VwGH Ra 2019/18/0133

VwGHRa 2019/18/013312.4.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Sutter als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des R, vertreten durch Mag. Taner Önal, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Kärntner Straße 7B, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Februar 2019, Zl. W265 2183956- 1/16E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG §133 Abs4
MRK Art8
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019180133.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 25. April 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er zusammengefasst damit, dass sein Vater aufgrund der Mitgliedschaft in einer Partei Feinde in Afghanistan hätte. Weiters sei er geflohen, da sein ältester Bruder eine Frau geheiratet habe, die vormals bereits verheiratet gewesen sei. Sowohl die Familie seiner nunmehrigen Schwägerin als auch deren Ex-Mann hätten seine Familie bedroht und attackiert.

2 Mit Bescheid vom 27. Dezember 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte das BVwG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

4 Begründend legte das BVwG dar, dass keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft gemacht worden sei. Zum subsidiären Schutz führte das BVwG umfassend aus, dass dem Revisionswerber eine Rückkehr nach Kabul aufgrund der dort vorherrschenden volatilen Sicherheitslage nicht möglich sei. Er könne jedoch auf eine innerstaatliche Fluchtalternative in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat verwiesen werden. In diesem Zusammenhang traf das BVwG sowohl Feststellungen zur persönlichen Lage des Revisionswerbers als auch umfangreiche Länderfeststellungen. Es sei anzunehmen, dass der Revisionswerber, bei dem es sich um einen arbeitsfähigen, im Wesentlichen gesunden, alleinstehenden jungen Mann ohne spezifische Vulnerabilitäten handle, in Mazar-e Sharif oder Herat in der Lage sein werde, sich ein ausreichendes Auskommen zu sichern und ein Leben ohne unangemessene Härten zu führen. Es gebe keine Anhaltspunkte, dass der Revisionswerber in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse einer ausweglosen bzw. existenzbedrohenden Situation ausgesetzt wäre. Im Ergebnis sei dem Revisionswerber daher die Ansiedlung unter anderem in Mazar-e Sharif möglich und zumutbar. Die Rückkehrentscheidung begründete das BVwG damit, dass die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung gegenüber den Interessen des Revisionswerbers an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen würden.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die in ihrer Zulässigkeitsbegründung unter näherer Ausführung geltend macht, das BVwG sei bei der Beurteilung der innerstaatlichen Fluchtalternative im Herkunftsland sowie bei der Abwägung der in § 9 BFA-VG vorgesehenen Kriterien von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.

6 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

9 Im vorliegenden Fall hat das BVwG aktuelle Berichte zur Lage in Afghanistan herangezogen sowie die persönlichen Umstände des Revisionswerbers berücksichtigt. Es hat sich unter Berücksichtigung der getroffenen Feststellung ausreichend mit den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30. August 2018 und den darin enthaltenen Empfehlungen auseinandergesetzt (zur gebotenen Auseinandersetzung vgl. etwa VwGH 13.12.2018, Ra 2018/18/0533; 14.3.2019, Ra 2019/18/0079). Vor diesem Hintergrund vermag die Revision nicht aufzuzeigen, dass dem BVwG fallbezogen hinsichtlich seiner Annahme, dem Revisionswerber stehe eine innerstaatliche Fluchtalternative in Mazar-e Sharif zur Verfügung, eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen wäre.

10 Sofern sich der Revisionswerber in seiner Revision erkennbar gegen die Rückkehrentscheidung richtet, ist auszuführen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 Abs. 3 VwGG in der gesonderten Zulassungsbegründung konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen ist, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte, und andererseits konkret darzulegen ist, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich beantwortet hat oder dass dazu Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt (vgl. VwGH 31.1.2019, Ra 2019/18/0018, mwN).

11 Diesen Anforderungen wird die vorliegende außerordentliche Revision nicht gerecht, da sie sich in ihrer Begründung zur Zulässigkeit ausschließlich in der Wiedergabe von Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und einem Verweis auf die Revisionsgründe erschöpft, ohne jeglichen Bezug zum Revisionsfall herzustellen. Ein Abweichen von der hg. Judikatur, die im Rahmen der Rückkehrentscheidung eine Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK in Form einer Gesamtbetrachtung unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls fordert, welche - sofern sie, wie vorliegend, auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgt ist und in vertretbarer Weise vorgenommen wurde -

im allgemeinen nicht revisibel ist (vgl. etwa VwGH 10.8.2017, Ra 2017/20/0126, mwN), zeigt die Revision damit jedenfalls nicht auf.

12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 12. April 2019

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte