VwGH Ra 2019/20/0479

VwGHRa 2019/20/047931.10.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Mag. Eder und Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des K S in E, vertreten durch Mag. Peterpaul Suntinger, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Pfarrplatz 17/II, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. August 2019, Zl. L507 2011860- 3/27E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §18
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200479.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der aus der Türkei stammende Revisionswerber stellte am 22. August 2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 2. Mai 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag (im zweiten Rechtsgang) ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers in die Türkei zulässig sei, und legte für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

2 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer Verhandlung mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis vom 16. August 2019 als unbegründet ab. Die Erhebung einer Revision erklärte das Verwaltungsgericht nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 6 Entgegen der Behauptung in der Revision berücksichtigte das BVwG das vorliegende psychiatrische Gutachten, schloss daraus - in Verbindung mit Widersprüchlichkeiten des Fluchtvorbringens -, dass die Verfolgungsbehauptungen des Revisionswerbers als "Wahngeschehen" auf die psychische Erkrankung des Revisionswerbers zurückzuführen seien, und sprach dem Fluchtvorbringen nach Durchführung einer Verhandlung die Glaubwürdigkeit ab. Unter Verweis auf die Feststellungen zur Situation in seinem Herkunftsstaat verneinte das BVwG zudem eine Verfolgung des Revisionswerbers wegen seiner Religions- bzw. Volksgruppenzugehörig keit. Das in den schriftlichen Stellungnahmen erstattete - und in der Revision wörtlich übernommene - Vorbringen betreffend das behauptete Festnahmerisiko aufgrund der Demonstrationstätigkeit des Revisionswerbers legte das BVwG seinem Erkenntnis zugrunde und kam - näher begründet - zu dem Ergebnis, dass die Befürchtung des Revisionswerbers, im Fall der Rückkehr in die Türkei verhaftet zu werden, unbegründet sei. Dass die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise erfolgt wäre, wird in der Revision nicht substantiiert dargelegt (vgl. VwGH 12.11.2018, Ra 2018/20/0506, mwN).

7 Aus welchem Grund das BVwG eine weitere Verhandlungstagsatzung abhalten hätte müssen (vgl. VwGH 12.11.2014, Ra 2014/20/0069, insbes. Pkte. 4.6. und 4.7. der Entscheidungsgründe), wird nicht aufgezeigt.

8 Soweit die Revision geltend macht, das BVwG hätte Ermittlungen im Herkunftsstaat durchführen müssen, ist ihr entgegenzuhalten, dass ein allgemeines Recht auf eine fallbezogene Überprüfung des Vorbringens des Asylwerbers durch Recherche im Herkunftsstaat nicht besteht (vgl. VwGH 25.6.2019, Ra 2019/19/0193, mwN, sowie 15.12.2015, Ra 2015/18/0100, 0101). Die Revision unterlässt es aber zudem darzustellen, welche Relevanz diesen zugekommen wäre.

9 Mit dem Vorbringen, das BVwG hätte dem Verfahren einen länderkundigen Sachverständigen beziehen müssen, zeigt die Revision schon deshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, weil sie es unterlässt, die Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels aufzuzeigen (vgl. VwGH 26.3.2019, Ra 2019/19/0010, mwN). Werden Verfahrensmängel - wie hier die genannten Ermittlungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 20.11.2018, Ra 2018/20/0528, mwN). Die bloße Behauptung, bei Beiziehung eines Sachverständigen hätte sich ergeben, dass dem Revisionswerber Asyl bzw. zumindest subsidiärer Schutz zu gewähren gewesen wäre, wird diesen Anforderungen nicht gerecht.

10 Wenn sich die Revision gegen die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative (IFA) sowie die vom BVwG vorgenommene Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK wendet, so übersieht sie, dass das BVwG eine IFA nicht herangezogen hat und zeigt im Übrigen nicht auf, inwiefern das BVwG von den Leitlinien abgewichen wäre (vgl. zur Interessenabwägung VwGH 12.6.2018, Ra 2018/20/0284, mwN).

11 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 31. Oktober 2019

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