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ARTIKEL 30 Unterbindung des unerlaubten Handels mit Tabakerzeugnissen – Protokoll

Aktuelle FassungIn Kraft seit 25.9.2018

ARTIKEL 30

Auslieferung

(1) Dieser Artikel findet Anwendung auf die in Übereinstimmung mit Artikel 14 dieses Protokolls umschriebenen Straftaten, wenn

  1. a) die Person, die Gegenstand des Auslieferungsersuchens ist, sich im Hoheitsgebiet der ersuchten Vertragspartei befindet,
  2. b) die Straftat, derentwegen um Auslieferung ersucht wird, nach dem innerstaatlichen Recht sowohl der ersuchenden Vertragspartei als auch der ersuchten Vertragspartei strafbar ist und
  3. c) die Straftat mit einer Freiheitsstrafe oder sonstigen Formen des Freiheitsentzugs von mindestens vier Jahren im Höchstmaß oder mit einer schwereren Strafe oder mit einem von den Vertragsparteien gemäß zwei- oder mehrseitigen Verträgen oder sonstigen internationalen Übereinkünften vereinbarten niedrigeren Strafmaß bedroht ist.

(2) Jede Straftat, auf die dieser Artikel Anwendung findet, gilt als in jeden zwischen den Vertragsparteien bestehenden Auslieferungsvertrag einbezogene, der Auslieferung unterliegende Straftat. Die Vertragsparteien verpflichten sich, diese Straftaten als der Auslieferung unterliegende Straftaten in jeden zwischen ihnen zu schließenden Auslieferungsvertrag aufzunehmen.

(3) Erhält eine Vertragspartei, die die Auslieferung vom Bestehen eines Vertrags abhängig macht, ein Auslieferungsersuchen von einer anderen Vertragspartei, mit der sie keinen Auslieferungsvertrag hat, so kann sie dieses Protokoll als Rechtsgrundlage für die Auslieferung in Bezug auf die Straftaten ansehen, auf die dieser Artikel Anwendung findet.

(4) Vertragsparteien, die die Auslieferung nicht vom Bestehen eines Vertrags abhängig machen, erkennen unter sich die Straftaten, auf die dieser Artikel Anwendung findet, als der Auslieferung unterliegende Straftaten an.

(5) Die Auslieferung unterliegt den im innerstaatlichen Recht der ersuchten Vertragspartei oder in geltenden Auslieferungsverträgen vorgesehenen Bedingungen, unter anderem den Bedingungen betreffend die für die Auslieferung erforderliche Mindesthöhe der angedrohten Strafe und die Gründe, aus denen die ersuchte Vertragspartei die Auslieferung ablehnen kann.

(6) Die Vertragsparteien bemühen sich vorbehaltlich ihres innerstaatlichen Rechts, für die Straftaten, auf die dieser Artikel Anwendung findet, die Auslieferungsverfahren zu beschleunigen und die diesbezüglichen Beweiserfordernisse zu vereinfachen.

(7) Wenn eine Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet sich eine verdächtige Person befindet, diese wegen einer Straftat, auf die dieser Artikel Anwendung findet, nur deshalb nicht ausliefert, weil sie seine Staatsangehörige ist, so ist sie auf Verlangen der um Auslieferung ersuchenden Vertragspartei verpflichtet, den Fall ohne ungebührliche Verzögerung ihren zuständigen Behörden zum Zweck der Verfolgung zu unterbreiten. Diese Behörden treffen ihre Entscheidung und führen ihr Verfahren in derselben Weise wie im Fall jeder anderen Straftat ähnlicher Art nach dem innerstaatlichen Recht dieser Vertragspartei. Die betreffenden Vertragsparteien arbeiten insbesondere in das Verfahren und die Beweiserhebung betreffenden Fragen zusammen, um die Effizienz der Verfolgung zu gewährleisten.

(8) Darf eine Vertragspartei nach ihrem innerstaatlichen Recht eigene Staatsangehörige nur unter dem Vorbehalt ausliefern oder auf sonstige Art überstellen, dass die betreffende Person an diese Vertragspartei rücküberstellt wird, um dort die Strafe zu verbüßen, die als Ergebnis des Gerichts- oder anderen Verfahrens verhängt wird, dessentwegen um ihre Auslieferung oder Überstellung ersucht wurde, und sind diese Vertragspartei und die um Auslieferung ersuchende Vertragspartei mit dieser Vorgehensweise und etwaigen anderen Bedingungen, die sie für zweckmäßig erachten, einverstanden, so gilt die Verpflichtung nach Absatz 7 mit dieser bedingten Auslieferung oder Überstellung als erfüllt.

(9) Wird die Auslieferung, um die zur Vollstreckung einer Strafe ersucht wird, mit der Begründung abgelehnt, dass die verfolgte Person Staatsangehörige der ersuchten Vertragspartei ist, so erwägt die ersuchte Vertragspartei, soweit ihr innerstaatliches Recht dies zulässt und im Einklang mit diesem sowie auf Verlangen der ersuchenden Vertragspartei, die nach dem innerstaatlichen Recht der ersuchenden Vertragspartei verhängte Strafe oder die Reststrafe selbst zu vollstrecken.

(10) Einer Person, gegen die wegen einer Straftat, auf die dieser Artikel Anwendung findet, ein Verfahren durchgeführt wird, wird in allen Phasen des Verfahrens eine gerechte Behandlung gewährleistet; dies schließt den Genuss aller Rechte und Garantien nach dem innerstaatlichen Recht der Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet sie sich befindet, ein.

(11) Dieses Protokoll ist nicht so auszulegen, als verpflichte es die ersuchte Vertragspartei zur Auslieferung, wenn sie ernstliche Gründe für die Annahme hat, dass das Ersuchen gestellt worden ist, um eine Person wegen ihres Geschlechts, ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Staatsangehörigkeit, ihrer ethnischen Herkunft oder ihrer politischen Anschauungen zu verfolgen oder zu bestrafen, oder dass die Lage dieser Person aus einem dieser Gründe erschwert werden könnte, wenn dem Ersuchen stattgegeben würde.

(12) Die Vertragsparteien können ein Auslieferungsersuchen nicht mit der alleinigen Begründung ablehnen, dass die Straftat als eine Tat angesehen wird, die auch fiskalische Angelegenheiten berührt.

(13) Bevor die ersuchte Vertragspartei die Auslieferung ablehnt, konsultiert sie gegebenenfalls die ersuchende Vertragspartei, um ihr reichlich Gelegenheit zu geben, ihre Auffassungen darzulegen und Informationen bereitzustellen, die im Hinblick auf ihre Behauptungen von Belang sind.

(14) Die Vertragsparteien sind bestrebt, zwei- und mehrseitige Übereinkünfte zu schließen, um die Auslieferung zu ermöglichen oder ihre Wirksamkeit zu erhöhen. Sind die Vertragsparteien durch einen bestehenden Vertrag oder eine zwischenstaatliche Vereinbarung gebunden, so gelten die entsprechenden Bestimmungen dieses Vertrags oder dieser zwischenstaatlichen Vereinbarung, sofern die Vertragsparteien nicht vereinbaren, stattdessen die Absätze 1 bis 13 anzuwenden.

Schlagworte

Gerichtsverfahren

Zuletzt aktualisiert am

11.09.2018

Gesetzesnummer

20010303

Dokumentnummer

NOR40207317

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