European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020190258.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Volksrepublik Bangladesch, stellte am 10. Februar 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu seinen Fluchtgründen gab er an, sein Vater habe bei der oppositionellen Bangladesh National Party gearbeitet. Daher sei auch der Revisionswerber durch die Regierungspartei Awami League bedroht gewesen. Von Anhängern dieser Partei seien Angriffe ‑ bis hin zum Mordversuch ‑ auf ihn unternommen worden.
2 Mit Bescheid vom 12. Juni 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei, und legte eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise fest.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die vorliegende Revision wendet sich unter dem Gesichtspunkt ihrer Zulässigkeit gegen die Beweiswürdigung und bringt vor, das BVwG habe sich nur ungenügend mit den Angaben des Revisionswerbers über seine Fluchtgründe auseinandergesetzt und ihm insoweit ein „viel zu hohes Maß an Bescheinigungslast auferlegt“. Insbesondere habe sich das BVwG nicht ausreichend mit den vom Revisionswerber vorgelegten Urkunden, die eine falsche Anzeige gegen ihn im Herkunftsstaat beträfen, beschäftigt. Dazu wäre eine „Vor‑Ort‑Recherche“ erforderlich gewesen. Auch das Parteiengehör des Revisionswerbers sei verletzt worden, weil von seiner Unglaubwürdigkeit ausgegangen worden sei, ohne ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
8 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser ‑ als Rechtsinstanz ‑ zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 30.7.2020, Ra 2019/20/0383, mwN). Das BVwG hat die Angaben des Revisionswerbers zu seinen Fluchtgründen nicht als glaubwürdig erachtet. Seine Beweiswürdigung konnte es dabei auf diverse Widersprüche und Ungereimtheiten in den Ausführungen des Revisionswerbers stützen. Mit den vom Revisionswerber vorgelegten Unterlagen hat sich das BVwG ‑ entgegen der Revision ‑ nach Anfertigung einer Übersetzung auseinandergesetzt, aber ausgeführt, dass dadurch das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers nicht belegt werden könne. Dass diese Erwägungen an einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangelhaftigkeit leiden würden, vermag die Revision nicht darzutun.
9 Hinsichtlich des Vorbringens in der Revision, es hätte nicht von der Unglaubwürdigkeit des Revisionswerbers ausgegangen werden dürfen, ohne ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach sich das Recht auf Parteiengehör nur auf den vom BVwG festzustellenden maßgeblichen Sachverhalt bezieht. Die Beweiswürdigung im Sinn des § 45 Abs. 2 AVG zählt aber nicht zu den Ergebnissen des Beweisverfahrens. Es besteht keine Verpflichtung des BVwG, dem Asylwerber im Wege eines Vorhalts zur Kenntnis zu bringen, dass Widersprüche vorhanden seien, die im Rahmen der gemäß § 45 Abs. 2 AVG vorzunehmenden Beweiswürdigung zu seinem Nachteil von Bedeutung sein könnten, und ihm aus diesem Grunde eine Stellungnahme hiezu zu ermöglichen (vgl. VwGH 7.9.2020, Ra 2020/20/0012, mwN).
10 Soweit die Revision das Unterbleiben einer „Vor‑Ort‑Recherche“ rügt, ist darauf hinzuweisen, dass eigenen hoheitlichen Ermittlungen der Asylbehörden im Herkunftsstaat grundsätzlich allgemeine Prinzipien des Völkerrechts entgegenstehen (vgl. VwGH 5.8.2019, Ra 2019/20/0307; vgl. näher zu Ermittlungen im Herkunftsstaat VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100 und 0101).
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 12. Oktober 2020
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