH begründet seine Aufhebung damit, dass (1) keine Feststellungen dazu getroffen worden seien, dass die Fa. AP die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer nicht abgeführt habe und eine Briefkastengesellschaft sei, (2) aus einem einfachen Telefax "die Rechnung werde über unsere Gesellschaft in G. gesandt", sich kein Anhaltspunkt ergebe, dass nur die Rechnung, aber nicht die Lieferung an die AP erfolgt sei, (3) wesentliche Aussagen von Zeugen der Bw. nicht vorgehalten worden seien und (4) das Vorliegen einer Lieferkette (anders als von der Bw. geschildert) entsprechend zu begründen gewesen wäre bzw. Feststellungen notwendig waren, in wessen Verfügungsmacht die gelieferten Schweine standen.

b. Der Gerichtshof führt auch aus, dass das Bestehen einer UID-Nummer (die vom Empfänger abgefragt werden kann) noch nicht zwingend den Schluss auf die Unternehmereigenschaft zu lässt.

c. Die Bw. kann sich im vorliegenden Fall nicht auf die im besagten VwGH-Erkenntnis angeführten Abweisungsgründe berufen.

(1) Die AP hat weder inländische Umsätze noch ig. Lieferungen erklärt. Ihre Briefkastenfunktion ergibt sich nicht nur aus den Befragungen des A. und des L., sondern auch aus den geschilderten Umständen: Die AP hat weder Waren eingekauft, noch welche verkauft. Sie hatte weder Telefon, noch Telefax und auch kein Büro, lediglich eine Postadresse. Einzige Aktivitäten der Fa. AP waren das Unterhalten einer Postadresse und die fallweise Abholung eingehender Gelder durch die Firmengründer L. und A., mit gleichzeitiger Ausstellung von Rechungen an die Bw. und andere Schlachthöfe.

(2) Durch die Einvernahmen im EU-Raum und die Ermittlungen bei der AP GmbH konnte geklärt werden, dass die AP kein Verpflichtungsgeschäft mit den EU-Lieferanten abgeschlossen hat und ihr die Lieferungen nicht verrechnet wurden.

(3) Die Aussagen der Verantwortlichen der Firma AP (L. und A.) und der E. SA (Pi. und A.) wurden der Bw. zur Verfügung gestellt.

(4) Lieferkette und Verfügungsmacht wurden dargestellt. Die AP war in den Bestellungsvorgang nicht eingebunden, hat mit den Lieferfirmen kein Verpflichtungsgeschäft über die Waren abgeschlossen und konnte daher auch nicht über Dritte die Verfügungsmacht verschaffen.

Alle strittigen Punkte des vorangehenden VwGH-Falles wurden in der vorliegenden Entscheidung berücksichtigt und aufgeklärt.

5. Sonstige Argumente der Bw.:

(a) Soweit sich die Bw. auf die "Strohmannjudikatur" des BFH vom 31.1.2002, V R 37/00 bezieht, ist ihr folgendes entgegenzuhalten:

(1) Verfehlt ist schon der Ansatz an sich. Ein "Strohmann" ist im eigenen Namen auf fremde Rechnung tätig. Zivilrechtlich ist daher der "Strohmann" aus dem Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet. Ihm sind die Leistungen zuzurechnen, die der Hintermann berechtigterweise im Namen des "Strohmannes" tatsächlich ausgeführt hat. Nur bei einem Scheingeschäft zwischen "Strohmann" und Leistungsempfänger wird Ersterer nicht verpflichtet.

Im hier zu entscheidenden Fall ist die Firma AP aber kein "Strohmann" (welcher für einen anderen leistet), vielmehr tritt sie bis zur Übertragung der Verfügungsmacht gar nicht in Erscheinung (sofern man ihr die Vermittlung nicht zurechnet) und erstellt dann die zum ausgeführten Geschäft gehörigen Rechnungen. Ein Vergleich mit dem BFH-Fall ist daher unangebracht.

