Normen
B-VG Art133 Abs4;
FSG 1997 §24 Abs1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §58 Abs2;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018110036.L00
Spruch:
Die Revision wird für gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof eingestellt.
Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.
Begründung
1 1.1. Die belangte Behörde erließ gegenüber der Revisionswerberin am 16. Dezember 2016 (persönliche Übernahme) einen auf "§§ 5 Abs. 5; 8 Abs. 3; 24 Abs. 1 Z 2 FSG" gestützten Bescheid. Darin wurde zum einen ausgesprochen, die belangte Behörde "schränkt Ihnen die Lenkberechtigung für die Klassen AM, B in der zeitlichen Gültigkeit durch die Befristung bis zum 16.12.2017 ein und fordert Sie auf, Ihren Führerschein vor Fristablauf vorzulegen". Zum anderen würden "folgende Auflagen vorgeschrieben:
Beim Lenken von Kfz ist eine entsprechende Brille oder sind Kontaktlinsen zu verwenden (Code 01.06).
Kein Alkohol beim Lenken von Kraftfahrzeugen (Code 05.08).
Haaranalyse auf Ethylclucuronid (Alkohol) in drei Monaten, somit bis 16.3.2017, und anschließend 1 x auf Abruf: Sie müssen innerhalb von fünf Tagen nach Aufforderung durch den Sanitätsdienst der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach (nach Terminvereinbarung) eine Haarentnahme durchführen lassen (Code 104)".
2 Die Revisionswerberin erhob dagegen - mit Ausnahme der Einschränkung durch Code 01.06 - Beschwerde.
3 1.2. Mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich wurde der Beschwerde insofern stattgegeben, als die Auflage "kein Alkohol beim Lenken von Kraftfahrzeugen (Code 05.08)" zu entfallen habe. Darüber hinaus wurde die Beschwerde abgewiesen. Unter einem wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
4 Begründend führte das Verwaltungsgericht nach umfangreicher Wiedergabe des Verfahrensganges - soweit im Folgenden von Bedeutung - aus, der Revisionswerberin sei mit Bescheid der belangten Behörde vom 22. Jänner 2016 die Lenkberechtigung für sechs Monate wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen und unter einem nebst Anordnung einer Nachschulung die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme und eines amtsärztlichen Gutachtens zu ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen angeordnet worden.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 28. Juli 2016 sei der Revisionswerberin die Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung bis zu deren Wiedererlangung entzogen worden.
5 Bei der Revisionswerberin, so das Verwaltungsgericht, sei Anfang 2016 ein symptomatischer Alkoholmissbrauch festgestellt worden, im Juli 2016, in den letzten 14 Tagen vor Durchführung des Labortests am 21. Juli 2016, habe die Revisionswerberin einen regelmäßig hohen Alkoholkonsum getätigt, es habe der Verdacht der Abhängigkeit von Alkohol bestanden und sich verhärtet.
6 In seiner rechtlichen Würdigung führte das Verwaltungsgericht, nach Wiedergabe von § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 5, § 8 Abs. 3 und § 24 Abs. 1 Z 2 FSG sowie § 3 Abs. 1 und § 14 Abs. 5 FSG-GV, aus, der weit überhöhte CDT-Wert im Juli 2016 und die daraus folgende Feststellung eines zumindest 14tägig hohen Alkoholkonsums (mehr als 60 g pro Tag), der der Laborkontrolle vom 21. Juli 2016 vorangegangen sein müsse, lasse den Schluss auf einen zumindest in diesem Zeitraum gehäuften Missbrauch von Alkohol zu und sei die Wiedererteilung der Lenkberechtigung für die Gruppe 1 erst nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen möglich (Hinweis auf § 14 Abs. 5 FSG-GV). Diese Kontrolluntersuchungen dürften entsprechend § 2 Abs. 1 letzter Satz FSG-GV nur in Verbindung mit einer Befristung der Lenkberechtigung und einer amtsärztlichen Nachuntersuchung bei Ablauf der Befristung verfügt werden.
7 Aufgrund des im Juli 2016 festgestellten Verdachts der Alkoholabhängigkeit, des symptomatischen Alkoholmissbrauchs und der damit einhergehenden hohen Rückfallgefahr in alte Verhaltensmuster, was durch ein mangelndes Problembewusstsein verstärkt werde, sei es hingegen bei der Revisionswerberin erforderlich, einen Aufschluss über ihren Alkoholkonsum über einen bestimmten Zeitraum zu bekommen, wofür die Vornahme einer Haaranalyse ein "ausgesprochen taugliches Mittel" sei.
8 Die Vorschreibung der Befristung ergebe sich zwingend aus der Vorschreibung der Kontrolluntersuchung.
9 1.3. Dagegen richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision.
