Normen
BFA-VG 2014 §21 Abs7;
EMRK Art8;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018180280.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein libanesischer Staatsangehöriger, stellte am 15. Juli 2015 gemeinsam mit seiner damaligen Ehefrau und deren zwei Töchtern einen Antrag auf internationalen Schutz, welchen er mit privaten Problemen mit dem früheren Ehemann seiner Ehefrau und der problematischen Situation von Sunniten im überwiegend schiitisch geprägten Herkunftsstaat, begründete. Zudem brachte er vor, im Mai 2016 eine Beziehung mit einer österreichischen Staatsbürgerin eingegangen zu sein, bei welcher er seit Juli 2016 wohne.
2 Mit Bescheid vom 30. September 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass eine Abschiebung des Revisionswerbers in den Libanon zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für eine freiwillige Ausreise betrage vierzehn Tage (Spruchpunkt IV.).
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
4 Begründend führte es - zusammengefasst - aus, aus näher dargestellten Gründen könne weder festgestellt werden, dass der Revisionswerber im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat einer konkreten Verfolgung ausgesetzt wäre, noch dass er bei seiner Rückkehr einer solch gravierenden Bedrohung oder einer Gefährdung seiner Existenzgrundlage ausgesetzt wäre, welche die Gewährung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würde. Zur Rückkehrentscheidung führte das BVwG im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK aus, dass aufgrund der Beziehung des Revisionswerbers zu seiner österreichischen Lebensgefährtin zwar ein Familienleben vorliege, sich ein Eingriff in dasselbe jedoch nicht als unzulässig erweise, weil sich der Revisionswerber spätestens seit der erstinstanzlichen Entscheidung seines unsicheren Aufenthaltsstatus habe bewusst sein müssen und die Beziehung zudem noch nicht sehr lange andauere.
5 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen geltend macht, das BVwG habe hinsichtlich der Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK gegen die Verhandlungspflicht verstoßen. Zudem stehe es in Widerspruch mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weil es sich über den Beweisantrag des Revisionswerbers auf Einvernahme seiner Lebensgefährtin zum Beweis für das Bestehen einer Lebensgemeinschaft in unzulässiger Weise hinweggesetzt habe.
Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
7 Insoweit die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen einen Verstoß gegen die Verhandlungspflicht rügt, ist ihr insofern zuzustimmen, dass der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen, insbesondere auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände, besondere Bedeutung zukommt. Allerdings kann gemäß dem auch im vorliegenden Fall in Betracht zu ziehenden § 21 Abs. 7 BFA-VG - trotz des Vorliegens eines diesbezüglichen Antrages - (ausnahmsweise) von der Durchführung einer Verhandlung unter anderem dann abgesehen werden, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (vgl. VwGH 22.2.2018, Ra 2018/18/0037, mwN).
8 Diese Voraussetzung war im vorliegenden Fall gegeben. Die vom Revisionswerber in der Beschwerde ins Treffen geführte Beziehung mit einer österreichischen Staatsbürgerin wurde bereits vom BFA gewürdigt und auch das BVwG legte dieses Vorbringen seinem Erkenntnis zugrunde. Da zum Familien- oder Privatleben kein zusätzlicher relevanter Sachverhalt behauptet wurde und das BVwG die diesbezüglichen Angaben des Revisionswerbers zudem als wahr unterstellte, konnte insofern von einem geklärten Sachverhalt im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG ausgegangen werden. Vor diesem Hintergrund konnte das BVwG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand nehmen.
9 Soweit die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen geltend macht, das BVwG habe über einen Beweisantrag des Revisionswerbers zu Unrecht nicht abgesprochen, wird die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels vor dem Hintergrund, dass das BVwG jenen Umstand, für dessen Beweis die Einvernahme der Lebensgefährtin des Revisionswerbers beantragt wurde, als wahr unterstellte, nicht dargetan.
10 Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
11 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 6. Juni 2018
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