VwGH Ra 2020/14/0138

VwGHRa 2020/14/01389.4.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Revisionssache des X Y, vertreten durch Mag. Elke Weidinger, Rechtsanwältin in 8020 Graz, Brückenkopfgasse 1/VIII, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Februar 2020, L508 2169948-1/26E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020140138.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger des Iran, stellte am 11. März 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. 2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 22. August 2017 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Iran zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise setzte die Behörde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3 Die vom Revisionswerber dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnis nach Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. Begründend führte es unter anderem aus, dass der christliche Glaube kein wesentlicher Bestandteil der Identität des Revisionswerbers geworden sei und sich seine Hinwendung zum Christentum als Scheinkonversion erweise.

4 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vor, der Revisionswerber habe eine umfangreiche Taufvorbereitung durchwandern müssen, sei am 30. April 2017 getauft worden und habe im Verfahren eine Taufurkunde vorgelegt. Wenn das BVwG dem Revisionswerber trotz feierlicher Taufe lediglich ein Interesse am christlichen Glauben unterstelle und von einer Scheinkonversion ausgehe, erweise sich die Beweiswürdigung als unvertretbar, zumal sie dem Sinngehalt und der Bedeutung der Taufe, für deren Empfang die Kirche die Voraussetzungen vorgebe, widerspreche. Darüber hinaus fehle Rechtsprechung dazu, nach welchen Kriterien zu prüfen sei, ob der Revisionswerber den Religionswechsel aus innerer Überzeugung vollzogen habe. Es gäbe keine einheitlichen Prüfungen oder Fragenkataloge, und es werde im Zuge der Befragungen nicht berücksichtigt, in welcher Diözese die Taufvorbereitung stattgefunden habe.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Nach der Rechtsprechung kommt es bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung der vorliegenden Beweismittel, etwa von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten, zu ermitteln ist. In Bezug auf die asylrechtliche Relevanz einer Konversion zum Christentum ist nicht entscheidend, ob der Religionswechsel durch die Taufe erfolgte oder bloß beabsichtigt ist. Wesentlich ist vielmehr, ob der Fremde bei weiterer Ausübung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden (vgl. etwa VwGH 28.8.2019, Ra 2019/14/0356; 29.5.2019, Ra 2019/20/0230, jeweils mwN). Maßgebliche Indizien für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel sind beispielsweise das Wissen über die neue Religion, die Ernsthaftigkeit der Religionsausübung, welche sich etwa in regelmäßigen Gottesdienstbesuchen oder sonstigen religiösen Aktivitäten manifestiert, eine mit dem Religionswechsel einhergegangene Verhaltens- bzw. Einstellungsänderung des Konvertiten sowie eine schlüssige Darlegung der Motivation bzw. des auslösenden Moments für den Glaubenswechsel (vgl. VwGH, 25.3.2020, Ra 2020/14/0130; 9.1.2020, Ra 2019/18/0258, mwN).

9 Der Revision gelingt es vor dem Hintergrund des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung, in deren Rahmen stets die Umstände des konkreten Einzelfalls einer Beurteilung zu unterziehen sind, nicht aufzuzeigen, dass im Revisionsfall ein weiterer Klärungsbedarf durch den Verwaltungsgerichtshof zu der Frage der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels aus innerer Überzeugung besteht.

10 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 4.2.2020, Ra 2020/14/0002, mwN). Das BVwG hat sich in einer mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber verschafft, ihn sowie einen von ihm namhaft gemachten Zeugen zu seinen religiösen Aktivitäten befragt und ist mit ausführlicher Begründung zur Auffassung gelangt, dass ein aus innerer Überzeugung vollzogener Religionswechsel nicht glaubhaft gemacht werden konnte. Eine Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung vermag die Revision nicht aufzuzeigen. 11 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen. Wien, am 9. April 2020

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