(2) Dem BFH-Urteil ist zudem folgendes zu entnehmen:

Auch in "Strohmannfällen" müssen Rechnungsaussteller und leistender Unternehmer grundsätzlich ident sein. Hiezu ist die Angabe der zutreffenden Anschrift erforderlich. Der Vorsteuerabzug aus einer Rechnung ist nur möglich, wenn die leistende Firma die in der Rechnung ausgewiesenen Umsätze auch ausgeführt hat und dies auch nachprüfbar ist. Davon ist nicht auszugehen, wenn der in der Rechnung ausgewiesene Sitz der Firma bei Ausführung der Leistung und Rechnungsstellung nicht bestanden hat.

Die Beschwerde erfolgte nach den Ausführungen des BFH deshalb zu Recht, weil die Antragstellerin unwidersprochen vortragen konnte, dass sie die "Strohmannfirma" unter dem angegebenen Firmensitz erreicht und auch den weiteren Geschäftsverkehr über die angegebene Sitzadresse abgewickelt hat. Nach dem BFH kann nämlich auch ein Briefkastensitz ausreichen, bei dem die Firma keine "eigenen" oder allein zur Verfügung stehenden Geschäftsräume hat und wo nicht alle Geschäfte am Sitz ausgeführt werden. Allerdings kann die Annahme eines Scheinsitzes gerechtfertigt sein, wenn zB. am eingetragenen Firmensitz keinerlei Geschäftsleitungs- und Arbeitgeberfunktion, kein Behördenkontakt und kein Zahlungsverkehr stattfinden.

Im vorliegend zu entscheidenden Berufungsfall wurde aber nachgewiesen, dass am Firmensitz keinerlei Aktivitäten entfaltet werden konnten. Dort war weder die Geschäftsleitung noch sonstiges Personal anzutreffen. Es wurden dort auch keine "Geschäfte" getätigt. Selbst die Rechnungsausstellung erfolgte über die E. SA per Fax an die Bw. Damit liegen Feststellungen vor, die einen bestehenden Sitz der AP im Zeitpunkt der "Leistungserbringung" ausschließen.

(b) Zur Frage der Entscheidung des Finanzgerichtes Hessen vom 20.12.2001 - 6 K 3030, 3032/97 wurde bereits vorangehend Stellung genommen.

(c) Soweit die Bw. auf das Urteil des niedersächsischen Finanzgerichtes vom 30.11.2000, Az 5 K 62/98, zur Unternehmereigenschaft von Domizilgesellschaften verweist, ist dieses nicht einschlägig: Domizilgesellschaften sind Kapitalgesellschaften ausländischen Rechtes, die im Gründungsstaat keinerlei wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben dürfen. Deren Unternehmereigenschaft im Inland (diesfalls Deutschland) hing alleine davon ab, ob sie Lieferungen und Leistungen erbrachte.

Diese Rechtsfolgerungen sind unbestritten und beschränken sich nicht auf Domizilgesellschaften. Im gegenständlichen Berufungsfall wird aber gerade bestritten, dass die Firma AP Lieferungen erbracht hat bzw. durch Dritte hat erbringen lassen.

(d) Soweit die Bw. anhand der anlässlich der Erörterung übergebenen Unterlagen (Bestätigungen, Rechnungen usw.) dartun will, dass Gelder von den Herren P. und H.H. (sowie tw. L.) entgegengenommen wurden und deswegen schon eine geschäftliche Aktivität gegeben sei, ist ihr auch insoweit nicht beizupflichten: Die Unterhaltung einer Postadresse, eines Bankkontos und die gelegentliche Scheckabholung sind bestenfalls ein Hinweis auf eine Briefkastentätigkeit, aber kein Nachweis für eine unternehmerische Tätigkeit.

Die übergebene Unterlage betreffend die Firma Ha. (hier nicht berufungsgegenständlich) soll verdeutlichen, dass noch viel mehr Personen (nämlich auch H.H.) für die AP "tätig geworden sind", als die Finanzverwaltung bisher annahm. Tatsächlich beweist auch dieses Papier nur, dass sich Herr A. überall (und und an vielen Orten und in vielen Ländern) der gleichen "Abkassiermethode" bediente, nämlich durch Gründung einer Briefkastenfirma und gleichzeitiger Installierung von Geldinkassanten. Ein Nachweis für unternehmerische Tätigkeiten ist auch diese Vorgangsweise nicht.

