VwGH 2002/16/0188

VwGH2002/16/018823.1.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der Hgesellschaft m. b.H. in S, vertreten durch Eiselsberg Natlacen Walderdorff Cancola, Rechtsanwälte in Wien III, Schwarzenbergplatz 7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 17. April 2001, GZ RV 454-09/11/00, betreffend Gesellschaftsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §21 Abs1;
KVG 1934 §2 Z1;
NEUFÖG 1999 §1 Z5;
NEUFÖG 1999 §1;
BAO §21 Abs1;
KVG 1934 §2 Z1;
NEUFÖG 1999 §1 Z5;
NEUFÖG 1999 §1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Gesellschaftsvertrag vom 10. Februar 2000 gründete Mag. Gerhard H. die beschwerdeführende Gerhard H. GmbH. Die GmbH wurde am 18. Februar 2000 in das Firmenbuch eingetragen.

Mit Notariatsakt vom 7. März 2000 wurde die Verlegung des Sitzes, die Änderung der Firma und des Unternehmensgegenstandes beschlossen. Der Unternehmensgegenstand war nunmehr insbesondere die Vermittlung von Geschäftsgelegenheiten zum Erwerb oder zur Veräußerung von Wertpapieren, Geldmarktinstrumenten, Finanzterminkontrakten, Kauf- und Verkaufsoptionen auf Wertpapiere und andere Finanzinstrumente, Zinsterminkontrakte und Zinsausgleichsvereinbarungen, weiters die Verwaltung von Kundenportfolios in Bezug auf Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, besondere außerbilanzmäßige Finanzgeschäfte, geschriebene Optionen auf Schuldtitel, Substanzwerte, ausländische Kapitalanlagefondsanteile sowie die Beratung über die Veranlagung von Kundenvermögen.

Mit dem Beschluss vom 7. März 2000 wurde gleichzeitig eine Kapitalerhöhung von 35.000,-- EUR auf 240.000,-- EUR vorgenommen. Der Gesellschaftsvertrag wurde neu gefasst.

Anlässlich der Erklärung gemäß § 10 Abs 1 KVG wurde auch das Formular gemäß § 4 Neugründungsförderungsgesetz (NeuFöG), BGBl I Nr 106/1999, vorgelegt.

Mit Bescheid vom 19. Juni 2000 wurde aus Anlass der Kapitalerhöhung vom 7. März 2000 Gesellschaftsteuer vorgeschrieben.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde die Steuerbefreiung nach § 1 Z 5 NeuFöG geltend gemacht. In der Begründung wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach dem Wertpapieraufsichtsgesetz. Erst nach der Konzessionserteilung am 2. Mai 2000 sowie der darauffolgenden Eintragung der Veränderungen im Firmenbuch habe die Beschwerdeführerin Wertpapierdienstleistungen, die ihren einzigen Unternehmensgegenstand bilden, am Markt angeboten. Die Betriebsinhaber hätten sich bisher weder in vergleichbarer Art beherrschend betrieblich betätigt noch liege eine bloße Änderung der Rechtsform in Bezug auf einen bereits vorhandenen Betrieb vor. Auch eine Kapitalerhöhung sei ein erster Erwerb iS des § 2 Z 1 KVG.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, es habe schon ein Unternehmen bestanden; es sei bloß der Unternehmensgegenstand geändert und der Sitz verlegt worden. Das Gesetz begünstige nur echte Neugründungen.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 11. Juni 2002, B 858/01-7, abgelehnt; gleichzeitig wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. In der Begründung des Beschlusses wurde insbesondere ausgeführt, das Vorbringen der Beschwerde gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 1 Z 5 NeuFöG lasse vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zu dem - unter dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes - dem Gesetzgeber zustehenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraum im Allgemeinen) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Festsetzung der Gesellschaftsteuer mit 0 EUR verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte

die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 1 NeuFöG lautet in der Stammfassung auszugsweise:

§ 1. Zur Förderung der Neugründung von Betrieben werden nach

Maßgabe der §§ 2 bis 6 nicht erhoben:

1. Stempelgebühren und Bundesverwaltungsabgaben für die durch eine Neugründung unmittelbar veranlassten Schriften und Amtshandlungen;

2. Grunderwerbsteuer für die Einbringung von Grundstücken auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage unmittelbar im Zusammenhang mit der Neugründung der Gesellschaft, soweit Gesellschaftsrechte oder Anteile am Vermögen der Gesellschaft als Gegenleistung gewährt werden;

