BFG RV/7102149/2017

BFGRV/7102149/201710.5.2017

Kosten für Kuraufenthalt/Kroatien in Spezialklinik für Schwerversehrte auch ohne vorherige ärztliche Verordnung als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2017:RV.7102149.2017

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerde der Bf., Adresse, PLZ-Ort, vom 24. November 2014 gegen den Bescheid der belangten Behörde, Finanzamt Baden-Mödling, vom 28. Oktober 2014 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013 zu Recht erkannt: 

 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die im Jahre 1945 geborene, seit 1963 querschnittsgelähmte Beschwerdeführerin (im Folgenden mit Bf. bezeichnet) macht bei der Einreichung der Erklärung zur Arbeitnehmer-Veranlagung 2013 Kosten für den Kuraufenthalt in R./Kroatien iHv EUR 676,00 als außergewöhnliche Belastung geltend. Dem Betrag iHv EUR 676,00 liegen die nachstehend bezeichneten Aufwendungen zu Grunde:

 

Zur Vorgeschichte dieses Falles wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31.3.2017, Zl. Ra 2015/13/0042, sowie auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 5.5.2015, GZ. RV/7101685/2015, verwiesen. Das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 5.5.2015, GZ. RV/7101685/2015, wurde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufgehoben.

Der den Kurkosten zu Grunde liegende und von der Bf. zu entrichtende Eigenerlag betreffend die Aufenthaltskosten sei wie folgt ermittelt worden: 

 

Im Zuge der Veranlagung der Bf. zur Einkommensteuer 2013 wich das Finanzamt mit Einkommensteuerbescheid vom 28. Oktober 2014 von der eingereichten Erklärung insoweit ab, als u.a. die als außergewöhnliche Belastung beantragten Aufwendungen für Kurkosten iHv EUR 676,00 im Teilbetrag von EUR 130,00 (d.s. Aufwendungen für Massagen) unter der Kennziffer 730 als "Krankheitskosten" berücksichtigt und die Aufwendungen betreffend den Kuraufenthalt in R./Kroatien iHv EUR 546,00 nicht zum Abzug zugelassen wurden.

Die in weiterer Folge im Gesamtbetrag von EUR 2.042,07 gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 als außergewöhnliche Belastung berücksichtigten Krankheitskosten seien wie folgt ermittelt worden:

 

Begründend wurde ausgeführt, als zusätzliche Kosten aus der Behinderung seien nur solche Krankheitskosten absetzbar, die im direkten Zusammenhang mit der Behinderung stehen. Die beantragten Ausgaben für die Allergietherapie und die diesbezüglichen Medikamente würden nicht mit der Behinderung in Zusammenhang stehen und seien daher als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt zu berücksichtigen.

Aufwendungen für eine Kurreise seien nur dann als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn die Reise nach ihrem Gesamtcharakter ein Kuraufenthalt mit kurmäßig gestalteter Tages- und Freizeitgestaltung und ärztlicher Kontrolle am Kurort erfolge und wenn sie zur Heilung oder Linderung einer Krankheit notwendig sei. Zum Nachweis der Zwangsläufigkeit eines Kuraufenthaltes sei die Vorlage eines vor Antritt der Kur ausgestellten ärztlichen Zeugnisses, aus dem sich die Notwendigkeit und Dauer der Reise sowie das Reiseziel ergeben, erforderlich. Die von der Bf. vorgelegte ärztliche Empfehlung sei nicht ausreichend.

Mit Einkommensteuerbescheid 2013 vom 28. Oktober 2014 wurde das steuerpflichtige Einkommen mit EUR 17.507,70 ermittelt und die Einkommensteuer iHv EUR 2.171,10 festgesetzt.

Gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 erhob die Bf. mit Eingabe vom 24. November 2014 das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte eine Anerkennung der als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Aufwendungen iZm dem Antritt einer dreiwöchigen Kur in R./Kroatien.

Begründend wurde ausgeführt, der Hausarzt der Bf., Dr.JB., habe der Bf. diese Kur ans Herz gelegt. Der leitende Arzt der Sozialversicherungsanstalt der Bauern (SVB) habe am 16. Februar 2013 von einer notwendigen Maßnahme infolge der Querschnittlähmung gesprochen.

