VwGH Ro 2014/02/0024

VwGHRo 2014/02/002415.7.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Riedinger und die Hofräte Mag. Dr. Köller und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, in der Revisionssache der G in K, vertreten durch Dr. Herwig Aichholzer, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Waaggasse 18/2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 20. Dezember 2013, Zl KUVS- 1593/12/2012, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Zusammenhang mit einer Vorführung zum Antritt von Ersatzfreiheitsstrafen wegen Übertretungen des KFG und des K-PStG (weitere Parteien:

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie und Kärntner Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

VwGbk-ÜG 2013 §4 Abs1;
VwGbk-ÜG 2013 §4 Abs5;
VwGG §26 Abs3 idF 2013/I/033;
VwGG §34 Abs1 idF 2013/I/033;
VwGG §46 idF 2013/I/033;
VwGG §61 Abs4 idF 2013/I/033;
VwGbk-ÜG 2013 §4 Abs1;
VwGbk-ÜG 2013 §4 Abs5;
VwGG §26 Abs3 idF 2013/I/033;
VwGG §34 Abs1 idF 2013/I/033;
VwGG §46 idF 2013/I/033;
VwGG §61 Abs4 idF 2013/I/033;

 

Spruch:

1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist wird nicht stattgegeben.

2. Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Februar 2014, Zl Ro 2014/02/0024-2, wurde der Revisionswerberin die Beigebung eines Rechtsanwaltes im Rahmen der Verfahrenshilfe zur Erhebung der Revision gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 20. Dezember 2013, Zl KUVS- 1593/12/2012, gewährt. In diesem Beschluss wurde darauf hingewiesen, dass die Frist zur Erhebung der Revision laut § 26 Abs 3 VwGG in Verbindung mit § 4 Abs 1 und 5 VwGbk-ÜG mit der Zustellung des Bescheides über die Bestellung des Rechtsanwaltes an diesen zu laufen beginnt.

Der Bescheid der Kärntner Rechtsanwaltskammer vom 17. Februar 2014 über die Bestellung des Verfahrenshelfers wurde dem Vertreter der Revisionswerberin am 25. Februar 2014 zugestellt.

2. Mit Schriftsatz vom 8. April 2014 erhob die Revisionswerberin Revision an den Verwaltungsgerichtshof. Diese wurde an das Landesverwaltungsgericht Kärnten adressiert und langte dort am 9. April 2014 ein. Das Landesverwaltungsgericht Kärnten leitete die Revision am 15. April 2014 an den Verwaltungsgerichtshof weiter, wo sie am 18. April einlangte.

3. Mit Verfügung vom 25. April 2014, zugestellt am 12. Mai 2014, wurde dem Vertreter der Revisionswerberin die Verspätung vorgehalten und die Möglichkeit zur Äußerung eingeräumt.

4. Mit Schriftsatz vom 22. Mai 2014 äußerte sich die Revisionswerberin zum Verspätungsvorhalt und stellte - für den Fall, dass der Verwaltungsgerichtshof die Revision als nicht rechtzeitig eingebracht beurteilen sollte, den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

5. Gemäß § 4 Abs 5 VwGbk-ÜG ist eine Revision gemäß § 4 Abs 1 VwGbk-ÜG - ein derartiger Fall einer Übergangsrevision liegt hier vor - unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Ausgehend von der Zustellung des Bescheides über die Bestellung zum Verfahrenshelfer am 25. Februar 2014 ist die am 18. April 2014 (Postaufgabe durch das Landesverwaltungsgericht Kärnten am 15. April 2014) beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte Revision daher verspätet.

6. Die Revisionswerberin bringt dazu vor, dass der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes über die Gewährung der Verfahrenshilfe als "Rechtsmittelbelehrung" lediglich den Hinweis enthalten habe, wonach die Frist zur Erhebung der Revision laut § 26 Abs 3 VwGG in Verbindung mit § 4 Abs 1 und 5 VwGbk-ÜG mit der Zustellung des Bescheides über die Bestellung des Rechtsanwaltes an diesen zu laufen beginne. Eine Belehrung über den Einbringungsort sei unterblieben und es sei auch nicht ausgeführt worden, dass es sich um eine Übergangsrevision handle, die beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen sei. § 61 Abs 4 AVG sei gemäß § 62 Abs 1 VwGG auch auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof anzuwenden; da der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Februar 2014 keine Rechtsmittelbelehrung über den Einbringungsort enthalte, sei die beim Landesverwaltungsgericht Kärnten eingebrachte Revision daher richtig eingebracht.

7. Diese Ausführungen gehen ins Leere, da sich der "Einbringungsort" aus dem Hinweis auf § 4 Abs 5 VwGbk-ÜG ergibt und die Revisionsfrist gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten, die gemäß § 26 Abs 3 VwGG mit Zustellung des Bescheides über die Bestellung zum Verfahrenshelfer zu laufen begann, was ebenfalls aus der zitierten "Rechtsmittelbelehrung" abgeleitet werden kann.

Die Revision ist daher verspätet.

8. Der in eventu gestellte (rechtzeitige) Wiedereinsetzungsantrag schildert im Wesentlichen die umfassenden Bemühungen der für den Verfahrenshelfer tätig gewordenen Rechtsanwaltsanwärterin zur bestmöglichen Vertretung der Revisionswerberin. Zur fehlerhaften Einbringung beim Landesverwaltungsgericht Kärnten verweist der Antrag neuerlich darauf, dass der Beschluss über die Gewährung von Verfahrenshilfe "bezüglich des Einbringungsortes der Revision keine bzw. lediglich eine unzureichende Rechtsmittelbelehrung enthalten" habe.

9. Dazu genügt es zunächst, auf die obigen Ausführungen hinzuweisen.

10. Weiters bringt die Revisionswerberin vor, dass die für den Verfahrenshelfer tätig gewordene Rechtsanwaltsanwärterin auf Grund eines Seminares zwar Kenntnis davon habe, dass eine Revision nunmehr beim Verwaltungsgericht einzubringen sei, doch habe sie aufgrund ihrer mangelnden Berufserfahrung keine Kenntnis von der Existenz einer sogenannten Übergangsrevision gehabt. Sie habe zwar § 26 Abs 3 VwGG nachgelesen, es jedoch in weiterer Folge unterlassen, § 4 Abs 5 VwGbk-ÜG nachzuschlagen, da sie fälschlicherweise davon ausgegangen sei, "dass aufgrund der Worte 'in Verbindung' ein inhaltlicher Zusammenhang der beiden Bestimmungen bestünde, was aufgrund des Aufbaus der Rechtsmittelbelehrung grundsätzlich nicht von der Hand zu weisen" sei. Es habe sich um ein für die Rechtsanwaltsanwärterin völlig überraschendes und nicht vorhersehbares einmaliges Versehen gehandelt. Angesichts des Umstandes, dass der Rechtsanwaltsanwärterin bisher kein derart schwerwiegender Fehler unterlaufen sei, könne dem Verfahrenshelfer auch keine Verletzung der von ihm zu erwartenden Sorgfalts-, Organisations- und Kontrollpflichten vorgeworfen werden.

11. Gemäß § 46 VwGG in der im hier vorliegenden Fall einer Übergangsrevision gemäß § 4 Abs 3 VwGbk-ÜG anzuwendenden Fassung ist einer Partei, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei. An berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ist ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen. Wer darüber hinaus einen Wiedereinsetzungsantrag auf das Verschulden einer Hilfsperson stützt, hat schon im Wiedereinsetzungsantrag durch ein substantiiertes Vorbringen darzulegen, aus welchen Gründen ihn selbst kein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden trifft, etwa dass und in welcher Weise der Wiedereinsetzungswerber die erforderliche Kontrolle ausgeübt hat (vgl dazu etwa den hg Beschluss vom 20. Juni 2013, Zl 2013/06/0098).

12. Der Wiedereinsetzungsantrag enthält weder ein Vorbringen dazu, aus welchem Grund dem Verfahrenshelfer bei Unterfertigung der Revision die - auf dem Revisionsschriftsatz angebrachte - fehlerhafte Adressierung an das Landesverwaltungsgericht Kärnten nicht aufgefallen ist (vgl zur zentralen Bedeutung der Adressierung und der bei der Kontrolle des Schriftsatzes bei seiner Unterfertigung durch den Rechtsanwalt erforderlichen besonderen Kontrolle das hg Erkenntnis 31. Jänner 2008, Zl 2007/06/0330), noch wird dargelegt, auf welche Weise der Verfahrenshelfer die gebotene Kontrolle der von ihm für die Verfassung der Revision herangezogenen Rechtsanwaltsanwärterin (mit - wie in der Revision ausgeführt wird - mangelnder Berufserfahrung) sichergestellt hat (zur diesbezüglichen Substantiierungspflicht vgl etwa das hg Erkenntnis vom 4. Juli 2007, Zl 2007/08/0090). Schon aus diesem Grund konnte daher dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattgegeben werden.

13. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurückzuweisen.

Wien, am 15. Juli 2014

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