VwGH Ro 2015/04/0017

VwGHRo 2015/04/00179.9.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Mayr, die Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Revision des H H in M B, vertreten durch Mag. Ferdinand Kalchschmid, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 2-4, 3. Stock, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 12. April 2015, Zl. LVwG- 2014/22/1589-15 + 2712-13, betreffend Übertretung der GewO 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Innsbruck), zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1994 §111 Abs3;
GewO 1994 §114;
GewO 1994 §367a;
GewO 1994 §94 Z26;
JSchG Tir 1994 §18 Abs1;
MRKZP 07te Art4;
VStG §1 Abs1;
VStG §5 Abs1;
VStG §5;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

Angefochtenes Erkenntnis

Mit Spruchpunkt 1. des angefochtenen Erkenntnisses wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen die Straferkenntnisse der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht vom 22. April 2014 bzw. 17. September 2014 gemäß § 50 VwGVG als unbegründet abgewiesen und (zusammengefasst) ausgesprochen, dass es der Revisionswerber als gewerberechtlicher Geschäftsführer einer OG zu vertreten habe, dass am 8. März 2014 bzw. 22. Juli 2014 im Lokal "T" vier näher bezeichneten Jugendlichen entgegen den Bestimmungen des § 114 GewO 1994 Alkohol in Form von Wein (weiß süß) bzw. von Marillenschnäpsen und "Zündkerzen" (ca. 15% Alkoholgehalt) ausgeschenkt worden sei, obwohl nach § 18 Abs. 3 Tiroler Jugendschutzgesetz 1994 Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten

16. Lebensjahr alkoholische Getränke nicht erwerben oder in der Öffentlichkeit konsumieren dürften, soweit in Abs. 4 nicht anderes bestimmt sei.

Dadurch habe der Revisionswerber § 114 iVm § 367a GewO 1994 iVm § 18 Abs. 1 und Abs. 3 Tiroler Jugendschutzgesetz 1994 verletzt.

Mit Spruchpunkt 3. des angefochtenen Erkenntnisses wurde eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig erklärt.

Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, bei den von Spruchpunkt 1. erfassten Tatvorwürfen sei der Sachverhalt insofern übereinstimmend, als allen Jugendlichen, die allesamt zum Tatzeitpunkt das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, Alkohol nicht von einem Angestellten (Kellner/Barkeeper) des "T" direkt sondern von anderen Gästen/Freunden (die zum Teil das erforderliche Alter aufgewiesen hätten, zum Teil aber selbst noch Jugendliche gewesen seien), mithin von sogenannten "Mittelsmännern", die den Alkohol bestellt hätten, ausgefolgt worden sei und die Jugendlichen in weiterer Folge verbotenerweise in den Betriebsräumlichkeiten diesen Alkohol konsumiert hätten.

§ 114 GewO 1994 spreche von dem an den Gewerbetreibenden gerichteten Verbot, alkoholische Getränke selbst oder durch die im Betrieb beschäftigten Personen an Jugendliche ausschenken oder ausschenken zu lassen, abzugeben oder abgeben zu lassen. Der Gesetzgeber habe in § 114 GewO 1994 erkennbar eine Regelung geschaffen, die zur Durchsetzung der Alkoholverbote nach den landesrechtlichen Vorschriften hintanhalten solle, dass Jugendliche in den der Gewerbeausübung dienenden Betriebsräumlichkeiten des Gewerbetreibenden Alkohol konsumieren könnten. Der Gewerbetreibende habe daher in jeder Hinsicht dafür Sorge zu treffen, dass ein derartiger, entsprechend den landesrechtlichen Vorschriften verbotener Konsum von Alkohol durch Jugendliche in seinen Betriebsräumlichkeiten verunmöglicht werde.

Vor diesem Hintergrund sei es irrelevant, ob die Jugendlichen den Alkohol unmittelbar durch den Gewerbetreibenden bzw. seine Angestellten (Kellner/Barkeeper etc.) oder über sogenannte "Mittelsmänner" erhalten hätten. Dabei handle es sich um eine altbekannte Praxis (die auch in den gegenständlichen Fällen angewendet worden sei), bei der die Jugendlichen eine andere Person beauftragten bzw. eine andere Person die Aufgabe übernehme, für die Jugendlichen den Alkohol bei einem Kellner oder an der Bar zu bestellen, entgegenzunehmen und dann an die Jugendlichen zu verteilen.

