BFG RV/5100764/2015

BFGRV/5100764/201519.9.2016

Abzug von Verteidigungskosten im Zusammenhang mit EU-Wettbewerbsverstößen bei Kapitalgesellschaften

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2016:RV.5100764.2015

 

Beachte:
Revision eingebracht (Amtsrevision). Beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2017/15/0002. Mit Erk. Ro 2017/15/0001 und 0002 vom 22.3.2018 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Marco Laudacher in der Beschwerdesache EGG, vertreten durch ESW, über die Beschwerde vom 28. Januar 2015 und 4. November 2015, gegen die Bescheide des Finanzamtes xy vom 1. Dezember 2014 und 7. Oktober 2015, betreffend Körperschaftsteuer 2010 bis 2013 und Umsatzsteuer 2010 bis 2013

zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

 

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der in den angefochtenen Körperschaftsteuerbescheiden angeführten Abgaben beträgt:

Körperschaftsteuer 2010

 

Bemessungsgrundlage

Abgabe

Jahr

Art

Höhe

Art

Höhe

2010

Einkommen

5.797.768,75 €

Körperschaftsteuer

1.449.442,19 €

Differenz zur Mindestkörperschaftsteuer

0,00 €

Anrechenbare ausländische Steuer

Rundung

-3.320,16 €

0,03 €

Körperschaftsteuer

1.446.122,00 €

Körperschaftsteuer 2011

 

Bemessungsgrundlage

Abgabe

Jahr

Art

Höhe

Art

Höhe

2011

Einkommen

5.746.739,19 €

Körperschaftsteuer

1.436.684,80 €

Differenz zur Mindestkörperschaftsteuer

0,00 €

Anrechenbare ausländische Steuer

Rundung

 -4.904,89 €

0,09 €

Körperschaftsteuer

1.431.780,00 €

Körperschaftsteuer 2012

 

Bemessungsgrundlage

Abgabe

Jahr

Art

Höhe

Art

Höhe

2012

Einkommen

4.138.922,28 €

Körperschaftsteuer

1.034.730,57 €

Differenz zur Mindestkörperschaftsteuer

0,00 €

Anrechenbare ausländische Steuer

Rundung

-4.879,67 €

0,10 €

Körperschaftsteuer

1.029.851,00 €

Körperschaftsteuer 2013

 

Bemessungsgrundlage

Abgabe

Jahr

Art

Höhe

Art

Höhe

2013

Einkommen

3.054.888,72 €

Körperschaftsteuer

763.722,18 €

Differenz zur Mindestkörperschaftsteuer

0,00 €

Anrechenbare ausländische Steuer

Rundung

-2.732,58 €

0,40 €

Körperschaftsteuer

760.990,00 €

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der in den angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden angeführten Abgaben beträgt:

Umsatzsteuer Veranlagungsjahr 2010

Bemessungsgrundlage

Abgabe

 

Jahr/

Zeitraum

Art

Höhe

Art

Höhe

2010

Gesamtbetrag der Bmgrdl

Ausfuhrlieferung

ig. Lieferungen

81.080.686,29 €

-489.070,36 €

-6.244.531,84 €

-28.544.716,06 €

 

 

 

Steuerpflichtige Lieferungen

45.802.368,03 €

 

9.301.286,79 €

 

Summe USt

 

Summe ErwerbSt

Vorsteuer

Vorsteuer ig Erwerb

 

 

37.018.820,03 €

 

 

x 20%

9.301.286,79€

 

7.403.764,01 €

-3.511.379,14 €

-7.403.764,01 €

Zahllast in €

5.789.907,65 €

Umsatzsteuer Veranlagungsjahr 2011

Bemessungsgrundlage

Abgabe

 

Jahr/

Zeitraum

Art

Höhe

Art

Höhe

2011

Gesamtbetrag der Bmgrdl

Ausfuhrlieferung

ig. Lieferungen

83.859.038,58 €

-311.523,79 €

-5.290.138,64 €

-31.297.248,84 €

 

 

 

Steuerpflichtige Lieferungen

46.960.127,31 €

 

9.597.333,07 €

 

Summe USt

 

Summe ErwerbSt

Vorsteuer

Vorsteuer ig Erwerb

 

 

38.692.750,37 €

 

 

x 20%

9.597.333,07 €

 

7.738.550,07 €

-3.346.401,08 €

-7.738.550,07 €

Zahllast in €

6.250.931,99 €

Umsatzsteuer Veranlagungsjahr 2012

Bemessungsgrundlage

Abgabe

 

Jahr/

Zeitraum

Art

Höhe

Art

Höhe

2012

Gesamtbetrag der Bmgrdl

Ausfuhrlieferung

ig. Lieferungen

87.096.664,13 €

-221.589,39 €

-6.461.760,94 €

-33.261.556,80 €

 

 

 

Steuerpflichtige Lieferungen

47.151.757,00 €

 

9.586.963,28 €

 

Summe USt

 

Summe ErwerbSt

Vorsteuer

Vorsteuer ig Erwerb

 

 

43.533.092,44 €

 

 

x 20%

9.586.963,28 €

 

8.706.618,49 €

-3.512.339,82 €

-8.706.618,49 €

Zahllast in €

6.074.623,46 €

Umsatzsteuer Veranlagungsjahr 2013

Bemessungsgrundlage

Abgabe

 

Jahr/

Zeitraum

Art

Höhe

Art

Höhe

2013

Gesamtbetrag der Bmgrdl

Ausfuhrlieferung

ig. Lieferungen

87.606.595,56 €

-137.134,61 €

-5.975.938,50 €

-33.536.982,47 €

 

 

 

Steuerpflichtige Lieferungen

47.956.539,98 €

 

9.771.991,71 €

 

Summe USt

 

Summe ErwerbSt

Vorsteuer

Vorsteuer ig E.

 

 

42.594.887,09 €

 

 

x 20%

9.771.991,71 €

 

8.518.977,42 €

-3.788.453,89 €

-8.518.977,42 €

Zahllast in €

5.983.537,82 €

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Spruches.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist zulässig.

Entscheidungsgründe

A. Im Betriebsprüfungs- und Beschwerdeverfahren dargestellter Sachverhalt:

1. Bei der Bw. wurde 2014 eine Betriebsprüfung (BP) durchgeführt. Zu Rechts- und Beratungskosten iZm einem Kartellverfahren wurde folgendes dargelegt (Zusammenfassung):

a. Nach Ermittlungen und Hausdurchsuchungen sei mit Beschluss der EU-Kommission rechtskräftig eine Geldbuße (ohne Abschöpfungsbetrag) für die Teilnahme an einem Kartell verhängt worden.

Das Unternehmen habe in den Prüfungsjahren 2010 bis 2013 Eingangsrechnungen für Rechts- und Beratungskosten laut Aufstellung gewinnmindernd und mit Vorsteuerabzug geltend gemacht. Die Leistungsbeschreibungen würden ein Kartellverfahren der EU-Kommission gegen das geprüfte Unternehmen betreffen.

b. Zur periodenrichtigen Erfassung seien entsprechende Rückstellungen (für 2010 gesamt 354.000,00 €, für 2011 gesamt 500.000,00 € und für 2012 gesamt 140.868,18 €) in den UGB-Bilanzen dotiert worden (nachfolgend sei – soweit erforderlich – eine erfolgswirksame Auflösung bzw ein erfolgsneutraler Verbrauch erfolgt). Per 31. Dezember 2012 betrage die bilanzierte Beratungskostenrückstellung 500.000,00 €.

c. In der steuerlichen Mehr/Wenigerrechnung 2011 seien 500.000,00 € und in der steuerlichen Mehr/Wenigerrechnung 2012 gesamt 140.868,18 € aus der Dotation der Beratungskostenrückstellung zugerechnet worden (Begründung des Unternehmens: Steuerlich sei keine Rückstellung möglich, da am Bilanzstichtag noch kein Verfahren anhängig gewesen sei). Im Jahr 2012 sei der erfolgsneutrale Teilverbrauch der per 31. Dezember 2011 steuerneutral dotierten Rückstellung aufgrund von drei Eingangsrechnungen in der Höhe von 140.868,18 € in der steuerlichen Mehr/Wenigerrechnung als Betriebsausgabe geltend gemacht worden.

Neue Tatsachen: Im Zuge der BP seien die relevanten Belege, Leistungsverzeichnisse und Detailaufstellungen zu den Rückstellungsentwicklungen erstmals vorgelegt worden.

d. Nach herrschender Lehre und Rspr teilten Rechts- und Beratungskosten im Fall eines Schuldspruches das Schicksal der ertragsteuerlichen Qualifizierung der verhängten Geldbußen. Die Beratungskosten seien im Fall der Verurteilung nicht betrieblich veranlasst.

Da die 2014 verhängte Geldbuße aufgrund der zu diesem Zeitpunkt anzuwendenden Rechtslage nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig sei, könnten die damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Rechts- und Beratungskosten ebenfalls nicht als Betriebsausgabe anerkannt werden.

Im Hinblick darauf, dass die Rechts- und Beratungskosten teilweise vor dem Inkrafttreten des AbgÄG 2011 angefallen seien, werde der Vollständigkeit halber unter Verweis auf die dort angeführten umfangreichen Ausführungen auf die Entscheidung des UFS vom 13. Juni 2013, RV/3498-W/11, verwiesen, in der dieser auch für Zeiträume vor dem AbgÄG 2011 die Abzugsfähigkeit von Geldbußen der EU-Kommission wegen Verletzung von Wettbewerbsvorschriften nicht zugelassen habe und die bisherige Rspr zur Nichtabzugsfähigkeit von Kartellbußen im Lichte des Europarechtes und der Rspr des EuGH bestätigt sehe. In dieser Entscheidung werde auch darauf verwiesen, dass die EU-Kommission klargestellt habe, dass ihre Geldbußen im Zuge von Verstößen gegen das europäische Wettbewerbsrecht rein strafrechtlicher Natur seien und daher nicht von einem Abschöpfungsbetrag als Bestandteil der EU-Geldbuße auszugehen sei.

Aus den dargelegten Gründen sei die 2014 verhängte Geldbuße nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig und es teilten die Rechts- und Beratungskosten das Schicksal der Geldbußen.

e. Stornierung Rechts- und Beratungskosten in €:

 

2010

2011

2012

Steuerl. Aufwand ER/Verbrauch Rst vor BP

-661.177,22

-757.971,67

-154.188,18

Pass. Vorsteuer/RC-Steuer

-132.181,62

-150.932,79

-30.837,64

Steuerl. wirksame Dotation/Auflösung

-354.000,00

354.000,00

 

Aufwand nach BP

0,00

0,00

0,00

+ steuerl Gewinn

1.147.358,84

554.904,46

185.025,82

f. Umsatzsteuer Rechts- und Beratungskosten: Die in den Prüfungsjahren 2010 bis 2013 geltend gemachten Rechtsberatungskosten stellten – soweit ein Zusammenhang mit einem EU-Kartellverfahren bestehe – keine Betriebsausgaben dar, daher sei auch die Vorsteuer nicht abzugsfähig.

Kürzung Vorsteuer:

 

2010

2011

2012

2013

Kürzung Vorsteuer lt. BP

123.344,54

111.381,88

30.837,64

46.446,22

Kürzung Vorsteuer § 19 lt. BP

8.837,08

39.550,91

 

 

2. Gegen die aufgrund der BP ergangenen Körperschaftsteuerbescheide 2010 bis 2012 und Umsatzsteuerbescheide 2010 bis 2013 wurde mit Schreiben vom 28. Januar 2015 Beschwerde eingelegt (Auszug):

a. Es werde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht gestellt.

b. Die Bw. habe in den Jahren 2010 bis 2013 Eingangsrechnungen für Rechts- und Beratungskosten gewinnmindernd und mit Vorsteuerabzug geltend gemacht. Diese hätten die juristische Vertretung der Bw. bezüglich eines Kartellverfahrens vor der Europäischen Kommission betroffen. Die Ermittlungen der Kommission hätten zu einer rechtskräftigen Geldbuße für die Teilnahme an einem Kartell geführt. Die Geldbuße sei aufgrund der Kronzeugenregelung ermäßigt und zusätzlich unter Anwendung des Vergleichsverfahrens gemindert worden.

c. Die Bw. habe die zu erwartenden Kosten in den UGB-Bilanzen rückgestellt. Die Dotierung der Rückstellung sei steuerlich neutralisiert worden, da pauschal gebildet und künftige Zeiträume betreffend. Die Eingangsrechnungen habe man steuerlich aufwandswirksam und mit Vorsteuerabzug erfasst.

In den Steuerrechnungen der Jahre 2010 bis 2013 sei lediglich die unternehmensrechtliche Dotierung bzw Auflösung der „Rückstellung für Rechts- und Beratungsaufwand im Zusammenhang mit Kartellverfahren“ neutralisiert worden. Steuerrechtlich sei kein Ansatz der in 2011 dotierten Rückstellung in Höhe von 500.000,00 € erfolgt, da zum Stichtag noch kein Prozess anhängig gewesen sei.

d. Rückstellung im Jahr 2011: Die unternehmensrechtlich gebildete Rückstellung zum Stichtag 31. Dezember 2011 iHv 500.000,00 €, sei steuerlich nicht angesetzt worden, da es sich um eine pauschale Rückstellung handle. Daher seien in der steuerlichen Mehr/Wenigerrechnung 500.000,00 € hinzugerechnet worden. Da am Bilanzstichtag noch kein Verfahren anhängig gewesen sei, habe man die Rückstellung steuerlich nicht berücksichtigt.

e. Rückstellung im Jahr 2012:

Unternehmensrechtlich sei zum Stichtag 31. Dezember 2012 eine Rückstellung iHv 141.000,00 € gebildet (Verbrauch 2012 und Neudotierung des gleichen Betrages zum 31. Dezember 2012) und steuerlich iHv 141.000,00 € neutralisiert worden.

Der tatsächliche Beratungsaufwand 2012 iHv 141.000,00 € (unternehmensrechtlich als Verbrauch der Rückstellung aus 2011 gebucht – „Rückstellung an Zahlungsmittelkonto“), sei steuerlich 2012 über die Mehr/Wenigerrechnung als Betriebsausgabe berücksichtigt worden (141.000,00 €).

In Summe habe sich daraus 2012 eine Mehr/Wenigerrechnung von Null Euro ergeben (141.000,00 € aus Neudotierung Rückstellung 2012 sowie -141.000,00 € aus der steuerlichen Berücksichtigung des tatsächlichen Beratungsaufwandes).

f. Rückstellung im Jahr 2013: Unternehmensrechtlich seien zum Stichtag 31. Dezember 2013 von der gebildeten Rückstellung für Beratungsaufwand rund 232.000,00 € verbraucht und rund 263.000,00 € ertragswirksam aufgelöst worden. In der vorläufigen Mehr/Wenigerrechnung für 2013 seien somit rund 495.000,00 € abgerechnet worden. Damit sei eine steuerliche Berücksichtigung des tatsächlichen Beratungsaufwandes 2013 als Betriebsausgaben iHv 232.000,00 € sowie die Neutralisierung des unternehmensrechtlich erfolgswirksam verbuchten Auflösungsbetrages von 263.000,00 € erfolgt.

g. Zu klären sei, wie die mit einer Sanktion in Zusammenhang stehenden Rechts- und Beratungskosten bei einem Kartellverfahren steuerlich zu behandeln seien.

Betriebsausgaben nach § 4 Abs 4 EStG seien Aufwendungen und Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst seien. Eine betriebliche Veranlassung liege vor, wenn die Aufwendungen

- objektiv im Zusammenhang mit einer betrieblichen Tätigkeit stünden,

- subjektiv dem Betrieb zu dienen bestimmt seien und

- nicht unter ein steuerliches Abzugsverbot fielen.

Die Nichtanerkennung von Betriebsausgaben, die durch den Betrieb veranlasst seien, stelle eine Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips dar, die einer sachlichen Rechtfertigung bedürfe.

Für die Abziehbarkeit entscheidend sei, ob das unrechtmäßige Verhalten im Bereich der Einkünfteerzielung oder im Privatbereich liege.

h. Vorliegen eines Abzugsverbots:

Gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit. a EStG dürften bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht abgezogen werden. Für den Bereich der Körperschaften normiere § 12 Abs 1 Z 4 KStG die Nichtabzugsfähgkeit von Geld- und Sachzuwendungen, deren Gewährung oder Annahme mit gerichtlicher Strafe bedroht sei sowie Verbandsgeldbußen nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG). Nach Ansicht von Bachl besäßen Kapitalgesellschaften keine Sphäre der privaten Lebensführung (Stangl, Die außerbetriebliche Sphäre von Kapitalgesellschaften, 191). Demnach könne § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG nicht vom Verweiskatalog der nichtabzugsfähigen Aufwendungen und Ausgaben des § 12 KStG umfasst sein. Im Bereich des KStG fehle es an einer die Nichtabzugsfähigkeit von Geldstrafen begründenden Norm. Die gesetzliche Bestimmung zur Nichtabzugsfähigkeit von Strafen beziehe sich nur auf Strafen und gehe auf die steuerliche Behandlung von Verteidigungskosten nicht ein. Diese Norm sei daher auf Verteidigungskosten nicht anwendbar.

i. Die Pönalisierung einer Tat erstrecke sich nicht auf die Verteidigerkosten. Dem Abgabengesetz könne nicht ein über das jeweilige Strafgesetz hinausgehender Charakter einer Strafnorm beigemessen werden. Die Verteidigungskosten würden den Abgabepflichtigen nicht unabdingbar treffen und sie seien auch nicht von einem staatlichen Organ auferlegt worden (BFH 19.2.1982, VI R 31/78). Auch Personensteuern seien nicht abzugsfähig, wohl aber Steuerberaterkosten, die im Zusammenhang mit diesen Steuern anfielen. Ein gleichgelagerter Fall liege bei den Strafverteidigerkosten vor (vgl. Lachmayer, RdW 2011, 308).

j. Das Steuerrecht sei wertneutral und sittlich indifferent. Da Einkünfte auch dann zu versteuern seien, wenn sie auf illegalem Weg erwirtschaftet würden, gelte dies auch für Betriebsausgaben, deren Abzugsfähigkeit nicht davon abhängen solle, ob der Aufwendung ein strafrechtlich oder sonst gesetzlich verpöntes Verhalten zugrunde liege. Das Steuerrecht habe einen objektiven, sittlich indifferenten Charakter (VwGH 10.10.1972, 0664/72; VwGH 21.5.1980, 2848/78; VwGH 25.4.2001, 99/13/0221).

Aufgrund des objektiven Nettoprinzips müsse ein besonderer Grund vorliegen, einer Betriebsausgabe ohne explizite gesetzliche Anordnung die steuerliche Abzugsfähigkeit zu versagen. Dieser Grund könnte nur aus der gesamten Rechtsordnung kommen, aus der „Einheit der Rechtsordnung“. Die Gesetzwidrigkeit einer Handlung sei dabei aber für die steuerliche Behandlung unerheblich. Nach § 23 Abs 2 BAO werde die Erhebung einer Abgabe nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Verhalten gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoße. Entscheidend für die Frage der Abzugsfähigkeit einer Betriebsausgabe sei vielmehr, aus welchen Gründen das in Rede stehende unrechtmäßige Verhalten gesetzt worden sei. Ob dieses nämlich im Bereich der Einkünfteerzielung oder im Privatbereich liege (VwGH 30.10.2014, 2011/15/0137 zu Schadenersatzzahlungen).

k. Zur Rechtsprechung betreffend Verteidigerkosten:

Bereits im Erkenntnis vom 16.9.1992, 90/13/0063 habe der VwGH klargestellt, dass dem Abgabengesetz ein über das jeweilige Strafgesetz hinausgehender Charakter einer Strafnorm beigemessen würde, wenn man die Qualifikation als Betriebsausgabe für Strafverteidigungskosten verneine. Auch der BFH vertrete im Urteil vom 19.2.1982, VI R 31/78 die Auffassung, dass die Einheit der Rechtsordnung es nicht rechtfertige, Strafverteidigerkosten vom Abzug als Werbungskosten auszuschließen.

Das deutsche BMF habe im Zuge der Äußerung zu einem Vorlagebeschluss des ersten Senats (zu BFH 21.11.1983, GrS 2/82, BStBl 1984 II S 160) die Auffassung vertreten, auf Verfahrenskosten träfen Gründe gegen eine Abziehbarkeit (wie bei Geldstrafen) nicht zu.

Nach dem BFH setze die Abzugsfähigkeit der Verteidigungskosten voraus, dass die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat ausschließlich und unmittelbar aus seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit erklärbar sei (BFH 12.6.2002, XI R 35/01; BFH 30.6.2004, VIII B 265/03; BFH 18.10.2007, VI R 42/04; FG Hamburg 17.12.2010, 6 K 126/10; BFH 9.2.2012, VI R 23/10; FG Hamburg 18.6.2012, 6 K 181/11; BFH 16.4.2013, XI R 5/12; FG Hessen 12.2.2014, 4 K 1757/11). Bei der Beantwortung der Frage, ob das der Fall sei, sei ein strenger Maßstab anzulegen (BFH 13.10.1960, IV 63/59 S; FG Rheinland-Pfalz 15.4.2010, 4 K 2699/06; VwGH 29.9.1970, 0027/69). Strafverteidigungskosten seien auch bei vorsätzlich begangenen Straftaten Betriebsausgaben, wenn die zur Last gelegte Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen worden sei (BFH 19.2.1982, VI R 31/78; BFH 12.6.2002, XI R 35/01; FG Köln 30.6.2009, 8 K 1265/07).

Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit von Strafverteidigungskosten sei daher eine berufliche Veranlassung.

l. Laut Entscheidung der Kommission habe das Kartell den Zweck verfolgt, die gestiegenen Kosten an die Kunden weiterzugeben und einen aggressiven Preiswettbewerb zwischen den betroffenen Herstellern zu vermeiden. Die dem Verfahren zugrundegelegte Tat sei ausschließlich und unmittelbar aus der betrieblichen Tätigkeit heraus erklärbar. Die Rechts- und Beratungskosten stünden mit steuerpflichtigen Erlösen in Zusammenhang und aufgrund des fehlenden Abschöpfungsanteils bei der verhängten Geldbuße sei es auch zu keiner Minderung dieser Erlöse gekommen. Diese Kosten seien daher nach der Rspr des VwGH und BFH abzugsfähig.

Darüberhinaus obliege es dem Geschäftsführer der Bw., aufgrund von gesellschaftsrechtlichen Vorschriften den Vorteil der Gesellschaft zu wahren und jeglichen Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Bei zweifelhafter Sach- oder Rechtslage dürfe sich der Geschäftsführer auf den für die Gesellschaft günstigeren Standpunkt stellen und damit das Risiko eingehen, dass der Gesellschaft nachträglich eine Vertrags- oder Gesetzesverletzung vorgeworfen werde.

m. Kein Unterschied in der Rechtslage vor und nach dem AbgÄG 2011: Ein explizites Verbot der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Geldstrafen finde sich seit dem AbgÄG 2005 in § 12 Abs 1 Z 4 KStG und § 20 Abs 1 Z 5 EStG im Hinblick auf Verbandsgeldbußen nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz. Sonstige ausdrücklich normierte steuerliche Abzugsverbote hinsichtlich anderer Geldstrafen und Geldbußen hätten bis zum AbgÄG 2011 weder im KStG noch im EStG bestanden. Die gesetzlich geregelte steuerliche Nichtabzugsfähigkeit von Strafen gelte (auch nach dem Inkrafttreten des AbgÄG 2011) nicht auch gleichzeitig für die Verteidigungskosten. Die diesbezügliche Beurteilung habe nach wie vor nach dem Veranlassungsprinzip zu erfolgen (Schrottmeyer, Einkommensteuerliche Behandlung von Beratungskosten iZm einer Selbstanzeige, ÖStZ 2011, 493). Dies werde im verwaltungsnahen Schrifttum (vgl. Lachmayer, RdW 2011, 308) auch nach Inkrafttreten des AbgÄG 2011 vertreten.

Die für die Verteidigung im Verfahren vor der Europäischen Kommission anfallenden Rechts- und Beratungskosten lägen im Interesse des Betriebes, da dadurch die Chancen auf eine Verringerung der Strafe oder sogar einen Freispruch steigen könnten. Die Verteidigungskosten zusammen mit der Strafe zu pönalisieren wäre überschießend, da ein enger Zusammenhang mit der Betriebssphäre bestehe.

n. Die nachstehende Tabelle stelle zusammenfassend eine Gegenüberstellung des bisher festgesetzten Gesamtbetrages der Einkünfte und der Körperschaftsteuer sowie der beantragten Festsetzung des Gesamtbetrages der Einkünfte und der Körperschaftsteuer dar.

Jahr

Gesamtbetrag der EK in €

 

KÖSt in €

 

Differenz in €

 

bisher Bescheid vom 1.12.2014

beantragte Festsetzung

bisher Bescheid vom 1.12.2014

beantragte Festsetzung

 

2010

6.812.945,97

5.797.768,75

1.703.236,49

1.449.442,19

253.794,30

2011

6.150.710,86

5.746.739,19

1.537.677,72

1.436.684,80

100.002,92

2012

4.293.110,46

4.138.922,28

1.073.277,62

1.034.730,57

38.547,05

o. Umsatzsteuerliche Behandlung von Rechts- und Beratungskosten:

Durch § 12 Abs 2 Z 2 lit a UStG würden jene Aufwendungen vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben seien. Diese berechtigten nicht zum Vorsteuerabzug, da sie ex lege nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten würden.

Zur Rechtslage vor dem AbgÄG 2011 vertrete Blazina die Rechtsmeinung, dass der Vorsteuerabzug bei den Rechts- und Beratungskosten gerechtfertigt erscheine, weil sich im UStG vor dem AbgÄG 2011 keine passende Bestimmung befunden habe, die einen Ausschluss vom Vorsteuerabzug stützen würde (Blazina, Rechts- und Beratungskosten im Zusammenhang mit Kartellverfahren, taxlex 2011, 254). Blazina führe für eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug auch ins Treffen, dass die aufgrund der Kartellbildung erzielten Mehrerlöse umsatzsteuerpflichtige Umsätze bewirkt hätten und der Rechts- und Beratungsaufwand Zwecken des Unternehmens gedient habe.

Verschärfungen der Rechtslage nach Umsetzung der Mehrwertsteuerrichtlinie seien nicht unionsrechtskonform (Stand- Still-Klausel). Diese hätten nur ertragsteuerliche, aber nicht umsatzsteuerliche Relevanz, da die Einführung neuer Vorsteuerausschlüsse mit Art 176 der MWSt-SystRL nicht vereinbar sei (vgl. ÖStZ 2012, 440; Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, § 12 Rz 138). Nach der Rspr des EuGH (Urteil vom 21.2.2013, Rs C-104/12 , Becker) komme es nur dann zu einer Versagung des Vorsteuerabzuges, wenn sich die Verfolgungsmaßnahmen gegen natürliche Personen richteten, die Geschäftsführer eines steuerpflichtigen Unternehmens seien. Der Vorsteuerabzug sei aber zu gewähren, wenn ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung und der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens bestehe (Kaiser, Kein Vorsteuerabzug aus Strafverteidigungskosten, BC 2013, 379; Zugmaier, Kein Vorsteuerabzug aus Strafverteidigerkosten, DStR 2013, 411).

Zusammenfassung: Da die Verteidigungskosten als Betriebsausgabe abzugsfähig seien, müsse auch der Vorsteuerabzug bejaht werden. Nachträgliche Verschärfungen im KStG seien für den Vorsteuerabzug nicht relevant. Für die Zulässigkeit des Vorsteuerabzuges spreche auch die Sperrwirkung der MWSt-SystRL und die Tatsache, dass der Vorsteuerausschluss vor dem AbgÄG 2011 auf keine gesetzliche Bestimmung gestützt werden könne.

Die nachstehende Tabelle stelle eine Gegenüberstellung der bisher festgesetzten und beantragten Festsetzung der Umsatzsteuer dar.

Jahr

Umsatzsteuer in €

bisher (Bescheid vom 1.12.2014)

Umsatzsteuer in €

Beantragte Festsetzung

Differenz in €

2010

5.922.089,27

5.789.907,65

132.181,62

2011

6.401.864,78

6.250.931,99

150.932,79

2012

6.105.461,10

6.074.623,46

30.837,54

2013

6.029.984,04

5.983.537,82

46.446,22

p. Zusammengefasst stünden die Verteidigungskosten mit steuerpflichtigen Einkünften in Zusammenhang. Auch wenn die „erhöhten Einkünfte“ nicht dem EU-Recht entsprochen hätten, seien sie besteuert worden. Das Handeln der Bw. sei ausschließlich aus der betrieblichen Sphäre erklärbar. Die Kosten der Ausgangsstoffe seien in Form von höheren Preisen an Kunden weitergegeben worden. Die erhöhten Preise seien somit betrieblich veranlasst. Die Verteidigungskosten seien im Zusammenhang mit den erhöhten Preisen zu sehen, da die Geschäftsführer der Bf. die Rechtsanwälte beauftragt hätten, nachzuweisen, dass das damalige Vorgehen und die Festsetzung der Preise den EU-Vorschriften entsprochen habe.

Die Beauftragung der Rechtsanwälte sei bereits 2010 erfolgt, weshalb man im Zeitpunkt des Abschlusses von der uneingeschränkten Abzugsfähigkeit habe ausgehen müssen.

Die auf die Beratungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge könnten geltend gemacht werden.

3. Mit Schreiben vom 22. April 2015 wurden die Beschwerden betreffend Körperschaftsteuer 2010 bis 2012 und Umsatzsteuer 2011 bis 2013 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

4. Mit der Vorlage der Beschwerden nahm die BP wie folgt Stellung (Zusammenfassung):

a. Zur ertragsteuerlichen Behandlung von Rechts- und Beratungskosten in Zusammenhang mit einem Strafverfahren müsse, wie in der Beschwerde angeführt, geklärt werden, wie die mit der verhängten Sanktion in einem ursächlichen Zusammenhang stehenden Rechts- und Beratungskosten im Anwendungsbereich des Körperschaftsteuergesetzes steuerlich zu behandeln seien, wenn die verhängte Geldstrafe bzw. Geldbuße - wie im konkreten Fall die verhängte Geldbuße der Europäischen Kommission - steuerlich nicht abgezogen werden könne (vgl. UFS 16.12.2013, RV/3498-W/11). Die bisher vom VwGH entschiedenen Fälle beträfen die Einkommensteuer natürlicher Personen. Soweit ersichtlich, seien in diesem Zusammenhang Fälle zur Körperschaftsteuer durch den VwGH noch nicht entschieden, wobei darauf hinzuweisen sei, dass aufgrund des grundsätzlich personalen Charakters des österreichischen Strafrechts, Strafen bis auf wenige Ausnahmen (z.B. Verbandsgeldbußen) gegen natürliche Personen ausgesprochen würden.

b. (1) Wie in der Beschwerde wiedergegeben, vertrete die Betriebsprüfung in der Niederschrift über die Prüfungsfeststellung anlässlich der Außenprüfung vom 27. Oktober 2014 die Ansicht, dass das Einkommen einer Körperschaft gemäß § 7 Abs. 2 KStG nach den Bestimmungen des EStG sowie des KStG zu ermitteln sei. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung teilten die Rechts- und Beratungskosten im Fall eines Schuldspruchs das Schicksal der ertragsteuerlichen Qualifizierung der verhängten Geldbußen und könnten im Falle der Verurteilung grundsätzlich als nicht betrieblich veranlasst angesehen werden. Da die 2013 verhängte Geldbuße aufgrund der zu diesem Zeitpunkt anzuwendenden Rechtslage nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig sei, könne man die damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Rechts- und Beratungskosten ebenfalls nicht als Betriebsausgaben anerkennen.

(2) In der Niederschrift werde weiters angeführt, dass im Hinblick auf das Anfallen der Rechts- und Beratungskosten auch vor dem Inkrafttreten des AbgÄG 2011 auf die Entscheidung des UFS vom 16.12.2013, RV/3498-W/11 verwiesen werde. In dieser Entscheidung sei auch für Zeiträume vor dem AbgÄG 2011 die Abzugsfähigkeit von Geldbußen der EU – Kommission wegen Verletzung von Wettbewerbsvorschriften nicht zugelassen und die bisherige Rechtsprechung zur Nichtabzugsfähigkeit von Kartellbußen im Lichte des Europarechtes und der Rechtsprechung des EUGH als bestätigt angesehen worden.

Nach Ansicht der Betriebsprüfung sei die 2013 verhängte Geldbuße nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig und es teilten somit auch jene Rechts- und Beratungskosten, die aufgrund der vorgelegten Leistungsverzeichnisse dem Kartellverfahren zuzuordnen seien, das Schicksal der nicht abzugsfähigen Geldbuße.

(3) Mit dem in der Beschwerde (teilweise) zitierten Erkenntnis des VwGH vom 30.10.2014, 2011/15/0137, sei für die Argumentation der Beschwerdeführerin nichts gewonnen.

Der dem Erkenntnis zugrundegelegte Sachverhalt sei mit dem beschwerdegegenständlichen nicht vergleichbar. Gehe es im Erkenntnis um die Abzugsfähigkeit von Schadenersatzaufwendungen, so sei im gegenständlichen Beschwerdefall die steuerliche Behandlung von Rechts- und Beratungskosten in Zusammenhang mit einem EU-Kartellverfahren, das mit der Verhängung einer Geldbuße abgeschlossen worden sei, strittig.

Im bezeichneten Erkenntnis habe der VwGH - unter Verweis auf seine bisherige Rechtsprechung zu dieser Thematik - für den Bereich der Einkommensteuer unter anderem zur Frage, inwieweit Schadenersatzleistungen abzugsfähige Betriebsausgaben seien, ausgeführt, dass für deren Abzugsfähigkeit als Betriebsausgabe entscheidend wäre, ob das den Schadenersatz begründende, pflichtwidrige Verhalten der betrieblichen Sphäre zuzuordnen sei oder ob es als private Verhaltenskomponente das Band zur betrieblichen Veranlassung durchschneide, also ob das die Schadenersatzverpflichtung auslösende Verhalten aus Gründen gesetzt worden sei, die im Bereich der Einkünfteerzielung oder im Privatbereich lägen (vgl. VwGH 28.04.2011, 2008/15/0259, mwN). Jedenfalls nicht abziehbar seien Schadenersatzleistungen als Folge eines aus privaten Gründen (z.B. freundschaftliche Beziehungen) bewusst pflichtwidrigen Verhaltens (VwGH 29.07.1997, 93/14/0030). Könne eine private Veranlassung lediglich nicht ausgeschlossen werden, sei daraus noch nicht ableitbar, dass ein Fehlverhalten als außerhalb der beruflichen Sphäre gelegen anzunehmen wäre (VwGH 24.10.2000, 95/15/0048).

Dem Erkenntnis liege kurz gefasst der Sachverhalt zugrunde, dass ein Notar vorzeitig Treuhandgelder ausbezahlt habe, obwohl die festgelegten Bedingungen nicht erfüllt gewesen seien. Der Notar sei in weiterer Folge vom Disziplinargericht für schuldig erkannt worden, fahrlässig seine Berufspflicht verletzt zu haben, weil er in besonderer Gröblichkeit gegen die ihn treffenden Sorgfaltspflichten verstoßen habe.

Nicht erwähnt werde in der Beschwerdeschrift, dass aus diesem Grund auch eine Geldbuße ausgesprochen worden sei. Ausdrücklich habe der VwGH aber dazu ausgeführt, dass die Schadenersatzleistungen als Betriebsausgaben zu berücksichtigen seien, da kein privater Veranlassungsgrund von der Behörde habe dargelegt werden können, im Gegensatz dazu aber die Disziplinarstrafe, unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung, nicht der betrieblichen Sphäre zuzuordnen sei. Verfahrens- und Verteidigungskosten seien nicht Gegenstand dieses Verfahrens gewesen.

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin habe der VwGH in diesem Fall die Leistung auf Schadenersatz trotz groben Verschuldens aufgrund betrieblicher Veranlassung als Betriebsausgaben anerkannt. Diese Begründung sei dem Erkenntnis nicht zu entnehmen. Der VwGH argumentiere vielmehr, dass betreffend die vorzeitige Auszahlung aus der Sachverhaltsannahme der belangten Behörde nicht abgeleitet werden könne, dass ein im Privatbereich liegender Grund, wie beispielsweise eine freundschaftliche Beziehung zum Zahlungsempfänger gegeben gewesen wäre. Der VwGH habe die Abzugsfähigkeit der Schadenersatzverpflichtung entsprechend seiner bisherigen ständigen Rechtsprechung (vgl. VwGH 24.10.2000, 95/14/0048; VwGH 28.04.2011, 2008/15/0259, mwN) wie folgt beurteilt: Werde das den Schadenersatz begründende, pflichtwidrige Verhalten aus privaten Gründen gesetzt, seien die Schadenersatzzahlungen nicht abzugsfähig.

Demgegenüber seien Schadenersatzzahlungen als Erwerbsaufwendungen abziehbar, wenn das Fehlverhalten der betrieblichen Sphäre zuzurechnen sei. Könne man die private Veranlassung bei Schadenersatzleistungen lediglich nicht ausschließen, sei daraus noch nicht ableitbar, dass das Fehlverhalten außerhalb der beruflichen Sphäre gelegen sei.

Nach Meinung der Beschwerdeführerin könne aus diesem Erkenntnis des VwGH geschlossen werden, dass auch Rechts- und Beratungskosten, die im Rahmen der betrieblichen Veranlassung entstanden seien, abgezogen werden könnten, da sogar Schadenersatzleistungen bei grobem Vorsatz der betrieblichen Sphäre zuzuordnen seien.

Unabhängig davon, dass Rechts- und Beratungskosten bei betrieblicher Veranlassung grundsätzlich Betriebsausgaben seien und es im Übrigen nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH durchaus nicht außergewöhnlich sei, dass Schadenersatzleistungen der betrieblichen Sphäre zugeordnet würden, treffe der VwGH in diesem Erkenntnis zur Frage der betrieblichen Veranlassung von Rechts- und Beratungskosten, die in Zusammenhang mit nicht abzugsfähigen Geldstrafen stünden, keine Aussage.

Der VwGH habe im zitierten Erkenntnis dezidiert die Abzugsfähigkeit der verhängten Disziplinarstrafe, trotz der betrieblichen Veranlassung der Schadenersatzzahlung, aufgrund der fahrlässigen Verletzung von Berufspflichten als Betriebsausgabe versagt. Aus diesem Erkenntnis sei der Schluss zu ziehen, dass - unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des VwGH zur Abzugsfähigkeit von Strafen und Geldbußen und damit im Zusammenhang stehender Verfahrenskosten - auch die Rechts- und Beratungskosten in Zusammenhang mit solchen Verfahren nicht als betrieblich veranlasst anzusehen seien.

c. Für den Bereich des EStG liege eine umfangreiche Judikatur des VwGH vor, die im Regelfall zu einer Nichtabzugsfähigkeit von Strafen führe. Zum einen werde die Abzugsfähigkeit mit dem Argument versagt, dass Geldstrafen nicht in den Rahmen der normalen Betriebsführung fielen und daher nicht als im Betrieb begründet angesehen würden. Derartige Strafen hätten ihre auslösende Ursache nicht im Betrieb als solchem, sondern im schuldhaften Verhalten des Steuerpflichtigen und seien daher steuerlich nicht abzugsfähig. Sie seien nicht dem betrieblichen Bereich, sondern dem privaten Bereich des Unternehmers zuzurechnen (VwGH 25.4.2001, 99/13/2001; UFS 16.12.2013, RV/3498-W/11 mit Verweis auf VwGH 3.6.1986, 86/14/0061; 16.9.1992, 90/13/0063; 25.2.1997, 96/14/0022). Zum anderen werde die Abzugsfähigkeit mit dem Argument des Pönalcharakters der Strafe, der durch eine Abzugsfähigkeit nicht gemindert werden solle, versagt (VwGH 25.4.2001, 99/13/2001; UFS 16.12.2013, RV/3498-W/11 mit Verweis auf VwGH 25.4.2001, 99/13/0221; VwGH 28.5.1980, 2848/79, 441/80). Ausnahmen habe der VwGH nur bei Vorliegen eines engen Zusammenhangs mit der Einkünfteerzielung anerkannt, wenn die Geldstrafen vom Nachweis eines Verschuldens unabhängig oder auf ein nur geringfügiges Verschulden zurückzuführen seien (VwGH 3.7.1990, 90/14/0069). Auch Verteidigungs- und Verfahrenskosten im Strafverfahren seien nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH im Fall eines Schuldspruches grundsätzlich nicht abzugsfähig (VwGH 21.5.1980, 2848/79; VwGH 16.9.1992, 90/13/0063). Betriebsausgaben könnten nur dann vorliegen, wenn - unter Anlegung eines strengen Maßstabes - die zur Last gelegte Handlung ausschließlich aus der betrieblichen Tätigkeit heraus erklärbar sei und das Verfahren mit einem Freispruch ende (VwGH 06.06.1984, 83/13/0050), oder die (Geld-) Strafe vom Nachweis eines Verschuldens unabhängig bzw. auf ein nur geringfügiges Verschulden zurückzuführen sei (VwGH 03.07.1990, 90/14/0069). Veranlasse ein Wirtschaftstreuhänder Scheinbuchungen bei seinem Klienten, falle diese Handlung nicht unter die normale Betriebsführung einer Wirtschaftstreuhandkanzlei (VwGH 16.09.1992, 90/13/0063).

d. Von der Beschwerdeführerin werde weiters angeführt, dass auch nach der Rspr des deutschen BFH Aufwendungen für die Verteidigung dann Werbungskosten seien, wenn der strafrechtliche Schuldvorwurf, der sich gegen den Steuerpflichtige richte, durch sein berufliches Verhalten veranlasst gewesen sei. Dies sei der Fall, wenn die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen worden sei. Die dem Steuerpflichtigen vorgeworfene Tat müsse ausschließlich und unmittelbar aus seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar bzw. veranlasst sein.

