European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021200047.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein iranischer Staatsangehöriger, stellte am 17. November 2017 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
2 Mit Bescheid vom 11. Jänner 2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Iran zulässig sei, und legte eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise fest.
3 Die vom Revisionswerber erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf das Vorbringen zur Konversion des Revisionswerbers zusammengefasst aus, dieser habe aus näher genannten Gründen nicht glaubhaft darlegen können, dass er ernstlich und aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vor, das Bundesverwaltungsgericht sei nicht nur von ‑ näher genannter ‑ Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Prüfung des Vorliegens einer Konversion abgewichen, weil es die Aussagen von zwei Zeuginnen nicht umfassend, sondern bloß punktuell gewürdigt und berücksichtigt habe, sondern habe auch eine unvertretbare Beweiswürdigung vorgenommen. Das Bundesverwaltungsgericht habe eine teilweise überzogene Erwartungshaltung an das theologische Wissen des Revisionswerbers angelegt.
8 Nach der Rechtsprechung kommt es bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung der vorliegenden Beweismittel, etwa von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten, zu ermitteln ist. In Bezug auf die asylrechtliche Relevanz einer Konversion zum Christentum ist nicht entscheidend, ob der Religionswechsel durch die Taufe erfolgte oder bloß beabsichtigt ist. Wesentlich ist vielmehr, ob der Fremde bei weiterer Ausübung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden (vgl. VwGH 9.4.2020, Ra 2020/14/0138, mwN).
9 Maßgebliche Indizien für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel sind beispielsweise das Wissen über die neue Religion, die Ernsthaftigkeit der Religionsausübung, welche sich etwa in regelmäßigen Gottesdienstbesuchen oder sonstigen religiösen Aktivitäten manifestiert, eine mit dem Religionswechsel einhergegangene Verhaltens- bzw. Einstellungsänderung des Konvertiten sowie eine schlüssige Darlegung der Motivation sowie des auslösenden Moments für den Glaubenswechsel (vgl. VwGH 30.7.2020, Ra 2019/20/0383, mwN).
10 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 15.1.2021, Ra 2020/20/0431, mwN).
11 In der vom Bundesverwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung verschaffte sich dieses einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber, befragte ihn insbesondere zu seinem Wissen über das Christentum, seiner Motivation für den Glaubenswechsel sowie zu seinen religiösen Aktivitäten und vernahm zwei aus dem freundschaftlichen Umfeld des Revisionswerbers stammende Zeuginnen zu dessen behaupteter Konversion. Entgegen dem Vorbringen in der Revision berücksichtigte das Bundesverwaltungsgericht die Aussagen der Zeuginnen. Es kam jedoch in einer Gesamtschau der Angaben des Revisionswerbers und der Ausführungen der Zeuginnen zu dem Schluss, dass das Vorbringen des Revisionswerbers zu den Gründen seiner Flucht unglaubwürdig sei, ein aus innerer Überzeugung vollzogener Religionswechsel nicht vorliege und es sich sohin um eine Konversion zum bloßem Schein handle. Die Revision, die sich lediglich gegen einzelne beweiswürdigende, das theologische Wissen des Revisionswerbers betreffende Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts sowie dessen Würdigung der Zeugenaussagen wendet, zeigt nicht auf, dass die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts insgesamt als unvertretbar zu werten wäre und sich die weiteren Erwägungen ‑ etwa ‑ zur Motivation für den Glaubenswechsel, zu einer mit dem Religionswechsel einhergegangenen Verhaltens- bzw. Einstellungsänderung sowie zur Ernsthaftigkeit der Religionsausübung als nicht tragfähig erwiesen.
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 15. März 2021
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