Ausschenken im Sinne des § 114 GewO 1994 liege auch dann vor, wenn der Alkohol nicht direkt vom Gewerbetreibenden bzw. seinem Angestellten, sondern über andere Personen, die den Alkohol vom Angestellten ausgefolgt bekommen hätten, an die Jugendlichen übergeben werde und diese dann den Alkohol des Gewerbetreibenden verbotenerweise konsumierten. Nur dieses umfassende Verbot garantiere den vom Gesetzgeber augenscheinlich bekundeten Willen, dass in den Betriebsräumlichkeiten des Gewerbetreibenden Alkohol an Jugendliche nur im Rahmen der Jugendschutzgesetze ausgeschenkt werden dürfe. Jede andere Sichtweise würde der Umgehung des Alkoholausschankverbotes an Jugendliche Tür und Tor öffnen. Ob der Gewerbetreibende im konkreten Einzelfall für das Ausschenken von Alkohol an Jugendliche über einen "Mittelsmann" verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sei, müsse bei der Prüfung der subjektiven Tatseite gelöst werden.

Somit habe der Revisionswerber den objektiven Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen erfüllt, zumal feststehe (und auch nicht bestritten werde), dass alkoholische Getränke an Jugendliche unter 16 Jahren ausgeschenkt worden seien.

Zur subjektiven Tatseite führte das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf § 5 Abs. 1 VStG aus, der Revisionswerber habe versucht darzulegen, dass in seinem Betrieb ein effizientes Schulungs- und Kontrollsystem installiert sei. Diese Angaben erbrächten nicht annähernd den Nachweis, dass sich der Revisionswerber in ausreichender Art und Weise um die Einhaltung des Alkoholausschankverbotes an Jugendliche gekümmert hätte. Was das Hinanthalten einer Weitergabe von Alkohol durch sog. Mittelsmänner betreffe, habe er überhaupt keine Vorkehrungen getroffen. Insgesamt sei der Revisionswerber in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht in der Lage gewesen, konkrete und effektive Maßnahmen zu schildern, um einen verbotenen Alkoholausschank, vor allem über Mittelsmänner, an Jugendliche zu unterbinden. Nach Aussage der einvernommenen Jugendlichen sei es für diese stets ein Leichtes gewesen, im gegenständlichen Lokal verbotenerweise Alkohol zu bestellen und zu konsumieren. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts hätte der Revisionswerber über eine rigorose Kontrolle der Bestellungen und deren Weitergabe, laufende Kontrolle des Konsums von Jugendlichen, farbliche Unterscheidung (der Gläser oder der Getränke) des Alkohols von nichtalkoholischen Getränken u.ä., Maßnahmen ergreifen können. Dagegen habe sich dem Verwaltungsgericht das Bild eines völlig oberflächlichen Versuches gezeigt, die Bestimmung des § 114 GewO 1994 im Betrieb des Revisionswerbers einzuhalten.

Sodann folgen rechtliche Ausführungen zur Strafbemessung.

Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision (Spruchpunkt 3.) führte das Verwaltungsgericht aus, die Frage, ob mit dem Begriff des "Ausschenkens" in § 114 GewO 1994 auch eine verbotene Weitergabe von Alkohol an Jugendliche durch sogenannte "Mittelsmänner" umfasst sei, wenn also Alkohol nicht direkt vom Gewerbetreibenden bzw. seinen Angestellten an die Jugendlichen ausgefolgt werde, sei - soweit ersichtlich - bislang noch nicht vom Verwaltungsgerichtshof beantwortet worden. Daher sei diese Frage nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.

Revision

Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber ordentliche Revision, die vom Verwaltungsgericht gemäß § 30a Abs. 6 VwGG unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt wurde.

Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, das Verwaltungsgericht habe zutreffend ausgeführt, dass die im Zulässigkeitsausspruch (Spruchpunkt 3.) dargestellte Rechtsfrage vom Verwaltungsgerichtshof bislang noch nicht beantwortet sei. Der Beantwortung dieser Frage komme über den Einzelfall hinausgehende allgemeine Bedeutung zu, zumal es sich um eine in der Praxis durchaus häufiger anzutreffende Methode handle.

In den Revisionsgründen führt der Revisionswerber im Wesentlichen aus, nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes hätten weder der Revisionswerber selbst noch die von ihm im Betrieb beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Alkohol an Jugendliche ausgeschenkt. Vielmehr seien die alkoholischen Getränke bzw. der Alkohol von anderen Gästen/Freunden bestellt worden, die als solche jedoch das für den Ausschank und Konsum von alkoholischen Getränken erforderliche Mindestalter aufgewiesen hätten. Diese hätten als "Mittelsmänner" fungiert, indem sie die alkoholischen Getränke nachfolgend an die Jugendlichen weitergegeben hätten.

§ 114 GewO 1994 untersage ausschließlich den direkten Ausschank bzw. die direkte Abgabe von Alkohol und alkoholischen Getränken an Jugendliche. Weder für den Gewerbebetreibenden noch die im Betrieb beschäftigten Personen bestehe nach § 114 GewO 1994 eine Verpflichtung, sich im Fall des Ausschankes alkoholischer Getränke an Personen, die keine Jugendlichen im Sinne der landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen seien, über den tatsächlichen, gesetzeskonformen Konsum des Alkohols durch diese zu informieren.

Dass der Revisionswerber oder seine Angestellten im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit den "Mittelsmännern" gehandelt hätten, sei weder im Verfahren behauptet worden, noch seien diesbezüglich Beweisergebnisse hervorgekommen.

Das Verwaltungsgericht subsumiere entgegen dem klaren Wortlaut des § 114 GewO 1994 die Strafbarkeit auch auf den Ausschank von Alkohol bzw. alkoholischen Getränken an "Mittelsmänner", die als solche keine Jugendlichen im Sinne der landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen seien. Diese Ausweitung des Anwendungsbereiches des § 114 GewO 1994 verbiete sich bereits aufgrund des im Strafrecht geltenden Analogieverbotes. Daher sei die Bestrafung des Revisionswerbers zu Unrecht erfolgt.

Seitens der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht wurde keine Revisionsbeantwortung erstattet.

II.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Grundsätzliche Rechtsfrage

Die vorliegende Rechtssache wirft die grundsätzliche Rechtsfrage auf, ob § 114 GewO 1994 (und damit das Tatbild des § 367a GewO 1994) als Ausschank oder Abgabe von Alkohol auch die Weitergabe von alkoholischen Getränken an Jugendliche durch sogenannte "Mittelsmänner" in den Betriebsräumlichkeiten des Gewerbetreibenden umfasst.

Die Revision ist zulässig. Sie ist aber nicht berechtigt. Ausschank und Abgabe von Alkohol an Jugendliche Gemäß § 114 GewO 1994 ist es Gewerbetreibenden untersagt,

selbst oder durch die im Betrieb beschäftigten Personen alkoholische Getränke an Jugendliche auszuschenken oder ausschenken zu lassen, abzugeben oder abgeben zu lassen, wenn Jugendlichen dieses Alters nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist. Die Gewerbetreibenden und die im Betrieb beschäftigten Personen müssen die Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises oder einer speziellen Jugendkarte, die nach den jeweiligen landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen zum Nachweis des Alters geeignet ist, verlangen, um das Alter der Jugendlichen festzustellen. Die Gewerbetreibenden haben an einer geeigneten Stelle der Betriebsräume einen Anschlag anzubringen, auf dem deutlich auf das im ersten Satz angeführte Verbot hingewiesen wird.

Gemäß § 367a GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von mindestens 180 Euro bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer entgegen der Bestimmung des § 114 Alkohol ausschenkt oder abgibt oder ausschenken oder abgeben lässt.

