VwGH Ra 2018/20/0544

VwGHRa 2018/20/054423.1.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Rechtssache der Revision des A M in L, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum LL.M., Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. April 2018, Zl. W258 2120688- 2/22E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §68 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018200544.N00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte nach Einreise in das Bundesgebiet am 13. März 2011 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu seinen Fluchtgründen gab er im Wesentlichen an, er sei aufgrund von Grundstückstreitigkeiten durch entfernte Verwandte bedroht. Sein Vater sei im Zuge dieser Streitigkeiten getötet worden. Er werde seither von seinem in Kabul lebenden Onkel unterstützt.

2 Nach rechtskräftiger Abweisung seines ersten Antrages stellte der Revisionswerber am 12. Juni 2015 einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz. Bei seiner Einvernahme am 22. Juni 2015 brachte er zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen vor, seine Familie, insbesondere sein Onkel, sei aus nicht näher bekannten Problemen aus Kabul nach Pakistan ausgereist und mittlerweile nach Afghanistan in ihre Heimatprovinz zurückgekehrt. Der Onkel habe sein Haus in Kabul verkauft.

3 Das Asylverfahren wurde am 27. Juni 2015 zugelassen. 4 Am 19. Dezember 2015 erhob der Revisionswerber wegen

Säumnis der Behörde Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) und führte aus, sich gegen die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz, soweit es die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten betreffe, "nicht zu verwehren". Er brachte zusammengefasst ergänzend vor, die inländische Fluchtalternative in Kabul sei durch den Wegzug des Onkels weggefallen und die wirtschaftliche und soziale Situation in Kabul habe sich grundlegend verschlechtert.

5 Die Säumnisbeschwerde wurde mangels überwiegenden Verschuldens der Behörde an der Verzögerung rechtskräftig abgewiesen.

6 In der am 10. März 2017 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) durchgeführten Befragung gab der Revisionswerber an, sein Onkel würde ihn nach wie vor unterstützen und habe ihm EUR 10.000,- bis EUR 15.000,- zugesagt.

7 Mit Bescheid vom 20. April 2017 wies das BFA den Folgeantrag wegen entschiedener Sache zurück, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte die Zulässigkeit der Abschiebung nach Afghanistan fest und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen fest.

8 Mit Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 14. Dezember 2017 wurde über den Revisionswerber wegen des Verdachts der Übertretung des § 28a Abs. 1 SMG (Suchtgifthandel) die Untersuchungshaft verhängt.

9 Soweit nach den Revisionspunkten angefochten wurde, mit dem Erkenntnis vom 4. April 2018 vom Bundesverwaltungsgericht die gegen den Bescheid des BFA erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die Revision für nicht zulässig erklärt.

10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13 Die Revision begründet ihre Zulässigkeit zusammengefasst damit, dass sein Onkel Kabul verlassen habe und ihm zur Unterstützung seines Aufenthalts in dieser Stadt nicht zur Verfügung stehe. Der Revisionswerber habe im neuen Asylantrag einen in wesentlichen Punkten geänderten Sachverhalt geltend gemacht und über diesen Sachverhalt wäre ein inhaltliches Asylverfahren zu führen gewesen.

14 "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem BVwG war die Frage, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags durch das BFA gemäß

15 § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgte. Das BVwG hatte dementsprechend zu prüfen, ob die Behörde auf Grund des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen ersten Asylverfahren keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist (vgl. VwGH 29.5.2018, Ra 2018/20/0256, 0257, mwN).

16 Bei wiederholten Anträgen auf internationalen Schutz kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz zukommt (vgl. VwGH 22.10.2018, Ra 2018/20/0480, mwN).

17 Wenn die Revision völlig unsubstantiiert geltend macht, die Sicherheitslage in Kabul habe sich seit der letzten Entscheidung dramatisch verschlechtert, so ist ihr zu entgegnen, dass damit eine Rechtswidrigkeit der Entscheidung nicht dargetan wird. Dieser zufolge ist die Lage in Kabul zum Entscheidungszeitpunkt nicht so gelagert, dass dem Revisionswerber subsidiärer Schutz zuzuerkennen wäre.

18 Es gelingt dem Revisionswerber insgesamt nicht, aufzuzeigen, dass das Bundesverwaltungsgericht bei seiner Beurteilung, ob in Bezug auf seine Situation nach dem Abschluss des ersten Asylverfahrens von einer wesentlichen Änderung der maßgeblichen Umstände auszugehen sei, von den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgestellten Leitlinien abgewichen wäre.

19 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 23. Jänner 2019

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