Diese Ausführungen mögen für das deutsche Einkommensteuerrecht zutreffend sein, sie hätten aber für den gegenständlichen Fall insoweit keinerlei Bedeutung, als der VwGH in seiner ständigen Rechtsprechung im Gegensatz zur deutschen Rechtsprechung – unter Anlegung eines strengen Maßstabes - regelmäßig zu dem Ergebnis komme, dass das schuldhafte Verhalten des Steuerpflichtigen nicht in den Rahmen der normalen Betriebsführung falle und somit nicht durch den Betrieb als solchen veranlasst sei. Eine berufliche oder betriebliche Veranlassung von Strafen könne nach Ansicht des VwGH nur gegeben sein, wenn die Zuwiderhandlung in den Rahmen der normalen Betriebsführung falle (VwGH 16.9.1992, 90/13/0063).

Auch Dalbauer führe im Artikel "Die Abzugsfähigkeit von Strafverteidigungskosten nach VwGH und BFH" (RdW 2009/254, 305 f) aus, dass nach der Rechtsprechung des VwGH Strafverteidigungskosten grundsätzlich nicht abzugsfähig seien. Sie könnten ausnahmsweise dann abgezogen werden, wenn auch die Strafe selbst abzugsfähig sei (VwGH 21.5.1980, 2848/79). Des Weiteren liege Abzugsfähigkeit infolge betrieblicher Veranlassung vor, wenn es im Verfahren zu einem Freispruch komme (vgl. Doralt EStG § 4 Tz 265; ebenso Hofstätter/Reichel, § 4 Abs. 4 EStG 1988, allgemein, Rz 36). Die betriebliche Veranlassung sei nach den Ausführungen in diesem Artikel erst dann erfüllt, wenn sich die zur Last gelegte Tat ausschließlich aus der betrieblichen Tätigkeit erklären lasse und in den Rahmen einer normalen Betriebsführung falle. Demgegenüber genüge nach der ständigen Rechtsprechung des BFH seit 1982 für die Absetzbarkeit der Strafverteidigungskosten lediglich eine berufliche Veranlassung. Sei diese gegeben, könnten die Strafverteidigungskosten – im ausdrücklichen Gegensatz zur ständigen Rechtsprechung des VwGH – sogar bei vorsätzlicher Begehung abzugsfähig sein (BFH 19.2.1982, VI R 31/78, BStBl 1982, 467).

e. Obwohl sich ein explizites Verbot der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Geldstrafen erstmals seit 2005 (AbgÄG 2005) in Bezug auf Verbandsgeldbußen nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz in den § 20 Abs. 1 Z 5 EStG und § 12 Abs. 1 Z 4 KStG finde, habe der VwGH bereits davor in seiner ständigen Rechtsprechung sowohl Geldstrafen als auch die damit in Zusammenhang stehenden Verfahrenskosten aus den vorangehend angeführten Gründen vom Betriebsausgabenabzug gem. § 4 Abs. 4 EStG ausgeschlossen.

Nach der Judikatur des VwGH seien derartige Aufwendungen grundsätzlich nicht unter den Betriebsausgabenbegriff gem. § 4 Abs. 4 EStG zu subsumieren. Auch wenn die Bf. unter Verweis auf die Literatur kritisiere, dass die Nichtanerkennung solcher Aufwendungen eine Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips darstelle, die einer sachlichen Rechtfertigung bedürfe, sei der VwGH in seiner kasuistischen Judikatur, im Gegensatz zum BFH, in der Regel von einer Nichtabzugsfähigkeit der Strafe und der damit in Zusammenhang stehenden Verfahrens- und Beratungskosten ausgegangen.

Da der VwGH in seiner kasuistischen Rechtsprechung in der Regel derartige Aufwendungen bereits gem. § 4 Abs. 4 EStG nicht als Betriebsausgaben anerkenne, werde die Frage, ob ein Abzugsverbot anzuwenden sei, vom VwGH - soweit ersichtlich – nicht weiter untersucht. Auch Achatz/Kirchmayr (KStG-Kommentar 2011, § 12, Tz 79) würden demnach (bereits vor dem Anwendungsbereich des AbgÄG 2011) die Ansicht vertreten, dass Strafen bereits nach dem Veranlassungsprinzip nicht abzugsfähig seien, da sie idR der privaten Lebensführung zugerechnet würden bzw. durch die Abzugsfähigkeit der Pönalcharakter abgeschwächt werde. Die Nichtabzugsfähigkeit von Strafen beruhe somit im Kern darauf, dass der betriebliche oder berufliche Veranlassungszusammenhang durch das Verschulden und die Strafbarkeit eines Verhaltens, das außerhalb der normalen Betriebsführung liege, aufgehoben werde. Nur in Ausnahmefällen beispielsweise bei Geldbußen, soweit sie die Abschöpfung rechtswidrig erlangter Vorteile bewirkten, sei von einer Abzugsfähigkeit auszugehen. Betreffend die Kosten des Strafverfahrens werde unter Tz 87 ausgeführt, dass im Fall eines Schuldspruches nach der Verwaltungspraxis und der Rechtsprechung die verhängten Strafen samt Verfahrenskosten und Verteidigungskosten grundsätzlich nicht abzugsfähig seien. Für die Behandlung von Verfahrenskosten ergebe sich demnach folgendes Bild: Soweit Geldstrafen im Einzelfall den Charakter von Betriebsausgaben (vgl. Tz. 79) hätten, seien die Verfahrenskosten als Betriebsausgabe anzuerkennen. Sei aber die Geldstrafe dem Bereich der Lebensführung zuzuordnen, so stellten auch die mit diesem Vorgang zusammenhängenden Verfahrenskosten keine Betriebsausgaben dar.

f. Nach Lachmayer in Quantschingg/Renner/Schellmann/Stöger/Vock, KStG 1988, § 12 Abs. 1 Z 4, Tz 66 seien ab Inkrafttreten des AbgÄG 2011 Kosten der Strafverteidigung und sonstige Aufwendungen, die mit nicht abzugsfähigen Strafen in Zusammenhang stünden, nicht abzugsfähig, weil der Gesetzgeber die Strafen ex lege dem Privatbereich der Körperschaft zugeordnet habe und daher damit in Zusammenhang stehende Aufwendungen  steuerlich unbeachtlich seien. Das gelte nicht, wenn das Verfahren mit einem Freispruch ende.

In Tz 67 werde weiters ausgeführt, dass auch für die Zeiträume vor dem AbgÄG 2011 hinsichtlich der Strafverteidigungskosten bei Geldstrafen und Geldbußen außerhalb des VbVG nach der Judikatur des VwGH die Strafverteidigungskosten bei einem Schuldspruch grundsätzlich nicht abzugsfähig seien, da diese Aufwendungen nicht einer normalen Betriebsführung zugeordnet werden könnten und daher Kosten der Lebensführung darstellten. Es werde aber die Meinung vertreten, dass fraglich sei, ob die Judikatur des VwGH im Bereich der Körperschaftsteuer angewendet werden könne, da eine Körperschaft Kosten der privaten Lebensführung gem. § 20 Abs. 2 lit. a EStG nicht habe und es daher vor dem AbgÄG 2011 im KStG an einer Grundlage fehle, die Abzugsfähigkeit von Strafverteidigungskosten außerhalb der Verbandsgeldbußen zu versagen.

In der Zeitschrift RdW 2011/310, 308 [312] vertrete Lachmayer im Artikel "Die steuerliche Abzugsfähigkeit von Geldstrafen und Geldbußen bei Körperschaften" die Auffassung, dass mit dem gesetzlich normierten Abzugsverbot der Strafen und Geldbußen durch das AbgÄG 2011 Aufwendungen, die damit in Zusammenhang stünden, nicht abzugsfähig seien. Auch wenn dieses Ergebnis aus rechtspolitischer Sicht unbefriedigend sei, teilten, entsprechend den Ausführungen im Artikel, die Aufwendungen, die in Zusammenhang mit einer nichtabzugsfähigen Betriebsausgabe anfielen, deren Schicksal, da die Betriebsausgabe durch § 12 KStG der außerbetrieblichen Sphäre der Körperschaft zugerechnet werde. Da Strafverteidigungskosten in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Strafe stünden, seien sie bei einer expliziten Verankerung der Nichtabzugsfähigkeit von Strafen auch im Bereich des KStG nicht abzugsfähig.

In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass die Anpassung des § 12 Abs. 1 Z 4 KStG infolge des Inkrafttretens des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes entsprechend den Materialen zum AbgÄG 2005 eine Klarstellung darstelle, nach der Verbandsgeldbußen im Sinne des allgemeinen steuerlichen Grundsatzes der Nichtabzugsfähigkeit von Strafen steuerlich nicht abgezogen werden dürften. Auch die Materialien zum AbgÄG 2011 sprächen in Bezug auf die Änderungen des § 12 Abs. 1 Z 4 KStG und § 20 Abs. 1 Z 5 EStG von Anpassungen, die der Klarstellung der bisher von der Judikatur und der Lehre entwickelten Grundsätze der im Allgemeinen nicht abzugsfähigen Strafen und Geldbußen dienten. Konstitutiver Natur seien die Änderungen lediglich dahingehend, als abweichend von der bisherigen Rechtsprechung das Abzugsverbot auf sämtliche Strafen und Geldbußen und unabhängig vom Verschuldensgrad ausgedehnt worden sei (vgl. Jakom, EStG 2015, § 20, Tz. 86). Soweit aufgrund der kasuistischen Judikatur des VwGH die Strafe und die damit in Zusammenhang stehenden Verfahrens- und Beratungskosten im Bereich der Einkommensteuer nicht abzugsfähig seien, treffe dies auch auf den Bereich der Körperschaftsteuer zu. Auch in diesem Bereich seien die einschlägigen gesetzlichen Änderungen klarstellender Natur gewesen.

Zur Rechtslage vor dem AbgÄG 2011 vertrete Blazina die Meinung, dass Rechts- und Beratungskosten das Schicksal der ertragsteuerlich nicht abzugsfähigen Geldbußen teilten (Vgl. Blazina, Rechts- und Beratungskosten iZm Kartellverfahren, taxlex, 2011, 254 [256]). Bezüglich des von der Beschwerdeführerin angeführten VwGH Erkenntnisses vom 26.7.1995, 92/15/0144 sei zu sagen, dass der VwGH in diesem Erkenntnis davon spreche, dass betrieblich veranlasste Aufwendungen einer Körperschaft niemals deren Lebensführung berührten, weil dies begrifflich nicht möglich sei. Soweit allerdings - wie im beschwerdegegenständlichen Fall - Aufwendungen durch Handlungen ausgelöst würden, die entsprechend der Rechtsprechung des VwGH nicht in den Rahmen der normalen Betriebsführung fielen und somit durch diese ursächlichen Handlungen der Kausalzusammenhang zwischen Betrieb und dem beschwerdegegenständlichen Aufwand unterbrochen werde, lägen von vornherein gerade keine betrieblich veranlassten Aufwendungen der Körperschaft vor.

Durch § 7 Abs. 2 KStG würden u.a. die einkommensteuerlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung - somit auch die Bestimmungen des § 4 Abs. 4 EStG - in den Bereich des KStG übernommen. Soweit der VwGH im Bereich der von natürlichen Personen bzw. Personengesellschaften geführten Betriebe den Betriebsausgabencharakter iSd § 4 Abs. 4 EStG von Strafverteidigungs- und Verfahrenskosten deshalb verneine, weil die strafbare Handlung nicht in den Rahmen der normalen Betriebsführung falle und daher der Kausalzusammenhang zwischen Aufwand und Betrieb unterbrochen werde, müsse das auch für jene Strafverteidigungs- und Verfahrenskosten gelten, die in Zusammenhang mit Geldbußen und Strafen stünden, die unmittelbar gegen juristische Personen verhängt würden. Auch in diesen Fällen falle eine die Strafe bzw. Geldbuße auslösende Handlung nicht in den Rahmen der normalen Betriebsführung und es werde somit der Kausalzusammenhang zwischen Betrieb und dem betreffenden Aufwand unterbrochen.

Würde man den Ausführungen der Beschwerdeführerin folgen, käme man zu dem Ergebnis, dass die Verfahrens- und Verteidigungskosten in Zusammenhang mit einem Strafverfahren bei einem Unternehmen, das in Form eines Einzelunternehmens oder einer Personengesellschaft geführt werde, steuerlich anderes beurteilt werden müsse als bei einem Unternehmen, das in Form einer Kapitalgesellschaft geführt werde. Diese Ungleichbehandlung würde eine nicht zu rechtfertigende Besserstellung von Körperschaften darstellen.

g. Mit Verweis auf den Artikel von Lachmayer, Die steuerliche Abzugsfähigkeit von Geldstrafen und Geldbußen bei Körperschaften (RdW 2011/310, 308 [312]), werde für die Abzugsfähigkeit der Verfahrens- und Beratungskosten in Zusammenhang mit dem EU -Kartellverfahren in der Beschwerde angeführt, dass gem. § 12 Abs. 1 Z 6 KStG Personensteuern nicht abzugsfähig seien, aber Steuerberatungskosten, die in Zusammenhang mit diesen Steuern anfielen, trotz des ursächlichen Zusammenhangs mit den Personensteuern sehr wohl abzugsfähig wären. Das Gleiche müsse daher auch bei nicht abzugsfähigen Geldstrafen im Verhältnis zu den damit in Zusammenhang stehenden Verfahrens- und Beratungskosten gelten. Dieser Vergleich und die daraus gezogene Schlussfolgerung sei allerdings insoweit nicht zutreffend und nicht mit dem beschwerdegegenständlichen Sachverhalt und den daraus resultierenden Rechtsfolgen vergleichbar, als es sich bei den beschwerdegegenständlichen Rechts- und Beratungskosten nicht um Aufwendungen handle, die bei Versagung des Betriebsausgabencharakters Sonderausgaben darstellen würden. Wie im Bereich der Einkommensteuer seien Steuerberatungskosten, die Personensteuern betreffen, auch im Bereich der Körperschaftsteuer grundsätzlich nicht Betriebsausgaben, sondern Sonderausgaben. Da dies ein Herausschälen der anteilig auf Personensteuern entfallenden Beratungskosten erforderlich machen würde, werde in der Literatur dazu die Meinung vertreten, dass es nicht zuletzt aus Zweckmäßigkeitsgründen vertretbar sei, diesbezüglich eine einheitliche Betrachtungsweise anzustellen. Betreffe daher die Steuerberatung schwerpunktmäßig die Gewinnermittlung (was bei Körperschaften regelmäßig der Fall sein werde), unterbleibe eine Aufteilung in Betriebsausgaben und Sonderausgaben (Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger/Vock, KStG 1988, § 8, Tz 263).

h. Unter Punkt 1.4. "Wertneutralität des Steuerrechts" werde in der Beschwerde unter Hinweis auf Lachmayer, Die steuerliche Abzugsfähigkeit von Geldstrafen und Geldbußen bei Körperschaften (RdW 2011/310, 308 [309]), ausgeführt, dass das Steuerrecht "wertneutral und sittlich indifferent sei" und daher "außersteuerliche Motive keine Rolle bei der Frage der Abzugsfähigkeit von Betriebsausgaben spielen dürften". Dem sei entgegenzuhalten, dass im zitierten Artikel darauf hingewiesen werde, dass "die Judikatur und der Gesetzgeber … aber in den letzten Jahrzehnten eine andere Richtung eingeschlagen haben". Aufgrund der mehrfachen Durchbrechung des Prinzips der Wertneutralität des österreichischen Steuerrechts und im Lichte der internationalen Rechtsentwicklung könnten daher Überlegungen in dieser Richtung nicht mehr als Auslegungsmaßstab herangezogen werden. Auch sei zu hinterfragen, ob ein umfassender Betriebseinnahmenbegriff aus der Sicht der Wertneutralität auch zwingend einen umfassenden Betriebsausgabenbegriff erfordere. Dies sei deshalb schon nicht gegeben, weil der Betriebseinnahmenbegriff grundsätzlich sämtliche Einkünfte erfasse, während der Betriebsausgabenbegriff trotz eindeutiger betrieblicher Veranlassung von Aufwendungen durch zahlreiche Vorschriften eingeschränkt werde. Ausdrücklich werde im betreffenden Artikel darauf hingewiesen, dass sich die Verankerung der Wertneutralität des Steuerrechts auf Betriebseinnahmenseite explizit in § 23 Abs. 2 BAO finde, während eine vergleichbare Vorschrift für Betriebsausgaben fehle.

i. Zugestimmt werden könne den Ausführungen der Beschwerdeführerin, wonach der Grundsatz der "Einheit der Rechtsordnung" auch auf Körperschaften übertragbar sei, da es für die Frage der Wirksamkeit einer Sanktion nicht darauf ankomme, ob die Strafe aufgrund der höchstpersönlichen Schuld des Betriebsinhabers verhängt worden sei (vgl. Lachmayer, Die steuerliche Abzugsfähigkeit von Geldstrafen und Geldbußen bei Körperschaften, RdW 2011/310, 308 [310 f]).

j. Unter Pkt. 1.5 "Rechtsprechung des VwGH zur Abzugsfähigkeit von Verteidigungskosten" werde von der Beschwerdeführerin das mehrfach zitierte VwGH Erkenntnis vom 16.9.1992, 90/13/0063 auszugsweise dargestellt. Dabei sei festzuhalten, dass wesentliche Passagen der Begründung nicht angeführt worden seien. Daher sei es auch nicht weiter verwunderlich, dass in der Beschwerde zusammenfassend festgehalten werde, wonach der VwGH festgestellt habe, dass die Strafverteidigungskosten als Betriebsausgabe steuerlich geltend gemacht werden könnten, da den "Verteidigungs- und sonstigen Verfahrenskosten" ansonsten ein "Pönalcharakter" zukomme. Das genaue Gegenteil sei der Fall. Der VwGH habe in diesem Erkenntnis den Abzug der Prozesskosten im Strafverfahren als Betriebsausgeben gem. § 4 Abs. 4 EStG ausdrücklich untersagt. Der VwGH habe festgehalten, dass im Fall von Geldstrafen und den damit in Zusammenhang stehenden Verteidigungskosten, die durch das schuldhafte Verhalten des Betriebsinhabers ausgelöst worden seien, in der Regel davon auszugehen sei, dass die Zuwiderhandlung, die zur Bestrafung führe, nicht in den Rahmen der normalen Betriebsausübung falle und somit nicht durch den Betrieb als solchen, sondern im schuldhaften Verhalten ihre auslösende Ursache habe. Er habe lediglich der Argumentation, die Nichtanerkennung der Verteidigungskosten als Betriebsausgaben erfolge aus dem Grund, weil ansonsten der Strafzweck (teilweise) vereitelt werden würde, eine Absage erteilt. Der VwGH habe dezidiert ausgesprochen, dass die für das Strafverfahren ursächliche Handlung, nämlich die absichtliche Veranlassung von Scheinbuchungen im Rechenwerk eines Klienten, nicht in den Rahmen der normalen Betriebsführung einer Wirtschaftstreuhänderkanzlei falle und durch diese Handlung der Kausalzusammenhang zwischen Betrieb und dem beschwerdegegenständlichen Aufwand unterbrochen werde.

k. Den Ausführungen der Bf., dass zwischen der nichtabzugsfähigen Strafe und den Verteidigungskosten kein Zusammenhang bestehe, weil die Strafverteidigungskosten ursächlich eindeutig mit den betrieblich erzielten (erhöhten) Einkünften aus dem unrechtmäßigen Verhalten der Beschwerdeführerin in Zusammenhang stehen würden bzw. weil die das Kartellverfahren auslösende Handlung, nämlich die Teilnahme an einem europarechtlich verbotenen Preiskartell, in Ausübung der betrieblichen Tätigkeit erfolgt sei, könne auch unter Hinweis auf das VwGH Erkenntnis vom 16.9.1992, 90/13/0063 nicht gefolgt werden. Der VwGH vertrete in seiner ständigen Rechtsprechung zur steuerlichen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen bzw. den damit in Zusammenhang stehenden Verfahrens- und Beratungskosten eine restriktivere Auslegung des betrieblichen Veranlassungszusammenhangs als dies beispielsweise bei Schadenersatzzahlungen der Fall sei. Demnach sei die betriebliche Veranlassung nur dann gegeben, wenn sich – unter Anlegung eines strengen Maßstabes - die zur Last gelegte Tat ausschließlich aus der betrieblichen Tätigkeit erklären lasse und in den Rahmen einer normalen Betriebsführung falle (VwGH 16.9.1992, 90/13/0063). Falle die Zuwiderhandlung nicht in den Rahmen der normalen Betriebsführung, werde durch die strafbare Handlung der Kausalzusammenhang zwischen Betrieb und beschwerdegegenständlichem Aufwand unterbrochen. Die Strafverteidigungskosten seien im VwGH-Erkenntnis vom 16.9.1992, 90/13/0063 nicht als Betriebsausgaben gem. § 4 Abs. 4 EStG anerkannt, wiewohl angenommen werden könne, dass die Wirtschaftstreuhandkanzlei aus dem verbotenen Verhalten wirtschaftliche Vorteile gezogen habe, die auch im Betrieb ihren Niederschlag gefunden hätten. Der Wirtschaftsprüfer bzw. Steuerberater habe im Übrigen ebenfalls die Auffassung vertreten, dass die ihm zur Last gelegten Delikte in ursächlichem Zusammenhang mit seiner Berufstätigkeit gestanden seien.