Diese Bestimmungen wurden mit der Gewerbeordnungsnovelle BGBl. I Nr. 42/2008 neu gefasst. Die Materialien (AB 420 BlgNR 23. GP , 10 f) führen zu diesen Bestimmungen wie folgt aus:

"Der Alkoholmissbrauch insbesondere bei Jugendlichen erscheint als gesellschaftliches Problem. Bekannt wurden zuletzt Vorkommnisse wie das sogenannte 'Koma-Trinken', bei denen insbesondere jugendliche Personen - ohne sich des ganzen Ausmaßes möglicher negativer Folgewirkungen bewusst sein zu können - schwere alkoholische Rauschzustände absichtlich herbeiführen. Die bereits bestehenden Vorkehrungen des Gewerberechts sollen daher noch verbessert werden.

Zunächst werden nun durch die Neuformulierung des § 114 zusätzlich zur bisherigen Regelung, wonach im Wesentlichen nur die Gastgewerbetreibenden in der Pflicht waren, nun auch die Handelsbetriebe und alle sonstigen, die im Rahmen ihres Gewerbes - sei es entgeltlich oder unentgeltlich - Alkohol abgeben, in die Pflicht zum Jugendschutz genommen. Insbesondere sollen alle Vorschriften und Strafbestimmungen in Zusammenhang mit Alkoholausschank an Jugendliche auch für Veranstaltungen gelten, die unter den Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 1 Z 25 GewO 1994 fallen (siehe Z 2) sowie für den Bereich der Buschenschanken gemäß § 2 Abs. 9 GewO 1994 (siehe Z 3).

Weiters wird der Inhalt der Pflicht präzisiert. Der Gewerbetreibende und die im Betrieb beschäftigten Personen müssen sich nun einen amtlichen Lichtbildausweis oder eine spezielle Jugendkarte (z.B. in der Steiermark die 'checkit.card') vorlegen lassen, um sich zu überzeugen, dass den Bestimmungen des Jugendschutzes und der diesbezüglichen Altersgrenzen genüge getan ist. Die Vorlage eines Ausweises wird allerdings nur dann verlangt werden müssen, wenn berechtigte Zweifel bestehen, ob die betreffende Person das zum Genuss von Alkohol erforderliche Alter bereits erreicht hat.

Die Verpflichtung zur Anbringung eines entsprechenden Anschlages wird gleichfalls auf alle Normadressaten des § 114 ausgeweitet.

Schließlich wird für den Ausschank und die Abgabe von Alkohol an Jugendliche entgegen der Bestimmung des § 114 ein eigener Straftatbestand (§ 367a) geschaffen. Im Hinblick auf die besonders große Bedeutung des Jugendschutzes wird eine Mindeststrafe von 180 Euro und eine Höchststrafe von 3600 Euro vorgesehen. Der Ausschank von Alkohol entgegen der Bestimmung des § 112 Abs. 5 ist weiterhin nach § 367 Z 35 zu bestrafen."

Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Vorgängerfassung des § 114 GewO 1994 ausgesprochen, dass der Gewerbetreibende, um der ihm durch § 114 GewO 1994 auferlegten Verpflichtung nachzukommen, im Zweifelsfall an Jugendliche keinen Alkohol ausschenken dürfe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 2008, 2007/04/0235 und 0239). Weiters beschäftigte sich der Verwaltungsgerichthof mit der Frage der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung des Gewerbetreibenden, wenn Jugendliche entgegen den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen ein alkoholisches Getränk bestellen und erhalten konnten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. September 2011, 2010/04/0075) bzw. alkoholische Getränke entgegen den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen durch eine im Betrieb des Gewerbetreibenden beschäftigte Person (Dienstnehmerin des Gewerbetreibenden) ausgeschenkt wurden (vgl. den hg. Beschluss vom 18. Februar 2015, Ra 2015/04/0006).

Die in der vorliegenden Rechtssache bestehende Konstellation, in der alkoholische Getränke an Jugendliche durch sogenannte "Mittelsmänner" in den Betriebsräumlichkeiten des Gewerbetreibenden weitergegeben wurden, wurde in der hg. Rechtsprechung noch nicht behandelt.

Der Wortlaut des § 114 GewO 1994 richtet sich an den Gewerbetreibenden. Diesem ist untersagt, selbst oder "durch die im Betrieb beschäftigten Personen" alkoholische Getränke an Jugendliche auszuschenken oder ausschenken zu lassen, abzugeben oder abgeben zu lassen, wenn dies nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen verboten ist. § 114 GewO 1994 ist eine an den Gewerbetreibenden gerichtete spezielle Norm, der vor dem Hintergrund des Doppelbestrafungsverbotes nach Art. 4 des 7. ZP-EMRK gegenüber den Strafbestimmungen der landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen Vorrang zukommt (vgl. zu § 114 GewO 1994 in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 42/2008 das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 2008, 2006/11/0222).

Erfasst werden nach § 114 GewO 1994 nur der Gewerbetreibende selbst und "die im Betrieb beschäftigten Personen". Dies bestätigen auch die Erläuterungen, die davon sprechen, dass "der Inhalt der Pflicht präzisiert" wird und der "Gewerbetreibende und die im Betrieb beschäftigten Personen" sich nunmehr einen amtlichen Lichtbildausweis oder eine spezielle Jugendkarte vorlegen lassen müssen, um sich zu überzeugen, dass den Bestimmungen des Jugendschutzes genüge getan ist.

Sonstige Personen, vom Verwaltungsgericht hier als sogenannte "Mittelsmänner" bezeichnet, werden hingegen vom Wortlaut des § 114 GewO 1994 nicht erfasst. Diese Personen sind, wenn sie entgegen den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen alkoholische Getränke an Jugendliche weitergeben, allenfalls nach diesen Bestimmungen strafbar (vgl. so § 21 Abs. 1 lit. d des Tiroler Jugendschutzgesetzes 1994).

Jedoch ist bei der Auslegung des § 114 GewO 1994 der Bedeutungsgehalt des Begriffs "Ausschank" zu berücksichtigen:

Unter "Ausschank" ist gemäß § 111 Abs. 3 GewO 1994 "jede Vorkehrung oder Tätigkeit zu verstehen, die darauf abgestellt ist,

dass die ... Getränke an Ort und Stelle genossen werden". Diese

Begriffsdefinition hat der Gesetzgeber bei der Beschreibung der Tätigkeiten des Gastgewerbes (§ 94 Z 26 GewO 1994) gewählt. Es besteht kein Anhaltspunkt, dass der Gesetzgeber diesem Begriff in § 114 GewO 1994 einen anderen Bedeutungsgehalt zumessen wollte.

Der Begriff "Ausschank" ist somit vom Gesetz weit gezogen und beinhaltet in diesem Sinne eine gewisse Mittelbarkeit. Er umfasst nicht nur - wie vom Revisionswerber vorgebracht - die Tätigkeit des direkten Ausschanks an Personen, sondern auch jede sonstige Vorkehrung oder Tätigkeit, die darauf abgestellt ist, dass Getränke an Ort und Stelle genossen werden. In dieser Bedeutung werden alle Vorkehrungen oder Tätigkeiten des Gewerbetreibenden oder der in seinem Betrieb beschäftigten Personen als Ausschank iSd § 114 GewO 1994 anzusehen sein, welche darauf abgestellt sind, dass alkoholische Getränke entgegen landesrechtlicher Jugendschutzbestimmungen von Jugendlichen an Ort und Stelle genossen werden.

Für diese weite Auslegung spricht nicht zuletzt auch der aus den Materialien erkennbare Wille des Gesetzgebers, im Hinblick auf den Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen als gesellschaftliches Problem die bereits bestehenden Vorkehrungen des Gewerberechts zu verbessern. Dabei verweist der Gesetzgeber auf Vorkommnisse "wie das sogenannte 'Koma-Trinken', bei denen insbesondere jugendliche Personen - ohne sich des ganzen Ausmaßes möglicher negativer Folgewirkungen bewusst sein zu können - schwere alkoholische Rauschzustände absichtlich herbeiführen".

