VwGH Ra 2018/20/0480

VwGHRa 2018/20/048022.10.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, BSc, in der Rechtssache der Revision des F H in W, vertreten durch Mag. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. August 2018, Zl. W233 2137879- 2/4E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §68 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018200480.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Usbekistans, stellte am 29. September 2015 gemeinsam mit seiner Familie erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz. Dazu wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Revisionswerber Schulden seines Bruders übernommen habe und er von den Gläubigern bedroht worden sei. Weiters sei er illegal ausgereist.

2 Mit Erkenntnis vom 17. Juli 2017 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - die gegen den diesen Antrag vollumfänglich abweisenden Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 27. September 2016 erhobene Beschwerde als unbegründet ab.

3 Am 13. Februar 2018 stellten der Revisionswerber und seine Familie den gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Der Revisionswerber brachte dazu vor, er habe von seinem Vater erfahren, dass der Gläubiger seine Eltern aufgesucht und gedroht habe, seine Frau und seine Kinder umzubringen, falls sie wieder zu Hause auftauchen würden. Die Frau des Revisionswerbers habe ergänzend vorgebracht, sie würden ihn suchen und das Geld zurückfordern.

4 Mit Bescheid vom 21. Juni 2018 wies das BFA diesen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung nach Usbekistan zulässig sei. Es bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise. Weiters wurde ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

5 Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde vom BVwG insoweit Folge gegeben, als das Einreiseverbot ersatzlos aufgehoben wurde.

Im Übrigen wurde die Revision für nicht zulässig erklärt.

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende

außerordentliche Revision.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des

Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Zur Zulässigkeit der Revision wird im Wesentlichen vorgebracht, dass weder das BFA noch das BVwG seiner amtswegigen Ermittlungspflicht dahingehend nachgekommen sei, ob dem Revisionswerber als Rückkehrer Verfolgung durch die staatlichen Behörden Usbekistans drohe. Es wäre ihm subsidiärer Schutz zu gewähren gewesen.

11 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem BVwG die Frage war, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags durch das BFA gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgte. Das BVwG hatte dementsprechend zu prüfen, ob die Behörde auf Grund des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen ersten Asylverfahren keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist (vgl. VwGH 3.5.2016, Ra 2016/18/0056-0060, mwN; jüngst VwGH 29.5.2018, Ra 2018/20/0256, 0257, mwN).

12 Bei wiederholten Anträgen auf internationalen Schutz kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz zukommt (vgl. VwGH 25.2.2016; Ra 2015/19/0267, mwN; jüngst VwGH 5.4.2018, Ra 2018/19/0066, mwN).

13 Wie unter anderem in der rechtlichen Beurteilung des BVwG ausgeführt wurde, ergebe sich aus der aktuellen Länderinformation der Staatendokumentation zu Usbekistan und der vom BVwG im Vorverfahren eingeholten ACCORD-Anfrage vom 19. Jänner 2017 zur Lage von Personen, die nach illegaler Ausreise und Asylantragstellung im Westen zurückkehren, kein Grund zur Annahme, dass jeder zurückgekehrte usbekische Staatsangehörige einer reellen Gefahr einer Gefährdung gemäß Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre, sodass von keinem Rückführungshindernis gemäß Art. 2 und 3 EMRK auszugehen sei. Diese Situation habe sich seit rechtskräftigem Abschluss des Vorverfahrens nicht entscheidungswesentlich verändert und es würden sich auch in der Beschwerde keine substantiierten bzw. konkreten Hinweise dafür finden.

14 Mit dem Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision gelingt es dem Revisionswerber nicht aufzuzeigen, dass das Bundesverwaltungsgericht bei seiner Beurteilung, ob in Bezug auf die Situation des Revisionswerbers nach dem Abschluss des ersten Asylverfahrens von einer wesentlichen Änderung der maßgeblichen Umstände auszugehen sei, von den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgestellten Leitlinien abgewichen wäre.

15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 22. Oktober 2018

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte