VwGH Ra 2018/09/0059

VwGHRa 2018/09/005920.3.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schachner, über die außerordentliche Revision des J Z in F, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 22. Februar 2018, Zl. LVwG 30.19-1689/2017-18, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Steiermark), den Beschluss gefasst:

Normen

12010E049 AEUV Art49;
12010E056 AEUV Art56;
12010E267 AEUV Art267;
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47;
62009CJ0347 Dickinger und Ömer VORAB;
62012CJ0390 Pfleger VORAB;
62015CJ0464 Admiral Casinos Entertainment VORAB;
62015CJ0685 Online Games VORAB;
62017CJ0003 Sporting Odds VORAB;
62017CO0079 Gmalieva VORAB;
B-VG Art133 Abs4;
GSpG 1989 §14 Abs3;
GSpG 1989 §2 Abs2;
GSpG 1989 §2 Abs4;
GSpG 1989 §4;
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1 ;
GSpG 1989 §52 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z3;
VStG §9 Abs1;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018090059.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Steiermark vom 9. Mai 2017 wurde der Revisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild iVm § 2 Abs. 2 und 4 sowie § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) für schuldig erkannt, weil diese Gesellschaft in einem näher bezeichneten Lokal verbotene Ausspielungen mit acht näher bezeichneten Glücksspielgeräten (Spruchpunkte 1. bis 8.), vier Computermonitoren (Spruchpunkt 9.) und einem Einzahlungsterminal (Spruchpunkt 10.) unternehmerisch zugänglich gemacht habe. Über den Revisionswerber wurde eine Geldstrafe in Höhe von 52.000,-- Euro (für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen) verhängt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 22. Februar 2018 wurde eine dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte 1. bis 8. des behördlichen Straferkenntnisses mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Höhe der Geldstrafen mit jeweils 3.000,-- Euro festgesetzt und "der Ausspruch über die Ersatzfreiheitsstrafen" behoben werde (Spruchpunkt 1.). Weiters wurde ausgesprochen, dass die Spruchpunkte 9. und 10. des behördlichen Straferkenntnisses behoben und die Strafverfahren eingestellt würden (Spruchpunkt 2.). Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

3 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5 Dem Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision ist zu erwidern, dass die für eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV aufgeworfenen Fragen klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09 , Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C-390/12 , Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment, C-464/15 , Rn. 31, 35 ff; 28.2.2018, Sporting Odds, C-3/17 , Rn. 28, 62 ff; sowie 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C-79/17). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Er hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048, 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser - weiterhin maßgeblichen - Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall mit seiner Beurteilung im Ergebnis nicht abgewichen. Das Zulässigkeitsvorbringen zeigt nichts auf, was diesbezüglich zu einer anderen Beurteilung führen könnte. Die angefochtene Entscheidung steht entgegen diesem Vorbringen auch nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12.

6 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH ua, C- 685/15 , die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. EuGH 28.2.2018, Sporting Odds, C-3/17 , Rn. 55; VwGH 25.4.2018, Ra 2018/09/0039).

7 Soweit das Zulassungsvorbringen in der Revision auf § 14 Abs. 3 GSpG Bezug nimmt, aber sonst keine weiteren Ausführungen zu dieser Thematik vornimmt, genügt es, auf das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Juli 2018 zu verweisen.

8 Dem Vorbringen des Revisionswerbers, es sei Beweisanträgen nicht gefolgt worden, ist entgegenzuhalten, dass die Zulässigkeit der Revision im Fall der Behauptung eines - eine grundsätzliche Rechtsfrage aufwerfenden - Verfahrensmangels voraussetzt, dass die Revision auch von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt. Davon kann bei einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass im Falle der Durchführung eines mängelfreien Verfahrens abstrakt die Möglichkeit bestehen muss, zu einer anderen - für die revisionswerbende Partei günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu gelangen (vgl. VwGH 24.1.2019, Ra 2018/09/0116, mwN). Mit seinem Vorbringen zeigt der Revisionswerber die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensmängel im Sinne der hg. Rechtsprechung jedoch nicht auf.

9 Soweit der Revisionswerber einen Widerspruch zur Judikatur zu § 44a Z 3 VStG darin erkennt, dass die Anführung der Strafnorm durch das Verwaltungsgericht nicht nachgeholt worden sei, übersieht er dabei, dass im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses die Strafsanktionsnorm des § 52 Abs. 2 GSpG ausdrücklich genannt ist. Eine Verletzung von § 44a Z 3 VStG liegt somit nicht vor.

10 Wenn der Revisionswerber überdies rügt, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG, unterlässt er es konkret darzulegen, dass die Tatumschreibung nicht so präzise gewesen wäre, dass er seine Verteidigungsrechte nicht hätte wahren können oder der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 21.11.2018, Ra 2018/09/0175).

11 Der Revisionswerber macht in der Zulässigkeitsbegründung außerdem geltend, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Verbot der reformatio in peius. Es stelle einen Verstoß gegen dieses Verbot dar, wenn das Verwaltungsgericht ohne Vorliegen eines im Bescheid oder in der Sache zweifellos ersichtlichen Aufteilungsschlüssels eine erstinstanzlich fälschlich verhängte Gesamtstrafe auf mehrere Einzelstrafen aufteile (Verweis auf VwGH 30.6.1994, 94/09/0049, VwSlg. 14095 A; 31.08.2016, 2013/17/0811; 11.8.2017, Ra 2017/17/0310).

12 Dem ist zu erwidern, dass der Verwaltungsgerichtshof im Lichte der durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 begründeten (auch) verfassungsgesetzlichen Vorgaben betreffend die Stellung der Verwaltungsgerichte an der im genannten Erkenntnis VwSlg. 14095 A vertretenen Auffassung für die nunmehrige Rechtslage nicht festgehalten hat (vgl. zum Ganzen - auch zu den vom Revisionswerber ins Treffen geführten oben genannten hg. Entscheidungen - VwGH 22.2.2018, Ra 2017/11/0066, Rz 26 ff; siehe weiters VwGH 5.9.2018, Ra 2018/11/0144). Das Verwaltungsgericht ist mit seinem Ausspruch, es werde für jede der acht Übertretungen die Mindeststrafe von je 3.000,-- Euro festgesetzt,

13 damit - im Ergebnis - nicht von dieser Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.

14 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision keine Rechtsfrage auf, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

15 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 20. März 2019

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