Vor diesem Hintergrund ist die Weitergabe von alkoholischen Getränken an Jugendliche durch sogenannte "Mittelsmänner", also nichtjugendliche Personen, welche die alkoholischen Getränke bestellen und sie sodann an Jugendliche weitergeben, in den Betriebsräumlichkeiten des Gewerbetreibenden als Ausschank iSd § 114 GewO 1994 anzusehen und erfüllt das objektive Tatbild des § 367a GewO 1994, wenn die Jugendlichen diesen Alkohol konsumieren, obwohl nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist.

Einer solchen Auslegung steht entgegen dem Vorbringen des Revisionswerbers auch nicht das Analogieverbot entgegen:

Entsprechend dem im Strafrecht allgemein geltenden, im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes aus § 1 Abs. 1 VStG ableitbaren, Grundsatz nullum crimen sine lege ist Voraussetzung für die Verhängung einer Strafe, dass die Tat zur Zeit ihrer Begehung ausdrücklich für strafbar erklärt war. Strafrechtsquelle ist ausschließlich das geschriebene Gesetz; eine Ergänzung desselben durch Analogie oder jede andere Art von Lückenschließung (etwa durch Größenschluss) zum Nachteil des Täters ist untersagt. Dies schließt allerdings eine Auslegung des Gesetzes nach Inhalt, Sinn und Tragweite eines bestehenden Rechtssatzes nicht aus, doch muss die Auslegung jedenfalls ihre äußerste Grenze stets im möglichen Wortsinn der auszulegenden Norm haben; sie muss immer noch im Wortlaut des Gesetzes eine Stütze finden (vgl. zu allem etwa das hg. Erkenntnis vom 21. April 1997, 96/17/0488, mwN). Die vorliegende Auslegung berücksichtigt in diesem Sinne neben dem (aus den Materialien erkennbaren) Ziel des § 114 GewO 1994 den Wortlaut und die Systematik des Gesetzes. Es liegt somit kein Fall analoger Rechtsanwendung vor.

Ob ein solcher Ausschank entgegen § 114 GewO 1994 dem Gewerbetreibenden auch vorgeworfen werden kann, ist eine Frage der subjektiven Tatseite nach § 5 VStG. In diesem Zusammenhang ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Befreiung von der persönlichen verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung im Einzelfall davon abhängt, dass glaubhaft alle Maßnahmen getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl. den zitierten hg. Beschluss Ra 2015/04/0006, mwN). Im vorliegenden Zusammenhang sind bei der Schuldfrage auch die Umstände des Einzelfalles (etwa Art und Größe des Lokals, Anzahl der Besucher im Lokal etc.) zu berücksichtigen.

Ergebnis

Somit ist festzuhalten, dass von § 114 GewO 1994 (und damit zusammenhängend vom Tatbild des § 367a GewO 1994) als Ausschank auch die Weitergabe von alkoholischen Getränken an Jugendliche durch sogenannte "Mittelsmänner", also nichtjugendliche Personen, welche die alkoholischen Getränke bestellen und sie sodann an Jugendliche weitergeben, in den Betriebsräumlichkeiten des Gewerbetreibenden erfasst wird und das objektive Tatbild des § 367a GewO 1994 erfüllt wird, wenn die Jugendlichen diesen Alkohol konsumieren, obwohl nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist.

Ob ein solcher Ausschank entgegen § 114 GewO 1994 dem Gewerbetreibenden auch vorgeworfen werden kann, ist eine Frage der subjektiven Tatseite nach § 5 VStG.

In der vorliegenden Rechtssache hat das Verwaltungsgericht zu Recht festgehalten, dass das objektive Tatbild des § 367a GewO 1994 erfüllt war. Die Revision wendet sich ausschließlich gegen diese Beurteilung des Verwaltungsgerichts und enthält kein Vorbringen zur subjektiven Tatseite. Es ist auch nicht zu sehen, dass die Beurteilung der Schuldfrage durch das Verwaltungsgericht in nicht vertretbarer Weise erfolgte.

Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 9. September 2015

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