(e) Soweit in der Änderungsanmerkung vom 8. Juni 2005 darauf verwiesen wird, dass Pi. seine Aussagen wohl getätigt habe, weil er in diese betrügerischen Machenschaften eingebunden gewesen sei (was offenkundig seine für die AP belastenden Aussagen entwerten soll), ist dem entgegenzuhalten, dass ihn A. wohl kaum schriftlich entlastet hätte, wäre er tatsächlich beteiligt gewesen. Gerade dass Pi. diese Aussagen tätigte, obwohl A. ihn entlastete (und er ihm daher dankbar sein musste) beweist den Wahrheitsgehalt seiner Darlegungen.

6. Zusammenfassung:

Die Firma AP ist weder Unternehmer im Sinne des UStG 1994, noch erbrachte sie Lieferungen, da sie mangels Abschluss von Verpflichtungsgeschäften gar keine Verfügungsmacht verschaffen konnte. Zudem wiesen die Rechnungen nicht jene Merkmale auf, die für einen Vorsteuerabzug erforderlich sind. In den umsatzsteuerrechtlich relevanten Vorgang war die AP erst dann eingeschaltet, wenn die Bw. Aufstellungen über die beförderten Fleischmengen übermittelte bzw. wenn sie eine Gutschrift erhielt. Der Vermittler P. sandte seine (an die AP gerichteten Rechnungen) an die E. SA (von der sie auch bezahlt wurden). Die AP ist als reine "Briefkastenfirma" zu bezeichnen, die lediglich ein Postfach unterhielt und nach außen hin nicht in Erscheinung getreten ist.

Die Berufung war in diesem Punkt für 1996 und 1997 abzuweisen.

B.) Vorsteuerabzug Firma J.G.:

Soweit die Bw. den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen des J.G. für 1996 in Höhe von 169.146,00 S geltend macht, ist ihr wie folgt beizupflichten:

(1) J.G. war nach den Feststellungen in der VwGH-Entscheidung vom 28. Januar 2005, 2002/15/0157, im Jahre 1996 ausländischer Unternehmer.

(2) Für die Umsatzsteuer ist es ohne Belang, ob der Unternehmer, der die Leistung erbringt, Inländer oder Ausländer ist oder ob er in Österreich eine Betriebsstätte hat. Maßgebend ist allein, ob ein Unternehmer einen Umsatz im Inland ausführt (Ruppe, USt-Kommentar, § 2, Tz 18 und § 27, Tz 15). J.G. konnte daher die Steuerbefreiung der VO BGBl. 800/1974 in Anspruch nehmen, war dazu aber nicht verpflichtet.

(3) Die Durchführung der Leistungen in den strittigen Rechnungen wurde nicht bestritten. Die Rechnungsausstellung erfolgte daher zu Recht. Damit steht auch der Vorsteuerabzug für 1996 zu.

(4) Zwar hat J.G. mit Schreiben vom 17. Oktober 1998 die Rechnungen wiederum korrigiert (Ausstellung ohne Mehrwertsteuer), wobei die L. KG mit Schreiben vom 6. November 1998 diesen Widerruf nur unter der Bedingung angenommen hat, dass ihr die Mehrwertsteuer überwiesen wird, diese Vorgänge haben aber auf die Beurteilung im Jahr 1996 keinen Einfluss. Die Anwendung des § 295a BAO wird vom Unabhängigen Finanzsenat in diesem Zusammenhang nicht erwogen. Ein Irrtum oder Vollzugsdefizit (Beiser, ÖStZ 2005/360) liegt nicht vor, vielmehr wollte der Rechnungsaussteller die Rechnung im Jahr 1996 mit Mehrwertsteuer erstellen, der Rechnungsempfänger wollte eine Rechnung, die ihn zum Vorsteuerabzug ermächtigt. Diesfalls geht die Sperre des § 16 UStG der verfahrensrechtlichen Regelung vor.

In diesem Punkt ist der Berufung stattzugeben.

Für das Jahr 1996 ergibt sich damit (insgesamt) eine teilweise Stattgabe.

Beilage: 1 Berechnungsblatt, 1 Anonymisierungsblatt

Linz, am 15. Juni 2005

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994

Schlagworte:

Vorsteuerabzug, Lieferkette, Unternehmereigenschaft, Verschaffung der Verfügungsmacht, Rechnungsmerkmale, Briefkastengesellschaft

Stichworte