In der die Bf. selbst betreffenden Entscheidung vom 14. April 2014, GZ. GZ1, betreffend ihre Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 werde auf Seite 4 der Bescheidbegründung ein ärztliches Zeugnis vor Antritt der Kur verlangt. Neben dem Begriff "Zeugnis" werde im selben Absatz auch von einem Gutachten gesprochen, das gleich gehalten werden könne. Nun sei die Bf. der Meinung gewesen, dass sie für 2013 den Anforderungen des Finanzamtes sowie des BFG entsprochen habe.

Für die Bf. entstehe daher der Eindruck, dass es offenbar nur an der Wortwahl, nicht aber an der Kur als solcher liegen könne, dass ihre Aufwendungen nicht akzeptiert würden. Dies könne aus der Sicht der Bf. kein hinreichender Grund für die Ablehnung darstellen. In diesem Zusammenhang möchte die Bf. nicht unerwähnt lassen, dass sich heuer ein dreiwöchiger Kuraufenthalt in X (Krankenhaus) in R./Kroatien für die Sozialversicherungsanstalt der Bauern mit EUR 2.679,60 zu Buche geschlagen hätte, da der Tagessatz für die Bf. EUR 72,73 und für die mitzunehmende Begleitperson EUR 54,87 ausgemacht hätte. Demgegenüber seien die von Finanzamt abgelehnten Kuraufwendungen, die ja ohnehin nur einen Absetzbetrag dargestellt hätten, in keinem Verhältnis.

Aus dem der Beschwerde beigelegten und im Mai 2013 verfassten Schreiben des Hausarztes der Bf. ergebe sich, dass die Bf. seit vielen Jahren unter den Auswirkungen einer Querschnittlähmung leide und somit an einen Rollstuhl gefesselt sei. Daher werde im Rahmen der Rehabilitation und vor allem als Prävention der daraus resultierenden Begleiterkrankungen der Muskulatur und des Skeletts ein jährlicher Kuraufenthalt mit intensiven, physiotherapeutischen Einheiten in einer spezialisierten Klinik wie zB von der von der AUVA empfohlenen orthopädischen Klinik R./Kroatien aus hausärztlicher Sicht ans Herz gelegt.

Die Beschwerde (vormals: Berufung) wurde mit Berufungsvorentscheidung vom 4. Februar 2015 als unbegründet abgewiesen und diese Abweisung wie folgt begründet:

Kurkosten würden nach herrschender Lehre und Rechtsprechung nur dann zu einer außergewöhnlichen Belastung führen können, wenn der Kuraufenthalt

Diese Voraussetzungen würden durch eine vor Antritt der Kur ausgestellte ärztliche Bestätigung, aus der sich im Fall einer Kurreise auch die Notwendigkeit und die Dauer der Reise sowie das Reiseziel ergeben, oder durch den Umstand eines Kostenersatzes durch die Sozialversicherung nachgewiesen werden können.

Nicht jeder auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführter Kuraufenthalt führe zu einer außergewöhnlichen Belastung. Der Begriff "Kur" erfordere ein bestimmtes, unter ärztlicher Aufsicht und Betreuung durchgeführtes Heilverfahren.

Zum Nachweis der Zwangsläufigkeit eines Kuraufenthaltes sei die Vorlage eines vor Antritt der Kur ausgestellten ärztlichen Zeugnisses, aus dem sich die Notwendigkeit und Dauer der Reise sowie das Reiseziel ergeben, erforderlich. Ein derartiges Gutachten liege im gegenständlichen Fall nicht vor.

Das vom Arzt Dr.JB. vorgelegte Schreiben vom Mai 2013 entspreche nicht den Anforderungen eines derartigen Gutachtens. Es gehe nur ganz allgemein hervor, dass regelmäßige, jährliche Kuraufenthalte mit intensiven, physiotherapeutischen Einheiten in einer spezialisierten Klinik wie z.B. in der orthopädischen Klinik R. (KRO) aus hausärztlicher Sicht ans Herz gelegt werden. Es handle sich somit nur um eine ärztliche Empfehlung und um keine Verordnung.

Wesentlich sei weiters, dass die Reise nach ihrem Gesamtcharakter ein Kuraufenthalt, d.h. mit einer nachweislich kurgemäß geregelten Tages- und Freizeitgestaltung sei, und nicht bloß ein Erholungsaufenthalt, welcher der Gesundheit letztlich auch förderlich sei. Aufgrund der vorgelegten Bestätigungen sei nicht überprüfbar, dass der Aufenthalt der Bf. in Kroatien diesen Anforderungen entsprochen habe. Die Beschwerde sei daher als unbegründet abzuweisen.

Mit Eingabe vom 2. März 2015 stellte die Bf. den Antrag auf Entscheidung über diese Beschwerde durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Ergänzend wurde ausgeführt, im Bescheid des do. Finanzamtes für die Einkommenssteuer 2012 sei ein ärztliches Zeugnis verlangt worden, aus dem sich die Notwendigkeit einer Kur ergebe. Nun habe die Bf. für das Kurheilverfahren bzw. den Rehab-Aufenthalt für 2013 ein ärztliches "Zeugnis" beigebracht.

Das Finanzamt spreche aber nun auf Seite 2, 3. Absatz der BVE-Begründung von einer notwendigen Verordnung. Dem sei die Bescheidbegründung aus dem Jahr 2014, Seite 2, gegenübergestellt, wo von einem ärztlichen Zeugnis und zwei Zeilen weiter von einem Gutachten gesprochen werde. Es könne nicht nachvollzogen werden, dass das Finanzamt selbst 3 verschiedene Begriffe verwende, jenen aber von meinem Hausarzt aber nicht akzeptiere.

Völlig unabhängig von dem "Spiel mit Worten" müsse eines festgehalten und klargestellt werden:

Die AUVA entsende seit 1971 (!)Versicherte mit Arbeitsunfällen zum REHAB-Aufenthalt nach R., da sich das Klima und das Schwimmen im Meerwasser als Heilbehandlung besonders bewährt haben.

Im dortigen orthopädischen Krankenhaus sei sehr wohl eine 24-stündige fachärztliche Betreuung, so erforderlich, sichergestellt. Es erfolge auch eine Eingangsuntersuchung! Darüber hinaus beginne der Tagesablauf (außer Sonntag) mit

und sei somit absolut kurgemäß. Eine Therapiekarte habe die Bf. ihrem Antrag beigelegt.

Im Jahre 2014 habe die AUVA 461 eigene Patienten sowie im Bedarfsfall auch notwendige Begleitpersonen sowie 52 nicht AUVA-Versicherte für jeweils 3 Wochen nach R. entsandt. Von diesen 52 nicht AUVA-Patienten seien 26 von der Sozialversicherungsanstalt der Bauern entsandt worden, ausschließlich querschnittgelähmte Personen. Keiner von ihnen benötige eine ärztliche Verordnung, da die Notwendigkeit des Kuraufenthaltes durch die Querschnittlähmung gegeben sei. Die Bf. selbst sei schon 12x Teil dieses Kontingents der SVB (Sozialversicherungsanstalt der Bauern), zuletzt 2003 gewesen!

Der Tagsatz habe letztes Jahr EUR 72,43 betragen, das seien für 21 Tage EUR 1.521,03 inkl. Anwendungen. Der von der Bf. in der Arbeitsnehmerveranlagung ausgewiesene Betrag betrage lediglich EUR 676,00. Es sei also sowohl für die Unfallversicherung der Bf. (SVB) und somit für den Staat um rund EUR 845,00 billiger, wenn die Bf. keinen von den 26 Plätzen der SVB in Anspruch nehme.

Neuerlich nicht unerwähnt müsse die Bf., dass bis 2011 diese Ausgaben berücksichtigt worden seien. Ohne der Bf. eine gesetzliche Änderung anzugeben sei dies seit 2012 nicht mehr der Fall. Dieses Argument habe die Bf. schon in der Beschwerde 2012 angegeben, sei aber vom Finanzamt nicht gegenargumentiert worden. Es werde daher beantragt, die Kosten für den Kur- bzw. REHAB-Aufenthalt in R./Kroatien für das Jahr 2013 mit dem Betrag iHv EUR 676,00 als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen.

