VwGH Ra 2019/17/0071

VwGHRa 2019/17/007121.4.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart‑Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 25. Juni 2019, LVwG‑S‑1945/001‑2018, betreffend Einziehung nach dem Glücksspielgesetz (mitbeteiligte Partei: G s.r.o. in B, vertreten durch Dr. Fabian Alexander Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 11), zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §52 Abs1
GSpG 1989 §53
GSpG 1989 §54
GSpG 1989 §54 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019170071.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird im bekämpften Umfang (sohin in seinem Spruchpunkt 2.) aufgehoben, und zwar, soweit es „über die verfügte Beschlagnahme“ abspricht, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes, im Übrigen aber wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 6. Juli 2018 ordnete die Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya gegenüber der mitbeteiligten Partei gemäß § 54 Glücksspielgesetz (GSpG) die Einziehung von zwei näher bezeichneten, anlässlich einer glücksspielrechtlichen Kontrolle am 28. September 2016 in einem näher genannten Lokal in W vorgefundenen Glücksspielgeräten an.

2 Die mitbeteiligte Partei erhob gegen diesen Einziehungsbescheid Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (im Folgenden: LVwG).

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das LVwG die Beschwerde der mitbeteiligten Partei nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung hinsichtlich des Eingriffsgegenstandes „FA Gerätenummer 01“ als unbegründet ab (Spruchpunkt 1.); hinsichtlich des Eingriffsgegenstandes „FA Gerätenummer 02“ gab es der Beschwerde dahingehend Folge, dass es den angefochtenen Bescheid „sowie die verfügte Beschlagnahme“ in diesem Punkt aufhob (Spruchpunkt 2.). Gleichzeitig sprach das LVwG aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei (Spruchpunkt 3.).

4 Begründend stellte das LVwG hierzu fest, das Gerät FA Nr. 01 sei bei der Kontrolle am 28. September 2016 betriebsbereit und funktionstauglich gewesen und es hätten darauf Testspiele („Reels of Ra“) durchgeführt werden können; auf den Walzenlauf habe kein Einfluss genommen werden können. Hinsichtlich des Gerätes FA Nr. 02 stellte das LVwG fest, dieses sei bei der Kontrolle „nicht in Betrieb ‑ weil ausgeschaltet“ gewesen. Eine Inbetriebnahme sei nicht möglich gewesen, sondern es sei auf dem Bildschirm „net error“ erschienen. Der diesbezügliche Beschlagnahmebescheid der Amtsrevisionswerberin vom 13. Oktober 2016 sei infolge Abweisung der dagegen gerichteten Beschwerde durch das LVwG mit Erkenntnis vom 7. Mai 2018 in Rechtskraft erwachsen. Im Rahmen der Beweiswürdigung führte das LVwG für das vorliegende Verfahren weiters aus, die beiden verfahrensgegenständlichen Geräte seien augenscheinlich baugleich gewesen. Eine konkrete Spielbeschreibung des Gerätes FA Nr. 02 habe mangels Bespielung des Gerätes nicht erfolgen können, weshalb „auch trotz vorangegangener Bestätigung der erfolgten Beschlagnahme durch das Landesverwaltungsgericht nunmehr im Einziehungsverfahren mangels Bespielbarkeit bzw. Tatbestandserweislichkeit bezüglich Gerät FA Nr. 2 spruchgemäß mit Stattgebung der Beschwerde in diesem Bescheidpunkt vorzugehen“ gewesen sei.

5 Die vorliegende (außerordentliche) Amtsrevision der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht richtet sich ausschließlich gegen Spruchpunkt 2. des angefochtenen Erkenntnisses. Die mitbeteiligte Partei erstattete im vom Verwaltungsgerichtshof eingeleiteten Vorverfahren keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6 Die Amtsrevision erweist sich im Hinblick auf ihr Zulässigkeitsvorbringen zur Frage der Rechtsfolgen einer (vorsätzlichen) Beseitigung der Betriebsbereitschaft von Geräten im Zuge einer glücksspielrechtlichen Kontrolle und der daraus folgenden Unmöglichkeit einer Probebespielung als zulässig. Sie ist auch begründet.

7 § 54 GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. I Nr. 70/2013, lautet (auszugsweise):

„§ 54. (1) Gegenstände, mit denen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird, sind zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 einzuziehen, es sei denn der Verstoß war geringfügig.

[...]“

8 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, hängt die Einziehung gemäß § 54 Abs. 1 GSpG von der Verwirklichung eines objektiven Tatbildes nach § 52 Abs. 1 GSpG ab; das Verwaltungsgericht trifft daher im Einziehungsverfahren nach dem GSpG die Verpflichtung, nach Durchführung eines amtswegigen Ermittlungsverfahrens nähere Feststellungen zum Vorliegen der Verwirklichung des objektiven Tatbildes zu treffen (vgl. VwGH 10.5.2019, Ra 2019/17/0019; 27.11.2018, Ra 2018/17/0157, jeweils mwN). Ebenso wie ‑ mit anderem rechtlichem Blickwinkel ‑ im Beschlagnahmeverfahren nach dem GSpG können hierzu auch im Einziehungsverfahren Dokumentationen von Probespielen, aber auch ‑ insbesondere wenn solche fehlen ‑ Zeugenaussagen oder andere Beweismittel, die sich auch allenfalls bereits aus dem behördlichen Verwaltungsakt ergeben können, herangezogen werden (vgl. zur Beschlagnahme nach § 53 GSpG VwGH 9.12.2019, Ra 2019/17/0066; 16.1.2020, Ra 2019/17/0081, mwN).

9 Der Umstand allein, dass die Bespielung eines Apparates und damit die Durchführung von Probespielen zum Zeitpunkt der glücksspielrechtlichen Kontrolle nicht (mehr) möglich war, führt für sich genommen auch im Einziehungsverfahren noch nicht dazu, dass schon deshalb angenommen werden könnte, die Verwirklichung eines objektiven Tatbildes nach § 52 Abs. 1 GSpG und somit eines Eingriffs in das Glücksspielmonopol des Bundes mit Glücksspielgeräten sei entkräftet (vgl. abermals VwGH 9.12.2019, Ra 2019/17/0066; 16.1.2020, Ra 2019/17/0081).

10 Im Revisionsfall hat das LVwG keine weiteren Beweise zur Beurteilung der Verwirklichung eines objektiven Tatbildes nach § 52 Abs. 1 GSpG hinsichtlich des Gerätes FA Nr. 02 erhoben, sondern aus der bloßen Unmöglichkeit der Betriebsbereitschaft dieses Gerätes bei der glücksspielrechtlichen Kontrolle und der damit im Zusammenhang stehenden Unmöglichkeit der Durchführung von Probespielen zu diesem Zeitpunkt darauf geschlossen, dass die Verwirklichung eines objektiven Tatbildes nach § 52 Abs. 1 GSpG im Sinne der oben genannten Rechtsprechung nicht vorliege und die Einziehung bereits aus diesem Grund aufzuheben sei.

11 Da es das LVwG aufgrund seiner diesbezüglich offenkundig zugrunde gelegten unrichtigen Rechtsansicht betreffend die in Rede stehende Einziehung unterlassen hat, entsprechende weitere Beweiserhebungen zur Beurteilung der Verwirklichung eines objektiven Tatbildes nach § 52 Abs. 1 GSpG hinsichtlich der Glücksspielgeräteeigenschaft des Gerätes FA Nr. 02 zu tätigen und entsprechende Feststellungen zu treffen, liegt insoweit ein sekundärer Verfahrensmangel vor.

12 Soweit mit Spruchpunkt 2. des angefochtenen Erkenntnisses darüber hinaus über „die verfügte Beschlagnahme“ entschieden wurde, ist festzuhalten, dass die Beschlagnahme des Gerätes FA Nr. 02 nicht Gegenstand des gegenständlich vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Bescheides war, sondern über die Beschlagnahme betreffend das genannte Gerät ‑ wie das LVwG im angefochtenen Erkenntnis im Übrigen selbst ausführt ‑ bereits mit Erkenntnis des LVwG vom 7. Mai 2018 rechtskräftig entschieden wurde. Diesbezüglich nahm das LVwG daher eine Kompetenz in Anspruch, die ihm gegenständlich nicht zukam, sodass es das angefochtene Erkenntnis in dieser Hinsicht mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit (vgl. z.B. VwGH 12.12.2013, 2012/06/0208) belastete.

13 Das angefochtene Erkenntnis war daher im bekämpften Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 und Z 2 VwGG aufzuheben.

Wien, am 21. April 2020

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