Die Teilnahme an einem verbotenen Preiskartell, welches lt. Europäischer Kommission bestanden habe und in dessen Rahmen wettbewerbswidrigerweise europaweite Gesamtabsprachen auf verschiedenen Managementebenen (Absprachen unter Managern der europäischen sowie der regionalen und nationalen Führungsebenen) getroffen worden seien, um einen aggressiven Preiswettbewerb unter den Kartellmitgliedern zu vermeiden, stelle eine europarechtlich verbotene Handlung dar, die - unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung des VwGH - nicht in den Rahmen der normalen Betriebsführung falle.

Der dem Kartellverfahren zugrundeliegende Sachverhalt zeige auch, dass die das Kartellverfahren auslösenden Handlungen auf verschiedenen Managementebenen stattgefunden hätten und über einen längeren Zeitraum die Absicht und der Zweck verfolgt worden sei, durch die Anwendung wettbewerbswidriger Praktiken gestiegene Kosten von Ausgangsstoffen an die Kunden weiterzugeben sowie die Vermeidung eines aggressiven Preiswettbewerbs zu erreichen.

l. Warum sich aus den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften, dass es dem Geschäftsführer einer GmbH obliege, den Vorteil der Gesellschaft zu wahren, jeglichen Schaden von der Gesellschaft abzuwenden und bei zweifelhafter Sach- und Rechtslage den für die Gesellschaft günstigeren Standpunkt vertreten zu dürfen und damit das Risiko eingehen zu können, dass der Gesellschaft nachträglich eine Vertrags- oder Gesetzesverletzung vorgeworfen werden könne, eine steuerlich anzuerkennende betriebliche Veranlassung hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Verfahrens- und Verteidigungskosten ergeben solle, sei nicht nachvollziehbar. Unabhängig davon, dass sich dafür keine Hinweise in der ständigen Rechtsprechung des VwGH zur Thematik der Nichtabzugsfähigkeit von Strafen und damit in Zusammenhang stehender Verfahrens- und Verteidigungskosten fänden, stelle das EU-Wettbewerbsrecht betreffend verbotener wettbewerbswidriger Kontakte zwischen Unternehmen keine zweifelhafte Rechtslage dar.

Strafverteidigungskosten stünden kausal und ursächlich nur mit dem Strafverfahren bzw.in diesem Fall mit dem EU-Kartellverfahren in Zusammenhang. Damit sei aber, da die diese Kosten auslösenden Handlungen nicht in den Rahmen der normalen Betriebsführung fielen, entsprechend der ständigen Rechtsprechung des VwGH der Kausalzusammenhang zwischen Betrieb und dem beschwerdegegenständlichen Aufwand unterbrochen. Weder der Umstand, dass durch die strafbare Handlung eventuell höhere Erlöse erzielt worden seien noch die Tatsache, dass durch die - auch gesellschaftsrechtlich gebotene - Beauftragung von Rechtsanwälten und Beratern die Strafe möglicherweise geringer ausgefallen und ein höherer Schaden abgewendet worden sei, könnten daran etwas ändern.

Der Grund der Beauftragung der Verteidigung seien nicht die betrieblichen Erlöse, sondern einzig und allein der Umstand, dass die Beschwerdeführerin an einem europarechtlich verbotenen Preiskartell teilgenommen und die Europäische Kommission in der Folge Hausdurchsuchungen bei den involvierten Unternehmen zur Aufdeckung des Kartells durchgeführt habe. Eine etwaige Verminderung des Strafausmaßes und damit verbunden die Reduktion von möglichen Schäden für den Betrieb des Steuerpflichtigen werde wohl regelmäßig - auch im Bereich der Einkommensteuer - ein Aspekt für die Beauftragung von Rechtsanwälten und Beratern in einem Strafverfahren sein. Dennoch führe dies entsprechend der Rechtsprechung des VwGH grundsätzlich nicht zur Anerkennung dieser Aufwendungen als Betriebsausgaben gem. § 4 Abs. 4 EStG.

m. Es sei nach der Rechtsprechung des VwGH nicht ausreichend, dass die strafbare Tat auf die Ausübung der betrieblichen Tätigkeit eine entsprechende Auswirkung haben müsse. Vielmehr sei es notwendig, dass die dem Verfahren zu Grunde gelegte Tat unter Anlegung eines strengen Maßstabes ausschließlich aus der betrieblichen Tätigkeit heraus erklärbar sei und zusätzlich in den Rahmen einer normalen Betriebsführung fallen müsse.

n. In der Beschwerde werde weiter ausgeführt, dass im Ergebnis die Judikatur zur Nichtabzugsfähigkeit von Verteidigungskosten aufgrund privater Lebensführung auf Körperschaften nicht anwendbar sei. Körperschaften könnten zwar einen außerbetrieblichen Bereich, aber keine einer natürlichen Personen vergleichbare private Lebensführung haben. Die Bestimmung des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG (Kosten der privaten Lebensführung) sei im Bereich des KStG nicht anwendbar. Damit fehle es vor dem AbgÄG 2011 im KStG an einer Grundlage, die Abzugsfähigkeit von Verteidigungskosten außerhalb des Bereichs der Verbandsstrafen zu versagen. Dies werde auch im verwaltungsnahen Schrifttum – zur Rechtslage nach dem AbgÄG 2011 - anerkannt (vgl. Lachmayer, Die steuerliche Abzugsfähigkeit von Geldstrafen und Geldbußen bei Körperschaften, RdW 2011/310, 308 [311 f]).

Dieser Argumentation könne nicht gefolgt werden. Der VwGH habe die Nichtabzugsfähigkeit der Verfahrenskosten im Strafverfahren bisher - soweit ersichtlich - nicht mit der Bestimmung des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG begründet. Er habe die Strafverteidigungs- und Verfahrenskosten aus dem Grund nicht als Betriebsausgaben gem. § 4 Abs. 4 EStG anerkannt, da die für das Strafverfahren ursächliche Handlung nicht in den Rahmen der normalen Betriebsführung falle und durch diese Handlung der Kausalzusammenhang zwischen Betrieb und Aufwand unterbrochen werde (VwGH 16.9.1992, 90/13/0063).

Im Erkenntnis vom 26.7.1995, 92/15/0144 habe der VwGH, wie in der Beschwerde angeführt, festgestellt, dass betriebliche Aufwendungen einer Körperschaft niemals deren Lebensführung berührten, weil dies begrifflich nicht möglich sei. Aufgrund der Handlung, die nicht in den Rahmen der normalen Betriebsführung falle, sei der für die betriebliche Veranlassung erforderliche Kausalzusammenhang zwischen Betrieb und Aufwand unterbrochen. Es lägen bereits aus diesem Grund keine Betriebsausgaben gem. § 4 Abs. 4 EStG vor (VwGH 16.9.1992, 90/13/0063). Der VwGH habe daher die Nichtabzugsfähigkeit derartiger Aufwendungen nicht mit Verweis auf § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG begründet.

o. Von Achatz/Kirchmayr (KStG Kommentar 2011, § 12, Tz 87) werde auch für den Zeitraum vor dem Anwendungsbereich des AbgÄG 2011 die Ansicht vertreten, dass im Fall eines Schuldspruches nach der Verwaltungspraxis und der Rechtsprechung die verhängten Strafen samt Verfahrenskosten und Verteidigungskosten grundsätzlich nicht abzugsfähig seien. Auch Blazina vertrete zur Rechtslage vor dem AbgÄG 2011 die Meinung, dass Rechts- und Beratungskosten das Schicksal der ertragsteuerlich nicht abzugsfähigen Geldbuße teilten (vgl. Blazina, Rechts- und Beratungskosten iZm Kartellverfahren, taxlex, 2011, 254 [256]). Den Materialien zum AbGÄG 2011 zufolge seien die Änderungen in Bezug auf § 20 Abs. 1 Z. 5 EStG sowie § 12 Abs. 1 Z 4 KStG grundsätzlich nur Klarstellungen der bisher von der Judikatur und der Lehre entwickelten Grundsätze zu den im Allgemeinen nicht abzugsfähigen Strafen und Geldbußen.

Nach Lachmayer in Quantschingg/Renner/Schellmann/Stöger/Vock, KStG 1988, § 12 Abs. 1 Z 4, Tz 66 seien Kosten der Strafverteidigung und sonstige Aufwendungen, die mit nicht abzugsfähigen Strafen in Zusammenhang stünden, jedenfalls mit dem Inkrafttreten des AbgÄG 2011 nicht abzugsfähig, weil der Gesetzgeber die Strafen ex lege dem Privatbereich der Körperschaft zugeordnet habe und daher damit in Zusammenhang stehende Aufwendungen steuerlich unbeachtlich seien. Für den Zeitraum davor werde unter der Tz. 67 ausgeführt, dass hinsichtlich der Strafverteidigungskosten bei Geldstrafen und Geldbußen außerhalb des VbVG nach der Judikatur des VwGH die Strafverteidigungskosten bei einem Schuldspruch grundsätzlich nicht abzugsfähig seien, da diese Aufwendungen nicht einer normalen Betriebsführung zugeordnet würden und daher Kosten der Lebensführung darstellten, wobei es fraglich erscheine, ob die Judikatur des VwGH im Bereich der Körperschaftsteuer anwendbar sei. Es fehle vor dem AbgÄG 2011 im KStG an einer Grundlage, die Abzugsfähigkeit von Strafverteidigungskosten außerhalb der Verbandsgeldbußen zu versagen. Für den Anwendungsbereich nach dem AbGÄG 2011 gelte aber, dass Aufwendungen, die im Zusammenhang mit einer nichtabzugsfähigen Betriebsausgabe anfielen, deren Schicksal teilten, da die Betriebsausgaben durch § 12 KStG der außerbetrieblichen Sphäre der Körperschaft zugerechnet würden. Da Strafverteidigungskosten in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Strafe stünden, seien sie bei einer expliziten Verankerung der Nichtabzugsfähigkeit von Strafen auch im Bereich des KStG nicht abzugsfähig, auch wenn dieses Ergebnis aus rechtspolitischer Sicht unbefriedigend sei (Lachmayer, "Die steuerliche Abzugsfähigkeit von Geldstrafen und Geldbußen bei Körperschaften", RdW 2011/ 310, 308 [312]).

Zuzustimmen sei der Beschwerdeführerin darin, dass es vor dem AbgÄG 2011 (mit Ausnahme der Verbandsgeldbußen) weder im Bereich des EStG noch des KStG ein explizites gesetzliches Abzugsverbot betreffend Geldstrafen und Geldbußen gegeben habe. Allerdings habe der VwGH in seiner kasuistischen Rechtsprechung zu dieser Thematik die Verteidigungskosten regelmäßig als nicht betrieblich veranlasst eingestuft, wenn sich die zur Last gelegte Tat - unter Anlegung eines strengen Maßstabes – nicht ausschließlich aus der betrieblichen Tätigkeit erklären lasse und nicht in den Rahmen einer normalen Betriebsführung falle (VwGH 16.9.1992, 90/13/0063). Im beschwerdegegenständlichen Verfahren sei zweifellos davon auszugehen, dass die jahrelange Teilnahme an einem europarechtlich verbotenen Kartell nicht in den Rahmen der normalen Betriebsführung falle, daher seien die entsprechenden Rechts- und Beratungskosten entsprechend der Rechtsprechung des VwGH gem. § 4 Abs. 4 EStG nicht betrieblich veranlasst. Für den Geltungsbereich des AbGÄG 2011 sei darüber hinaus jedenfalls zu beachten, dass durch die gesetzliche Verankerung der Nichtabzugsfähigkeit von Geldstrafen und Geldbußen die damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen das Schicksal der Geldstrafen und Geldbußen teilten (vgl. Lachmayer in Quantschingg/Renner/Schellmann/ Stöger/Vock, KStG 1988, § 12 Abs. 1 Z 4, Tz 66). Daran ändere auch nichts, dass entsprechend den Ausführungen der Beschwerdeführerin im verwaltungsnahen Schrifttum vertreten werde, dass auch nach lnkrafttreten des AbgÄG 2011 Verteidigungskosten nicht von der Nichtabzugsfähigkeit erfasst sein sollten, da die Wertungen, die zur Nichtabzugsfähigkeit der Strafe führten, auf die Verteidigungskosten nicht übertragbar wären (vgl. Lachmayer, Die steuerliche Abzugsfähigkeit von Geldstrafen und Geldbußen bei Körperschaften, RdW 2011/310, 308 [312]).

p. Aus dem Argument, dass jeder Beschuldigte das Recht auf eine zweckentsprechende Verteidigung habe und diese auch im Interesse des Betriebes liege, da dadurch die Chancen auf eine Verringerung der Strafe oder sogar einen Freispruch steigen könnten, sei für die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Abzugsfähigkeit der Verteidigungskosten nichts gewonnen. Das Recht eines Beschuldigten auf eine Verteidigung, die Erwartung einer etwaige Verminderung des Strafausmaßes und damit verbunden die Reduktion von möglichen Schäden für den Betrieb des Steuerpflichtigen werde wohl regelmäßig - auch im Bereich der Einkommensteuer - ein Aspekt für die Beauftragung von Rechtsanwälten und Beratern in einem Strafverfahren sein. Dennoch führe dies nach der Rechtsprechung des VwGH regelmäßig nicht zur Anerkennung derartiger Aufwendungen als Betriebsausgaben gem. § 4 Abs. 4 EStG.

qu. In der Beschwerde werde unter Pkt. II. "Umsatzsteuerliche Behandlung von Rechts- und Beratungskosten" auf die Einschränkung des Rechtes auf Vorsteuerabzug eingegangen und auf den Rechtsbestand zum Zeitpunkt des Beitritts Österreichs zur Europäischen Union verwiesen.

Diesen Ausführungen werde entgegengehalten, dass in den klarstellenden Änderungen des § 12 Abs. 1 Z 4 KStG bzw. § 20 Abs. 1 Z 5 EStG aufgrund des AbgÄG 2005 bzw. des AbgÄG 2011 in Verbindung mit § 12 Abs. 2 UStG keine nachträgliche Verschärfung gegenüber dem Rechtsstand zum Zeitpunkt des EU-Beitritts Österreichs zu sehen sei. Vorsteuern aus Rechts-und Beratungsleistungen, die entsprechend der ständigen Rechtsprechung des VwGH nicht als steuerliche Betriebsausgaben gem. § 4 Abs. 4 EStG abzugsfähig seien bzw. mit nicht abzugsfähigen Strafen und Geldbußen in Zusammenhang stünden, seien bereits bisher nicht abzugsfähig gewesen und würden somit nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten. Hingewiesen werde auf einen Artikel in der Österreichischen Steuerzeitung von Kaufmann/Haider/Winnerroither, Vorsteuerausschluss für Körperschaften, ÖStZ 2012/856, 440 [440]. Darin sei folgende Ausführung, die nicht in der Beschwerde erwähnt worden sei, zu finden: "Ein Vorsteuerabzug könne für Aufwendungen gem. § 12 Abs. 1 Z 4 KStG nicht in Anspruch genommen werden. Vergessen dürfe man hier keinesfalls die Nichtabzugsfähigkeit von Vorsteuern im gesamten Rechts- und Beratungsbereich, die im Zusammenhang mit Strafen, Prozessen und Beratungen bei Kartellrechtsprozessen, Wettbewerbsverstößen und sonstigen Verfahren anfielen."

r. Zusammenfassung:

Der Ansicht der Beschwerdeführerin, dass die mit dem Verfahren zusammenhängenden Rechts- und Beratungskosten als Betriebsausgaben abzugsfähig seien, könne nicht gefolgt werden. Unbestritten sei, dass die EU-Kartellstrafe nicht als Betriebsausgabe abgezogen werden könne. Entsprechend der Entscheidung des UFS vom 16.12.2013, RV/3498-W/11 seien EU-Kartellstrafen auch vor dem Inkrafttreten des AbgÄG 2011 im Bereich der Körperschaftsteuer steuerlich nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig gewesen. Die beschwerdegegenständlichen Rechts- und Beratungskosten in Zusammenhang mit dem EU- Kartellverfahren seien unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des VwGH (16.9.1992, 90/13/0063) aus dem Grund nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig, da die europarechtswidrigen Handlungen, nämlich die Teilnahme an einem illegalen Preiskartell über den Zeitraum von mehreren Jahren und auf unterschiedlichsten Managementebenen jedenfalls nicht in den Rahmen der normalen Betriebsführung der Bf. fallen würden. Durch diese strafbaren Handlungen sei der Kausalzusammenhang zwischen Betrieb und beschwerdegegenständlichem Aufwand unterbrochen worden. Das Erfordernis der betrieblichen Veranlassung sei nach Ansicht des VwGH nur dann erfüllt, wenn sich - unter Anlegung eines strengen Maßstabes - die zur Last gelegte Tat ausschließlich aus der betrieblichen Tätigkeit erklären lasse und in den Rahmen einer normalen Betriebsführung falle. Das treffe im beschwerdegegenständlichen Fall nicht zu. Somit fehle der für den Abzug als Betriebsausgabe notwendige betriebliche Veranlassungszusammenhang im Sinn des § 4 Abs. 4 EStG.

Die Rechts- und Beratungskosten stünden kausal und ursächlich nur mit dem EU-Kartellverfahren in Zusammenhang. Daran ändere weder der Umstand etwas, dass durch die strafbare Handlung eventuell höhere Erlöse erzielt worden seien, noch die Tatsache, dass durch die - auch gesellschaftsrechtlich gebotene - Beauftragung von Rechtsanwälten und Beratern die Strafe möglicherweise geringer ausgefallen sei. Der alleinige Grund der Beauftragung der Verteidigung sei, dass die Beschwerdeführerin an einem europarechtlich verbotenen Preiskartell teilgenommen habe. Im Übrigen sei es für die Frage der Abzugsfähigkeit solcher Aufwendungen ohne Bedeutung, ob mit der Verurteilung auch eine die Betriebssphäre berührende Wirkungen verbunden werde.

Da die im Rahmen des Kartellverfahrens angefallenen Rechts- und Beratungskosten ertragsteuerlich nicht abzugsfähig seien, könnten auch die auf die Rechts- und Beratungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge nicht geltend gemacht werden. Diesbezüglich sei es durch die Änderungen des § 20 Abs. 1 Z 5 EStG und § 12 Abs. 1 Z. 4 KStG aufgrund des AbgÄG 2011 in Verbindung mit § 12 Abs. 2 UStG zu keiner nachträglichen Verschärfung gegenüber dem Rechtsstand zum Zeitpunkt des EU-Beitritts Österreichs gekommen, da diese Änderungen entsprechend den Gesetzesmaterialen klarstellender Natur seien. Die Vorsteuern aus Rechts- und Beratungsleistungen, die entsprechend der ständigen Rechtsprechung des VwGH nicht als steuerliche Betriebsausgaben gem. § 4 Abs. 4 EStG abzugsfähig seien bzw. mit nicht abzugsfähigen Strafen und Geldbußen im Zusammenhang stünden, seien bereits vor dem Inkrafttreten des AbgÄG 2005 bzw. des AbgÄG 2011 nicht abzugsfähig gewesen.

Das Finanzamt xy beantrage daher die Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

Sollten entgegen der Rechtsansicht des Finanzamtes xy die Rechts- und Beratungskosten iZm dem EU-Kartellverfahren bei der Beschwerdeführerin als Betriebsausgaben gem. § 4 Abs. 4 EStG anerkannt werden, wäre zu untersuchen, inwieweit eine anteilige Verrechnung dieser Aufwendungen an die am Kartell mitbeteiligten Tochtergesellschaften nach Maßgabe des dem anteiligen Umsatz entsprechenden Bußgeldes vorzunehmen sei.

5. Die Bf. machte auch im Kalenderjahr 2013 Rechts- und Beratungskosten iHv 232.231,10 € im Zusammenhang mit dem Kartellverfahren vor der EU-Kommission als Betriebsausgaben geltend. 

a. Bei der Erlassung des Körperschaftsteuerbescheides 2013 vom 7. Oktober 2015 wurden die Beratungskosten nicht als Betriebsausgabe zugelassen.

b. Mit Schreiben vom 4. November 2015 wurde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2013 vom 7. Oktober 2015 Beschwerde eingelegt.

Es wurde beantragt, die Körperschaftsteuer 2013 mit 760.989,60 € festzusetzen.

Weiters stellte man den Antrag von einer BVE abzusehen und die Beschwerde direkt dem BFG vorzulegen. Bezüglich der Beschwerdegründe wurde auf die Beschwerde der Bf. vom 28. Januar 2015 verwiesen:

- Maßgebend sei, aus welchen Gründen das in Rede stehende unrechtmäßige Verhalten gesetzt worden sei und ob dieses Verhalten im Bereich der Einkünfteerzielung oder im Privatbereich liege. Da die Tat, die dem Verfahren vor der Europäischen Kommission zugrundeliege, in Ausübung der betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit begangen worden sei, müssten die Kosten des Verfahrens bzw der Verteidigung Betriebsausgaben sein.

- Die Rspr zur Nichtabzugsfähigkeit von Verteidigungskosten aufgrund privater Lebensführung sei auf Körperschaften nicht anwendbar, da Körperschaften keinen Bereich der privaten Lebensführung haben könnten.

- Der Gedanke des Pönalcharakters der Strafe und der Einheit der Rechtsordnung sei auf Verteidigungskosten nicht übertragbar, da sich die Pönalisierung einer Tat nicht auch auf die Verteidigungskosten erstrecke. Dazu habe es bis zum AbgÄG 2011 keine gesetzliche Regelung im KStG gegeben, die die Abzugsfähigkeit von Strafen und damit zusammenhängender Verteidigungskosten für Körperschaften versagt hätte.

- Den Geschäftsführern der Bf. obliege es, aufgrund von gesellschaftsrechtlichen Vorschriften den Vorteil der Gesellschaft zu wahren und Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Bei zweifelhafter Sach- oder Rechtslage dürften sich die Geschäftsführer auf den für die Gesellschaft günstigeren Standpunkt stellen und damit das Risiko eingehen, dass der Gesellschaft nachträglich eine Vertrags- oder Gesetzesverletzung vorgeworfen werde.

- Der Ansicht des Finanzamtes, dass die Rechts- und Beratungskosten das steuerliche Schicksal der Strafe teilten, könne nicht gefolgt werden.

Die gänzliche Abzugsfähigkeit der Rechts- und Beratungskosten als Betriebsausgaben sei zu bejahen.

6. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2015 wurde die Beschwerde betreffend Körperschaftsteuer 2013 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

a. Nach Ermittlungen der Europäischen Kommission habe man eine Geldbuße (ohne Abschöpfungsbetrag) für die Teilnahme am Kartell verhängt. Diese Geldbuße sei von der Europäischen Kommission auf der Grundlage der Kronzeugenregelung von 2006 ermäßigt und zusätzlich unter Anwendung des Vergleichsverfahrens gemindert worden. Sie sei entsprechend den europarechtlichen Grundlagen vom Konzernumsatz berechnet worden, der auf den „kartellbefangenen“ Märkten erzielt worden sei. Die Geldstrafe habe laut Beschluss der Kommission das wettbewerbswidrige Verhalten der Bf. und der dazugehörigen Gesellschaften in einer Reihe von Mitgliedsstaaten betroffen.

b. Im Rechnungswesen der Bf seien die Rechts- und Beratungskosten im Zusammenhang mit dem angeführten Verfahren – soweit ersichtlich – ohne anteilige Verrechnung an die in den betroffenen Märkten tätigen Tochtergesellschaften erfasst.

c. In der Körperschaftsteuererklärung für 2013 sei ein steuerlicher Nettoaufwand von 232.231,10 € als Betriebsausgabe beantragt worden, der bei der Veranlagung nicht anerkannt worden sei. Zusammengefasst umfassten die von der Betriebsprüfung und die im Rahmen der Veranlagung 2013 nicht anerkannten Rechts- und Beratungskosten ausschließlich die erfolgswirksam verbuchten und steuerlich berücksichtigten Beträge. Es seien daher die ertragswirksamen Rückstellungsbewegungen, der Verbrauch der Rückstellungen und insbesondere die direkt auf den betreffenden Aufwandskonten verbuchten Eingangsrechnungen berücksichtigt.

7. Mit Schreiben vom 4. Februar 2016 ergänzte die Bf. die vorangehend angeführten Beschwerden wie folgt (Auszug):

a. Im Schriftstück gehe man auf jene Absätze der Beschwerdevorlage an das BFG näher ein, in welchen der beschwerdegegenständliche Sachverhalt nicht richtig wiedergegeben bzw rechtlich nicht korrekt gewürdigt worden sei.

b. Im konkreten Fall sei von der Europäischen Kommission eine Geldbuße gegen die Bf. (eine GmbH, eine juristische Person) verhängt worden und nicht gegen natürliche Personen (zB die Geschäftsführer der GmbH). Die Bezugnahme auf die Rspr des VwGH zur Einkommensteuer natürlicher Personen sei daher im konkreten Fall nicht zielführend.

c. Das Finanzamt führe an, dass nach herrschender Lehre und Rspr die Rechts- und Beratungskosten im Fall des Schuldspruchs das Schicksal der ertragsteuerlichen Qualifizierung der verhängten Geldbußen teilten und nicht betrieblich veranlasst seien. Mehrmals sei auf herrschende Lehre und Rspr verwiesen worden, ohne Zitate anzuführen. Es könne daher nicht nachvollzogen werden, ob sich die herrschende Lehre und Rspr auf Fälle von natürlichen oder juristischen Personen beziehe. Es gebe keine Lehre und Rspr, die explizit anführe, dass die Rechts- und Beratungskosten das Schicksal der ertragsteuerlichen Qualifizierung der verhängten Geldbußen teilten und im Fall der Verurteilung nicht betrieblich seien.

Wegen der Nichtabzugsfähigkeit der verhängten Geldbußen könne nicht automatisch auf die Nichtabzugsfähigkeit der Rechts- und Beratungskosten geschlossen werden. Der Pönalcharakter der Strafe sei nicht auf die Verteidigungskosten zu übertragen.

d. Nach VwGH 30.10.2014, 2011/15/0137, seien Schadenersatzzahlungen als Erwerbsaufwendungen abziehbar, wenn das Fehlverhalten der betrieblichen/beruflichen Sphäre zuzurechnen sei. Daher müssten auch Rechts- und Beratungskosten abzugsfähig sein, die im Rahmen der betrieblichen Veranlassung angefallen seien.

Der VwGH führe auch aus, dass entscheidend sei, ob das Verhalten aus Gründen gesetzt worden sei, die im Bereich der Einkünfteerzielung oder im Privatbereich lägen. Schadenersatzleistungen seien daher als Betriebsausgaben zu berücksichtigen, da kein privater Veranlassungsgrund bestanden habe. Auch den angefallenen Rechts- und Beratungskosten läge kein privater Veranlassungsgrund zugrunde. Das Fehlverhalten der Bf. sei der betrieblichen Sphäre zuzurechnen.

e. Nach der Rspr des BFH sei in jenen Fällen, in denen die zur Last gelegte Tat ausschließlich aus einer betrieblichen/beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar sei, die Abzugsfähigkeit von Strafverteidigungskosten grundsätzlich möglich und zwar auch bei einem Vorsatzdelikt (BFH 16.4.2013, IX R 5/12). Diese Rspr des BFH sei – entgegen der Ansicht des Finanzamtes – auf die österreichische Rechtslage übertragbar und könne für die Beurteilung der Abzugsfähigkeit von Rechts- und Beratungskosten herangezogen werden. Diese seien im konkreten Fall angefallen, um sich von den gegen die Bf. erhobenen Vorwürfen im Rahmen des Kartellverfahrens vor der Europäischen Kommission zu entlasten. Unter Bezugnahme auf die Rspr des BFH (vgl. BFH 10.6.2015, VI B 133/14; BFH 16.4.2013, IX R 5/12; BFH 18.10.2007, VI R 42/04) seien die Rechts- und Beratungskosten als Betriebsausgabe abzugsfähig, da der Vorwurf, gegen den sich die Bf. zur Wehr gesetzt habe, eindeutig betrieblich veranlasst gewesen sei.

f. Die in einem früheren Erkenntnis – VwGH 16.9.1992, 90/13/0063 – getroffene Aussage, die betriebliche Veranlassung von Strafen sei nur gegeben, wenn die Zuwiderhandlung in den Rahmen der normalen Betriebsführung falle, sei nicht mehr relevant. Für die Beurteilung der Abzugsfähigkeit sei (nur) die betriebliche Veranlassung maßgebend. Die Ansicht der Finanzverwaltung, die Teilnahme an einem europarechtlich untersagten Kartell falle nicht in den Rahmen der normalen Betriebsführung, berücksichtige nicht, dass das Kriterium der „normalen Betriebsführung“ nicht mehr entscheidungsrelevant sei.

g. Bei Vorliegen der betrieblichen Veranlassung sei zu prüfen, ob die Abzugsfähigkeit aufgrund eines Abzugsverbots versagt werde. Die klarstellende Anpassung des § 12 Abs 1 Z 4 KStG und des § 20 Abs 1 Z 5 EStG idF AbgÄG 2005, BGBl I Nr. 161/2005 und AbgÄG 2011 idF BGBl I Nr. 76/2011, beziehe sich nur auf Strafen und nicht auf Rechts- und Beratungskosten. Die für die Nichtabzugsfähigkeit von Strafen und Geldbußen geltende Norm sei auf Verteidigungskosten nicht anwendbar.

h. Für die Nichtabzugsfähigkeit gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG sei eine außerbetriebliche Sphäre Voraussetzung. Demnach könne § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG nicht vom Verweiskatalog der nichtabzugsfähigen Aufwendungen und Ausgaben des § 12 KStG umfasst sein. Im Ergebnis sei die Judikatur zur Nichtabzugsfähigkeit von Verteidigungskosten aufgrund privater Lebensführung auf Körperschaften nicht anwendbar. Körperschaften könnten  keinen privaten Bereich der Lebensführung haben. Damit habe es vor AbgÄG 2011 an einer Grundlage gefehlt, die Abzugsfähigkeit von Verteidigungskosten außerhalb des Bereichs der Verbandsstrafen zu versagen.

i. Bei wirtschaftlicher Anknüpfung sei die Rechtswidrigkeit des Verhaltens unbeachtlich. Auch gesetzwidrige Aufwendungen seien als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Auch nach dem Nettoprinzip sei die Abzugsfähigkeit der Verteidigerkosten anzunehmen.

j. Auch der Vorsteuerabzug der Verteidigerkosten sei zu bejahen. Vor dem AbgÄG 2011 könne der Vorsteuerausschluss auf keine gesetzliche Bestimmung gestützt werden. Die durch das AbgÄG 2011 erfolgte ertragsteuerliche Verschärfung sei – aufgrund der Sperrwirkung der MWSt-SystRL, wonach keine neuen Vorsteuerausschlüsse eingeführt werden dürften, umsatzsteuerlich irrelevant.

Bei direktem Zusammenhang zwischen Rechts- und Beratungskosten und der Tätigkeit des Unternehmens, sei der Vorsteuerabzug zu gewähren (EuGH 21.2.2013, C-104/12 , Rs Becker).

k. Von einer anteiligen Verrechnung der Kosten an Tochtergesellschaften sei abzusehen: Die verhängte Geldbuße sei von der Bf. entrichtet worden und auch die gestiegenen Umsätze habe die Bf. besteuert. Die Rechtsanwälte seien von den Geschäftsführern der Bf. beauftragt worden, diese habe auch die Kosten getragen.

l. Die Verteidigungskosten seien im Zusammenhang mit den erhöhten Preisen zu sehen, da die Geschäftsführer der Bf. Rechtsanwälte beauftragt hätten, nachzuweisen, dass das damalige Vorgehen und die Festsetzung der Preise den EU-Vorschriften entsprochen hätten. Mit der Beauftragung der Rechtsanwälte sei erreicht worden, dass keine höhere Strafsumme festgesetzt worden sei.

Da die Beauftragung der Rechtsanwälte bereits im Jahr 2010 erfolgt sei, müsse im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses von der uneingeschränkten Abzugsfähigkeit ausgegangen werden. Die geltend gemachten Betriebsausgaben in den Jahren 2010 bis 2013 für Rechts- und Beratungskosten seien zu Recht geltend gemacht worden. Auch die Vorsteuerbeträge könnten geltend gemacht werden.

8. Am 2. Juni 2016 erfolgte eine weitere Ergänzung der Beschwerden (Auszug):

a. Im Erkenntnis des VwGH vom 21.4.2016, 2013/15/0182 habe der VwGH über die steuerliche Geltendmachung von Kosten eines Strafverfahrens als Betriebsausgaben entschieden. Zwar stellten nach Lehre und Rspr die Kosten eines Strafverfahrens Kosten der privaten Lebensführung dar, wenn die auslösende Ursache im schuldhaften Verhalten des Betriebsinhabers liege und nicht in der Führung des Betriebes. Die Beschwerde habe aber nicht dargelegt, dass der strafrechtliche Vorwurf im Beschwerdefall ausschließlich und unmittelbar aus der beruflichen Tätigkeit als Geschäftsführer der Gesellschaften erklärbar und betrieblich veranlasst gewesen sei.

b. Dieser Hinweis des VwGH auf die Darlegung der betrieblichen Veranlassung lasse die Interpretation zu, dass bei einer betrieblichen Veranlassung eine Abzugsfähigkeit von Strafverteidigungskosten möglich sei. Entscheidend sei demnach, ob das Fehlverhalten, der betrieblichen/beruflichen Sphäre zuzuordnen sei oder es als private Verhaltenskomponente das Band zur betrieblichen/beruflichen Veranlassung durchschneide.

9. Am 26. August 2016 erfolgte beim Bundesfinanzgericht eine Zeugenbefragung mit dem Geschäftsführer der Bf. im fraglichen Zeitraum:

Frage: Schildern sie uns ganz generell wie es zu den Preisabsprachen gekommen ist, wie das Procedere war und von welchen Personen in den beteiligten Firmen die Absprachen initiiert wurden?

Antwort: Es hat angefangen mit der Hausdurchsuchung und dass die Sache vor der Kommission aufgeflogen ist.

F: Wie hat es intern begonnen?

A: Es war ein zu lockerer Umgang mit den Kontakten zur Konkurrenz, wo verschiedene Leute der Firma mit verschiedenen Leuten der Konkurrenz gesprochen haben, über die Preiserhöhung in den Zeitpunkten in denen die Rohstoffpreise erhöht wurden. Ungefähr 70% der Kosten sind Rohstoffkosten. Und diese schwanken. Wenn die fallen, ist dies ein guter Moment und die Konkurrenten senken die Preise und wir auch, um Marktanteile zu bekommen. Wenn die Preise nach oben gehen, dann wird es kompliziert. dann mussten wir die Preise weitergeben an die Kunden und die Marge ist nicht so hoch. Dies ist ein schwieriger Moment, alle in der Industrie schauen sich das an, der Erste der erhöht, der hat ein Problem und verliert Kunden und Marktanteil.

F: Was war der Auslöser, wie ist das jetzt gelaufen mit den Preisabsprachen?

A: Verschiedene Leute im Management und im Verkauf sprachen mit den Konkurrenten (auf Messen, wenn man sich traf). Es war die Botschaft, wir sollten die Preise erhöhen, die Rohstoffe gehen nach oben. Die Initiative ist weniger von der Bf. ausgegangen, sondern von  der V, dem Kronzeugen.

F: Welche V?

A: Die V ist ein Konzerngeflecht. Von der V-Gruppe.

F: Diese Manager und Verkäufer haben bei diesem Treffen dann zunächst festgestellt, dass die Preise bei den Konkurrenten erhöht werden?

A: Eine der Parteien sagte dann, die Rohstoffe steigen, wir müssen etwas tun. Oft waren die Gespräche nur oberflächlich.

F: Dann ist dieser Manager zur Firma gekommen und hat gesagt, wir müssen die Preise wie die Konkurrenten erhöhen?

A: Ja, genau.

F: Wer hat es genehmigt in der Firma?

A: Das ging aus vom Management, von mir, von Herrn GF M.

F: War Hr. M Geschäftsführer oder Prokurist in der fraglichen Zeit?

A: Er war Geschäftsführer. Ich war in dieser Zeit auch Geschäftsführer, aber Hr. M war mein Chef.

F: Ist dies mündlich ausgemacht worden oder gab es auch schriftliche Verträge?

A: Es war mündlich. Ich weiß nichts von schriftlichen Verträgen. Es gab persönliche Notizen, aber keine schriftlichen Verträge. Diese Preisabsprachen haben für alle Konkurrenten Sinn gemacht, weil die Kunden Erkundigungen eingezogen haben und die gleichzeitige Preiserhöhung dazu geführt hat, dass sich die verschiedenen Unternehmen auf ihre eigenen Kunden konzentrieren konnten und ein Wechsel der Kunden nicht stattgefunden hat, weil wir keine fremden Kunden angesprochen haben und die Konkurrenten unsere Kunden nicht ansprachen. Wer die Initiative zu diesen Preisabsprachen ursprünglich gestartet hat, kann nicht mehr genau gesagt werden.

F: Was sind die Hauptkunden?

A: Das sind diverse Produzenten.

F: Warum kam es dann zur Selbstanzeige? Es lief ja gute 5 Jahre und dann kam es zu einer Anzeige bei der Kommission.

A: Der genaue Beginn der Preisabsprachen ist nicht bekannt, man hat einfach immer wieder miteinander gesprochen und dann hat es eine Anzeige bei der Kommission gegeben.

F: Wie ging das vor sich?

A: Es gab einen Kronzeugen, wahrscheinlich V und die hat es der Kommission gemeldet.

F: Wie haben Sie davon erfahren?

A: Nur durch die Hausdurchsuchung.

F: Wie lief das ab?

A: Ich war nicht dabei, es fand statt mit Polizei und Leuten der Kommission. In der Früh. Das Entsetzen war groß. Schnell war unsere Conclusio, dass wir mit der Behörde kooperieren wollen. Wir wollten alles offenlegen. Die Kommission hat uns signalisiert, dass man sich einigen kann, wenn kooperiert wird. Die Kommission kann eine Strafe vorschlagen bis zu 10% vom Umsatz (Standardstrafe) der Firma oder wenn man kooperiert kann das 5% mit noch weiteren Abzügen sein. Die Firma hat einen großen Umsatz. Am Ende haben wir uns verglichen. Die Kooperation hat funktioniert. Wir wollten uns das Risiko mit dem Gerichtsverfahren nicht antun. Das Gesetz ist sehr streng. Die Firma ist in der Zwischenzeit sehr streng und hat eine gute Compliance eingerichtet.

F: Die Kommission muss das Ganze auf Beweisen aufbauen. Wie hat man die Preiserhöhungen nachvollzogen?

A: Wir haben alles offengelegt. Das war proaktiv von unserer Seite. Die Kommission hat alles vom Kronzeugen beschrieben bekommen und wir haben unsere Unterlagen offengelegt. Man hat alles zusammengefasst und an die Kommission geschickt. Das war die Aufgabe des Rechtsanwalts.

F: Es war nicht so, dass die Gesellschafter die Bf. gezwungen haben oder ihr vorgegeben haben, sie sollen Preiserhöhungen machen? Ihnen wurde das nicht vorgeschrieben?

A: Vorgeschrieben wurde das nicht, aber gestoppt haben sie uns auch nicht.

F: Weisungen der Gesellschafter Preisabsprachen zu machen, hat es keine gegeben?

A: Weisungen nicht.

F: Aber Sie (die Gesellschafter) wussten davon?

A: Ja.

F: Es wurde eine Aufteilung auf die einzelnen beteiligten Firmen gemacht. Die Bf. hat den Löwenanteil zahlen müssen und die Firmen G und R einen geringeren Anteil. Wie kam es zu dieser Aufteilung? Hat die Kommission diese Aufteilung vorgenommen oder haben sie von den Firmen her diese Aufteilung vorgeschlagen und auf welchen Kriterien beruht diese Aufteilung?

A: Die Kommission machte diese Aufteilung. Wahrscheinlich anhand der jeweiligen Umsätze aufgrund der Preiserhöhungen.

F: Es hat immer wieder Besprechungen über die Haftung der Muttergesellschaften gegeben. Worum ging es da? Ging es darum, wie Ihre Gesellschafter haften?

A: Das weiß ich nicht. Die Frage kann ich nicht beantworten. Das sagt mir nichts.

F: Das kommt ziemlich oft vor...

A: Das kann noch geklärt werden.

F: Herr E ist erst später Geschäftsführer geworden?

A: Ja, 3 Wochen vor der Hausdurchsuchung wurde er Geschäftsführer.

10. Mit Schreiben vom 5. September 2016 teilte die Bf. dem BFG ergänzend folgendes mit:

a. Bezugnehmend auf die Zeugenbefragung vom 26. August 2016 hinsichtlich des Grundes für die Abrechnung der Rechtsanwälte zum Betreff „Haftung der Muttergesellschaften“ führe man aus:

Nach den EU-Kartellvorschriften würden Muttergesellschaften haften, die einen maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft ausübten, für Zuwiderhandlungen ihrer Tochtergesellschaften. Aus diesem Grund hätten Besprechungen hinsichtlich einer eventuellen Haftung der Muttergesellschaften/Konzernobergesellschaften für die Zuwiderhandlungen der Bf. stattgefunden. Die Rechtsanwälte der Bf. hätten Recherchen zur Beurteilung der Haftung der Muttergesellschaften in einem 50/50 Joint Venture und zu den Konsequenzen für die Bf. durchgeführt. Das Ziel der Besprechungen mit den Rechtsanwälten und der Recherche der Rechtsanwälte sei gewesen, den Schaden für die Bf. so gering wie möglich zu halten.

b. Im Zuge des Kartellvergleichsverfahrens seien letztendlich die Konzernobergesellschaften von der Europäischen Kommission auch für die Handlungen der Bf. in die Haftung genommen worden. Die Bf. habe dadurch nur einen verringerten Vergleichsbetrag anstatt der maximal möglichen 10% des betroffenen Umsatzes zu zahlen gehabt.

c. Ergänzend führe man aus, dass von der Bf. keine Kosten für die Rechtsanwälte der Muttergesellschaften übernommen worden seien. Beide Muttergesellschaften seien durch eigene Rechtsanwälte vertreten worden. Die bei der Bf. angefallenen Rechts- und Beratungskosten hätten lediglich die Verteidigung der Bf. betroffen, um den Schaden für die Bf. so gering wie möglich zu halten.

11. Mit Schreiben vom 13. September 2016 wurde der Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgezogen. Seitens des Finanzamtes wurde mitgeteilt, dass in Bezu´g auf die Bf. keine weiteren Anträge mehr gestellt würden.

