VwGH Ra 2018/19/0534

VwGHRa 2018/19/053425.6.2019



Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des M S H A, vertreten durch Dr. Martin Dellasega und Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. August 2018, L521 2134665-1/39E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018190534.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger des Irak und Angehöriger der kurdischen Volksgruppe, stellte am 29. November 2013 einen (weiteren) Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, sein Geschäft sei von Islamisten, die ihn auch bedroht hätten, angegriffen worden. Im Laufe des Verfahrens brachte er auch vor, er befürchte Verfolgung auf Grund seiner sexuellen Orientierung.

2 Mit Bescheid vom 19. August 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkt II.), sprach jedoch gemäß § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG aus, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei und erteilte dem Revisionswerber gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 einen Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung p lus" (Spruchpunkt III.).

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen die Spruchpunkte I. und II. dieses Bescheides erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das BVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil es sich nicht näher mit den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Irak in Bezug auf die strafrechtliche Verfolgung Homosexueller auseinandergesetzt habe. Solche Strafen würden im Irak tatsächlich verhängt. Das BVwG habe selbst Berichte in das Verfahren eingebracht, welche eine Verfolgung von LGBT-Personen bestätigten. Die Beweiswürdigung des BVwG, wonach der Revisionswerber wegen seiner homosexuellen Orientierung nicht verfolgt werde, sei nicht nachvollziehbar, unvertretbar und aktenwidrig. Insbesondere habe das BVwG nicht dargelegt, warum es eine eigens eingeholte Anfragebeantwortung der Staatendokumentation für "unrichtig und verzerrend" erachte. Auch habe sich das BVwG "überraschend auf gänzlich andere, bis dato unbekannte und nicht nachvollziehbare Berichte" bezogen. 8 Soweit die Revision sich gegen die Beweiswürdigung wendet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dieser als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 5.11.2018, Ra 2018/14/0166, mwN). 9 Das BVwG hat sich im Rahmen einer umfassenden Beweiswürdigung mit den verschiedenen im Zuge des Ermittlungsverfahrens erhobenen Länderberichten auseinandergesetzt und dargelegt, aus welchen Gründen es welchen Länderinformationen eine höhere Beweiskraft zugemessen und diese daher seinen Feststellungen zu Grunde gelegt hat. Die Revision legt nicht näher dar, dass diese beweiswürdigenden Erwägungen fallbezogen in einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wären. Insbesondere ist das BVwG, auch wenn es sich der Zusammenfassung der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation nicht angeschlossen hat, auf darin zitierte Quellen eingegangen, sodass die Revision mit dem Vorbringen, das BVwG habe diese Anfragebeantwortung nicht gewürdigt, eine Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung fallbezogen nicht dartun kann. Entgegen dem Revisionsvorbringen hat sich das BVwG auch mit den Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Bezug auf die strafrechtliche Verfolgung Homosexueller und ihrer Anwendung auseinandergesetzt.

10 Wenn die Revision in diesem Zusammenhang behauptet, das BVwG habe gegen das "Überraschungsverbot" verstoßen, macht sie einen Verfahrensfehler geltend. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reicht es aber nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensmängel konkret darzulegen (vgl. VwGH 31.1.2019, Ra 2018/14/0252, mwN). Diesen Anforderungen wird die Revision, die nicht näher darlegt, welche vom BVwG herangezogenen Länderinformationen dem Revisionswerber nicht bekannt gewesen wären und welches Vorbringen er zu ihrer Entkräftung erstattet hätte, nicht gerecht.

11 Insoweit die Revision die Aktenwidrigkeit der Feststellungen behauptet, ist ihr zu entgegnen, dass eine solche nur vorläge, wenn der Akteninhalt unrichtig wiedergegeben worden wäre bzw. wenn sich das Verwaltungsgericht bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts mit dem Akteninhalt hinsichtlich der dort festgehaltenen Tatsachen in Widerspruch gesetzt hätte (vgl. VwGH 24.10.2018, Ra 2018/14/0017, mwN), nicht aber, wenn Feststellungen getroffen werden, die auf Grund der Beweiswürdigung oder einer anders lautenden rechtlichen Beurteilung mit den Behauptungen einer Partei nicht übereinstimmen (vgl. VwGH 27.11.2018, Ra 2018/02/0267, mwN). Eine solche Aktenwidrigkeit legt die Revision, die sich der Sache nach vielmehr gegen die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung des BVwG wendet, nicht dar.

12 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 25. Juni 2019

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