10 1.4. Über Vorhalt des Verwaltungsgerichtshofes mit Verfügung vom 26. Februar 2018, dass die ausdrückliche Feststellung im angefochtenen Erkenntnis, der Revisionswerberin sei mit Bescheid vom 28. Juli 2016 die Lenkberechtigung wegen gesundheitlicher Nichteignung entzogen worden, dafür sprechen könnte, dass das Verwaltungsgericht den bei ihm bekämpften Bescheid der belangten Behörde vom 16. Dezember 2016 als solchen über eine (Neu)Erteilung einer befristeten Lenkberechtigung gedeutet und mit seiner Entscheidung diesen - hinsichtlich der Befristung und der Auflage der Haaranalyse - bestätigt hat, was aber der Erwähnung des § 24 Abs. 1 FSG in den Rechtsgrundlagen des angefochtenen Erkenntnisses widerspräche, legte die belangte Behörde in einer gesonderten Stellungnahme vom 21. März 2018 - zusätzlich zu ihrer Revisionsbeantwortung - die Kopie eines von ihr erlassenen, mit 9. August 2016 datierten Bescheides samt Zustellnachweis vor. Diesem Bescheid zufolge wurde der Revisionswerberin die Lenkberechtigung mangels gesundheitlicher Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 FSG entzogen.
11 1.5. Über einen weiteren hg. Vorhalt vom 4. April 2018, dass aufgrund der von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen die Annahme naheliege, dass die Revisionswerberin bei Erlassung des Bescheids der belangten Behörde vom 16. Dezember 2016, der mit Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht angefochten wurde, über keine aufrechte Lenkberechtigung verfügt habe und dass es folglich naheliege, diesen Bescheid vom 16. Dezember 2016 als Erteilung einer Lenkberechtigung unter Einschränkungen zu deuten, brachte die Revisionswerberin in ihrer Stellungnahme vom 11. April 2018 vor, sie erachte sich "im gegenständlichen Verfahren" für klaglos gestellt, weil ihr die belangte Behörde im Sinne ihres Antrags vom 2. März 2018 eine Lenkberechtigung ausgestellt habe, welche unbefristet sei. Dies stelle eine formelle Klaglosstellung dar. Beigeschlossen war dieser Stellungnahme eine Kopie eines der Revisionswerberin ausgestellten Führerscheins ohne Einschränkungen (abgesehen von der hier unbeachtlichen Auflage des Tragens einer Brille bzw. von Kontaktlinsen - Code 01.06).
12 2.1. Gemäß § 33 Abs. 1 VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde, die Revision nach Anhörung des Revisionswerbers in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
13 § 33 Abs. 1 VwGG ist nicht auf Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt, vielmehr kann eine zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit auch dann eintreten, wenn durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse an der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs wegfällt (vgl. zB VwGH 19.12.2011, 2011/11/0141, mwN; 24.3.2017, Ra 2015/11/0017).
14 2.2.1. Entgegen dem Vorbringen der Revisionswerberin in ihrer Stellungnahme vom 11. April 2018 liegt der Fall einer formellen Klaglosstellung nicht vor, weil das angefochtene Erkenntnis durch Erteilung einer uneingeschränkten Lenkberechtigung (über einen späteren Antrag) nicht aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wurde.
15 2.2.2. Hingegen liegt im Revisionsfall eine Situation vor, in der auf andere Weise das rechtliche Interesse an der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes weggefallen ist:
16 Aus der Stellungnahme der belangten Behörde vom 21. März 2018 in Verbindung mit den von ihr vorgelegten Unterlagen ergibt sich für den Verwaltungsgerichtshof, dass die Revisionswerberin im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheids vom 16. Dezember 2016 nicht über eine aufrechte Lenkberechtigung verfügte, weil ihr diese, wie auch vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis festgestellt, zuvor mit Bescheid mangels gesundheitlicher Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen entzogen worden war. Die Erlassung des Entziehungsbescheids wegen fehlender gesundheitlicher Eignung wird auch von der Revisionswerberin nicht in Abrede gestellt.
17 Vor diesem Hintergrund ist es ausgeschlossen, den Bescheid der belangten Behörde, mag diese auch in den Rechtsgrundlagen missverständlich § 24 Abs. 1 FSG angeführt haben, anders zu deuten denn als Neuerteilung einer Lenkberechtigung unter einer Befristung und Auflagen. Da das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis diesen Bescheid im Wesentlichen bestätigt hat, kann auch darin nur die Neuerteilung einer Lenkberechtigung unter einer Befristung und Auflagen erblickt werden. Die Revisionswerberin konnte durch das angefochtene Erkenntnis folglich auch nur im Recht auf Erteilung einer uneingeschränkten Lenkberechtigung verletzt sein.
18 Mit der Erteilung einer - im Wesentlichen - uneingeschränkten Lenkberechtigung über einen späteren Antrag hat die Revisionswerberin, wie sie selbst erkennt, nunmehr die Rechtsposition erlangt, die sie von vornherein angestrebt hat.
19 Ein rechtliches Interesse an einer inhaltlichen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs über die vorliegende Revision besteht daher, wie auch die Revisionswerberin selbst einräumt, nicht mehr.
20 2.3. Die Beschwerde war aus diesen Erwägungen für gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.
21 2.4. In Hinblick darauf, dass die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 58 Abs. 2 zweiter Satz VwGG nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Aufwandersatz zugesprochen wird.
Wien, am 11. Juni 2018
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