VwGH Ro 2014/21/0062

VwGHRo 2014/21/006219.5.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und den Hofrat Dr. Pelant sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen und Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klammer, über die Revision des L T in W, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2, gegen das am 18. März 2014 mündlich verkündete und am 4. April 2014 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, Zl. W124 2004456-1/13E, betreffend Schubhaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst (Punkte 1. und 3.) und zu Recht erkannt (Punkt 2.):

Normen

BFA-VG 2014 §22a Abs1 idF 2015/I/041;
BFA-VG 2014 §22a Abs1;
BFA-VG 2014 §22a Abs2 idF 2015/I/041;
BFA-VG 2014 §22a Abs2;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art140 Abs7;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §35 Abs3;
VwRallg;
BFA-VG 2014 §22a Abs1 idF 2015/I/041;
BFA-VG 2014 §22a Abs1;
BFA-VG 2014 §22a Abs2 idF 2015/I/041;
BFA-VG 2014 §22a Abs2;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art140 Abs7;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §35 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

1. Die Revision wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt I.A. des angefochtenen Erkenntnisses richtet, als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2. Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses wird im Übrigen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

3. Soweit sich die Revision gegen Spruchpunkt II. richtet, wird sie zurückgewiesen.

Begründung

Über den Revisionswerber, einen Staatsangehörigen von Gambia, wurde mit sogleich in Vollzug gesetztem Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 5. März 2014 gemäß § 76 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und der Sicherung der Abschiebung verhängt.

Gegen diesen Bescheid sowie die auf dessen Grundlage erfolgte Anhaltung in Schubhaft erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG).

Dieses wies die Beschwerde mit Spruchpunkt I.A. des nunmehr angefochtenen Erkenntnisses gemäß § 76 Abs. 1 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) als unbegründet ab. Mit Spruchpunkt I.B. verpflichtete es den Revisionswerber, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 426,20 zu ersetzen, und wies demzufolge mit Spruchpunkt I.C. das Kostenersatzbegehren des Revisionswerbers ab. Mit Spruchpunkt I.D. wurde die Revision für zulässig erklärt. Mit Spruchpunkt II.A. stellte das BVwG gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen. Mit Spruchpunkt II.B. wurde die Revision für zulässig erklärt.

Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber sowohl Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof als auch Revision an den Verwaltungsgerichtshof; Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet.

Zu Punkt 1.

Mit Erkenntnis vom 12. März 2015, G 151/2014 u.a., hob der Verfassungsgerichtshof § 22a Abs. 1 und 2 BFA-VG als verfassungswidrig auf und sprach aus, dass diese Bestimmungen nicht mehr anzuwenden seien (siehe dazu die Kundmachung des Bundeskanzlers unter BGBl. I Nr. 41/2015). Infolge dessen stellte der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom selben Tag, E 452/2014, fest, dass der Revisionswerber durch Spruchpunkt I.A. des angefochtenen Erkenntnisses wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt worden sei. Unter einem hob er daher diesen Spruchpunkt auf. Im Übrigen wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde, nach seiner Anhörung die Revision in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen. Ein solcher Fall der formellen Klaglosstellung liegt (u.a.) dann vor, wenn die angefochtene Entscheidung - wie hier - durch den Verfassungsgerichtshof aus dem Rechtsbestand beseitigt wurde (vgl. etwa aus der letzten Zeit den hg. Beschluss vom 23. April 2015, Ro 2014/21/0051, Punkt 1.). Dem trat der Vertreter des Revisionswerbers auf Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes nicht entgegen.

Die Revision war daher, soweit sie sich gegen Spruchpunkt I.A. des angefochtenen Erkenntnisses richtet, in Anwendung der genannten Bestimmung des VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Schon deshalb war dem Revisionswerber Aufwandersatz (in der Höhe von EUR 1.106,40) zuzusprechen, was sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 55 erster Satz VwGG (in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014), gründet.

Zu Punkt 2.

Das BVwG begründete die in den Spruchpunkten I.B. und I.C. getroffene, hier als Einheit anzusehende Kostenentscheidung mit dem Hinweis auf § 35 Abs. 3 VwGVG, wonach (u.a.) dann die Behörde obsiegende und der Beschwerdeführer unterlegene Partei ist, wenn die Beschwerde abgewiesen wird. Diese Begründung vermag die Kostenentscheidung aber schon vor dem Hintergrund der - rückwirkenden (vgl. etwa den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 26. November 2014, E 873/2014) - Aufhebung des die Abweisung der Beschwerde betreffenden Spruchpunktes I.A. durch den Verfassungsgerichtshof nicht zu tragen.

Die Spruchpunkte I.B. und I.C. waren daher - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Zu Punkt 3.

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision in dieser Hinsicht ist der Verwaltungsgerichtshof nach § 34 Abs. 1a VwGG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG (vgl. Spruchpunkt II.B. des angefochtenen Erkenntnisses) nicht gebunden.

In der vorliegenden Revision wird davon ausgegangen, dass sie vor dem Hintergrund der Zulassung durch das BVwG im Hinblick auf die unklare Rechtsnatur der Schubhaftbeschwerde und damit in Zusammenhang stehende Fragen wie die Einbringungsstelle, die aufschiebende Wirkung und die Kostenregelung zulässig ist. Diese Fragen betreffen aber in erster Linie den ohnehin vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Spruchpunkt I.A. und sind von diesem Gerichtshof vor dem maßgeblichen verfassungsrechtlichen Hintergrund mittlerweile in dem oben genannten Erkenntnis vom 12. März 2015 (siehe ergänzend auch noch das Erkenntnis vom selben Tag, E 4/2014) auch umfassend geklärt worden. Die verfahrensrechtliche Grundlage für den hier gegenständlichen Fortsetzungsausspruch (§ 22a Abs. 3 BFA-VG) wurde vom Verfassungsgerichtshof in diesem Zusammenhang als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen (siehe Rz 63 des Erkenntnisses vom 12. März 2015, G 151/2014 u.a).

Ein inhaltlich darüber hinausgehendes Vorbringen enthält die Revision nicht. Sie behauptet insbesondere nicht, dass entgegen der Annahme des BVwG die Voraussetzungen für die Anwendung der Dublin III-Verordnung gegeben gewesen wären.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (u.a.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG "nicht zur Behandlung eignen", ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Die Revision, die nach dem Gesagten keine für die Lösung des vorliegenden Falles (noch) relevanten Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufzeigt, war daher in Anwendung dieser Bestimmung, soweit sie sich gegen den gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG vorgenommenen Fortsetzungsausspruch im Spruchpunkt II.A. des angefochtenen Erkenntnisses richtet, zurückzuweisen.

Wien, am 19. Mai 2015

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