B. Der Entscheidung zugrunde gelegter Sachverhalt

1. Die Bf. macht folgende Rechts- und Beratungskosten aus der Verteidigung in einem Kartellverfahren vor der Europäischen Kommission als Betriebsausgaben geltend:

Für 2010 gesamt 1.147.358,84 €, für 2011 gesamt 554.904,46 €, für 2012 gesamt 185.025,82 € und für 2013 gesamt 232.231,10 €.

An Vorsteuer machte die Bf. für 2010 gesamt 132.181,62 €, für 2011 gesamt 150.932,79 €, für 2012 gesamt 30.837,64 € und für 2013 gesamt 46.446,22 € geltend.

2. Die Geldbuße der Europäischen Kommission wurde gegen Hersteller in einem Kartellvergleichsverfahren verhängt:

Die Europäische Kommission stellte fest, dass verschiedene Hersteller im betreffenden Zeitraum an einem europaweiten Kartell beteiligt waren. Insgesamt wurden die Preise von zehn Mitgliedstaaten der Europäischen Kommission koordiniert. Einer der Firmen wurde die Strafe im Einklang mit der Kronzeugenregelung erlassen. Die Bf. erhielt verminderte Geldbußen, da sie die Nachforschungen der Kommission unterstützte. Weiters wurde die Geldbuße aufgrund der Zustimmung zum Vergleichsverfahren ermäßigt.

Das Kartell bezweckte, die gestiegenen Kosten an die Kunden weiterzugeben und einen aggressiven Preiswettbewerb zwischen den Herstellern zu vermeiden. Um dies zu erreichen, veranstalteten die Kartellmitglieder Preiskoordinationssitzungen auf Management-Ebene. Die Geldbußen wurden nach den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen aus dem Jahr 2006 festgesetzt. Bei der Festsetzung wurde den Absatzzahlen der beteiligten Unternehmen für die entsprechenden Produkte in den betroffenen Mitgliedstaaten, der besonderen Schwere des Verstoßes, der geographischen Reichweite des Kartells sowie der Dauer Rechnung getragen.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs und der Kartellverordnung sind Kommissionsbeschlüsse ein bindender Nachweis dafür, dass das Verhalten stattgefunden hat und rechtswidrig war.

3. Dem Beschluss der Kommission ist folgendes Procedere (zusammengefasst) zu entnehmen:

a. Das Verfahren wurde auf der Grundlage eines von einer der beteiligten Firmen gestellten Antrags auf Erlass der Geldbuße eingeleitet.

b. Aufgrund der vorliegenden Informationen nahm die Kommission unangekündigte Nachprüfungen in den Geschäftsräumen der Bf. und weiterer Unternehmen vor. Eine weitere unangekündigte Nachprüfung wurde im Folgejahr vorgenommen. Danach erhielt die Kommission einen gemeinsamen Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung von der Bf. und zwei anderen Unternehmen.

c. Während der Untersuchung übersandte die Kommission auch mehrere Auskunftsverlangen gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003. Die Kommission leitete ein Verfahren gemäß Art. 11 Abs 6 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 gegen die Adressaten des Beschlusses mit der Absicht ein, Vergleichsgespräche mit den Parteien aufzunehmen. Die Kommission nahm eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an; die beteiligten Unternehmen bestätigten ausnahmslos, dass diese den Inhalt ihrer Vergleichsausführungen zutreffend wiedergebe und sie an ihrer Zusage festhielten, das Vergleichsverfahren zu befolgen. Der beratende Ausschuss für Kartell- und Monopolverfahren gab eine befürwortende Stellungnahme ab und die Kommission erließ den Beschluss.

d. Der Beschluss betrifft ein Kartell, dessen Zweck letztlich darin bestand, die gestiegenen Kosten der Ausgangsstoffe an die Kunden weiterzugeben und einen aggressiven Preiswettbewerb unter den Kartellmitgliedern zu vermeiden. Um dieses Ziel zu erreichen, hatten sie eine europaweite Gesamtabsprache getroffen. Im Rahmen dieser Gesamtabsprache verhielten sich die Kartellmitglieder auf verschiedenen Managementebenen wettbewerbswidrig, was zu einer Preiskoordinierung in verschiedenen Mitgliedstaaten führte.

Um den Zweck der Weitergabe der gestiegenen Kosten von Ausgangsstoffen an die Kunden und der Vermeidung eines aggressiven Preiswettbewerbs zu erreichen, wandten die Kartellmitglieder die wettbewerbswidrigen Praktiken der direkten und indirekten Preiskoordinierung an. Im Einzelnen handelte es sich dabei um

die Koordinierung

- von Zeitpunkt und Bandbreite von Preiserhöhungen,

- der Preise für bestimmte Kunden und

mitunter das Unterlassen des Versuchs, Kunden der anderen Kartellmitglieder in Preiserhöhungsphasen abzuwerben.

C. Rechtslage

1. Nach § 4 Abs 4 EStG sind Betriebsausgaben Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind.

2. Nach § 12 Abs 1 Z 4 KStG idF vor 2011 durften bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden: Geld- und Sachzuwendungen, deren Gewährung oder Annahme mit gerichtlicher Strafe bedroht ist, weiters Verbandsgeldbußen nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz.

Nach § 12 Abs 1 Z 4 KStG in der Fassung BGBl I Nr. 76/2011 dürfen folgende Aufwendungen nicht bei den Einkünften abgezogen werden

- Geld- und Sachzuwendungen, deren Gewährung oder Annahme mit gerichtlicher Strafe bedroht ist,

- Strafen und Geldbußen, die von Gerichten, Verwaltungsbehörden oder den Organen der Europäischen Union verhängt wurden,

- Verbandsgeldbußen nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz,

- Abgabenerhöhungen nach dem Finanzstrafgesetz und

- Leistungen aus Anlass eines Rücktritts von der Verfolgung nach der Strafprozessordnung oder dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (Diversion).

3. Nach § 12 Abs 1 UStG kann der Unternehmer Vorsteuerbeträge abziehen, die von anderen Unternehmern in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesen werden, für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.

4. Nach § 22 GmbHG haben die Geschäftsführer dafür zu sorgen, dass ein Rechnungswesen und ein internes Kontrollsystem geführt werden, die den Anforderungen des Unternehmens entsprechen.

Gemäß § 25 Abs 1 GmbHG sind Geschäftsführer der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Nach Abs 2 haften Geschäftsführer, die ihre Obliegenheiten verletzen, der Gesellschaft zur ungeteilten Hand für den daraus entstandenen Schaden.

D. Rechtliche Erwägungen zum festgestellten Sachverhalt

1. Strittig ist ausschließlich die Abzugsfähigkeit von Verteidigungskosten aus den Jahren 2010 bis 2013 betreffend ein Kartellverfahren vor der Europäischen Kommission. Die Kosten wurden als Betriebsausgaben abgesetzt, die darauf entfallenden Vorsteuern wurden beantragt.

Die Bf. geht davon aus, dass die Verteidigungskosten sowohl aus dem Zeitraum vor als auch nach dem AbgÄG 2011 in voller Höhe abzugsfähig sind und die Vorsteuern geltend gemacht werden können.

Nach Ansicht der BP liegt mit der Kartellbildung eine nicht in den Rahmen der „üblichen Betriebsführung“ fallende Handlung vor, die den Kausalzusammenhang zum Betrieb unterbricht, sodass keine abzugsfähigen Betriebsausgaben und Vorsteuern vorliegen. Das betrifft Zeiträume vor und nach dem AbgÄG 2011.

2. Vorangehend ist zur Rechtsansicht der Geschäftsführer, es obliege ihnen aufgrund von gesellschaftsrechtlichen Vorschriften, den Vorteil der Gesellschaft zu wahren und jeglichen Schaden von der Gesellschaft abzuwenden (dh der Wettbewerbsverstoß diene erlaubten Zwecken), festzuhalten, dass damit die Rechtmäßigkeit ihrer Handlungsweise nicht dargetan werden kann und grundsätzlich eine Forderung der Gesellschaft im Haftungsweg bestehen würde:

a. Nach § 25 Abs 1 und 2 GmbHG haften Geschäftsführer, die die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes – und damit ihre Obliegenheiten – verletzen, der Gesellschaft zur ungeteilten Hand für den daraus entstandenen Schaden.

(1) An die Erfüllung der Sorgfaltsverpflichtung ist ein strenger Maßstab anzulegen und der Geschäftsführer kann sich von seiner Haftung nur befreien, wenn ihm im Prozess der Beweis gelingt, dass er die erforderliche Sorgfalt angewendet hat. Von den jedem Geschäftsführer obliegenden gesetzlich zwingenden Pflichten kann eine interne Geschäftsverteilung nicht dispensieren (OGH 5.4.1989, 1 Ob 526/89).

Die Geschäftsführer haben

- die gesetzlichen Pflichten zu erfüllen, die der GmbH oder ihnen als Organe auferlegt sind,

- dafür zu sorgen, dass sich die GmbH im Außenverhältnis rechtmäßig verhält und

- Vorschriften einzuhalten, die im öffentlichen Interesse aufgestellt sind. Dazu zählen die steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften, das Kartellrecht, das Gewerberecht, Arbeitnehmerschutzvorschriften, Umweltschutzvorschriften usw. (Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht, 2. Auflage, Sorgfalt und Haftung, Rz 2/309-2/311).

(2) Geschäftsführer einer GmbH leiten – anders als der Vorstand einer Aktiengesellschaft – die Gesellschaft nicht in eigener Verantwortung, sondern haben sich am umfassenden Weisungsrecht der Gesellschafter zu orientieren (OGH 18.3.2016, 90b A 58/15t).

Nach § 25 Abs 5 GmbHG wirkt ein Weisungsbeschluss der Gesellschafter grundsätzlich haftungsentlastend. Nichtige Weisungsbeschlüsse lassen aber die Haftung – weil nicht verbindlich – unberührt. Nichtigkeit ist anzunehmen, wenn eine Weisung mit einer Norm kollidiert, die dem Schutz der Gläubiger und der öffentlichen Interessen dient (Koppensteiner, GmbH-Gesetz, 3. Auflage, Rz 17; OGH 22.10.2003, 30b 287/02f).

(3) Als Schaden ist jede Vermögensminderung der Gesellschaft anzusehen (Umfahrer, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 5. Auflage, § 25, Rz 267).

b. Die Voraussetzungen für die Haftung der Geschäftsführer (Eintritt eines Vermögensschadens, Pflichtwidrigkeit, Kausalität und Verschulden dh. keine vertretbare Rechtsansicht) und die Einstellung einer Forderung der Gesellschaft bezüglich der Verteidigungskosten (im Haftungsweg) wären im gegenständlichen Fall erfüllt:

(1) Ein Vermögenschaden ist dadurch eingetreten, dass die Bf. gegen unionsrechtliche Kartellvorschriften verstoßen hat und zu einer Geldbuße verurteilt wurde.

(2) Die Geschäftsführer der Bf. haben die geschuldete Sorgfalt verletzt. Die Legalitätspflicht hätte zur Beachtung der die GmbH treffenden Rechtspflichten führen müssen. Diese Pflichten sind verletzt, wenn gegen Vorschriften des Europäischen Wettbewerbsrechts verstoßen wird. Ein Gesetzesverstoß im Außenverhältnis führt gleichzeitig zu einem Pflichtverstoß im Innenverhältnis (Buck-Heeb, BB 2013, 2247, 2248; Fleischer in Spindler/Stilz, AktG, 2. Auflage 2010, § 93, Rn 24 mwN).

Nach Art. 1 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Art 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln, sind Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen im Sinne von Art 81 Abs 1 des Vertrags, die nicht die Voraussetzungen des Art 81 Abs 3 des Vertrags erfüllen, verboten, ohne dass dies einer vorherigen Entscheidung bedarf.

Aufgrund einer Selbstdarstellung von am Kartell beteiligter Firmen leitete die EU-Kommission im vorliegenden Fall ein Verfahren nach Art 11 Abs 6 der VO (EG) 1/2003 ein, mit der Absicht Vergleichsgespräche aufzunehmen. In der Folge wurde die Bf. mit Beschluss der Kommission zu einer Geldbuße verurteilt, sodass ein verbotenes Verhalten im oben beschriebenen Sinn vorliegt. Die Verteidigungskosten resultieren aus der Absicht, die Geldbuße zu reduzieren.

Eine Haftung wird schlagend, wenn die Geschäftsführer selbst am Kartellverstoß beteiligt sind, die Pflichtwidrigkeit ist aber auch dann gegeben, wenn die Geschäftsführer die Kartellabrede (nur) durch ein unzureichendes Compliance-System ermöglicht haben. Im gegenständlichen Fall wurde erst nach dem Wettbewerbsverfahren ein entsprechendes Complince-System eingerichtet.

Geschäftsführer können sich dabei nicht auf allfällige Anweisungen oder Beschlüsse der Gesellschafter ausreden: Ein absolut nichtiger Beschluss schließt die Haftung der Geschäftsführer nicht aus (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG, 3. Auflage, § 25, Rz 17; Reich-Rohrwig in WK GmbHG § 25, Rz 191 ). Das gilt auch für nichtige Weisungsbeschlüsse und Gesetzesverletzungen genehmigende Beschlüsse ( Leupold/Ramharter, GesRZ 2009, 253; Schneider in Scholz, GmbHG, 10. Auflage, § 43 Rz 122).

(3) Das Verhalten der Geschäftsführer war auch kausal für die Verhängung der Geldbuße durch die Europäische Kommission: Hätten diese ein funktionierendes Compliance-System eingerichtet und die Teilnahme am Kartell verweigert, wäre der Vermögensschaden nicht eingetreten.

(4) Die Rechtsansicht, b ei zweifelhafter Sach- oder Rechtslage dürfe sich der Geschäftsführer auf den für die Gesellschaft günstigeren Standpunkt stellen und damit das Risiko eingehen, dass der Gesellschaft nachträglich eine Vertrags- oder Gesetzesverletzung vorgeworfen werde, ist verfehlt.

Zum einen müssten die Geschäftsführer auch dieses Risiko berücksichtigen und die Ausnutzung einer objektiv zweifelhaften Rechtslage unterlassen, wenn sich aus einer Entscheidung der Behörden oder Gerichte zu Ungunsten der Gesellschaft unverhältnismäßig schwere Nachteile ergeben könnten (Hachenburg, Gesetz betreffend die Gesellschaften beschränkter Haftung, 1997, § 42, Rz 20).

Zum anderen liegt eine zweifelhafte Rechtslage nicht vor: In Art 101 AEUV (vormals Art 81 EGV) ist unmissverständlich geregelt, dass Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen (Preisfestsetzungen, Marktaufteilungen, Kundenzuteilungen, Produktionsbegrenzungen oder Vertriebsvereinbarungen), geeignet sind, den Wettbewerb innerhalb des gemeinsamen Marktes zu behindern, beschränken oder zu verfälschen. Die Wettbewerbsregeln schützen den Markt an sich, der die Grundlage der marktwirtschaftlichen Maßnahmen in der Europäischen Union darstellt. Beschädigungen des Marktes unterminieren die Grundlagen der Preispolitik und des fairen Handels und verteuern die auf dem Markt befindlichen Güter und Dienstleistungen. Sie führen zu schwerwiegenden Nachteilen für Mitkonkurrenten und Konsumenten. Es ist daher nicht erkennbar, inwiefern in diesem Punkt eine „unklare Rechtslage“ vorliegen sollte.

Die Vorteilswahrung der Gesellschaft endet in jenem Bereich in dem nationale Gesetze und EU-Vorschriften verletzt werden (Krause, BB Beilage 2007, Nr. 7, 2; Fleischer ZIP 2005, 141). „Nützliche Gesetzesverstöße“ im Interesse der Gesellschaft sind unzulässig (Koppensteiner, Compliance und Kartellrecht, GeS 2013, 432; Borns, „Tue Gutes und hafte dennoch“, BÖB 2010, 53; Mertens/Cahn in KK AktG, 3. Auflage 2010, § 93, Rn 71; Fleischer in Spindler/Stilz, AktG 2. Auflage 2010, § 93, Rn 36; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Auflage, § 43, Rz 23; Dauner-Lieb in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 93 AktG Rz 20 mN). 

c. Auch wenn die Geldbuße nicht dem Organ zur Last gelegt werden soll, damit sich die generalpräventive Wirkung bei der Gesellschaft entfalten kann, so ist dennoch die Haftung des Geschäftsführers für alle anderen Schäden zu bejahren, die entstanden sind, weil er kartellrechtswidrige Absprachen begangen hat (LAG Düsseldorf, Urteil vom 20.1.2015, Az 16 Sa 459/14, Rz 285-286 und 269).

Es wäre somit an der Bf. gelegen gewesen, eine Forderung an die Geschäftsführer bezüglich der Verteidigungskosten nachzuaktivieren. Die Einstellung einer Forderung durch die Finanzverwaltung bzw das BFG kam nicht in Betracht, da bestrittene oder zunächst nicht betrittene Forderungen erst anzusetzen sind, wenn sie anerkannt wurden oder über sie rechtskräftig entschieden ist (Jakom/Laudacher, § 6, Rz 90, Bestrittene Forderungen; BFH 26.4.1989, I R 147/84, BStBl 1991 II, S. 213).

Eine Kompensation der als Betriebsausgaben beantragten Verteidigungskosten durch Aktivierung von Forderungen gegen die Geschäftsführer, war daher aufgrund des zu beachtenden Vorsichtsprinzips nicht vorzunehmen.

3. Rechtslage bis zum AbgÄG 2011:

a. Gesetzliche Regelungen vor und nach 2005 und bis zum AbgÄG 2011:

Nach § 4 Abs 4 EStG sind Betriebsausgaben Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind.

Nach § 20 Abs 1 Z 5 EStG idF vor 2005 waren lediglich Geld- und Sachzuwendungen, deren Gewährung oder Annahme mit gerichtlicher Strafe bedroht war, vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen. Dieser Ausschluss wurde in § 12 Abs 1 Z 4 KStG auch ins Körperschaftsteuerrecht übernommen. Für andere Strafen bestand keine gesetzliche Regelung.

Mit § 20 Abs 1 Z 5 EStG idF vor AbgÄG 2011 (und § 12 Abs 1 Z 4 KStG) wurden als nichtabzugsfähige Ausgaben neben Geld- und Sachzuwendungen, deren Gewährung oder Annahme mit gerichtlicher Strafe bedroht war zusätzlich auch Verbandsgeldbußen nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz aufgenommen.

b. Judikatur und Lehre:

A) Abzugsfähigkeit von Strafen

Ob bereits vor der Neuerung im AbgÄG 2011 die Nichtabzugsfähigkeit für von der Europäischen Union verhängte Strafen und Geldbußen dem Gesetz zu entnehmen war, ist strittig (s. dazu Lachmayer in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger/Vock, § 12 Rz 55/1 mit Verweis auf Tz 58).

(1) Nach Lachmayer in Quantschnigg, aaO, § 12, Rz 58, ist die Nichtabzugsfähigkeit von Geldstrafen und Geldbußen in der Rspr schon vor dem AbgÄG 2011 mit zwei Argumenten begründet worden:

- Einerseits mit dem Pönalcharakter der Strafe, der durch deren Abzugsfähigkeit nicht gemindert werden soll und

- andererseits damit, dass das die Strafen auslösende Verhalten nicht der normalen Betriebsführung zuzurechnen ist, sondern der Lebensführung des Steuerpflichtigen. Da § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG auf Körperschaften nicht anwendbar ist, muss das Argument der Lebensführung im Bereich des KStG als nicht relevant angesehen werden.

(2) Einkommensteuer:

In Bezug auf das EStG versagte schon die ältere Judikatur aufgrund des Pönalcharakters die steuerliche Abzugsfähigkeit von Strafen:

In VwGH 21.5.1980, 2848/79 wird festgehalten, dass nach den Grundgedanken der Strafbestimmung die jeweilige Strafe den Täter persönlich treffen soll. Dies müsse auch für Geldstrafen gelten. Es würde dem Sinn einer Strafbestimmung widersprechen, würde man die gegen einen Betriebsinhaber verhängte gerichtliche Strafe zum Abzug zulassen, nur weil zwischen ihr und der betrieblichen Tätigkeit eine Verbindung bestehe. Damit würde sie der Täter nur zum Teil persönlich tragen. Nur Strafverteidigungskosten eines freigesprochenen Angeklagten seien als betrieblich veranlasst anzusehen, wenn die ihm zur Last gelegte Tat unter Anlegung eines strengen Maßstabes ausschließlich aus einer betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar sei. Betreffe die vorgeworfene Straftat hingegen eine der privaten Lebensführung zuzurechnende Tätigkeit, seien die Strafverteidigungskosten nicht abzugsfähig.

Nach der jüngeren Rspr des Verwaltungsgerichtshofes muss bei Geldstrafen (ebenso wie bei Verteidigungskosten), die durch das eigene Verhalten des Betriebsinhabers ausgelöst wurden, in der Regel davon ausgegangen werden, dass die Zuwiderhandlung, die zur Bestrafung führt, nicht in den Rahmen einer normalen Betriebsführung fällt und demnach nicht im Betrieb als solchem, sondern im schuldhaften Verhalten des Betriebsinhabers ihre auslösende Ursache hat (VwGH 16.9.1992, 90/13/0063; zu einer Personengesellschaft s VwGH 29.3.2012, 2009/15/0035). Der VwGH betont ausdrücklich, dass die Nichtabziehbarkeit der Geldstrafe aufgrund des Tatbestandes der „nicht normalen Betriebsführung“ schon vor dem AbgÄG 2011 greift, ausgenommen bei engem Zusammenhang mit der Einkunftserzielung und Unabhängigkeit der Geldstrafe vom Nachweis eines Verschuldens oder bei geringem Verschulden (VwGH 29.3.2012, 2009/15/0035). Die Nichtabzugsfähigkeit von Strafen gilt auch, wenn Arbeitnehmer im Rahmen ihrer beruflichen Verrichtungen ein Fehlverhalten setzen (VwGH 24.11.2011, 2008/15/0235 mit Verweis auf VwGH 3.7.1990, 90/14/0069).

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Nichtabzugsfähigkeit von Strafen und Geldbußen bereits vor dem AbgÄG 2011 in ständiger Rspr des VwGH judiziert wurde, wobei sich diese einerseits auf den Pönalgedanken und andererseits auf das nicht in den Rahmen einer normalen Betriebsführung fallende Verhalten des Betriebsinhabers stützte.

(3) Körperschaftsteuer:

Die zur Rechtslage vor dem AbgÄG 2011 ergangene Rspr des VwGH betraf nur die Einkommensteuer natürlicher Personen, Fälle zur Körperschaftsteuer wurden nicht entschieden (Lachmayer, Die steuerliche Abzugsfähigkeit von Geldstrafen und Geldbußen bei Körperschaften, RdW 2011, 308).

Strittig ist, inwieweit die auf die Einkommensteuer bezogene Rspr des VwGH auch auf Körperschaften übertragen werden kann.

Der BFH lehnte die Nichtabzugsfähigkeit von Geldstrafen bei Körperschaften grundsätzlich ab (was zu einer Verankerung des Verbots den Gewinn zu mindern in § 4 Abs 5 Nr. 8 dEStG und § 10 Nr. 3 dKStG führte). Im BFH-Beschluss vom 21.11.1983, GrS 2/82, BStBl. 1984 II, S. 160 zu Geldbußen wegen unzulässiger Preisempfehlungen wird dazu ausgeführt: Bei Geldbußen liegt der objektive und subjektive Zusammenhang mit dem Betrieb offen. Zudem überwiegt nur bei Straftaten die Beziehung zur Person des Täters, bei Ordnungswidrigkeiten die Beziehung zum Betrieb. Die Regelungen über nichtabzugsfähige Ausgaben in § 12 dEStG gelten nicht im Körperschaftsteuerrecht. Der Abzug der Geldbuße ist notwendige Folge des steuerrechtlichen Nettoprinzips. Das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung wird nicht schlagend, weil von einem „Überwälzen der Strafe“ auf die Allgemeinheit nur gesprochen werden kann, wenn ein bestehender Anspruch des Staates gekürzt wird. Das ist aber nicht der Fall, da der Abzug der Betriebsausgaben notwendige Folge des steuerrechtlichen Nettoprinzips ist. Auch Gerichts- und Anwaltskosten sind als Betriebsausgaben abziehbar, soweit diese mit den Strafen und Geldbußen in Zusammenhang stehen.

Nach Lachmayer, RdW 2011, 308, können Körperschaften keinen „Bereich der persönlichen Lebensführung“ haben, sodass dieses Argument der Judikatur für die Nichtabzugsfähigkeit von Geldstrafen ausscheidet. Differenzierter ist das in der Frage des Pönalcharakters zu sehen: An der Judikatur des Pönalcharakters hielt der VwGH auch nach der Rspr-Änderung des BFH fest. Die „Wertneutralität des Steuerrechts“ bietet nach Ansicht von Lachmayer kein entgegenstehendes Argument, weil diese in der von der Lehre angenommenen Form nicht existiert und die strikte Gleichsetzung des Betriebseinnahmen und –ausgabenbegriffes aufgrund der sonstigen Durchbrechungen des Nettoprinzips nicht zwingend erscheint. Zwar ist im Bereich der Binnenmarktrichtlinie bezüglich der Umsatzsteuer insofern vom Vorliegen einer Wertneutralität auszugehen, als auch illegale Leistungen der Umsatzsteuer unterliegen, diese Sicht ist jedoch nicht auf EU-Wettbewerbsbußen im Bereich der direkten Steuern auszudehnen. Die Nichtabzugsfähigkeit von Strafen ist aus dem Pönalcharakter und aus dem Prinzip der Einheit der Rechtsordnung ableitbar, weil die Berücksichtigung der Strafe als Betriebsausgabe die spezialpräventive und generalpräventive Wirkung konterkarieren würde und die Strafe bei Gründung einer Kapitalgesellschaft durch die Allgemeinheit getragen werden müsste. Der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung ist daher auch auf Körperschaften übertragbar, ausgenommen die Sanktionen sind nicht von einem Verschulden abhängig, das Verschulden ist geringfügig oder ein Teil der Strafe entfällt auf die Abschöpfung einer Bereicherung (wovon bei EU-Geldbußen nach der Stellungnahme der Kommission zu C-429/97 nicht auszugehen ist).

Nach Doralt, RdW 2004,117, ist die Auffassung EU-Bußgelder seien als Betriebsausgabe abzugsfähig, gesetzwidrig. Gemäß Bertl/Hirschler, Rückstellungsbildung für drohende Bußgelder für Wettbewerbsverstöße, RWZ 2005, 76, ist eine Rückstellung für drohende EU-Bußgeldzahlungen nur dann aufwandswirksam möglich, wenn das Bußgeld die Abschöpfung einer Bereicherung bezweckt, weil es dann nicht mehr um die Pönalisierung von verbotenem Verhalten geht.

Dagegen hält Tanzer, Die gewinnmindernde Abzugsfähigkeit von Geldstrafen im Abgabenrecht, Wien 1983, 105 ff., den Gedanken der Einheit der Rechtsordnung nicht für übertragbar auf Verbände. Nach Bachl, Abzugsfähigkeit von Strafen und Geldbußen bei Kapitalgesellschaften, ecolex 2005, 397, fehlt es im KStG (vor dem AbgÄG 2011) an einer die Nichtabzugsfähigkeit von Strafen begründenden Norm.

B) Strafverteidigungskosten und Verwaltungskosten:

(1) Einkommensteuer:

Bezüglich des Anfallens von Strafverteidigungskosten versagte der VwGH regelmäßig die Abzugsfähigkeit im Bereich der Einkommensteuer, weil diese Kosten ebenso wie die Strafe der privaten Lebensführung zuzurechnen sind (nach VwGH 16.9.1992, 90/13/0063 dann, wenn die Zuwiderhandlung nicht in den Rahmen der normalen Betriebsführung fällt). Dagegen kann mit dem Pönalgedanken der Betriebsausgabencharakter von Verteidigungs- und Verfahrenskosten nicht versagt werden.

(2) Körperschaftsteuer:

Nach BFH 18.10.2007, VI R 42/04, BStBl 2008 II, S. 223 (zum Geschäftsführer einer GmbH betreffend Anstiftung zur Untreue durch Ausstellung sachlich unrichtiger Bescheinigungen) ist eine (generelle) Nichtabzugsfähigkeit von Strafverteidigungskosten bei strafbaren Handlungen der Rspr nicht zu entnehmen. Auch strafbare Handlungen iZm der betrieblichen und beruflichen Tätigkeit können Erwerbsaufwendungen begründen: Verweis auf BFH 9.12.2003, VI R 35/96, BStBl 2004 II, 641 betreffend Werbungskosten des Geschäftsführers einer GmbH (mit Initiative zu Schwarzeinkäufen und der Absicht Umsatzeinbußen zu vermeiden) und das objektive Nettoprinzip sowie § 40 AO; vorausgesetzt ist, dass die schuldhaften Handlungen im Rahmen der betrieblichen und beruflichen Aufgabenerfüllung liegen und nicht auf privaten, den betrieblichen Zusammenhang aufhebenden Umständen beruhen (zB nur Verschaffung der Gelegenheit zur Straftat oder der ArbN schädigt bewusst den ArbG). Gesetzliche Abzugsverbote für die erwerbsbedingten Aufwendungen greifen nicht ein.

Nach Lachmayer, RdW 2011, 308, Pkt 7, ist die Begründung der Nichtabzugsfähigkeit aufgrund der „privaten Lebensführung“ für Körperschaften nicht anwendbar; aber auch der Gedanke des Pönalcharakters erstreckt sich nicht auf die Verteidigerkosten, sodass – ohne explizite Verankerung der entsprechenden Strafen im Gesetz – im Bereich der Körperschaften von der Abzugsfähigkeit der Verteidigerkosten auszugehen ist. Letztere Auffassung entspricht auch der Argumentation des VwGH, wonach den Verteidigerkosten die Qualifikation als Betriebsausgaben nicht mit der Begründung versagt werden kann, dass bei möglichem Abzug der Strafzweck vereitelt werden würde, weil dann dem Abgabengesetz der Charakter einer Strafnorm beigemessen würde (VwGH 16.9.1992, 90/13/0063 zu einer Wirtschaftstreuhandkanzlei).

4. Rechtslage seit dem AbgÄG 2011:

a. Strafen und Geldbußen:

Seit Inkrafttreten des AbgÄG 2011 (ab 2.8.2011) wurde in § 20 Abs 1 Z 5 EStG der Katalog der nichtabzugsfähigen Ausgaben zusätzlich um Strafen und Geldbußen erweitert, die von Gerichten, Verwaltungsbehörden oder den Organen der Europäischen Union verhängt werden, sowie um Abgabenerhöhungen nach dem Finanzstrafgesetz und Leistungen aus Anlass eines Rücktritts von der Verfolgung nach der Strafprozessordnung oder dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (Diversion).

Auch in § 12 Abs 1 Z 4 KStG erfolgte eine gleichartige Erweiterung. In Fällen von EU-Wettbewerbsbußen ist die gesamte Geldbuße nicht abzugsfähig, (Lachmayer, in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger/Vock, § 12, Rz 55/3 KStG), soweit kein Abschöpfungsanteil enthalten ist. Da ein ausdrücklich ausgewiesener Abschöpfungsanteil nach den Erläuterungen zum AbgÄG 2011 abzugsfähig wäre, könnte im Rahmen österreichischer Kartellverfahren eine vom Gericht festgelegte Abschöpfung abzugsfähig sein.

Die gesetzliche Bestimmung unterscheidet nicht nach dem Verschuldensgrad, sondern schließt sämtliche Strafen und Geldbußen von der steuerlichen Geltendmachung aus.

Nach den Kommentierungen handelt es sich bei der Ausweitung der (Straf)Tatbestände durch das AbgÄG 2011 um eine Klarstellung (daher auch kein gesondertes Inkrafttreten – Lachmayer in Quantschnigg ua., § 12 Rz 55/1). Tatsächlich wird in den Erläuterungen zu § 12 Abs 1 Z 4 KStG von einer „Klarstellung“ gesprochen: „Die Änderung des § 20 Abs 1 Z 5 EStG soll als Klarstellung auch im KStG nachvollzogen werden, da auch hier der Pönalcharakter der Strafen eine Nichtabzugsfähigkeit gebietet“.

b. Verteidigerkosten:

Im Bereich des EStG sind Verteidigerkosten weiterhin nicht absetzbar, wenn die Betätigung nicht im Rahmen der normalen Betriebsführung erfolgte.

Aufwendungen, die im Zusammenhang mit einer nichtabzugsfähigen Ausgabe nach § 12 KStG anfallen, teilen nach Lachmayer, RdW 2011/310 deren Schicksal (durch § 12 KStG wird die Betriebsausgabe der "außerbetrieblichen Sphäre zugeordnet"). Damit wären auch Strafverteidigerkosten im Zusammenhang mit EU-Geldbußen nicht abzugsfähig. Dieses Ergebnis ist nach Lachmayer aber unbefriedigend, da der Pönalcharakter nicht auf die Kosten der Strafverteidigungskosten übertragen werden kann. Zudem habe jeder Beschuldigte das Recht auf Verteidigung nach Art 6 EMRK. Diese liege auch im Interesse des Betriebes, weil die Strafe verringert werden könne. Es sei daher geboten die Abzugsfähigkeit von Strafverteidigerkosten zuzulassen (Lachmayer, RdW 2011/310: Recht auf Verteidigung nach Art 6 MRK und Kosten der KÖSt-Erklärung trotz Abzugsverbot der Steuerberatungskosten abziehbar; dagegen wird von Lachmayer in Q/R/S/S/V, KStG-Kommentar, S. 1334, die Nichtabzugsfähigkeit der Verteidigerkosten vertreten).

Zur Abzugsfähigkeit kommt auch Thiele, ÖStZ 2008/702 unter Verweis auf die Rspr des BFH 18.10.2007, VI R 42/04, BStBl 2008 II, 223. Der BFH verneint die Abzugsfähigkeit von Strafverteidigungskosten nur, wenn die Handlung aus dem Rahmen der üblichen Tätigkeit fällt, dh. wenn persönliche Motive im Spiel sind, so zB bei einer wegen Mordes verurteilten Krankenpflegerin (BFH 12.6.2002, XI R 35/01, DStRE 2002, 1359); nicht aber bei besonderen beruflichen (betrieblichen) Risiken (BFH 19.2.1982, VI R 31/89, BStBl 1982 II, 467 zur fahrlässig herbeigeführten Explosion in einer chemischen Fabrik – Strafverteidigung eines Ingenieurs).

5. Die EU-Geldbuße und ihre Ziele:

Die Bußgeldbemessung nach Europäischem Kartellrecht verfolgt nach einhelliger Ansicht das Ziel, die Beachtung der Kartellvorschriften des AEUV sicherzustellen. Im Sinne einer negativen Generalprävention sollen hohe Geldbußen abschreckend wirken. Dem entspricht, dass die konkrete Festlegung des Bußgeldes gemäß Art 23 Abs 3 VO 1/2003 nach der Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung zu erfolgen hat. Eine eigene Regelung über die Abschöpfung der Bereicherung oder ähnliches fehlt im Europäischen Kartellrecht, wenngleich es ein (Teil)Ziel der Geldbußenfestlegung ist, auch die Vorteile aus der unerlaubten Handlung abzuschöpfen (indirekt aus Art 23 Abs 3 VO 1/2003 und Punkt 31 der Leitlinien zur Festsetzung von Geldbußen ableitbar - Studie Juli 2013, Winner/Appl, Wettbewerbsvollzug in Österreich im Vergleich zu ausgewählten Ländern).

Adressaten der Geldbuße können Unternehmen bzw Unternehmensvereinigungen sein, nicht aber die Mitglieder der Geschäftsführung (Binder/Kraayvanger, Regress der Kapitalgesellschaft bei der Geschäftsleitung für gegen das Unternehmen verhängte Geldbußen).

Nach BFH 7.11.2013, IV R 4/12 (zur Abziehbarkeit von Geldbußen) sehen die Leitlinien 2006 eine Berücksichtigung von widerrechtlich erzielten Gewinnen nicht schon bei der Bestimmung des Grundbetrages der Geldbuße vor. Vielmehr hat sich diese nach dem Wert der verkauften Waren oder Dienstleistungen zu richten; zur Berechnung des Grundbetrages ist ein bestimmter Anteil am Umsatz, der sich nach der Schwere des Verstoßes richtet, mit der Anzahl der Jahre der Zuwiderhandlung zu multiplizieren. Erwägungen die auf eine Abschöpfung von Gewinnen gerichtet sind kommen erst im Rahmen von Anpassungen des Grundbetrages in Betracht, soweit diese zu einer Erhöhung des Grundbetrages führen (Rz 33). Ausgehend von den dargelegten Grundsätzen scheidet somit bei der Errechnung des Grundbetrages stets die Berücksichtigung von Abschöpfungsgesichtspunkten aus.

6. Abzugsfähigkeit der Verteidigerkosten:

a. Die von der Bf. geltend gemachten Kosten der Rechtsberatung im Zusammenhang mit Geldbußen aufgrund eines Kartellverfahrens der Europäischen Kommission sind aus folgenden Gründen als Betriebsausgaben abzugsfähig:

(1) Rechtslage bis zum AbgÄG 2011:

Strafen und Geldbußen :

EStG:

In Bezug auf das EStG ergibt sich die Nichtabzugsfähigkeit von Strafen und Geldbußen aus dem Pönalgedanken oder aus einer Zuwiderhandlung, die nicht in den Rahmen einer normalen Betriebsführung (sondern in den Bereich der Lebensführung) fällt, weil sie durch das eigene Verhalten des Betriebsinhabers ausgelöst wurde (VwGH 16.9.1992, 90/13/0063).

KStG:

Bezüglich des KStG wird zwar ein Bereich der persönlichen Lebensführung von der Lehre ausgeschlossen, die Nichtabzugsfähigkeit der Geldbußen und Strafen ergibt sich aber nach einem Teil der Lehre aus dem Pönalcharakter (Doralt RdW 2004, 117; Lachmayer, RdW 2011, 308); ein anderer Teil der Lehre lehnt den Gedanken der Einheit der Rechtsordnung ab bzw verweist auf die fehlende Norm betreffend Nichtabzugsfähigkeit von Strafen (zB Bachl, ecolex 2005, 397). Die Erläuterungen betreffend § 12 Abs 1 Z 4 KStG idF AbgÄG 2011 definieren sich als Änderung in § 20 Abs 1 Z 5 EStG die als Klarstellung auch im KStG nachvollzogen werden soll. Sofern sich der Begriff der Klarstellung nicht nur auf das EStG bezieht, sondern auch auf die Neuregelung im KStG, waren Strafen und Geldbußen auch schon vor der Regelung im AbgÄG 2011 aufgrund des Pönalgedankens nicht abzugsfähig.

Verteidigungskosten :

EStG:

Im Bereich des EStG wird regelmäßig auch den (Straf)Verteidigungskosten der Abzug versagt, wenn die Handlung nicht in den Rahmen der normalen Betriebsführung fällt, der Pönalgedanke greift hier allerdings nicht: Dem Abgabengesetz würde damit ein über das Strafgesetz hinausgehender Charakter einer Strafnorm beigemessen. Vielmehr sind steuerrechtliche Tatbestände

- nach dem steuerrechtlichen Bedeutungszusammenhang,

- nach dem Zweck des jeweiligen Steuergesetzes  und

- nach dem Inhalt der einschlägigen Einzelregelungen zu interpretieren.

Der Zweck der Strafe ist damit hinsichtlich der in einem untrennbaren Zusammenhang stehenden Folgekosten für die Beurteilung von Betriebsausgaben nicht von Bedeutung (VwGH 16.9.1992, 90/13/0063 mit Verweis auf BVerfG 27.12.1991, 2 BvR 72/90, BStBl 1992 II, S. 212; DStR 1992, 106 – zur „Relativität der Rechtsbegriffe).

Diese allgemeinen Aussagen zu Verteidigungskosten bei Straftatbeständen müssen nach Ansicht des BFG auch für Wettbewerbsverletzungen durch Kartellbildung und im Bereich des KStG für Körperschaften gelten.

KStG:

Nach der BFH-Rspr können Kosten der Strafverteidigung auch nach einer Verurteilung Betriebsausgaben oder Werbungskosten sein, wenn die zur Last gelegte Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen worden  ist (BFH 13.12.1994, VIII R 34/93, BStBl 1995 II, S. 457). Im EStG erstreckt sich nach dem vorab Gesagten der Pönalcharakter nicht auf die Verteidigerkosten (VwGH 16.9.1992, 90/13/0063), das gilt auch für Körperschaften (zB Lachmayer, RdW 2011, 308, Pkt 7). Eine Zurechnung dieser Kosten zu den nichtabzugsfähigen Aufwendungen unter dem Blickwinkel des Pönalgedankens scheidet damit aus, auch wenn Strafen und Bußgelder mit dieser Begründung nicht anerkannt werden.

Nach der Rechtsansicht der Finanzverwaltung liegt bei der Bildung eines Kartells keine normale Betriebsführung vor, sodass analog zur Rspr des VwGH betreffend die Einkommensteuer die Abzugsfähigkeit der Straf- und Verteidigerkosten auch bei Körperschaften nicht gegeben sein soll. Die Argumentation beschränkt sich darauf, dass auch im Rahmen einer Körperschaft eine „nicht normale Betriebsführung“ den Zusammenhang zwischen Betrieb und Aufwand kappt. Die Bf. führt dazu aus, die Geschäftsführer dürften sich – bei zweifelhafter Sach- oder Rechtslage – auf den für die Gesellschaft günstigeren Standpunkt stellen und damit das Risiko eingehen, dass der Gesellschaft nachträglich eine Vertrags- oder Gesetzesverletzung vorgeworfen werde.