Mit Eingabe vom 22. April 2015 verweist die Bf. auf die "Ungeschicklichkeit" ihres Hausarztes Dr.JB., der ihr den Kuraufenthalt in R./Kroatien lediglich "ans Herz gelegt", nicht aber verordnet habe. Dies sollte nach den Ausführungen der Bf. jedoch nicht dazu führen, dass aufgrund der seit 52 Jahren bestehenden Querschnittlähmung der Aufenthalt der Bf. in R./Kroatien keine notwendige Rehabilitationsmaßnahme sei. Hierzu werde neuerlich das Schreiben des leitenden Arztes der Sozialversicherungsanstalt der Bauern (SVB) aus dem Jahre 2013 beigelegt.

Insbesondere ergebe sich aus dem mit 16. Februar 2013 datierten Schreiben des leitenden Arztes der Sozialversicherungsanstalt der Bauern:

Seitens des Ärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsanstalt der Bauern wird bestätigt, dass die nach dem Arbeitsunfall notwendigen Behandlungen und Rehabilitationsmaßnahmen auch regelmäßige, jährliche Aufenthalte in R./Kroatien beinhalten.

Die dort durchgeführten fachinternen, gynäkologischen, urologischen und neurologischen Untersuchungen, ergänzt durch dermatologische Konsiliarbefunde, psychologische Diagnostik stellen eine medizinisch notwendige Maßnahme in Folge ihrer bestehenden Querschnittlähmung dar. Leider ist die Teilnahme durch den Veranstalter, die AUVA, kontingentiert, sodass wir nicht jährlich die entsprechende Einweisung nach R. durchführen können.

gezeichnet:
CA Dr.F.
Leitender Arzt der Sozialversicherungsanstalt der Bauern

Neben dem von Behindertenverband geleisteten Zuschuss iHv EUR 294,00 habe es seitens der Sozialversicherungsanstalt keinen weiteren Zuschuss gegeben. Der Tagesablauf sei wie folgt gewesen:

 

Am Tag der Anreise bzw. des Kurantrittes sei eine medizinische Untersuchung erfolgt und dabei Therapien verordnet worden. Die Therapieeinteilung sei anschließend erfolgt. Die Untersuchung sei auf der Therapiekarte durch den Arzt bestätigt worden. Dieser Arzt sei telefonisch erreichbar. Ein Arztgespräch am Ende des Aufenthaltes sei bisher auf der Therapiekarte nicht dokumentiert worden, wäre aber möglich.

Der Eingabe vom 22. April 2015 wurde die mit 16. Februar 2013 datierte Bestätigung des leitenden Arztes der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Dr.F., beigelegt. Damit werde insbesondere bestätigt, dass die nach dem Arbeitsunfall der Bf. notwendigen Behandlungen und Rehabilitationsmaßnahmen auch regelmäßige, jährliche Aufenthalte in R./Kroatien beinhalten.

Die dort durchgeführten fachinternen, gynäkologischen, urologischen und neurologischen Untersuchungen, ergänzt durch dermatologische Konsiliarbefunde und psychologische Diagnostik, würden eine medizinisch notwendige Maßnahme in Folge der bei der Bf. bestehenden Querschnittlähmung darstellen. Leider sei die Teilnahme durch den Veranstalter, die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA), kontingentiert, sodass die Sozialversicherungsanstalt der Bauern nicht jährlich die entsprechende Einweisung nach R. durchführen könne.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

  1. 1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
  2. 2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
  3. 3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Außergewöhnlich ist nach § 34 Abs. 2 EStG die Belastung dann, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst. Zwangsläufig erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen nach § 34 Abs. 3 EStG dann, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites bildet im fortgesetzten Verfahren die Frage, ob "Kurkosten" für einen Kuraufenthalt in R./Kroatien, insbesondere die dafür entrichteten Aufenthaltskosten iHv EUR 546,00 als außergewöhnliche Belastung in Abzug gebracht werden können. Dies insbesondere unter den Aspekten, dass eine ärztliche Verordnung vor Kurantritt nicht vorlag, aufgrund der Querschnittlähmung aber ein jährlicher Kuraufenthalt in einer betreffenden Spezialanstalt für Rehabilitation vom leitenden Arzt des Sozialversicherungsträgers empfohlen, aber aufgrund des bei der AUVA bereits ausgeschöpften Kontingents eine Einweisung nicht durchgeführt werden konnte. 

Kurkosten können nach der bisherigen Rspr des VwGH als außergewöhnliche Belastung im Sinne der angeführten Bestimmung anerkannt werden, wenn der Kuraufenthalt

ein bestimmtes, unter ärztlicher Aufsicht und Betreuung durchgeführtes Heilverfahren Anwendung findet (vgl. VwGH 25.4.2002, Zl. 2000/15/0139; Doralt, Kommentar zum EStG, § 34, Rz. 78, Stichwort: Kurkosten).

Die Aufwendungen für den Kuraufenthalt müssen zwangsläufig erwachsen, wobei an den Nachweis des Vorliegens der Zwangsläufigkeit wegen der im Allgemeinen schwierigen Abgrenzung solcher Reisen von den ebenfalls der Gesundheit und Erhaltung der Arbeitskraft dienenden Erholungsreisen strenge Anforderungen gestellt werden (vgl. VwGH 22.2.2001, Zl. 98/15/0123; 28.10.2004, Zl. 2001/15/0164).

Nach der Judikatur des VwGH ist für den entsprechenden Nachweis der Zwangsläufigkeit eines Kuraufenthaltes daher vor allem das Vorliegen zweier wesentlicher Beweismittel unerlässlich (vgl. VwGH 22.12.2004, Zl. 2001/15/0116):

Zunächst ist ein vor Antritt der Kur ausgestelltes ärztliches Zeugnis vorzulegen, aus dem sich die Notwendigkeit und Dauer der Reise sowie das Reiseziel ergeben (ärztlich verordnete Kuren). Einem ärztlichen Gutachten kann es gleichgehalten werden, wenn zu einem Kuraufenthalt von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung oder aufgrund beihilfenrechtlicher Bestimmungen Zuschüsse geleistet werden, da zur Erlangung dieser Zuschüsse ebenfalls in der Regel ein ärztliches Gutachten vorgelegt werden muss (vgl. VwGH 25.4.2002, Zl. 2000/15/0139).

Auch im Falle eines festgestellten Grades der Behinderung besteht eine Verpflichtung zum Nachweis einer ärztlichen Verordnung bei Inanspruchnahme von Heilbehandlungen, denn nicht jeder auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Kuraufenthalt führt zu einer außergewöhnlichen Belastung (vgl. UFS 6.8.2013, GZ. RV/0208-W/13).

Im vorliegenden Fall handelt es sich nach den Ausführungen in dem aufhebenden VwGH-Erkenntnis vom 31.3.2017, Zl. Ra 2015/13/0042, um einen Aufenthalt in einem "Orthopaedic and Rehabilitation Hospital" für "handicapped patients" und somit einer "Spezialanstalt für Rehabilitation Schwerversehrter (Querschnittgelähmter und Amputierter).

Die zur Zwangsläufigkeit bei Kuraufenthalten in Hotels und Privatquartieren ergangene bisherige Judikatur des VwGH (vgl. VwGH 28.10.2004, Zl. 2001/15/0164; 22.12.2004, Zl. 2001/15/0116; 24.9.2008, Zl. 2006/15/0120; 22.4.2009, Zl. 2007/15/0022; 4.9.2014, Zl. 2012/15/0136) wird daher im vorliegenden Fall nicht als anwendbar erachtet (vgl. VwGH 31.3.2017, Zl. Ra 2015/13/0042).

Dies insbesondere auch dann, wenn ein wesentlicher Teil der in der Einrichtung angebotenen Maßnahmen darin besteht, dass die querschnittsgelähmten Patienten unter Aufsicht im Meerwasser schwimmen (vgl. VwGH 31.3.2017, Zl. Ra 2015/13/0042).

Die Kosten für den Kuraufenthalt in R./Kroatien in Höhe von EUR 546,00 werden daher als außergewöhnliche Belastung zum Abzug zugelassen.

Die Höhe der außergewöhnlichen Belastung vor Abzug des Selbstbehaltes wird daher wie folgt ermittelt:

 

 

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall folgt das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes der in dem VwGH-Erkenntnis vom 31.3.2017, Zl. Ra 2015/13/0042, vorgegebenen Judikatur.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: Berechnungsblatt

 

 

Wien, am 10. Mai 2017

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 34 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Verweise:

VwGH 31.03.2017, Ra 2015/13/0042

Stichworte