VwGH Ro 2014/08/0033

VwGHRo 2014/08/003323.3.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten, den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätinnen Dr. Julcher und Mag. Rossmeisel sowie den Hofrat Mag. Berger als Richterinnen und Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Revision des M H in K, vertreten durch Mag. Michael Luszczak, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Grazer Straße 77/2, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich vom 20. Dezember 2013, Zl. LGS NÖ/RAG/05661/2013, betreffend Einstellung der Notstandshilfe sowie Abweisung eines Antrags auf neuerliche Gewährung der Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §24 Abs1;
AlVG 1977 §8 Abs2;
AlVG 1977 §8;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AVG §37;
AVG §52;
AlVG 1977 §24 Abs1;
AlVG 1977 §8 Abs2;
AlVG 1977 §8;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AVG §37;
AVG §52;

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 28. Februar 2013 sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wiener Neustadt (im Folgenden nur: AMS) die Einstellung des Notstandshilfebezugs des Revisionswerbers ab 27. Februar 2013 mangels Arbeitswilligkeit aus. Mit Bescheid vom 15. Oktober 2013 wies sie den Antrag des Revisionswerbers vom 11. Oktober 2013 auf neuerliche Gewährung der Notstandshilfe mangels Arbeitswilligkeit ab. Begründend führte sie jeweils aus, der Revisionswerber habe am 26. Februar 2013 niederschriftlich angegeben, dass er sich nicht arbeitsfähig "fühle" und nicht bereit sei, eine auf seinem persönlichen Leistungskalkül basierende Stelle anzunehmen.

Der Revisionswerber erhob gegen diese Bescheide Berufung. Er brachte im Wesentlichen vor, er sei drogenkrank gewesen und stehe - wenngleich jahrelang rückfallsfrei - weiterhin in fachärztlicher Behandlung, er leide auch nach wie vor an den Krankheitsfolgen und habe zudem eine Sozialphobie. Es mangle ihm nicht am Arbeitswillen, vielmehr suche er nach seiner Erkrankung verzweifelt den (Wieder)Einstieg ins Berufsleben. So habe er sich etwa auf Empfehlung des Sozialamtes an die Arbeitsassistenz Interwork gewendet, die jedoch mangels Zuständigkeit für Alkohol- und Drogenkranke eine Unterstützung abgelehnt habe. Das AMS habe ihn in keiner Weise beim (Wieder)Einstieg in das Arbeitsleben unterstützt, sondern habe ihm einen Kurs in der Nähe des Karlsplatzes in Wien angeboten, obwohl dort eine erhebliche Drogenszene bestehe, was eine große Rückfallsgefahr für ihn bedeute. Was seine Vorsprache beim AMS am 26. Februar 2013 betreffe, so habe man dort Druck auf ihn ausgeübt, eine Erklärung zu unterschreiben, die er vorher nicht durchlesen durfte und die ihm trotz Urgenzen bislang nicht ausgefolgt worden sei. Bei der Vorsprache sei ihm auch das Leistungskalkül nicht mitgeteilt worden, weiters habe er nicht geäußert, dass er sich nicht arbeitsfähig fühle. Er habe (wegen seiner Sozialphobie) den Gesprächen auch seit jeher eine Vertrauensperson beiziehen wollen, was ihm begründungslos verweigert worden sei. Im Übrigen sei dem AMS ein Verfahrensfehler unterlaufen, weil es nicht in Betracht gezogen habe, dass sich die Verhältnisse seit der Erstellung des Leistungskalküls wieder geändert haben könnten. Nicht zuletzt sei ein Begründungsmangel gegeben, weil das Kalkül im Bescheid nicht angeführt worden sei.

Der Revisionswerber legte im Berufungsverfahren auch einen "Kurzbefund" des ihn seit Jahren behandelnden Facharztes für Psychiatrie Dr. P vom 29. Oktober 2013 vor. Darin wurde festgehalten, dass der Revisionswerber "eine massive Angststörung im Umgang mit anderen Menschen, überhaupt wenn diese 'übermäßig groß' auftreten", habe. Das scheine im Februar 2013 der Fall gewesen zu sein, als die zuständige AMS-Mitarbeiterin ihn "definitiv bedrängt" habe, "ein Schriftstück zu unterschreiben, das ihn anscheinend vieler Rechte beraubt" habe. So müsse er nun selbstversichert sein, was er sich finanziell nicht leisten könne und was auch die Substitutionsbehandlung in Frage stelle. Das vom Revisionswerber geschilderte Vorgehen der AMS-Mitarbeiterin sei "als eindeutige Unterdrucksetzung zur Unterschriftsleistung" zu erachten. Der Revisionswerber habe nach seinen Angaben auch gebeten, "das seiner Mutter zeigen zu dürfen, weil er nicht wisse, was das alles bedeuten würde". Dies sei ihm jedoch mit dem Hinweis verweigert worden, "er dürfe das nicht mitnehmen und er müsse das sofort unterschreiben, früher gehe er nicht nach Hause". Die AMS-Mitarbeiterin habe sich - so Dr. P weiter - "menschenunwürdig" verhalten und eine "unglaubliche Vorgehensweise" gesetzt.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung nicht Folge. Sie legte der Entscheidung die nachstehend angeführten Feststellungen zu Grunde:

Der Revisionswerber hat eine Lehre als Kfz-Mechaniker ohne Abschluss absolviert. In der Folge war er als Tischlerhelfer und Transitarbeitskraft beschäftigt, sein letztes Dienstverhältnis hatte er im Jahr 2002. Seit dem Jahr 2004 bezieht er Notstandshilfe, unterbrochen nur durch mehrere Krankenstände, Versäumungen von Kontrollmeldungen und Verweigerungen einer ärztlichen Untersuchung sowie einer Ausschlussfrist.

Im ärztlichen Gutachten der Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Niederösterreich, vom 7. Februar 2013 (erstellt im Rahmen der sogenannten "Gesundheitsstraße") wurden beim Revisionswerber eine Störung durch multiplen Substanzgebrauch mit Teilnahme am ärztlich überwachten Ersatzprogramm, eine soziale Phobie, eine selbstunsichere Persönlichkeitsstörung und eine chronische Entzündung des Leberparenchyms (Hepatitis C) mit Zustand nach antiviraler Therapie diagnostiziert.

Laut der ärztlichen Gesamtbeurteilung ist der Revisionswerber für leichte und mittelschwere Tätigkeiten entsprechend dem Leistungskalkül geeignet. Gemäß dem Kalkül sind ihm folgende Anforderungen vollschichtig zumutbar: Ständiges Sitzen; Gehen und Stehen überwiegend; körperliche Belastbarkeit ständig leicht und mittel; Hebe- und Trageleistungen überwiegend leicht und mittelschwer; Zwangshaltungen überwiegend über Kopf, vorgebeugt, gebückt, knieend, hockend; überwiegend Feinarbeiten, Grobarbeiten und Fingerfertigkeit; die psychische Belastbarkeit ist durchschnittlich; beim Arbeitstempo kann nur fallweise besonderer Zeitdruck bestehen; mäßig schwierige geistige Leistungen sind ausführbar.

Nach der Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes reicht das Gesamtleistungskalkül für zumutbare Verweisungstätigkeiten im erlernten Beruf und für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aus. Der Revisionswerber ist daher nicht invalid im Sinn des § 255 Abs. 1 und 3 ASVG.

Der Revisionswerber nahm das ärztliche Gutachten samt Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes am 26. Februar 2013 (im Rahmen einer Vorsprache beim AMS) mit seiner Unterschrift zur Kenntnis. Er wurde dabei niederschriftlich über das Leistungskalkül und den Umstand informiert, dass das Kalkül für zumutbare Verweisungstätigkeiten im erlernten Beruf und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausreicht. Er gab jedoch zu Protokoll, dass er sich nicht arbeitsfähig fühle und nicht bereit sei, sich auf Stellen vermitteln zu lassen, die dem Leistungskalkül entsprechen. Er wurde auch niederschriftlich unterrichtet, dass Arbeitsunwilligkeit nach § 9 AlVG vorliegt und der Leistungsbezug eingestellt wird, sowie dass er darüber einen Bescheid erhalten wird. Er unterfertigte die Niederschrift und bestätigte dabei auch, dass ihm diese vorgelesen und zur Durchsicht vorgelegt wurde.