Es ist daher zu untersuchen, inwieweit die vom VwGH verwendete Rechtsfigur der „normalen Betriebsführung“ auf Körperschaften übertragbar und in Bezug auf die bezeichneten Verteidigungskosten anwendbar ist (ablehnend Lachmayer, RdW 2011/310, Pkt 7, da ein Bereich der „privaten Lebensführung“ bei Körperschaften nicht vorliegen kann):

- Der VwGH begründet im Einkommensteuerrecht die Nichtabzugsfähigkeit von Strafen und der mit diesen zusammenhängenden Verteidigungskosten damit, dass die Strafen unter bestimmten Umständen als nicht abziehbare Aufwendungen der Lebensführung zu beurteilen sind. Wird die Verhängung von Strafen durch das eigene Verhalten des Steuerpflichtigen ausgelöst, ist davon auszugehen, dass die Zuwiderhandlungen nicht in den Rahmen einer normalen Betriebsführung fallen und demnach nicht im Betrieb als solchem, sondern im schuldhaften Verhalten des Steuerpflichtigen ihre auslösende Ursache haben (VwGH 16.9.1992, 90/13/0063 zu Scheinbuchungen eines Wirtschaftstreuhänders).

- Derartige dem Betriebsinhaber auferlegte Strafen sind idR nicht abzugsfähig (VwGH 24.11.2011, 2008/15/0235 zu Strafen für Geschwindigkeitsüberschreitungen bei Fahrten mit Termindruck; VwGH 25.4.2001, 99/13/0221 zum Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit durch einen Steuerberater und daraus resultierende Strafmandate). Das gilt auch für eine von der Rechtsanwaltskammer verhängte Disziplinarstrafe gegen einen Rechtsanwalt. Erfolgt die Verhängung wegen Verletzung der Berufspflicht (mangelhafte Auftragserfüllung, Verzögerung bei Auftragsbearbeitung, Nichteinhaltung der Verpflichtung die Vertretungen mit Eifer, Treue und Gewissenhaftigkeit zu besorgen) und liegt kein bloß geringfügiges Verschulden vor, besteht kein Grund von der ständigen Rspr abzugehen, wonach Geldstrafen, deren Verhängung durch das eigene Verhalten des Steuerpflichtigen ausgelöst werden, nicht in den Rahmen einer normalen Betriebsführung fallen (VwGH 29.3.2012, 2009/15/0035).

- Auch in anderen Bereichen – zB bei Schadenersatzzahlungen – kommt es für die Abgrenzung zwischen betrieblicher und privater Sphäre darauf an, ob die Leistung als Folge eines aus privaten Gründen bewusst pflichtwidrigen Verhaltens erbracht wurde, sodass die private Verhaltenskomponente das Band zur betrieblichen Veranlassung durchschneidet (VwGH 30.10.2014, 2011/15/0137). 

- In den bezeichneten Entscheidungen bezieht sich der VwGH auf § 4 Abs 4 EStG und geht auch auf die Frage ein, ob die (Straf)Verteidigungskosten betrieblich veranlasst sind. Nicht betrieblich veranlasst sind die Verteidigungskosten nur dann, wenn die den Strafen zugrundeliegenden Handlungen nicht in den Rahmen der „normalen“ Betriebsführung fallen (zB die absichtliche Veranlassung von Scheinbuchungen unterbricht den Zusammenhang zwischen Betrieb und beschwerdegegenständlichem Aufwand). Entscheidend ist dabei das „eigene schuldhafte Verhalten des Betriebsinhabers“, das zur Bestrafung führt. Diese hat damit nicht im Betrieb ihre auslösende Ursache (VwGH 16.9.1992, 90/13/0063), sondern in persönlichem Fehlverhalten. Auch Geschwindigkeits – und Parkstrafen haben ihren Ausgangspunkt im Fehlverhalten des Betriebsinhabers (VwGH 25.2.1997, 96/14/0022 und 24.11.2011, 2008/15/0235), ebenso wie Disziplinarstrafen (VwGH 29.3.2012, 2009/15/0035). Damit ergibt sich, dass der Begriff der „normalen Betriebsführung“ mit der Legaldefinition der Betriebsausgaben in engem Zusammenhang steht.

- Betriebsausgaben sind Aufwendungen und Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind. Die Definition beschreibt eine bestimmte Form der Kausalität, die aus bloßen Aufwendungen Erwerbsaufwendungen werden lässt. Entscheidend ist dabei die „Veranlassung“. Nach dem finalen Veranlassungsbegriff sind nur Aufwendungen durch die Erwerbssphäre veranlasst, die durch entsprechende Willenssteuerung des Steuerpflichtigen zu Erwerbsaufwendungen gewidmet werden (dh eine Abweichung vom „Üblichen“ ist irrelevant). Nach dem objektiv-kausalen Veranlassungsbegriff sind solche Aufwendungen Erwerbsaufwendungen, die in objektiv-ursächlichem Sinn einen Einfluss auf die Einkunftsquelle haben (abgestellt auf Sinn und Zweck der Regelung – objektives Nettoprinzip). Vom BFH wird teilweise ein „gemischter Veranlassungsbegriff“ angewandt. Für die Abgrenzung von Erwerbs- und Privatsphäre bedarf es einer Wertung die auf einen Zusammenhang zwischen Aufwendung und Erwerbs- und Privatsphäre abstellt, wobei eine präzise Abgrenzungsformel nicht aufgestellt werden kann, sondern nach Anhaltspunkten im jeweiligen Rechtsgebiet zu suchen ist. Maßgeblich kann zB ein der Erwerbssphäre zuzuordnendes „auslösendes Moment“ sein oder eine bestimmte eigene steuerliche Wertung. Nur Aufwendungen, die durch einen privaten Veranlassungsbeitrag entstehen sind Privataufwendungen (Tobias Michel, „Gemischte Aufwendungen“, Dissertation, Universität Regensburg, 7.4.2016, S. 11 ff.).

- Den Entscheidungen des VwGH zur Nichtabzugsfähigkeit von Verteidigungskosten aufgrund „nicht normaler Betriebsführung“ ist zu entnehmen, dass (infolge Unbeachtlichkeit des Pönalgedankens) nur im Fall von vorneherein privat veranlasster Aufwendungen (Strafen) die Folgekosten ebenfalls nicht abzugsfähig sind, andernfalls bleibt die Abzugsfähigkeit auch dann bestehen, wenn die Strafe selbst keine Betriebsausgabe sein kann.

- Im KStG-Bereich käme eine analoge „privat vom Betriebsinhaber“ veranlasste Aufwendung nur in der Form in Betracht, dass eine Leistung infolge der Gesellschafterstellung (eines Gesellschaftergeschäftsführers) erbracht wird, die nicht zu Betriebsausgaben führen kann (zB VwGH 22.10.2015, Ro 2014/15/0049 zu Haftungsübernahmen; VwGH 18.12.2008, 2006/15/0355 zu einer Honorarzahlung; VwGH 19.4.2007, 2005/15/0020 zu einer Anmietung).

Eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung für die Maßnahmen, die in der gegebenen Wettbewerbssituation der Bf. zu koordinierten Preiserhöhungen bestimmter Produkte geführt hat, ist aber nicht erkennbar. Vielmehr ist der Kontakt mit den Konkurrenten und die Abrede, die Preise bestimmter Produkte (abgestimmt) zu erhöhen, klar darauf ausgerichtet, keine Umsatzverluste zu erleiden und durch die Maßnahmen zusätzliche Umsätze zu generieren, also eindeutig betrieblich veranlasst.

Soweit die Betriebsprüfung darauf verweist, dass der (unbestrittene) Verstoß gegen EU-Wettbewerbsverbote als solches eine „nicht normale Betriebsführung“ darstellt, aufgrund derer auch der Betriebsausgabenabzug der Verteidigerkosten verloren geht, liegt diesem Schluss nach der Rspr des VwGH der Gedanke einer „durch private Entschlüsse des Betriebsinhabers veranlassten Tat“ zugrunde, die in der Folge zur Pönalisierung der Verteidigungskosten führen soll und hier aber gerade nicht greifen kann: Der in der Zeugenaussage des Geschäftsführers geschilderte Ablauf – Besprechungen mit den Konkurrenten, Informationsaustausch über beabsichtigte Preiserhöhungen, Information der Firma durch Verkäufer und Manager und in der Folge Preiserhöhung bestimmter Produkte – ist weder einer einzelnen Person zuzuordnen (vielmehr das Werk vieler Mitarbeiter vom Verkäufer bis zum Geschäftsführer), noch eine von vorneherein nicht durch den Betrieb veranlasste „nicht normale Betriebsführung“ (im Sinne eines außerbetrieblichen Vorgangs), auch wenn Wettbewerbsverstöße über den üblichen betrieblichen Ablauf hinausgehen mögen.

Die von der EU-Kommission verhängte Geldbuße ist daher auch nur aufgrund des Pönalgedankens nicht absetzbar und nicht deswegen, weil sie einem Bereich der "nicht normalen Betriebsführung" zuzuordnen wäre. Auch die Verteidigungskosten könnten damit nur mit dem Argument des Pönalgedankens von der Abzugsfähigkeit als Betriebsausgabe ausgeschlossen sein. Diesen Ansatz hat der VwGH jedoch schon im Einkommensteuerrecht ausgeschlossen (VwGH 16.9.1992, 90/13/0063).

Das BFG schließt sich der Rechtsansicht an, wonach weder mit dem Argument der „nicht normalen Betriebsführung“, die im Körperschaftsteuerrecht bei Geschäftsführern, die nicht Gesellschafter sind kein Pendant hat, noch aufgrund des Pönalcharakters der Abzug der Verteidigerkosten verneint werden kann, die dazu dienten die zu erwartenden Bußgelder möglichst niedrig zu halten. Die bloße – auf betrieblichen Erwägungen beruhende – Pflichtverletzung eines Geschäftsführer (auch wenn diese zu einer Verletzung der Wettbewerbsregeln und zur Haftung nach § 25 GmbHG führen würde) nähert sich nicht der im EStG-Bereich judizierten „Privatentschlussjudikatur“ in der Form an, dass analog bei der Körperschaft eine „nicht normale Betriebsführung“ vorliegen würde. Dies umso mehr, als sich im vorliegenden Fall der Prozess einer „abgestimmten Preispolitik“ langsam in kleinen Schritten – und immer im Rahmen betrieblicher Erwägungen – vollzogen hat.

(2) Rechtslage ab dem AbgÄG 2011:

- Strafen und Geldbußen sind seit dem AbgÄG 2011 nach § 20 Abs 1 Z 5 lit b bzw § 12 Abs 1 Z 4 lit b KStG nicht abzugsfähig, soweit kein Abschöpfungsanteil im Bußgeld enthalten ist. Damit wurde auch die Nichtabzugsfähigkeit der von der EU-Kommission verhängten Geldstrafen im Gesetz verankert.

- Bezüglich der Verteidigerkosten ist auf die vorangehenden Ausführungen zu verweisen. Fraglich ist, ob durch die gesetzliche Implementierung der Nichtabzugsfähigkeit der Geldbußen aus EU-Wettbewerbsverstößen eine Änderung der Abzugsmöglichkeiten auch für damit zusammenhängende Verteidigerkosten eintritt.

Der Aussage der BP in der Stellungnahme zur Beschwerde, Aufwendungen des § 12 Abs 1 Z 4 würden (generell) nicht unter den Betriebsausgabenbegriff des § 4 Abs 4 EStG fallen, Strafen seien bereits nach dem Veranlassungsprinzip nicht abzugsfähig und damit der privaten Lebensführung zuzurechnen, ist zu widersprechen: Tatsächlich gilt das nur für Geldstrafen, die der Lebenssphäre des Steuerpflichtigen zuzurechnen sind. Andere Geldstrafen können sogar abzugsfähig sein, wenn sie vom Nachweis eines Verschuldens unabhängig oder nur auf ein geringes Verschulden zurückgeführt werden (VwGH 3.7.1990, 90/14/0069) oder sie sind – wie EU-Wettbewerbsbußen – insoweit abzugsfähig, als sie die Abschöpfung der Bereicherung aus dem Wettbewerbsverstoß bewirken.

Weder ist dem § 12 KStG, noch der Regelung des § 12 Abs 1 Z 4 KStG im Besonderen zu entnehmen, dass die dort angeführten Aufwendungen ausschließlich schon aufgrund der Veranlassung nicht abzugsfähige Betriebsausgaben sind. Vielmehr werden diese Aufwendungen vom Gesetzgeber – im Weg des § 12 KStG, aus verschiedenen rechtspolitischen, teilweise dem Pönalgedanken verpflichteten Gründen, zur Gleichstellung mit natürlichen Personen oder im Zusammenhang mit einer Einkommensverwendung – vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen. Diese besonderen Normierungen der Nichtabzugsfähigkeit stellen Durchbrechungen des objektiven Nettoprinzips dar, die einschränkend auszulegen sind.

Es besteht auch kein allgemeiner Grundsatz wonach Verteidigungskosten, die Aufwendungen des § 12 KStG betreffen, nicht abzugsfähig wären.

Soweit bezüglich der  Verfahrenskosten im Zusammenhang mit Strafen und Geldbußen die Abzugsfähigkeit bestritten wird, handelt es sich um die Verwaltungspraxis bzw die Rspr bei einkommensteuerlichen Tatbeständen (Achatz/Kirchmayr, KStG, § 12, Rz 87 mit Verweis auf EStR 1621, VwGH 21.5.1980, 2848/79 und VwGH 26.9.1972, 982/72); die tatsächliche Behandlung ergibt eine Abzugsfähigkeit der Verfahrenskosten, wenn die Geldstrafen den Charakter von Betriebsausgaben haben, nicht aber wenn sie dem Bereich der Lebensführung zuzuordnen sind (Achatz/Kirchmayr, aaO, Rz 87).

EU-Geldbußen fallen nicht in den Bereich der Lebensführung. Die Verwaltungspraxis bezüglich der Verteidigungskosten bei Verfahren nach dem VbVG (Achatz/Kirchmayr, aaO, Rz 92) widerspricht dem Veranlassungsprinzip und ist im vorliegenden Fall unbeachtlich. Nicht vergleichbar ist im Übrigen auch die Rspr zu Darlehenszinsen, die für die Bezahlung der Personensteuern aufgenommen wurden (s dazu Achatz/Kirchmayr, aaO, Rz 109).

Nach Lachmayer, RdW 2011/310, wären Strafverteidigungskosten aufgrund des engen Zusammenhanges mit der Strafe ab 2011 nicht mehr nicht abziehbar, weil Aufwendungen, die im Zusammenhang mit einer nichtabzugsfähigen Betriebsausgabe anfallen, deren Schicksal teilen. Durch § 12 KStG werde die Betriebsausgabe der außerbetrieblichen Sphäre der Körperschaft zugerechnet. Diese Pönalisierung sei aber überschießend und sachlich nur schwer begründbar, zumal nach der EMRK ein Recht auf Verteidigung normiert sei und die Verteidigung im Interesse des Betriebes liege.

Die Änderung in § 12 Abs 1 Z 4 KStG mit AbgÄG 2011 bezieht sich in den EB auf das Nachvollziehen der gleichartigen Änderung in § 20 Abs 1 Z 5 EStG. Die Erläuterungen zu letzterer Regelung führen dazu aus, die bisherigen Beurteilungsgrundsätze zur Berücksichtigung von Strafen als Betriebsausgaben seien von der Judikatur und der Lehre entwickelt worden und dahin gegangen, dass Strafen und Geldbußen nicht abzugsfähig waren, weil verpöntes Verhalten der Privatsphäre des Steuerpflichtigen zugeordnet wurde oder die Abzugsfähigkeit den Pönalcharakter unterlaufe. Im Interesse der Wahrung der Einheit der Rechtsordnung werde durch die Neuregelung klargestellt, dass

- bei einem durch die Rechtsordnung verpönten Verhalten,

- das eine Strafe oder Buße nach sich ziehe,

- ein Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten generell nicht in Betracht komme

- und so die Allgemeinheit nicht einen Teil der Strafe mittragen müsse. Das gelte für sämtliche Strafen und Geldbußen, unabhängig davon, von welcher Institution sie verhängt würden.

Da sich diese Ausführungen auch auf die Neuregelung im KStG beziehen, beruht die Implementierung des Abzugsverbots in § 12 Abs 1 Z 4b (Strafen und Geldbußen von Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Organen der Europäischen Union) auf dem Grundsatz der Wahrung der Einheit der Rechtsordnung und dem Pönalgedanken. In VwGH 16.9.1992, 90/13/0063 wird in den Erwägungen des Gerichtshofes darauf verwiesen, dass Verteidigungs- und Verfahrenskosten vom Pönalisierungsgedanken ausgenommen sind: Mit dieser Begründung könne die Abzugsfähigkeit nicht versagt werden, weil damit das Abgabengesetz den Charakter einer Strafnorm erhalten würde. Verwiesen wird dazu auf BFH 19.2.1982, VI R 31/78, BStBl 1982, S. 467 und die dort vertretene Auffassung, die Einheit der Rechtsordnung rechtfertige es nicht, Strafverteidigungskosten vom Abzug auszuschließen. Selbst wenn es wegen dieses Grundsatzes geboten sein sollte, Geldstrafen wegen krimineller Vergehen nicht über das Steuerrecht zu mildern, hätte eine solche Auffassung jedenfalls keine Auswirkung auf Strafverteidigungskosten.

Damit kann aber nach der Rspr des VwGH auch die Neuregelung nicht dazu führen, dass Verteidigungskosten im Zusammenhang mit Bußgeldern der Europäischen Union nicht anzuerkennen sind, da diese Bußgelder auf dem – hier für Verteidigungskosten unbeachtlichen – Pönalgedanken beruhen. Für die Verteidigungskosten kommt es auf den Veranlassungszusammenhang an, sind die Aufwendungen betrieblich veranlasst, liegen Betriebsausgaben vor. Diese betriebliche Veranlassung ist nach Ansicht des BFG gegeben.

b. Umsatzsteuer:

(1) Dient die Strafverteidigung nicht den Interessen der Kapitalgesellschaft, besteht kein Zusammenhang mit der unternehmerischen Tätigkeit. Für die Feststellung, ob Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet wurden, bestimmt sich das Vorliegen eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einem konkreten Umsatz und der gesamten Tätigkeit des Steuerpflichtigen nach dem objektiven Inhalt der von ihm bezogenen Gegenstände oder Dienstleistungen. Das Recht auf Abzug der für den Erwerb von Gegenständen und Dienstleistungen entrichteten Mehrwertsteuer ist nur gegeben, wenn die hierfür getätigten Aufwendungen zu den Kostenelementen der versteuerten, zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätze gehören ( EuGH 21.2.2013, C-104/12 , Rs „Becker“, Rn 19). Ein Recht auf Vorsteuerabzug wird auch bei Fehlen eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs anerkannt, wenn die Kosten für die fraglichen Dienstleistungen zu seinen allgemeinen Aufwendungen gehören und Bestandteile des Preises der von ihm gelieferten Gegenstände oder erbrachten Dienstleistungen sind, weil sie dann mit der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit zusammenhängen (Rs „Becker“, Rn 20).

(2) Im gegenständlichen Fall dienten die Anwaltsdienstleistungen dem Schutz der Interessen der GmbH, die Bußgeldzahlungen so weit als möglich zu verringern. Hintergrund dieser Anwaltsdienstleistungen waren Warenlieferungen mit aufgrund der Kartellabsprachen erhöhten Preisen. Damit besteht ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Eingangsumsatz und der wirtschaftlichen Tätigkeit der Bf. Hätte die GmbH die aus den Kartellabsprachen resultierenden Warenlieferungen mit erhöhten Preisen nicht erbracht, wären auch die Rechtsanwaltsleistungen nicht zustandegekommen.

(3) Dienen Anwaltsdienstleistungen nicht bloß den Interessen der Organträger einer GmbH und besteht ein Zusammenhang zwischen Eingangsdienstleistung und gesamter Tätigkeit, eröffnet die Dienstleistung einen Anspruch auf Vorsteuerabzug. Das ergibt sich indirekt aus der EuGH-Rspr (Rs „Becker“): Anwaltsleistungen zum Schutz „privater Interessen“ der Beschuldigten führen nicht zum Vorsteuerabzug. E contrario müssen Verteidigungskosten, die ausschließlich die Interessen der Kapitalgesellschaft betreffen, zum Vorsteuerabzug berechtigen.

(4) Der Vorsteuerabzug ist (nach der VNLTO-Rspr) nur dann beschränkt, wenn eine klassische Privatnutzung stattfindet oder eine nichtwirtschaftliche Zweckverwendung gegeben ist. Ein „privater Moment“ ist bei juristischen Personen nur im Zusammenhang mit begünstigenden Leistungen an den Gesellschafter denkbar und scheidet im vorliegenden Fall aus, weil die Geschäftsführer nicht Gesellschafter sind. Von einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit (zB hoheitlicher Bereich, Beteiligungsholding, satzungsmäßige Zwecke) kann – wie vorangehend dargelegt – nicht ausgegangen werden. § 12 Abs 2 Z 2 UStG ist nicht anwendbar, da die Verteidigungskosten zu den abzugsfähigen Aufwendungen zählen.

Damit ist in den Jahren 2010 bis 2013 auch die Vorsteuer aus den Verteidigungskosten betreffend EU-Bußgelder abzugsfähig.

 

E. Zulassung zur Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zu Verteidigungskosten bei Kapitalgesellschaften liegt keine Rspr des VwGH vor, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist gegeben.

 

Linz, am 19. September 2016

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 4 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 12 Abs. 1 Z 4 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 12 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994

Schlagworte:

Wettbewerbsverstoß, Verteidigungskosten, Kapitalgesellschaft

Verweise:

VwGH 16.09.1992, 90/13/0063
BFH 19.02.1982, VI R 31/78

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