VwGH Ra 2018/12/0005

VwGHRa 2018/12/000528.2.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und MMag. Ginthör als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des Dr. J S in S, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. August 2017, GZ W217 2126558-1/5E, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Neubemessung i.A. Ruhegenuss und Nebengebührenzulage (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §68 Abs1;
AVG §69 Abs2;
BDG 1979 §137;
B-VG Art133 Abs4;
DVG 1984 §1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018120005.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber steht seit 1. August 2001 in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund. Seine letzte Dienststelle war die Bundespolizeidirektion S, wo er Leiter des Strafamtes war.

2 Mit Eingabe vom 8. September 2015 beantragte der Revisionswerber die Neubemessung seines Ruhebezuges. Er führte dazu aus, es sei mittlerweile der Arbeitsplatzbewertungsbescheid der Landespolizeidirektion S vom 2. Februar 2015 ergangen, demzufolge der betreffende Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe A1, Funktionsgruppe 2 zuzuordnen sei. Ausgehend von diesem Bescheid sei auch der Bemessung seines Ruhebezuges eine höhere besoldungsrechtliche Einstufung (nämlich Verwendungsgruppe A1, Funktionsgruppe 2 statt bisher Verwendungsgruppe A1, Funktionsgruppe 1) zugrunde zu legen.

3 Mit Bescheid vom 8. April 2016 wies die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde den Antrag des Revisionswerbers auf Neubemessung der mit Bescheiden des Bundespensionsamtes vom 28. August 2001 sowie vom 21. November 2001 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren betreffend Ruhegenuss und Nebengebührenzulage gemäß § 1 DVG in Verbindung mit § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache sowie wegen Versäumung der Wiederaufnahmefrist gemäß § 69 Abs. 2 AVG zurück.

4 Der Revisionswerber erhob Beschwerde und führte u.a. aus, der Verwaltungsgerichtshof habe mit Erkenntnissen vom 20. Dezember 2002, 97/12/0362, sowie vom 20. Mai 2008, 2005/12/0012, die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 1. September 1997 beziehungsweise vom 2. Dezember 2004 jeweils betreffend die (niedrigere) Bewertung des in Rede stehenden Arbeitsplatzes mit Verwendungsgruppe A 1, Funktionsgruppe 1, aufgehoben. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion S sei nunmehr festgestellt worden, dass der Arbeitsplatz mit Verwendungsgruppe A 1, Funktionsgruppe 2, zu bewerten sei. Diesem Umstand sei auch bei Bemessung des Ruhebezugs Rechnung zu tragen.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht unter Spruchpunkt I. die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den ersten Spruchteil des Bescheides vom 8. April 2016 betreffend "§ 1 DVG iVm § 68 Abs. 1 AVG" ab. Der Beschwerde gegen den zweiten Spruchteil des Bescheides betreffend "§ 1 DVG iVm § 69 Abs. 2 AVG" gab das Verwaltungsgericht unter Spruchpunkt II. statt und hob diesen Spruchteil ersatzlos auf. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Gericht für nicht zulässig.

6 Betreffend Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses vertrat das Gericht die Ansicht, die Einstufung im besoldungsrechtlichen Schema bilde eine Vorfrage im Verfahren betreffend die Bemessung des Ruhegenusses und der Nebengebührenzulage. Für den Revisionswerber habe die Möglichkeit bestanden, die rechtskräftigen Bescheide vom 28. August 2001 sowie vom 21. November 2001 im Berufungsweg zu bekämpfen und solcherart bereits im Bemessungsverfahren eine zutreffende Beurteilung der maßgeblichen Vorfrage, nämlich seiner besoldungsrechtlichen Einstufung, zu erwirken. Die bloße "Nachholung" einer in einem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren rechtswidrig unterlassenen Vorfragebeurteilung sei nicht als Änderung der Sach- und/oder Rechtslage zu qualifizieren. Der beantragten neuerlichen bescheidmäßigen Absprache in derselben Sache stehe daher § 68 Abs. 1 AVG entgegen.

7 Betreffend Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses ging das Gericht davon aus, dass die Behörde auch über einen Antrag auf Wiederaufnahme der mit Bescheiden vom 28. August 2001 sowie vom 21. November 2001 abgeschlossenen Bemessungsverfahren abgesprochen habe, den der Revisionswerber jedoch nicht gestellt habe. Die Behörde habe daher rechtswidrigerweise in einem antragsbedürftigen Verfahren einen Bescheid erlassen, ohne dass ein diesbezüglicher verfahrenseinleitender Antrag vorgelegen sei. Aus diesem Grund sei der zweite Spruchteil des Bescheides vom 8. April 2016 ersatzlos aufzuheben gewesen.

8 Die Revisionswerberin erhob Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 24. November 2017, E 3105/2017-5, die Behandlung der Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG (u.a. unter Hinweis auf VwGH 25.1.2017, Ra 2016/12/0119) ablehnte und diese mit Beschluss vom 19. Dezember 2017, E 3105/2017-7, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

9 In der vorliegenden außerordentlichen Revision, die Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses ausdrücklich unbekämpft lässt, wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes verbunden mit dem Antrag geltend gemacht, das angefochtene Erkenntnis (im bekämpften Umfang) aus diesem Grund aufzuheben.

10 Zur Begründung ihrer Zulässigkeit bringt die Revision zusammengefasst vor, der Revisionswerber habe am 3. Dezember 1996 die bescheidmäßige Bewertung seines damaligen Arbeitsplatzes beantragt. Nach wiederholt rechtswidrigen Entscheidungen der Dienstbehörde, deren Aufhebung er durch Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes erreicht habe, sei (erst nachdem der Revisionswerber mit Ablauf des 31. Juli 2001 in den Ruhestand getreten sei) mit Bescheid vom 2. Februar 2015 die seinem Rechtsstandpunkt Rechnung tragende Bewertung des betroffenen Arbeitsplatzes mit Verwendungsgruppe A1, Funktionsgruppe 2, vorgenommen worden.

