Normen
ApG 1907 §10
ApG 1907 §10 Abs2
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021100028.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 19. Oktober 2020 erteilte das Verwaltungsgericht Wien der Mitbeteiligten ‑ (u.a.) durch Abweisung einer Beschwerde der Revisionswerberin gegen einen Bescheid der belangten Behörde vom 8. März 2019 ‑ die Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke in W, Kgasse 19, unter Festsetzung deren Standortes, wobei es die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zuließ.
2 Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung ‑ soweit für das vorliegende Revisionsverfahren von Interesse ‑ zugrunde, der Revisionswerberin sei mit (rechtskräftigem) Bescheid vom 24. April 2017 die Konzession zum Betrieb der öffentlichen „Apotheke S“ mit der Betriebsstätte in W, BPromenade 30, erteilt worden. Die Entfernung zwischen dieser Apotheke und der Betriebsstätte der neu beantragten Apotheke betrage 910 m; das Versorgungsgebiet der neu zu errichtenden Apotheke sei jedenfalls mehr als 500 m von der Betriebsstätte der „Apotheke S“ entfernt.
3 Gestützt insbesondere auf ein (ergänzendes) Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer vom 1. September 2020 stellte das Verwaltungsgericht fest, dass sich die Zahl der von der Betriebsstätte der bestehenden „Apotheke S“ aus weiterhin zu versorgenden Personen durch die Neuerrichtung der beantragten Apotheke nicht verringere. Nach diesem Gutachten schotteten die Versorgungsgebiete der bestehenden „Wapotheke“ (in W, Qstraße 91) und der bestehenden „Q-Apotheke“ (in W, Qstraße 45) das Versorgungsgebiet der „Apotheke S“ von jenem der neu zu errichtenden Apotheke ab.
4 Mit Blick auf ein Vorbringen der Revisionswerberin zur Widerlegung der Zuordnung der Versorgungsgebiete der „Wapotheke“, der „Q-Apotheke“ und der eigenen „Apotheke S“ durch die Österreichische Apothekerkammer, wonach bei Verwendung des Pkw unter Berücksichtigung der bestehenden Einbahnregelungen die Liegenschaften (jeweils) W, Wgasse 6, Bgasse 32 und Qstraße 65 näher an ihrer „Apotheke S“ lägen als an der „Q‑Apotheke“ hielt das Verwaltungsgericht fest, dass jene Liegenschaften zu Fuß jeweils näher an der „Q-Apotheke“ als an der „Apotheke S“ lägen (im Einzelnen nämlich 350 m gegenüber 500 m, 290 m gegenüber 700 m und 250 m gegenüber 650 m).
5 Dazu führte das Verwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht aus, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stehe zwar (bei der nach § 10 Apothekengesetz [ApG] vorzunehmenden Bedarfsprüfung) im Allgemeinen die Erreichbarkeit der Betriebsstätten der beteiligten Apotheken mit Kraftfahrzeugen im Vordergrund. Wenn es aber um Entfernungen von wenigen Hundert Metern gehe, könne der Erreichbarkeit der Betriebsstätten zu Fuß für den Entschluss, sich der einen oder der anderen Apotheke zuzuwenden, größeres Gewicht zukommen als der Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen oder öffentlichen Verkehrsmitteln (Hinweis auf VwGH 28.1.2008, „2004/10/2007“ [richtig: 2004/10/0207, 0208]).
6 Dies sei vorliegend der Fall, weshalb die Zuordnung der angeführten Liegenschaften zum Versorgungsgebiet der „Q-Apotheke“ im Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer zu Recht erfolgt sei.
7 Ausgehend davon, dass die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der neu zu errichtenden Apotheke und der Betriebsstätte der Apotheke der Revisionswerberin nicht weniger als 500 m betrage und sich die Zahl der von der bestehenden öffentlichen Apotheke der Revisionswerberin aus zu versorgenden Personen nicht infolge der Neuerrichtung der beantragten Apotheke verringere (Hinweis auf VwGH 21.5.2008, 2007/10/0029 = VwSlg. 17.458 A), sei die Beschwerde der Revisionswerberin abzuweisen.
8 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 3.1. In den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision kommt die Revisionswerberin zunächst auf ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht erstattetes Vorbringen zu den Liegenschaften (jeweils) W, Wgasse 6, Bgasse 32 und Qstraße 65 zurück, welche bei der ‑ nach Auffassung der Revisionswerberin gebotenen ‑ Berücksichtigung der Einbahnregelungen näher an der Apotheke der Revisionswerberin als an der „Q-Apotheke“ lägen. Nach der ständigen hg. Rechtsprechung stehe „im Allgemeinen die Erreichbarkeit der Betriebsstätten der beteiligten Apotheken mit Kraftfahrzeugen im Vordergrund“ (Hinweis auf VwGH 26.9.1994, 92/10/0459, 19.3.2002, 2001/10/0069, und 26.3.2007, 2005/10/0123). Davon sei das Verwaltungsgericht abgewichen, indem es „gestützt auf die Einzelentscheidung“ VwGH 28.1.2008, 2004/10/0207, 0208, auf die Erreichbarkeit der beteiligten Apotheken zu Fuß abgestellt habe.
12 3.2. Dem ist entgegenzuhalten, dass der Gerichtshof unter anderem in dem von der Revisionswerberin zitierten Erkenntnis 2005/10/0123 ‑ unter Hinweis auf VwGH 29.11.1993, 92/10/0110, ‑ ausgesprochen hat, zwar stehe im Allgemeinen bei der nach § 10 ApG vorzunehmenden Bedarfsprüfung die Erreichbarkeit der Betriebsstätten der beteiligten Apotheken mit Kraftfahrzeugen im Vordergrund. Wenn es aber um Entfernungen von wenigen 100 m gehe, könne der Erreichbarkeit der Betriebsstätten zu Fuß für den Entschluss, sich der einen oder der anderen Apotheke zuzuwenden, größeres Gewicht zukommen als der Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen oder öffentlichen Verkehrsmitteln; in diesen Fällen könne der Erreichbarkeit der Betriebsstätten zu Fuß daher entscheidende Bedeutung zukommen (vgl. in diesem Sinn etwa auch VwGH 16.6.2009, 2005/10/0107, 2005/10/0190 = VwSlg. 17.709 A).
13 In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof ‑ insbesondere mit Blick auf das „verbaute Gebiet“ ‑ festgehalten, die „Erreichbarkeit“ setze nicht etwa die Möglichkeit des Zufahrens mit einem Kraftfahrzeug „bis vor den Eingang“ zur Betriebsstätte und eine unmittelbar dort gegebene Parkmöglichkeit voraus; maßgebend sei vielmehr ‑ sofern es im Einzelfall überhaupt auf die Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen ankomme ‑ die Erreichbarkeit jenes Umgebungsbereiches der Apotheke, von dem ‑ nach der Verkehrsauffassung ‑ erwartet werden könne, dass die Konsumenten den (zumal im verbauten Gebiet im Allgemeinen unvermeidlichen) Fußweg vom geparkten Kraftfahrzeug zur Apotheke in Kauf nehmen werden (vgl. VwGH 29.11.2011, 2005/10/0218, mwN).
14 Vor diesem Hintergrund trifft die Behauptung der Revisionswerberin, das Verwaltungsgericht sei bei der Beurteilung der Erreichbarkeit von beteiligten Apotheken im betroffenen Wiener Gemeindebezirk von der hg. Rechtsprechung abgewichen, nicht zu.
15 3.3. Im Weiteren enthalten die Zulässigkeitsausführungen der Revisionswerberin umfangreich Kritik an dem vom Verwaltungsgericht eingeholten Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer und der darin zugrunde gelegten sog. „TU‑Studie“. Dabei stellt die Revision allerdings einen konkreten Bezug zu den (oben unter Rz 2 bis 4 wiedergegebenen) wesentlichen Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses nicht her.
16 3.4. Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage „abhängt“. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. etwa VwGH 30.3.2020, Ra 2019/10/0180‑0182, 0187, mwN).
17 In den von der Revisionswerberin unterbreiteten, allgemein gehaltenen kritischen Anmerkungen insbesondere zur Heranziehung der sog. „TU-Studie“ wird allerdings die Relevanz des damit behaupteten Begründungsmangels des angefochtenen Erkenntnisses nicht konkret dargelegt (vgl. dazu auch VwGH 30.1.2019, Ra 2019/10/0004‑0005, mwN).
18 4. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
19 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 16. März 2021
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