Das AMS sprach daraufhin mit Bescheid vom 28. Februar 2013 die Einstellung der Notstandshilfe mangels Arbeitswilligkeit ab 27. Februar 2013 aus. Erst am 11. Oktober 2013 wurde der Revisionswerber, der zwischenzeitig in keinem Beschäftigungsverhältnis gestanden war, wieder beim AMS vorstellig und beantragte die (neuerliche) Gewährung der Notstandshilfe. Es wurde ihm dabei auch ein Duplikat des Bescheids vom 28. Februar 2013 ausgefolgt.

Am 31. Oktober 2013 führte die zuständige AMS-Mitarbeiterin aus, dass der Revisionswerber am 26. Februar 2013 allein vorgesprochen habe und ihm die Anwesenheit einer Vertrauensperson nicht verweigert worden sei. Weiters habe er keine Kopie der Niederschrift verlangt, wobei eine solche auf Wunsch stets ausgefolgt werde.

Die Niederschrift vom 26. Februar 2013 wurde im Berufungsverfahren an den Rechtsanwalt des Revisionswerbers am 9. Dezember 2013 übermittelt. Nach der Aktenlage hat der Revisionswerber vor der Erhebung der Berufung keine Ausfertigung oder Kopie der Niederschrift und des Gutachtens verlangt.

Rechtlich folgerte die belangte Behörde im Wesentlichen, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs habe die regionale Geschäftsstelle zunächst ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen, wenn sich eine arbeitslose Person für arbeitsunfähig erkläre. In der Folge sei die arbeitslose Person - unter Vorhalt des die Arbeitsfähigkeit bestätigenden Gutachtens sowie der entsprechenden nach § 9 AlVG zumutbaren Beschäftigungen - mit ausführlicher Rechtsbelehrung zur Äußerung aufzufordern, ob sie zur Annahme einer solchen Beschäftigung bereit sei. Im Fall einer ablehnenden Stellungnahme könne die Behörde sodann von der Arbeitsunwilligkeit ausgehen und werde von der Verpflichtung enthoben, eine zumutbare Beschäftigung anzubieten.

Vorliegend habe der Revisionswerber am 26. Februar 2013 das - seine Arbeitsfähigkeit bestätigende - Gutachten der Pensionsversicherungsanstalt samt Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes vom 7. Februar 2013 nachweislich mit seiner Unterschrift zur Kenntnis genommen. Er sei dabei auch über das Leistungskalkül der "Gesundheitsstraße" und den Umstand, dass das Kalkül für zumutbare Verweisungstätigkeiten im erlernten Beruf und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausreiche, niederschriftlich informiert worden. Dennoch habe er mit dem Hinweis, dass er sich nicht arbeitsfähig fühle, seine Vermittlung auf entsprechende Stellen abgelehnt, obwohl er über die Rechtsfolge des § 9 AlVG belehrt worden sei.

Der Revisionswerber habe die Niederschrift vom 26. Februar 2013 unterfertigt und mit seiner Unterschrift auch bestätigt, dass sie ihm vorgelesen und zur Durchsicht vorgelegt worden sei. Die Niederschrift entfalte daher mangels gegenteiliger Anhaltspunkte volle Beweiskraft im Sinn der §§ 14 f AVG. Nach den glaubwürdigen Angaben der zuständigen AMS-Mitarbeiterin vom 31. Oktober 2013 sei auch die Beiziehung einer Vertrauensperson nicht verweigert worden; der Revisionswerber habe ferner keine Ausfertigung der Niederschrift verlangt, um allenfalls binnen zwei Wochen Einwendungen zu erheben. Der Befund des Dr. P stelle ebenso keinen Gegenbeweis für die Unrichtigkeit des bezeugten Vorgangs dar, weil lediglich die Behauptungen des Revisionswerbers zugrunde gelegen seien, die sich jedoch nach der Aktenlage und der Äußerung der AMS-Mitarbeiterin als unrichtig erwiesen hätten. Im Übrigen könne der Revisionswerber laut dem ärztlichen Gutachten vom 7. Februar 2013 mäßig schwierige geistige Leistungen erbringen, sodass er in der Lage gewesen sei, den Inhalt der Niederschrift zu verstehen.

Das AMS habe daher zu Recht mit Bescheid vom 28. Februar 2013 die Arbeitswilligkeit nach § 9 AlVG verneint und die Einstellung der Notstandshilfe ab 27. Februar 2013 ausgesprochen.

Was den Bescheid vom 15. Oktober 2013 und das dazu erhobene Vorbringen einer möglichen Änderung der Verhältnisse seit Februar 2013 betreffe, so reiche die bloße Erklärung des Arbeitslosen, wieder arbeitswillig zu sein, für die Annahme der Wiedererlangung der Arbeitswilligkeit nach § 9 AlVG nicht aus. Vielmehr sei die wieder gegebene und nachhaltige Bereitschaft zur Annahme einer Arbeit dadurch zu dokumentieren, dass tatsächlich ein Beschäftigungsverhältnis angetreten werde. Der Revisionswerber habe freilich seine nachhaltige Arbeitswilligkeit nicht auf eine solche Weise bekundet, sodass die belangte Behörde zutreffend zum Ergebnis gelangt sei, dass der Antrag auf neuerliche Gewährung der Notstandshilfe zu Recht abgewiesen wurde.

Etwaige Begründungsmängel der erstinstanzlichen Bescheide seien mit dem Berufungsbescheid saniert worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Revision des Revisionswerbers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Das - an die Stelle der belangten Behörde getretene - Bundesverwaltungsgericht legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die Abweisung der Revision, von der Erstattung einer Gegenschrift nahm es Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der angefochtene Bescheid wurde dem Rechtsanwalt des Revisionswerbers noch im Dezember 2013 zugestellt. Für die Behandlung der Revision gelten daher gemäß § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sinngemäß.

2.1. Nach § 33 Abs. 2 AlVG ist Notstandshilfe nur dann zu gewähren, wenn der Arbeitslose der Vermittlung zur Verfügung steht (§ 7 Abs. 2 und 3) und sich in Notlage befindet.

2.2. Gemäß § 7 Abs. 2 AlVG steht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist.

Zur Arbeitsfähigkeit wird in § 8 AlVG (in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 62/2010) ausgeführt:

"(1) Arbeitsfähig ist, wer nicht invalid beziehungsweise nicht berufsunfähig im Sinne der für ihn in Betracht kommenden Vorschriften der §§ 255, 273 beziehungsweise 280 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes ist.

(2) Der Arbeitslose ist, wenn sich Zweifel über die Arbeitsfähigkeit ergeben, verpflichtet, sich auf Anordnung der regionalen Geschäftsstelle ärztlich untersuchen zu lassen. Weigert er sich, dieser Anordnung Folge zu leisten, so erhält er für die Dauer der Weigerung kein Arbeitslosengeld.

(3) Ärztliche Gutachten von Personen zur Beurteilung ihrer Arbeitsfähigkeit, die im Wege der Pensionsversicherungsanstalt nach § 351b ASVG erstellt werden, sind vom Arbeitsmarktservice anzuerkennen und dessen weiterer Tätigkeit zu Grunde zu legen.

(...)"

Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG ist arbeitswillig, wer (unter anderem) bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen.

Nach § 24 Abs. 1 erster Halbsatz AlVG ist dann, wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld wegfällt, dieses einzustellen.

2.3. Die genannten Bestimmungen gelten auf Grund des § 38 AlVG für die Notstandshilfe sinngemäß.

3.1. Erklärt sich eine arbeitslose Person bei der regionalen Geschäftsstelle mit oder ohne Bezugnahme auf eine konkrete ihr namhaft gemachte Arbeit für arbeitsunfähig, so hat die regionale Geschäftsstelle dazu ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen und auf diese Weise den maßgeblichen Sachverhalt zu erforschen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 2009, Zl. 2007/08/0012).

3.2. Im konkreten Fall hatte der Revisionswerber in der Vergangenheit die ihm vom AMS angebotenen Maßnahmen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt wiederholt abgelehnt, weil er nach seinen Angaben dazu nicht in der Lage gewesen sei. Zweifel an seiner Arbeitsfähigkeit hatten sich auch durch das amtsärztliche Gutachten vom 3. Jänner 2013 ergeben, das eine fehlende Arbeits- und Schulungsfähigkeit bescheinigte.

Die belangte Behörde hatte daher im Sinn des § 8 Abs. 2 AlVG eine ärztliche Untersuchung der Arbeitsfähigkeit des Revisionswerbers im Wege der Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Niederösterreich, zu veranlassen.

Die durchgeführte Begutachtung (vom 7. Februar 2013) hat ein Leistungskalkül ergeben, das für zumutbare Verweisungstätigkeiten im "erlernten" Beruf und für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausreicht. Das Vorliegen einer Invalidität im Sinn des § 255 Abs. 1 und 3 ASVG wurde verneint.

3.3. Durch das aktuelle, schlüssige und vollständige Gutachten wurde somit die Arbeitsfähigkeit im Sinn des § 8 AlVG bestätigt. Diese ist daher der weiteren Beurteilung zu Grunde zu legen.

4.1. Die Behörde hat ein solcherart eingeholtes Gutachten der Pensionsversicherungsanstalt dem Antragsteller vorzuhalten und ihn dabei unter ausführlicher Rechtsbelehrung zur Äußerung aufzufordern, ob er bereit sei, eine dem Gutachten entsprechende und ihm nach § 9 AlVG zumutbare Beschäftigung anzunehmen. Erst im Fall einer ablehnenden Stellungnahme trotz der genannten Vorhalte ist die Behörde berechtigt, Arbeitsunwilligkeit anzunehmen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 2. Mai 2012, Zl. 2010/08/0058, und vom 23. Mai 2012, Zl. 2010/08/0187).

4.2. Vorliegend wurde der Revisionswerber im Zuge seiner Vorsprache beim AMS am 26. Februar 2013 über das Ergebnis der ärztlichen Untersuchung durch die Pensionsversicherungsanstalt - nämlich dass das erhobene Leistungskalkül für zumutbare Verweisungstätigkeiten im "erlernten" Beruf und für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausreicht und keine Invalidität im Sinn des § 255 Abs. 1 und 3 ASVG vorliegt - unterrichtet. Er wurde weiters darauf hingewiesen, dass im Fall einer Arbeitsunwilligkeit der Leistungsbezug eingestellt wird.

Ungeachtet dieser Vorhalte hat der Revisionswerber trotz Arbeitsfähigkeit ausdrücklich erklärt, dass er sich nicht arbeitsfähig fühle und nicht bereit sei, sich auf seinem Leistungskalkül entsprechende Stellen vermitteln zu lassen.

Auch in der Revision hält der Revisionswerber an seiner subjektiven Einschätzung fest, nicht arbeitsfähig zu sein. Er behauptet nicht, dass er sich - bei gleichbleibendem Gesundheitszustand laut medizinischem Gutachten vom 7. Februar 2013 - in absehbarer Zeit doch wieder bereit gefunden hätte, eine ihm vom AMS zugewiesene Beschäftigung anzunehmen (§ 10 Abs. 1 Z 1 AlVG) bzw. die Erlangung einer Beschäftigung anzustreben (§ 10 Abs. 1 Z 4 AlVG), und bringt auch nicht vor, dass objektive Anhaltspunkte vorgelegen hätten, lediglich eine vorübergehende Weigerung einer Arbeitsaufnahme und nicht deren grundsätzliche Ablehnung anzunehmen.

Der belangten Behörde kann daher im vorliegenden Fall nicht entgegengetreten werden, wenn sie nicht (nur) den Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe für die Dauer einer solchen Weigerung (§ 10 Abs. 1 AlVG) ausgesprochen, sondern generell fehlende Arbeitswilligkeit des Revisionswerbers im Sinn des § 9 iVm. § 7 Abs. 1 und 2 AlVG angenommen hat, sodass die Einstellung der Notstandshilfe zu Recht erfolgte.

5.1. Wurde die Leistung wegen Arbeitsunwilligkeit eingestellt, so reicht eine bloße Erklärung des Arbeitslosen, (wieder) arbeitswillig zu sein, für die Annahme der Wiedererlangung der Arbeitswilligkeit gemäß § 9 AlVG nicht aus. Es bedarf vielmehr nachhaltiger und zielgerichteter Anstrengungen zur Wiedererlangung (wie insbesondere des tatsächlichen Wiederantritts) einer Beschäftigung, um von der wieder gegebenen Arbeitswilligkeit ausgehen zu können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. November 2007, Zl. 2006/08/0292).

5.2. Der Revisionswerber hat keine Anstrengungen im soeben dargelegten Sinn nachgewiesen, sodass von einer wieder gegebenen Arbeitswilligkeit nicht ausgegangen werden kann. Der bloße Hinweis, die Verhältnisse könnten sich seit der Einstellung des Leistungsbezugs im Februar 2013 geändert haben, ist ungenügend; abgesehen davon bestehen für eine Änderung der Voraussetzungen keinerlei Anhaltspunkte.

Folglich hat der Revisionswerber - wie die belangte Behörde zutreffend erkannte - auch keinen Anspruch auf (neuerliche) Gewährung der eingestellten Notstandshilfe. Der diesbezügliche Antrag wurde zu Recht abgewiesen.

6. Dem vermag - wie im Folgenden zu zeigen sein wird - der Revisionswerber im Rechtsmittel nichts Stichhältiges entgegenzusetzen.

7.1. Der Revisionswerber macht geltend, das ärztliche Gutachten der Pensionsversicherungsanstalt sei mangelhaft und unrichtig, weil seine Alkoholerkrankung (laut seinen Angaben bei der Befundaufnahme konsumiere er täglich fünf bis sechs Krügel Bier) nicht berücksichtigt worden sei. Es sei ihm auch nicht möglich gewesen, zum Gutachten Stellung zu nehmen, um eine Überprüfung seiner (behaupteten) Alkoholkrankheit und deren Auswirkungen auf seine Arbeitsfähigkeit zu veranlassen.

7.2. Voranzustellen ist, dass das Vorliegen einer Alkoholkrankheit wegen eines angeblich übermäßigen Bierkonsums vom Revisionswerber im Verwaltungsverfahren nicht behauptet wurde. Das erstmals in der Revision erhobene diesbezügliche Vorbringen stellt daher eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung (§ 41 Abs. 1 VwGG) dar.

7.3. In diesem Zusammenhang bestand auch keine amtswegige Ermittlungspflicht der belangten Behörde. Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers finden sich nämlich im Akt keine ausreichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Alkoholkrankheit. Insbesondere hat der Revisionswerber in der Betreuungsvereinbarung mit dem AMS vom 17. September 2012 einen Alkoholkonsum selbst ausdrücklich verneint (einen Drogenkonsum indessen zugestanden). Bei den späteren ärztlichen Befundaufnahmen hat er zwar gegensätzlich einen Alkoholgenuss angegeben (beim Amtsarzt "vier Bier pro Tag", dem widersprechend bei der Pensionsversicherungsanstalt "5-6 Bier tgl"). Allerdings ist auch daraus noch nicht zwingend auf eine das Leistungskalkül einschränkende Alkoholerkrankung zu schließen, wovon erkennbar auch die Gutachter der Pensionsversicherungsanstalt ausgegangen sind, wenn sie dem Alkoholkonsum - (zumindest) im Ergebnis - keine entscheidende Bedeutung beigemessen haben.

7.4. Soweit der Revisionswerber argumentiert, es sei ihm nicht möglich gewesen, zum Gutachten Stellung zu nehmen, ist zunächst auf sein eigenes Vorbringen am Beginn der Revision hinzuweisen, wonach das AMS ihn für den 26. Februar 2013 vorgeladen und ihm "das Ergebnis der 'Gesundheitsstraße' präsentiert" hat. Fand aber eine inhaltliche "Präsentation" der gutachterlichen Beurteilung statt, so war es ihm auch möglich, dazu Stellung zu nehmen und weitere Erhebungen zu beantragen.

Im Übrigen führt eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheids, wenn die Behörde bei der Vermeidung des Mangels zu einem anderen Ergebnis gelangen hätte können, was der Rechtsmittelwerber durch ein konkretes tatsächliches Vorbringen aufzuzeigen hat. Er darf sich also nicht darauf beschränken, einen Verfahrensmangel (nur) zu relevieren, ohne darzulegen, was er bei dessen Unterbleiben vorgebracht hätte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2009, Zl. 2008/09/0094).

In der Revision wurde ein solches konkretes Vorbringen nicht erstattet, der pauschale Hinweis auf eine nicht mögliche "Stellungnahme" bzw. auf eine unterbliebene "Überprüfung der Alkoholerkrankung" und deren "Auswirkung" sowie ein daraus abgeleitetes "falsches Ergebnis" bzw. eine "falsche Schlussfolgerung" ist ungenügend. Der Revisionswerber hat insbesondere nicht konkret aufgezeigt, welches Vorbringen er erstattet hätte und inwieweit dies zu einer für ihn günstigen Entscheidung führen hätte können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Juli 2009, Zl. 2009/12/0116). Er hat damit die Relevanz des behaupteten Mangels nicht ausreichend dargetan.

8.1. Der Revisionswerber releviert, er sei bei der Vorsprache beim AMS am 26. Februar 2013 verhalten worden, ein bereits vorgefertigtes Formularblatt - in dem lediglich eingefügt worden sei, dass er sich nicht arbeitsfähig fühle und nicht bereit sei, eine auf dem Leistungskalkül basierende Stelle anzunehmen - zu unterschreiben, das er zuvor nicht durchlesen durfte. Er sei psychisch unter Druck gesetzt worden und habe deshalb die Niederschrift vorbehaltlos unterfertigt, ohne deren Inhalt zu kennen und eine Ausfertigung zu verlangen. Er sei über seine prozessualen Rechte sowie den Inhalt der Amtshandlung und des ärztlichen Gutachtens nicht aufgeklärt worden, eine Stellungnahme sei ihm nicht ermöglicht worden. Er sei nicht als Partei behandelt worden, die Beiziehung einer Vertrauensperson sei ihm verweigert worden. Die Niederschrift und das Gutachten seien seinem Rechtsanwalt trotz Urgenzen erst am 9. Dezember 2013 zugestellt worden. Auf Grund der Verletzung fundamentalster prozessualer Rechte hätte die belangte Behörde eine Wiederholung des Verfahrens anordnen müssen.

8.2. Der Revisionswerber hat - soweit im gegebenen Zusammenhang von Bedeutung - im Verwaltungsverfahren lediglich vorgebracht, dass er bei der Vorsprache am 26. Februar 2013 unter Druck gesetzt worden sei, die Erklärung zu unterschreiben, und diese nicht durchlesen habe dürfen, dass er über das Leistungskalkül nicht aufgeklärt worden sei, ihm die Beiziehung einer Vertrauensperson grundlos verweigert worden sei und die Niederschrift trotz Urgenzen bislang nicht ausgefolgt worden sei.

Sämtliche weiteren - über dieses Vorbringen hinausgehenden - nunmehrigen Tatsachenbehauptungen über den Ablauf der Vorsprache am 26. Februar 2013 wurden erstmals in der Revision erhoben. Sie verstoßen daher gegen das Neuerungsverbot und sind im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtlich.

8.3. Was das - nicht schon durch das Neuerungsverbot ausgeschlossene - Vorbringen betrifft, so zeigt der Revisionswerber zudem keine Wesentlichkeit der gerügten Mängel auf (vgl. bereits Punkt 7.4.). Er erstattet insbesondere keine Behauptungen, inwiefern die Behörde bei Vermeidung der monierten Mängel zu einem anderen Ergebnis gelangen hätte können, vor allem welches andere Vorbringen er erstattet hätte und inwieweit dies zu einer für ihn günstigen Entscheidung führen hätte können. Die Anfechtung ist daher nicht gesetzmäßig ausgeführt.