Es stelle sich daher die Frage, ob in der neuen Arbeitsplatzbewertung eine Änderung der Sach- und Rechtslage zu erblicken sei, welche die Rechtskraftwirkung der Bemessungsbescheide unterbreche bzw. beende. Im Hinblick auf die vorliegende Konstellation, in der das Arbeitsplatzbewertungsverfahren erst nach Rechtskraft der Bemessungsbescheide abgeschlossen worden sei, seien auch die überlange Dauer des über Antrag des Revisionswerbers eingeleiteten Arbeitsplatzbewertungsverfahrens sowie der daraus resultierende Verstoß gegen Art. 6 EMRK ebenso wie der Ablauf der für die Wiederaufnahme (der Bemessungsverfahren) normierten Frist zu berücksichtigen. Dazu fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Es gebe bereits mehrere ähnliche Verfahrenskonstellationen. Darüber hinaus sei das regelmäßige Auftreten einer überlangen Verfahrensdauer gerade in Angelegenheiten der Arbeitsplatzbewertung notorisch.

Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

11 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

14 Die Zulässigkeitsbegründung macht im Wesentlichen geltend, der Neubemessungsantrag des Revisionswerbers sei infolge der mit Bescheid vom 2. Februar 2015 vorgenommenen Arbeitsplatzbewertung auch ohne vorangegangene Wiederaufnahme der mit Bescheiden vom 28. August 2001 sowie vom 21. November 2001 rechtskräftig abgeschlossenen Bemessungsverfahren zulässig. Dem ist jedoch Folgendes entgegenzuhalten:

15 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 15. November 2007, 2007/12/0073, im Zusammenhang mit der Frage der Zulässigkeit eines Antrags auf neuerliche Bemessung des Ruhegenusses festgehalten hat, kann der Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie davon ausgeht, dass die Frage der Ruhegenussbemessung bereits mit einem in Rechtskraft erwachsenen Ruhegenussbemessungsbescheid rechtskräftig erledigt worden sei (siehe auch VwGH 25.1.2017, Ra 2016/12/0119; 28.4.2008, 2007/12/0095).

16 Zudem entspricht es den bereits bestehenden Leitlinien der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass auch in einer Konstellation wie der vorliegenden die Wiederaufnahme der rechtskräftig abgeschlossenen Bemessungsverfahren in entsprechender Anwendung des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist (siehe zu einer vergleichbaren Situation VwGH 25.1.2017, Ra 2016/12/0119). Fallbezogen hat der Verwaltungsgerichtshof die jeweils vom Revisionswerber bekämpften Arbeitsplatzbewertungsbescheide der Dienstbehörde mit Erkenntnissen vom 20. Dezember 2002 sowie vom 20. Mai 2008 nach rechtskräftigem Abschluss der Bemessungsverfahren (jedoch innerhalb der für die Wiederaufnahme dieser Verfahren gemäß § 14 Abs. 4 DVG maßgeblichen Frist) aufgehoben.

17 Vor diesem Hintergrund gelingt es der Zulässigkeitsbegründung unter Berufung auf die Dauer des nach der Ruhestandsversetzung des Revisionswerbers abgeschlossenen Arbeitsplatzbewertungsverfahrens nicht darzulegen, dass im Lichte des Ablaufs der für die Wiederaufnahme normierten Frist ein - wie schon oben dargestellt - unzulässiger Eingriff in die Rechtskraft der Bescheide vom 28. August 2001 sowie vom 21. November 2001 rechtskonform wäre und die beantragte Neubemessung zu erfolgen hätte. Ferner spricht der von der Revision ins Treffen geführte Ablauf der Wiederaufnahmefrist gegen die in der Zulässigkeitsbegründung vertretene These, wonach auch ohne vorangegangene Wiederaufnahme der rechtskräftig abgeschlossenen Bemessungsverfahren erneut ein Bescheid in derselben Sache ergehen dürfe. Es zeigen nämlich die Bestimmungen über die Wiederaufnahme, dass entsprechend der eindeutigen Rechtslage nach Ablauf der Wiederaufnahmefrist nicht einmal mehr ein Antrag auf Wiederaufnahme der rechtskräftig abgeschlossenen Bemessungsverfahren offensteht und (im Fall der Ablauf dieser Frist) den im Bemessungsverfahren ergangenen rechtskräftigen Bescheiden insofern erhöhte Bestandskraft zukommt (zur Unzulässigkeit eines Antrags auf Wiederaufnahme nach Ablauf der dafür gesetzlich vorgesehenen Frist siehe z.B. VwGH 11.8.2015, Ra 2015/10/0069; betreffend die für die Wiederaufnahme normierten Fristen sowie zu einem in diesem Zusammenhang behaupteten Verstoß gegen Art. 6 EMRK siehe nochmals VwGH 25.1.2017, Ra 2016/12/0119). Von seinem Recht, verfassungsrechtliche Bedenken gegen die im vorliegenden Fall maßgeblichen Normen an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, hat der Revisionswerber Gebrauch gemacht, wobei in diesem Zusammenhang auf den in dieser Sache ergangenen Ablehnungsbeschluss dieses Gerichtshofes vom 24. November 2017 zu verweisen ist.

18 Schließlich bewirkt der Umstand allein, dass die in der Revision angeführten Fragen in einer Vielzahl von Fällen auftreten können, nicht ihre Erheblichkeit im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG (siehe VwGH 22.2.2017, Ra 2016/17/0037).

Da somit die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Wien, am 28. Februar 2019

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte