UFS RV/3125-W/02

UFSRV/3125-W/027.3.2003

Keine Gesellschaftsteuerbefreiung für Kapitalerhöhungen nach dem NeuFöG

 

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien betreffend Gesellschaftsteuer vom 8. November 2001 entschieden:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Entscheidungsgründe

Mit Gesellschafterbeschluss vom 26. September 2001 beschloss die seinerzeitige Alleingesellschafterin der Bw. ihr Stammkapital von bisher € 35.000,00 auf € 1,500.000,00 zu erhöhen. Zur Übernahme dieser Kapitalerhöhung wurden zwei neue Gesellschafter zugelassen.

Dieser gesellschaftsteuerbare Vorgang wurde mit Gesellschaftsteuererklärung gemäß § 10 Abs. 1 KVG am 12. Oktober 2001 beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien angezeigt und als Erwerb von Gesellschaftsrechten gemäß § 2 Z 1 KVG mit einer Gegenleistung in Höhe von € 1,465.000,00 erklärt.

Die Eintragung der Kapitalerhöhung im Firmenbuch erfolgte am 19. Oktober 2001.

Entsprechend der Erklärung wurde für diesen Rechtsvorgang mit Bescheid vom 8. November 2001 Gesellschaftsteuer in Höhe von 1 % des Wertes der Gegenleistung, somit in Höhe von S 201.588,00 (entspricht € 14.649,97) festgesetzt.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung begehrte die Bw. eine Gesellschaftssteuerbefreiung nach § 1 Z 5 NEUFÖG und verwies auf ein anhängiges Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof in einem gleich gelagerten Fall. Die im Abgabenverfahren noch nicht vorgelegte Erklärung der Neugründung gemäß § 4 Abs. 1 NEUFÖG (amtlicher Vordruck NeuFö 1) wurde mit der Berufung nachgereicht.

Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom 14. Jänner 2002 als unbegründet abgewiesen. In der Begründung zur Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt der Bw. ua. vor, dass die Vorlage der Erklärung der Neugründung eine materielle Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Begünstigungen nach dem NEUFÖG darstelle und im Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches gegeben sein müsse. Durch eine spätere Nachreichung der Erklärung könne dieser Mangel nicht mehr saniert werden.

Dagegen brachte die Bw. einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweite Instanz ein.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 1 Z 5 NEUFÖG wird zur Förderung der Neugründung von Betrieben nach Maßgabe der §§ 2 bis 6 NEUFÖG Gesellschaftsteuer für den Erwerb von Gesellschaftsrechten unmittelbar im Zusammenhang mit der Neugründung der Gesellschaft durch den ersten Erwerber nicht erhoben.

Nach § 4 Abs. 1 NEUFÖG treten die Wirkungen nach § 1 Z 1 bis 6 NEUFÖG nur dann ein, wenn der Betriebsinhaber bei den in Betracht kommenden Behörden einen amtlichen Vordruck vorlegt, in dem die Neugründung erklärt wird.

Konnten die Wirkungen des § 1 NEUFÖG zunächst nur deshalb nicht eintreten, weil der amtliche Vordruck zur Erklärung der Neugründung noch nicht aufgelegt war, so treten auf Grund des § 4 Abs. 4 NEUFÖG bei nachträglicher Vorlage (Abs. 1) oder bei Ausstellung (Abs. 2) des amtlichen Vordrucks die Wirkungen des § 1 nachträglich (rückwirkend) ein.

Nach § 4 Abs. 1 erster und zweiter Satz der Verordnung zum Neugründungs- Förderungsgesetz, BGBl. II Nr. 278/1999 wird der amtliche Vordruck über die Erklärung der Neugründung mit 1. September 1999 aufgelegt (Anhang zur Verordnung). Ab 1. September 1999 treten die Wirkungen des § 1 Z 1 bis 6 NEUFÖG nur dann ein, wenn der Betriebsinhaber bei den in Betracht kommenden Behörden den amtlichen Vordruck, in dem die Neugründung erklärt wird, vorlegt. Für Zeiträume vor dem 1. September 1999 treten die Wirkungen des § 1 NEUFÖG nachträglich rückwirkend ein.

Zur Frage ob die Befreiungsbestimmung des § 1 Z 5 NEUFÖG auf einen ersten Erwerb von Gesellschaftsrechten anlässlich einer Kapitalerhöhung Anwendung finden kann, hat der Verwaltungsgerichtshof Folgendes ausgeführt:

In den Erläuterungen zu diesem Bundesgesetz ist hinsichtlich § 1 Z 5 NeuFöG ausgeführt, bei der Gesellschaftsteuer erstrecke sich die Befreiung lediglich auf die Gründungseinlagen anlässlich der Neugründung einer Gesellschaft (1766 BlbNR 20. GP).

Bei Betrachtung der einzelnen Befreiungsbestimmungen des § 1 NeuFöG ist erkennbar, dass der Gesetzgeber darin durchaus unterschiedliche Vorgänge von den angeführten Abgaben befreit hat, und zwar spezifisch nach der jeweiligen Abgabenart. So ist etwa im Zusammenhang mit der Befreiung von Grunderwerbsteuer (Z2), den Grundbuchsgebühren (Z4), der Gesellschaftsteuer (Z5) und der Börsenumsatzsteuer (Z6) von der "Neugründung der Gesellschaft" die Rede, während die Befreiung von den Firmenbuchgebühren von der "Neugründung des Betriebs" abhängig ist. Diese Differenzierung ist - wie aus den zitierten Gesetzesmaterialien ersichtlich ist - durchaus als vom Gesetzgeber gewollt anzusehen (VwGH 23. 1. 2003, 2002/16/0188).

In der zitierten Gesellschaftsteuersache wurde auch Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erhoben, deren Behandlung dieser mit Beschluss abgelehnt hat (siehe VfGH 11.6.2002, B 858/01).

Eine Ausweitung der Gesellschaftsteuerbefreiung für den Erwerb von Gesellschaftsrechten unmittelbar im Zusammenhang mit der Neugründung der Gesellschaft durch den ersten Erwerber nach § 1 Z 5 NEUFÖG ist somit auf Rechtsvorgänge, welche nicht mit der Neugründung der Gesellschaft unmittelbar in Zusammenhang stehen, wie zB Kapitalerhöhungen, nicht möglich, selbst wenn es sich dabei um einen ersten Erwerb im Sinne des § 2 Z 1 KVG handelt.

Zur Nachreichung der Erklärung der Neugründung (amtlicher Vordruck NeuFö 1) im Berufungsverfahren ist zu sagen, dass zur Bewirkung einer Gesellschaftsteuerfreiheit nach § 1 Z 5 NEUFÖG die Vorlage des amtlichen Vordrucks nach Maßgabe des § 4 NEUFÖG materielle Voraussetzung ist (siehe VwGH 26. 4. 2001, 2000/16/0314). Durch eine Nachreichung des amtlichen Vordrucks kann die bereits entstandene Steuerschuld - vorbehaltlich besonderer Bestimmungen, wie § 4 Abs. 4 NEUFÖG, welche aber hier nicht zu tragen kommt - nicht mehr beseitigt werden.

Somit war die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Wien, 7. März 2003

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 2 Z 1 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934
§ 1 Z 5 NeuFöG, Neugründungs-Förderungsgesetz, BGBl. I Nr. 106/1999
§ 4 Abs. 1 NeuFöG, Neugründungs-Förderungsgesetz, BGBl. I Nr. 106/1999
§ 4 Abs. 4 NeuFöG, Neugründungs-Förderungsgesetz, BGBl. I Nr. 106/1999
§ 4 Abs. 4 ÜbertragungsVO, BGBl. II Nr. 483/2002

Schlagworte:

Neugründungsförderung, Kapitalerhöhung, Neugründung, amtlicher Vordruck, entstandene Steuerschuld, Gesellschaftsteuer

Verweise:

VwGH 23.01.2003, 2002/16/0188
VwGH 26.04.2001, 2000/16/0314

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