8.4. Nicht zuletzt sind die - soweit zulässig behaupteten - Mängel auch nach den getroffenen Feststellungen nicht gegeben: Der Revisionswerber hat bei der Vorsprache beim AMS am 26. Februar 2013 das ärztliche Gutachten mit seiner Unterschrift zur Kenntnis genommen und wurde dabei über das Leistungskalkül niederschriftlich informiert (wie schon gesagt, wird dies auch in der Revision mit dem Hinweis zugestanden, dass das "Ergebnis der 'Gesundheitsstraße' präsentiert" wurde). Weiters ist nicht erkennbar, dass er unter Druck gesetzt und zur Unterfertigung einer nicht gewollten bzw. unrichtigen Erklärung verhalten worden wäre. Der Revisionswerber wurde ferner nicht daran gehindert, die Niederschrift durchzulesen, bestätigte er doch im Rahmen der Unterfertigung, dass ihm die Niederschrift vorgelesen und zur Durchsicht vorgelegt wurde. Auch die Beiziehung einer Vertrauensperson wurde ihm nicht verweigert, vielmehr erschien er allein zur Amtshandlung (anders beim nächsten Termin am 14. Oktober 2013, wo er von der Schwester begleitet wurde). Eine Kopie der Niederschrift wurde deshalb nicht sogleich ausgefolgt, weil er dies nicht verlangt hat. Die Niederschrift wurde letztlich seinem Rechtsanwalt im Berufungsverfahren am 9. Dezember 2013 übermittelt.

9.1. Der Revisionswerber rügt, die belangte Behörde habe hinsichtlich des Ablaufs der Amtshandlung am 26. Februar 2013 ausschließlich der AMS-Mitarbeiterin Glauben geschenkt. Deren interne Aussage sei ihm jedoch im Rahmen des Parteiengehörs nicht zugestellt worden, er habe sich dazu nicht äußern können. Ein faires Verfahren im Sinn des Art. 6 MRK sei daher nicht gegeben.

9.2. Zutreffend ist, dass dem Revisionswerber zur internen Stellungnahme der die Amtshandlung am 26. Februar 2013 leitenden AMS-Mitarbeiterin kein Parteiengehör gewährt wurde, obwohl es sich dabei um ein Beweismittel handelt und sich die belangte Behörde entscheidend darauf stützte.

Allerdings bewirkt auch die Verletzung des Parteiengehörs nur dann einen wesentlichen Mangel, wenn die Behörde bei dessen Vermeidung zu einem anderen Ergebnis gelangen hätte können. Der Rechtsmittelwerber muss deshalb die entscheidenden Tatsachen behaupten, die der Behörde wegen des Verfahrensmangels unbekannt geblieben sind. Er darf sich nicht darauf beschränken, den Mangel aufzuzeigen, sondern muss konkret darlegen, welches Vorbringen er im Fall der Einräumung des vermissten Parteiengehörs erstattet hätte und inwiefern die belangte Behörde dadurch zu einer anderen Entscheidung gelangen hätte können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. März 2014, Zl. 2011/10/0214).

9.3. Der Revisionswerber erstattet freilich keinerlei Vorbringen im soeben aufgezeigten Sinn und legt damit eine Relevanz der Verletzung des Parteiengehörs nicht dar. Der geltend gemachte Mangel ist daher nicht wesentlich.

10.1. Insgesamt war damit die Revision gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

10.2. Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien im verwaltungsgerichtlichen Verfahren und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und dem auch Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegensteht. Jedenfalls wurden keine Tat- und Rechtsfragen aufgeworfen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte, weil der wesentliche Sachverhalt geklärt ist und die Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung beantwortet sind (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 4. September 2013, Zl. 2012/08/0305, und vom 8. Oktober 2013, Zl. 2012/08/0197).

11. Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Übergangsfälle" gemäß § 4 iVm § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 23. März 2015

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