3. Gerichtsgebühren für die Eintragungen in das Firmenbuch (Tarifpost 10 Z I des Gerichtsgebührengesetzes) unmittelbar im Zusammenhang mit der Neugründung des Betriebes;

4. Gerichtsgebühren für die Eintragungen in das Grundbuch zum Erwerb des Eigentums (Tarifpost 9 lit a und lit b des Gerichtsgebührengesetzes) für die Einbringung von Grundstücken auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage unmittelbar im Zusammenhang mit der Neugründung der Gesellschaft, soweit Gesellschaftsrechte oder Anteile am Vermögen der Gesellschaft als Gegenleistung gewährt werden;

5. Gesellschaftsteuer für den Erwerb von Gesellschaftsrechten unmittelbar im Zusammenhang mit der Neugründung der Gesellschaft durch den ersten Erwerber;

6. Börsenumsatzsteuer für die Einbringung von Wertpapieren auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage unmittelbar im Zusammenhang mit der Neugründung der Gesellschaft, soweit Gesellschaftsrechte oder Anteile am Vermögen der Gesellschaft als Gegenleistung gewährt werden;

...

In den Erläuterungen zu diesem Bundesgesetz ist hinsichtlich § 1 Z 5 NeuFöG ausgeführt, bei der Gesellschaftsteuer erstrecke sich die Befreiung lediglich auf die Gründungseinlagen anlässlich der Neugründung einer Gesellschaft (1766 BlgNR 20. GP).

Bei Betrachtung der einzelnen Befreiungsbestimmungen des § 1 NeuFöG ist erkennbar, dass der Gesetzgeber darin durchaus unterschiedliche Vorgänge von den angeführten Abgaben befreit hat, und zwar spezifisch nach der jeweiligen Abgabenart. So ist etwa im Zusammenhang mit der Befreiung von Grunderwerbsteuer (Z 2), den Grundbuchsgebühren (Z 4), der Gesellschaftsteuer (Z 5) und der Börsenumsatzsteuer (Z 6) von der "Neugründung der Gesellschaft" die Rede, während die Befreiung von den Firmenbuchgebühren von der "Neugründung des Betriebs" abhängig ist. Diese Differenzierung ist - wie aus den zitierten Gesetzesmaterialien ersichtlich ist - durchaus als vom Gesetzgeber gewollt anzusehen. Nach dem oben angeführten Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes ist eine solche Differenzierung der Gestaltung des Gesetzgebers überlassen.

Damit ist aber das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden:

Im Beschwerdefall wurden nicht Gründungseinlagen anlässlich der Neugründung der GmbH, sondern vielmehr die Erhöhung der Einlagen durch eine Kapitalerhöhung der Gesellschaftsteuer unterzogen, auf welchen Vorgang sich die Befreiung von der Gesellschaftsteuer iS des § 1 Z 5 NeuFöG nach ihrem klaren Wortlaut eben nicht bezieht.

Soweit die Beschwerdeführerin einen unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zwischen der Gründung der GmbH und der in Rede stehenden Kapitalerhöhung geltend macht, ist ihr entgegenzuhalten, dass es sich bei den im Beschwerdefall zu beurteilenden Steuertatbeständen um Rechtsvorgänge handelt. Diese Tatbestände knüpfen aber an eine formalrechtliche Gestaltung an und sind insoweit einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht zugänglich. Damit ist auch die gewisse zeitliche Nähe der Vorgänge nicht maßgeblich, zumal ein kausaler Zusammenhang des Notariatsaktes vom 7. März 2000 mit der am 10. Februar 2000 erfolgten Gründung der GmbH nicht erkennbar ist. So war der Unternehmensgegenstand nach den unwidersprochen gebliebenen Ausführungen der belangten Behörde bei Gründung der GmbH völlig anders geartet als nach der am 7. März 2000 erfolgten Änderung des Gesellschaftsvertrages. Dass die Gründung der GmbH "vorerst notwendig" gewesen sei, "um der nach dem Wertpapieraufsichtsgesetz zwingend vorgeschriebenen Anlegersicherung und Entschädigungseinrichtung als neuer Gesellschafter beitreten zu können", ist unrichtig, da ja auch der Weg hätte beschritten werden können, von vornherein einen Gesellschaftsvertrag wie den vom 7. März 2000 abzuschließen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 23. Jänner 2003

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