VwGH Ra 2019/17/0081

VwGHRa 2019/17/008116.1.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des Bundesministers für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 7. Juni 2019, LVwG-413181/14/KL/HEK, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Oberösterreich; mitbeteiligte Partei: E Kft, vertreten durch Dr. Günter Schmid und Mag. Rainer Hochstöger, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Hafferlstraße 7), zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §52 Abs1
GSpG 1989 §53 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019170081.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 11. Dezember 2018 ordnete die belangte Behörde gegenüber der mitbeteiligten Partei in Folge einer in einem näher bezeichneten Lokal durchgeführten glücksspielrechtlichen Kontrolle gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a Glücksspielgesetz (GSpG) die Beschlagnahme von zehn näher bezeichneten Geräten an.

2 Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht). Im Rahmen der vor diesem durchgeführten mündlichen Verhandlung zog die mitbeteiligte Partei ihre Beschwerde hinsichtlich eines der zehn Geräte ("Gerät Nr. 6") zurück. Ebenfalls im Zuge dieser Verhandlung beantragte (nach dem Inhalt des diesbezüglichen Verhandlungsprotokolles) die Finanzpolizei die Einvernahme eines näher genannten, im Zuge der Kontrolle anwesend gewesenen Spielers als Zeuge; dies zum Beweis dafür, dass ein begründeter Verdacht für eine Beschlagnahme der Geräte gegeben sei.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der gegen den Beschlagnahmebescheid vom 11. Dezember 2018 erhobenen Beschwerde der mitbeteiligten Partei insoweit statt, als es die verfügte Beschlagnahme von neun der Geräte (Geräte FA-Nr. 1- 5 und 7-10) aufhob (A.I.). Gleichzeitig erklärte es die Beschwerde hinsichtlich des Gerätes FA-Nr. 6 infolge der Beschwerdezurückziehung mit Beschluss als gegenstandslos und stellte das Beschwerdeverfahren diesbezüglich ein (B.I.). Außerdem sprach es aus, dass gegen diese Entscheidung eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (A.II. und B.II.).

4 Spruchpunkt A.I. begründete das Verwaltungsgericht dabei im Ergebnis damit, dass die in Rede stehenden neun Geräte bereits zu Kontrollbeginn nicht betriebsbereit gewesen seien und daher auch keine Probespiele hätten durchgeführt werden können. Mangels Betriebsbereitschaft der Geräte hätten keine Feststellungen zu allfälligen darauf verfügbaren Spielen getroffen werden können, weshalb der substantiierte Verdacht eines Verstoßes gegen die Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG nicht habe begründet werden können.

5 Gegen das aufhebende Erkenntnis hinsichtlich der Geräte FA-Nrn. 1 bis 5 und 7 bis 10 richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision des Bundesministers für Finanzen. Die mitbeteiligte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6 Die Amtsrevision erweist sich im Hinblick auf ihr Zulässigkeitsvorbringen zur fehlenden Einvernahme von Zeugen im Zusammenhang mit der Frage des Vorliegens eines ausreichend substantiierten Verdachtes im Beschlagnahmeverfahren nach dem GSpG als zulässig.

Die Revision ist auch begründet.

7 Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, ist eine Beschlagnahme nach § 53 Abs. 1 GSpG nur dann zulässig, wenn ein ausreichend substantiierter Verdacht vorliegt, dass mit Glücksspielgeräten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt oder wiederholt gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird. Nicht erforderlich ist dabei zwar, dass die Übertretung des Gesetzes zum Zeitpunkt der Beschlagnahme bereits erwiesen ist, jedoch erfordert die Überprüfung eines Beschlagnahmebescheids jedenfalls Feststellungen über die Art des Spiels, weil ansonsten eine Überprüfung der rechtlichen Beurteilung nicht möglich ist. Hierzu ist die ansatzweise Darstellung des Spielablaufes erforderlich (vgl. etwa VwGH 26.3.2019, Ra 2019/16/0023, mwN).

8 Die konkrete Beurteilung eines ausreichend substantiierten Verdachts hängt dabei von den Umständen des Einzelfalles ab und obliegt dem Verwaltungsgericht (vgl. VwGH 6.9.2018, Ra 2017/17/0843) im Rahmen seiner Verpflichtung zur amtswegigen Wahrheitserforschung. Dabei können Dokumentationen von Probespielen, aber auch - insbesondere wenn solche fehlen - Zeugenaussagen oder andere Beweismittel herangezogen werden (vgl. VwGH 9.12.2019, Ra 2019/17/0066).

9 Im Revisionsfall hat das Verwaltungsgericht - obwohl die Einvernahme eines namentlich genannten Spielers durch das Finanzamt sogar beantragt wurde - abgesehen von der Einvernahme von Mitarbeitern des Finanzamtes keine weiteren Beweise zur Beurteilung der Verdachtslage hinsichtlich des Vorliegens von Glücksspielgeräten erhoben, sondern aus der Beseitigung der Betriebsbereitschaft der in Rede stehenden Geräte bei der glücksspielrechtlichen Kontrolle und der daran anschließenden Unmöglichkeit deren Probebespielung allein darauf geschlossen, dass keinerlei Feststellungen zu allfällig darauf verfügbaren Spielen getroffen werden konnten und daher eine Verdachtslage im Sinne der oben genannten Rechtsprechung nicht vorliege und die Beschlagnahme bereits aus diesem Grund aufzuheben sei. 10 Der Umstand jedoch allein, dass die Bespielung der Geräte und damit die Durchführung von Probespielen zum Zeitpunkt der glücksspielrechtlichen Kontrolle nicht (mehr) möglich war, führt für sich genommen noch nicht dazu, dass schon deshalb angenommen werden könnte, der Verdacht des Eingriffes in das Glücksspielmonopol des Bundes mit Glücksspielgeräten sei entkräftet (vgl. dazu nochmals VwGH 9.12.2019, Ra 2019/17/0066). 11 Da es das Verwaltungsgericht aufgrund seiner diesbezüglich offenkundig zugrunde gelegten unrichtigen Rechtsansicht unterlassen hat, entsprechende weitere Beweiserhebungen zur Beurteilung einer Verdachtslage hinsichtlich der Glücksspielgeräteeigenschaft der beschlagnahmten Geräte zu tätigen, liegt insoweit ein sekundärer Verfahrensmangel vor. 12 Das angefochtene Erkenntnis war somit bereits aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am 16. Jänner 2020

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